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Dorf

Was es festzuhalten gäbe, festzuhalten wäre und was sonst noch so gewesen wäre, wenn. dauert eine zigarette. da war die eigentlich angestrebte erwerbsarbeit im frühjahr, die sich leider zerschlug terminlich wegen asbest. einem asbest, der schon bekannt, aber dessen professionelle entfernung nicht passend zu anderen erhaltenden arbeiten seitens der planenden eingerechnet worden war. was aber wiederum auch gut war, jedenfalls einerseits, denn so war zeit und platz für eigenleistungen bezüglich der renovierungen am waldrand angessichts des bevorstehenden einzuges ebenda. so konnte geld gespart werden, welches sich jedoch nur theoretisch und gesamtrechnerisch anhäufte. nicht jedoch als reales DING auf dem konto. und so laufe ich nun hinterher, arbeitenderweise immer noch, in fernen gegenden einer alten reichsstadt von vielen. eine durchaus interessaante arbeit, sogar sehr schön. aber weit weg von daheim, wie ganz damals. allzusehr hatte ich mich schon ans abendliche heimkommen gewöhnt in den vergangenen jahren. und nun seit acht wochen im hotel, im hotel-hotel, in gästehäusern oder monteursunterkünften, die sinngemäß „alter landsknecht“ oder „haus monika“ heißen.

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monika ist selbstauskünftig über siebzig, kam vor dreißig jahren „wegen der liebe“ aus der ostzone hierher und hat im frühstückszimmer ihr damaliges DM-begrüßungsgeld in einem kleinen rähmchen aus tropenholz aufgehängt. schräg unter einem den gesamten raum beherrschenden malerischen großportrait des reichskanzlers bismarck. und wie sie das wort „judengasse“ betont, wo sich meine derzeitige brotbaustelle befindet, in der ich gerne arbeite, das ist schon speziell. „ach, und heute gehen sie wieder ins JUDENHAUS?“ fragt sie mich hundert mal in delikater unterbetonung. „ja!“, sage ich nüchtern, langsam und laut, ahnend, und kotzend. hundert mal. nebenan schnarcht am morgen noch ihr armer alter mann im pflegebett, könnte gewesen sein ein schlaganfall, so wie er sich bewegt. bevor der pflegedienst kommt und scheu guten morgen wünscht. wahrscheinlich ist sie stolze reichsbürgerin, wählt afd und mag keine ausländer.

im „alten landsknecht“ gibt es abends – mit prozenten für hausgäste – gammelfleisch mit pusztasoße und matschkartoffeln balkan-style für eur13,90. (dafür das glas weißwein für wenige eur3,90). das betreiberpaar ist nett und mittelalterlich, ungarischstämmig und auch sehr bemüht. im souterrain gibt es ein durchorganisiertes frühstück, die farbigen kalteier sind vom discounter über die straße, ebenso die brötchen, die ausschließlich mit der jeweiligen am vorgesehenen tisch liegenden greifzange aufgenommen werden sollen, nicht etwa mit den fingern. die brötchen ok, die marmelade aus kleingebinden vom großfachhandel. die betreibersfrau beklagt deutsche vorschriften, wonach im keller warme küche, also frisch gekochte eier, aus brandschutzgründen verboten seien. nein, alle geben sich sicherlich mühe. jeder tut in diesen zeiten, was er kann.

ich gebe mir auch mühe und tu in diesen zeiten, was ich kann.

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mit frau mullah über die streuobstwiesen gelaufen, schon oft jetzt dies jahr, sommer, flimmern über korn. hasen, rehe, sonstwas, blicke auf die blaue mauer in der ferne. es ist so schön hier, wunderschön. und dann hängt da einfach so ein BH am apfelbaum, streuobstparadies. zurückgelassen warum auch immer, wahrscheinlich eher ein positiv lebensbejahender anlaß. in dieser jahreszeit fand ich auch schon öfters in den letzten zehn jahren beim rennen mitten im wald irgendwie sich entledigte unterhosen, meist weiblich und oft ein wenig schwarze spitze. solch frischverliebte sachen in der luft und der begleitend unterstützenden vegetation, die ja eher etwas mit üppigem leben, denn als tod zu tun haben. unbändig, so kommts mir vor, ich freue mich jedesmal und altersweise über solch viel saft und hoffnung am rand der wege.

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die holzbauer am waldrand sind am installieren der unterkonstruktion für die neue außenverschalung. der elektriker muss noch kabel ebenda außen verlegen. ebenso sollten die haustechniker endlich den frostsicheren außenwasserhahn zur gartenseite vorbereiten. sobald dann das gerüst abgebaut ist, können die weiteren bodenisolierungsarbeiten in den angriff gehen. bislang kann man wegen des gerüstes dort nicht mit spitzhacke und spaten tätig sein. und jetzt kommt ja auch die urlaubszeit, die sog. „bauferien“. der flaschner muss dann auch rechtzeitig noch die fallrohre installieren. und ich den ortgang streichen, solange noch das gerüst steht. das wetter ja derzeit seltsam, starkregen und gewitter, und vergleichsweise kühl seit 5 tagen, für sommer. eine bauinschrift muss noch angebracht werden, solange noch das haus unbedeckt. vielleicht ölkreide und „Renov. 2021-2024“, ggf. initialen oder ganze namen. wie kindisch aus heutiger sicht. aber den restaurator freut`s in 300 jahren. ich weiß, wovon ich rede.

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langsam neigt sich minus. arzttermine und kfz-inspektion. haut und augen sollten auch mal wieder. zwei beteiligungen an ausstellungen im herbst, über die ich mich sehr freue. öfters wieder im atelier nun. endlich! die eine ausstellung heißt „Grenzen der Aufklärung“. das gefällt mir sehr. die andere heißt „Interessante Zeiten“. auch das mag ich. zudem ggf. ein neues betätigungsfeld innerhalb dessen, was mein leben, meine leidenschaften mitsamt herzblut sowie meine diesbezgl. fachkenntnisse übergreifend universal ausmacht. das wäre schon schön, sollte man da zusammenkommen. bald weiß ich mehr. brombeeren hat es einige, aber die reichen nicht für marmelade derzeit. quitten sehe ich am baum, aber auch da muss man erst einmal abwarten. zu viel regen, schimmel macht sich breit auf den früchten. wie gerne hätte ich jetzt schon zeit für das anlegen von beeten. oder das mauern von hochbeeten. steine und mörtel sind reichlich vorhanden, nicht aber die zeit. das kommt dann alles im nächsten jahr. heute die hecke fußwegseitig öffentlich beschnitten, damit keiner meckert. den beschnitt der hecke von der rückseite her gartenseitig wieder der hecke zugeführt. das sind schöne dickichte, die igel freuts und andere lebenswelten auch. eine stets sich verändernde gestaltung unmittelbarer umweltlicher forderungen, denen ich mich gerne und flexibel unterordne. ab und an aber auch meinerseits ein statement, mit kettensäge, dialogisch: JETZT IST aber SCHLUSS, mit wuchern!

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als ich gerade geboren war nach acht, nicht neun, monaten im bauch, so erzählte es mir die alte dame oft, da wurde ich immer dünner im klinischen brutkasten und mit künstlicher babynahrung, die ich nicht wollte. irgendwann dann meinte wohl eine ältere hebamme zu meiner mutter, sie würde das nach dienstschluss, wenn keine ärzte mehr anwesend wären, einmal heimlich probieren mit dem altmodischen stillen am tatsächlichen mütterlichen busen. das hatte dann tatsächlich funktioniert und ich habe fortan getrunken, was das zeug hielt und so konnte ich freudig ins künftige leben überleben. wahrscheinlich deshalb mag ich BHs an irgendwelchen bäumen.

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irgendwo tief im wald muss ein rave oder eine heimlichparty sein?, bässe und schlagzeug über baumspitzen. oder ein kleines „festival“ im ammertal. ich trete hinaus aus dem atelier ins GRÜN, es fängt grad wieder an zu regnen jetzt, sage dem kleinen mäuschen gutenacht, welches so unbedacht und leichtfertig gestern über die staudenreste holperte vorm atelier am hellichten tag, kugelrund und ohne angst vor fressfeinden oder mir. trete also vielfach salutierend vor den sterbenden buchs, die glocke mitternacht, morgen ist sonntag.

neand.

Atelier Juni 2023

(Abb.: Atelier Juni 2023)

jetzt offenbar ist es wieder die zeit der stechmückenmännchen. man erkennt sie an den bauschigen antennen vorn am kopf, anstatt dem stechrüssel der weibchen. man darf kein licht anlassen im hause, wenn man warmabends draußen auf der baustellenterrasse sitzt bei halboffener türe. man könnte den eindruck bekommen, die männchen sind nicht nur harmloser, weil sie sich von nektar ernähren und keiner leibesseele blut abzapfen je würden. sondern sie lassen sich auch leichter fangen, wenn man das jeh wollte, als die auf nachwuchs geprägten weibchen, also diejenigen, die stechen, weil sie halt eiweiß brauchen für die eier der nachkommen. die sie dann in jedes fitzelchen an regenwasserresten in verstreuten eimern oder töpfen ablegen. und jedesmal, wenn man dann so einen wasserrest mit sich quer- und längsbewegenden stechmückenlarven auskippt wird man ja im grunde zum massenmörder. und nimmt den vögelchen die ihrerseitige eiweißnahrung nach verpuppung und flügelchen und dann dem lästigen „sssssss“ in der nacht weg. herrjeh, was soll man machen?

der stattliche igel/igelin schnauft sich täglich am dämmerabend gegen jetzt 21.35 uhr aus dem gebüsch nummer eins. gewohnheiten sind auch seins/ihrs, die wege sind fast immer die gleichen. gemütlich und ohne arglist. dann die böschung hinunter in richtung untergarten zum gebüschbündel hin nummer zwei, ein blick nach links, dann rechts, dann schnüffeln und ein wenig nippen am von anthropoiden liebevoll aufgestellten und aus der regentonne bewässerten untergefäß für die ehem. balkonstädtische kräuterzucht in langschalen, tönern selbstverständlich (toskanastyle). sodann ab in die „grube“, gebüsch nummer drei, einst der vorbereitete aushub für ein schwimmbad der 60er-jahre. für dann, „wenn dann wieder geld da ist“. wie man das damals so hatte, einen pool. mittlerweile zugewachsen mit japanischem dingsbums, brombeeren, einem buchsbaum, auch heuer wieder arg vom zünsler geplagt. und diesen wildpflaumen, die wachsenderweise auch keine ruhe geben, vor allem mit ihren in jungen trieben höllischen stacheln. wer wollte es ihnen verdenken! danach hört man ihn/sie nicht mehr. wobei irgendwann es ja auch einen rückweg geben müsste, wohl dann, wenn die menschen gemeinhin schlafen.

im garten ziehe ich mittlerweile grundsätzlich wertige gummistiefel an, ganz allein wegen der zecken. früher war barfuß. auch hochsommers. aber besser, als nachts oder frühmorgends tagsdrauf rote juckende bissstellen mit lesebrille und oft verdreht in körperhaltung an unmöglichen eigenen oft zarthäuten sich genauer anschauen zu müssen, mit „Aha!“ und gruseligem ausreissen von festgebissenen kleinstspinnentieren. neulich war wieder, spätabends, ich habe sie, die entfernte zecke, dann im fast leeren schnapsgläschen ertränkt (marille).

in den im atelier herumstehenden gummistiefeln lassen sich oft auch gerne zitterspinnen nieder, ist man auswärts gewesen für ein paar tage. vieles an diesen kleinstmassakern könnte natürlich auf karma gehen, wenn man sich darauf einlassen wollte. wer schon wollte?

verschiedenste wespen und auch komische sowie noch nie beobachtete fliegen oder würmchen nutzen ihr wissen um ihre leichtigkeit ggü. der oberflächenspannung von H2O, indem sie sich einfach auf eine niedrige wasseroberfläche setzen, ohne gleich unterzugehen. um dann, in diesen neumodischen warmzeiten, zu trinken, aus den dargebotenen wasserreservoiren. das freut mich. ich muß das weiter beobachtend vertiefen. es sind sicherlich immer diese kleinen sachen, über die viecher und das mikrokosmische. an waldrändern wird ja das kleine oft ganz groß, wenn man nur genügend beobachtet mit zeit. heute, wie vor schon jahren, aber vor jahren, als man noch in die kneipen der großen städte ging, noch nicht so tiefumfassend und schlussfolgernd auf das gesamtganze und küchentischphilosophisch. so, wie die neandertaler damals wahrscheinlich auch schon, nach der mammutschlachteplatte an walnüssen und löwenzahn.

bahram hat jetzt eine ausbildungsstelle gefunden, wir freuen uns sehr für ihn. bei einem mittelständler im IT. nun muss er noch in windeseile den führerschein machen in den kommenden wochen. erstehilfekurs und die theoretischen abende im crash, immer ab 18 uhr. und die kirschkern hat sich entschieden, sie geht nun wohl ins rheinland für’s weitere, „Master“ sagen sie heutzutage. wohlüberlegt! da wäre noch gewesen cork oder montpellier. was aber gut klingt, das ist oft ja nicht auch unbedingt das beste für alles. ich freue mich sowieso, den fortgang von fortgängigen dingen miterleben zu dürfen bei den jungen leuten.

# ist da erinnerung, klein und schön, mit dreiundzwanzig tauchte ich ein in die tiefen meiner praktischen ausbildung, ich las „1984“, hörte NICE & SLEAZY im sonywalkman abends im hohen norden von london (edgeware) und fuhr der verliebtheit halber wochenends mit meinem roten kasten-R4 nach heidelberg oder rom oder niederbayern oder anderswo hin. wissend, das ganze leben noch vor der windschutzscheibe, die sich brüstete mit insektenleichen. die wisch-wasch-anlage musste man noch mittels fußpumpe (linker fuß) betätigen. und das benzin nach campo de fiori (Albergo del Sole) nahm ich mit im alten wehrmachts-großkanister vom haudegen-Opa (marine) aus noch cuxhafen 1945 gefangenschaft britisch, hinten drin, weil doch so teuer in italien.

DENN ein brieföffner allein öffnet niemals noch keinen brief, bei menschen wie insekten, oder hybriden wölfen oder elektrischen füchsen, ähnlich tantrischen molchen oder keltischen salamanderlarven oder ganz normalen glühwürmchen im heterosplitting. wenn sie einfach nur leuchten wollen, was das zeug hält. es ist vieles an vielem dasselbe über die jahre, und es ist schon wunderschön, wenn man dabei sein darf, auch jenseits säugern, die uns ja manchmal vielleicht ferner als lieb sind, als vielmehr vielbeinige schmetterlinge oder einen küssende junikäfer, auch wenn wir das nicht als solches kapieren, geschweige ahnen können. die neandertaler zogen es daher wohl vor, auszusterben. aber hinterlassen haben sie uns eine menge, IN uns, so heisst es, nämlich offenbar fest eingebaut, DNA. ich glaube, ich bin ein guter neandertaler gewesen.

2.7.

cis rêvant

Abb.: 1.7., Atelier / „cis rêvant“ (Serie „Korrekturen“), 1.7.2023, 26x20cm, Öl/Collage auf Karton, © div.
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„kurz gerippt, koffer gepackt, hotel-hotel, strecke gefahren und zurückgefahren. K und P-endungen mit kurz-vorherig verschluckten lauten scheinen zu beschreiben. T nicht vergessen. kurz und kantig, scharf und emotionslos, so gut geht. autobahn, eisernes werkzeug, harte scheine, lohn, entgeld, präzision im abrechnen von lebenszeit. papier kann schneiden, überholen normal. container werden hingestellt, keinen kümmerts, tags drauf sind sie voll, tags drauf weg. gespräche wie messer, immer aufpassen, zuwendungen auch, immer aufpassen, jedes DU eine niederlage. schnaps geht runter wie rauf. die gläser sind klein, die betten auch, die zimmer auch. die tische auch, ebenso die stühle, die münder, die gedanken, die städte, die tore. warum auch. überholen ist gut, ausbremsen auch. bart, frisur, rasur, lippenstift, linke spur. alles, was man braucht, lack. tattoo vielleicht noch und eine blanke vita, die ins herz sticht, die anderen. die anderen müssen weg.“

Das ganze alte Gift ist weg.

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1964
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24. Juli 2021: Vorzustand vor Beginn sämtlicher Maßnahmen. Der Kamin vom Klinkerofen (1983) ist noch vorhanden, den habe ich im Mai 2022 höchstselbst abgebrochen. Auch zu sehen die alten Dachziegel aus 1984 ungefähr, teils mit Bewuchs. Auch die Fenster sind noch bauzeitlich 1964, ebenso die Holzverschalung, die sich nur erhalten konnte durch Tränkung mit dem Insektizid/Kontakt- und Fraßgift Dichlordiphenyltrichlorethan (DDT). Dieses wurde bereits 1972 verboten. Der letzte Anstrich erfolgte tatsächlich in jenem Jahr, ich habe eine datierte Rechnung in den Aufzeichnungen der alten Dame gefunden. Das Produkt hieß „Bosan“, lt. Rechnung wurden 9 kg desselben für den damaligen Neuanstrich der Holzverschalung verbraucht. Ursprünglich wollte ich in Eigenleistung die Schalung lediglich ab-/anschleifen und selbst neu lackieren. Ein Schadstoffgutachten allerdings (gar nicht so teuer, kann man sich leisten, lohnt sich!) ergab eine annähernd 11-fach höhere Belastung mit DDT, als es der definierte „Grenzwert“ besagt. Vom Schleifen/Bearbeiten o.ä. wurde daher dringendst abgeraten, zurecht.
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5. Juli 2022: Das Gerüst steht, das Dach ist schon abgedeckt. Einige Tage stand alles offen, geregnet hatte es nicht, eine seltsame Anmutung, vom Gerüst aus von oben ins Haus hineinschauen zu können. Wie in ein Modell hinein im Maßstab 1:1. Die Fenster sind bereits erneuert, in energetischer 3-fach-Verglasung. Die beiden Fenster an der Südseite rechts sind nach unten hin vergrößert worden, das war das ehemalige „Esszimmer“ und die Küche. Schon als Kind fand ich die Höhe der Fenstersimse immer seltsam, weil man als kleiner Mensch am Esstisch sitzend fast nicht hinausschauen konnte in den Garten. In den Juni/Juli 2022 fiel dann auch die Entscheidung, dann doch auch die äußere Stülpschalung aus Holz zu erneuern, aus energetischen Gründen, und damit auch der Möglichkeit der Bezuschussung. Es gab zwar darunter bereits eine Dämmung aus Glaswolle, die jedoch nicht dem aktuell dämmwertigen Stand entsprach. Zudem handelte es sich um Glaswolle-Matten aus 1964, also ein sehr bedenkliches Produkt bezüglich der Faserstärke und damit möglicher gesundheitlicher Folgeschäden (asbestähnlich, krebserregend) beim Einatmen bzw. Gelangen in die Außenluft.
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23. Juni 2023: Dieselbe Hausseite. Endlich! Was so dramatisch düster im Schwarz-Weiss aussieht, zeigt – im Gegenteil – die nun bereits erfolgte Entfernung von Glasfaser-Dämmung und alter Holzverschalung. Schön zu sehen die Mauerungen und Balkenköpfe der Deckenkonstruktion der Innengeschoße. Auch die sämtlich noch handgegossenen Fensterstürze aus Beton, alles bauzeitlich, also von 1964.
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23. Februar 2022: Ansicht von Süd-Osten. Von außen noch der Vorzustand sozusagen. Die Außenverschalung unverändert, die Fenster sind noch nicht erneuert. Der Ofenkamin steht noch. Das kleinere Fenster rechts, halbseitimg geöffnet – das ehemalige Schlafzimmer-Fenster der Eltern bzw., dann seit 1966 über Jahrzehnte, das der alten Dame – ist noch unverändert. Im Februar 2022 trug man noch Maske und musste Impfnachweise mit sich führen. Im Innern jedoch bereits mannigfache Arbeiten, die sich mit dem Austausch der alten Heizungsanlage beschäftigen.
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19. Mai 2022: Ansicht von Südosten. Die Fenster sind noch nicht erneuert. Die giftgetränkte Außenverschalung immer noch von 1964, darunter Glaswolle, ebenso von 1964. Die Dachdeckung noch diejenige von 1984. Foto wegen Einrüstung und der Freude, dass nun die Arbeiten am Dach beginnen. Im Innern aber bereits heftige Baustelle, daher steht in Ermangelung einer Küche der Kühlschrank auf der Terrasse. Der ehem. „Rasen“, die Wiese also mittlerweile, sprießen. Erster Schnitt, so nun die Gewohnheit hier, erst Anfang Juni, wenn „die Insekten dann durch sind…“.
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23. Juni 2023: Endlich (abermals)! Die Außenverschalung ist entfernt, die dahinter sich befindende Glaswolle ebenso. Die Schadstoffe also weg verbracht. Das Fenster rechts ist nun auch nach unten hin vergrößert worden. Aus diesem ist jetzt – neu – ein Küchenfenster geworden. Da die Küche sich nun dort befindet. Im ehemaligen Elternschlafzimmer also. Die ehemalige Küche befand sich vorher diagonal im südwestlichen Hausbereich EG. Dort hingegen ist nun ein schönes Arbeitszimmer entstanden, ggf. mit Ausstieg durchs Fenster in den Garten. Ein im OG über der neuen Küche neu geschaffener Raum, ehemals ein niedriger Abstellraum, ist mit einer völlig neu geschaffenen Fensteröffnung (oberstes Fenster) versehen, von der aus man einen ganz und gar herrlichen Blick auf die schwäbische Alb, die „blaue Mauer“, hat. Daher heißt dieses Zimmer nun hier umgangssprachlich, ein bisschen kitschig vielleicht, auch „das Albzimmer“. Aber alle bisher Involvierten wollen künftig als Gast dann gerne da oben unbedingt residieren, so sagen sie.
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1964: Hist. Foto, Bauzeit, Rohbau in derselben Ansicht. Im Hintergrund noch Streuobstwiesen.
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22. Juni 2023: Die Glaswolle von 1964 ist entfernt, in großen Säcken verpackt und liegt unten an der Straße zur Entsorgung bereit.
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22. Juni 2023: Abtransport vom Holz der einst DDT-getränkten ehem. Außenstülpverschalung. Hierbei auch einmal einen sehr großen Dank an die Hagellocher Holzbau GmbH, die schon sehr bald eine neue Verschalung mit Holz und einer darunter eingeblasen zeitgemäßen Zellulosedämmung installieren wird.

ROT, Schnitter, fei

Rothenburg Plönlein
Zweitpaare
Laden
Stück Stoff, um 1550
Wurfstern, um 1550
Rothenbur 2023
Arbeit
Klingengasse 2023
Judengasse 2023
Selbst, als Schnitter

verliebte altpaare noch und nöcher. oder neupaare alt (er) und sie (jung) im zweitleben, die kinder sind aus dem haus. golden retriever dabei. kopfsteinpflaster, gogomobile, alte ford mustangs und ein paar pferdekutschen. um 21 uhr klappen die bürgersteige hoch, das gläschen weisswein 8,60, ich geb dann mal heute kein trinkgeld. im hotel brötchen vom lidl, heisser brühkaffee, kalte bemalte eier, salzfässchen gibts auch. kesselgulasch und ungarischer gemüseeintopf. die gastronomie, so scheints, mittlerweile nach 35 jahren überwiegend in osteuropäischer hand. die kulissen kaum verändert. viele wohnmobile mit frührentnern und mops. die schönen nebengässchen menschenleer, wie damals schon. jugendgruppen mit blauen oder gelben schirmmützen, wahlweise bedruckte uniform-Tshirts, oder asiatische tagestouristen mit mundschutz und schirm. mittags um zwölf das glockenspiel mit meistertrunk am marktplatz, alles wie immer, nur die fotoapparate machen nicht mehr „klick“ sondern „schrschr“. damals begann alles bei mir, seltsam, dass ich gerade jetzt, eigentlich rein zufällig, wieder hier arbeite. der kollege, seinerzeit wohnhaft in einer kleinen verwunschenen villa direkt vor der stadtmauer, ist lange schon weggezogen. es ist so wunderschön hier, zumal bei diesem sommerwetter, aber eigentlich kann man nur weggehen von hier, denk ich wie damals schon, wenn man jung ist. oder, wenn man weg war hier, dann vielleicht wiederkommen. ich erinnere touristenlose november mit dauerregen oder kalte schneelose trostlose februare. und dann laufe ich jetzt nach den feierabenden durch das städtchen, mehrfach 11000 schritte verrät mir mein gerät, welche es damals auch noch lange nicht gab, stattdessen gelbe telefonzellen und markstücke, und ich sehe gebäude und häuser, in denen ich schon war vor langer zeit. an deren fassaden mich hoch oben am treppengiebel nervöse wespen angriffen, einmal hatte sich – es war wohl in der herrngasse – ein kalksplitter in meinem auge verhakt, das macht einen ganz kirre und gottlob gabs in der nähe einen augenarzt, der abhilfe schaffte. oder in wieviel kellern hier war ich schon, die baugeschichten untersuchend, einmal waren wir ganz nah dran an einem schatz aus dem 30-jährigen krieg, den später die archäologen hoben. die unzähligen containerfunde des kollegen, mit bemalten putzstücken, jahrhundertealt, die nachwiesen, dass nächtens im schutz der dunkelheit heimlich renoviert wurde, schnell-schnell, um die denkmalpflege zu umgehen. keine vermeintlich langwierigen behördlichen vorgänge, ein japaner sieht eben nicht, ob da was wirklich alt ist oder nur alt aussieht. damals war ich zutiefst empört. heute denke ich nur, es ist eben so, wie es eben ist. wozu da was ändern. die stadt hat eine klar definierte aussendarstellung, nämlich mittelalterlich soll es aussehen. und kaum einer weiss, dass es auch zerstörungen gab, die nach dem großen kriege flink behoben wurden, im alten stil natürlich. oder, als wir an einem karfreitag die franziskanerkirche untersuchten, da es so dringend war. oder wie wir im sommer zu mittag schnell an einen weiher jenseits der tauber fuhren, um dort nackt hineinzuspringen. damals hatte ich noch meinen roten kasten-R4, mit dem ich in vielerlei leben startete. vor unglaublichen 35 langen und kurzen jahren. ich erinnere, in wen ich verliebt war und wer in mich, wo was draus wurde und wo nicht. mittlerweile sind ein paar windräder hinter der stadtkulisse zu sehen, blickt man ins nahegelege württembergische. den fahrradladen, der damals neu aufmachte, den gibt es noch. die kneipe, die damals der bruder des kollegen betrieb, gibt es lange nicht mehr, eine spielhalle ist da jetzt drin. die trennungskinder von damals sind jetzt auch schon mitte vierzig und haben sich wahrscheinlich ihrerseits schon wieder getrennt, gelegentlich. ach, es ist wirklich schön hier, man muss mal dagewesen sein, ganz ernsthaft. am besten im sommer und für 2 tage mindestens. ich selbst werde wohl diesen sommer überwiegend hier verbringen für die brotarbeit. und ab und an ein weinchen trinken abends, mit welchen, die ich von seinerzeit noch kenne. oder den diesjährigen kollegen. vielleicht unten in der helmersmühle an der tauber, da ist es besonders schön. / es klingt alles melancholischer, als es ist. ein wenig darf ja. alte-leute-content eben. umso mehr freu ich mich über die neue sense am waldrand. „Selbst, als Schnitter“, sowas gefällt mir. das foto hat frau mullah geknipst, es hat „schrschr“ gemacht, nicht „klick“. es müsste dringend mal wieder regnen, aber so eine trockenheit gab es ja früher auch immer mal wieder. um 6 in der früh muss ich losfahren, immer am donnerstag abend komme ich dann wieder nach hause. wie früher eben, nur früher haben wir noch 5-tage-wochen gemacht, dann war es freitagabend und es hat ab und an im sommer geregnet, die windschutzscheiben voll von zermatschten autobahninsekten und mein lohn war sechszehn mark für die stunde, und das war FEI viel.

wie alles auch W.

bei Oma

(Abb.: Bei Oma in Westdeutschland, ca 2004)

Weil mir HEUTE so danach ist und weil es im „this day past years“, dieser schönen und manchmal auch etwas furchtbaren Selbsterinnerungsmaschine, vom 10. Juni 2009, dem wegweisenden Gerichtstermin vor dem Familiengericht in Stuttgart, heute zur Erinnerung RIEF, über die ich heute/gestern stolperte.

DIES schrieb ich damals in’s Weblog und heute noch graut mir davor.

Wie lange das nun her ist, schon, gottlob. Vierzehn lange und abermals angefüllte Jahre. Und wie DA das ist, doch immer noch manchmal – vielleicht wenn der Mond aufgeht im warmen Juni und die Igel draußen rascheln oder es Bindfäden regnet im Herbst oder man glücklich am Strand sitzt am Mittelmeer im August und raus blickt auf weite Wasser, oder an alte Weihnachten in Berlin denkt, obwohl gerade Weihnachten am süddeutschen Waldrand ist, und eigentlich alles so lange schon her. Und dann doch nicht, nah. Und dann aber, ganz kurz, eben doch, so nah. /Und wie sich alles entwickelt hat, wie man es damals nicht wusste, nicht ahnen oder vorraussagen konnte. Die Geschichten, diese folgenden unsäglichen „Betreuungsgeschichten“, sie gingen ja noch bis weit in die Zehnerjahre hinein. Auch für mich gab es ja neues, ungeahntes und wohlwollend begleitetes Leben, nach dieser gefühlten größten aller großen Stunden NULL, am zehnten Juni 2009. Vielleicht war das der schlimmste Tag in meinem Erwachsenenleben. Das kann schon gut sein. / Und die Kirschkernerin HEUTE, sie geht nun, so scheint’s und es freut mich, aufrecht und verselbstständigt ihren Weg, im Leben und in Ausbildung, demnächst vielleicht in nordwestlich europäisch insularen Gegenden, ggf. im Süden Frankreichs oder im großstädtischen Rheinland – oder in der Pfalz, ggf. im Elsaß. Die größte Hauptsache wäre mir, dass das alles für sie LANGE her sein könnte. Das würde mich glücklich machen und freuen und wer weiß, was alles noch. / Ich hatte damals, nach ein paar Tagen – und sehr gerührt, bestärkt und angetan vom Zuspruch – alles Geschehene noch in einem unscheinbaren Kommentar kurz erläutert. Wollte keine großen Glocken. Aber fühlte mich aufgehoben und getragen, irgendwie halb digital, halb bereits analog, von der Blogspäre. Auch heute noch daher einen großen Dank an alle von damals seinerzeit. Das ist mir wichtig. / Folgendes ist das, was ich damals geschrieben hatte im Kommentar, es ist mir nun, nach 14 Jahren, einen vielleicht spätlindernden eigenen Eintrag sehr wert:

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„edit 13.6.2009:

als also alles vorbei war, saß ich vorgestern, seit elf jahren mal wieder, mit cafe und bitter lemon im „la concha“ am stuttgarter wilhelmsplatz in der sonne. das war einmal meine ecke gewesen, ich wohnte damals im heusteigviertel. ich nehme ja auch heute noch gerne diese stadt in schutz, wenn allerorten über sie hergezogen wird. man muss hier gelebt haben, um urteilen zu können. hier entsteht viel interessantes, auch wesentliches, was dann später oftmals abwandert und sich stets schämt, hier geboren zu sein.

und es behauptet ja auch keiner, dass solche termine bei gericht schön sein müssen, immerhin der zweite innerhalb zweier wochen. einem weiteren (von unzähligen) selbstbezogenen monologen habe ich zugehört, in denen der vater nicht vorkommt und der kirschkern kaum. ein vielfach weiteres mal gestaunt über fast pathologischen egoismus in der bewertung der selbstinszenierten geschehnisse, der wahl der mittel und der mitunter unverschämten waffen. fest steht jedenfalls seit vorgestern, ich werde ab dem sommer über sehr viel mehr persönliche zeit verfügen können, als in den letzten neuneinhalb jahren. das schmerzende daran ist, ich wollte diese zeit in dieser form nicht haben. ich werde also „ferienpapa“ werden. das ist nicht leicht, wenn man das nie wollte und zudem schon ein ersatzpapa bereitsteht. wenn man in dieser funktion, die man gerne angenommen und auch von anfang an mit großer freude gelebt hat, ausgetauscht werden soll. da kommen oft schnell ganz archetypische dinger hoch.

das ganze als vorläufiges ende einer nun zweieinhalb jahre andauernden unglaublichen geschichte, die in berlin begann, einen kleinen vorrübergehenden stop in stuttgart und tübingen einwarf und jetzt vorläufig in freiburg im breisgau enden wird, jedenfalls für den kirschkern. ferner als endliches ende von nunmehr vergangenen sieben gelebten monaten, in denen die unklarheit, wie und wo alles weiter gehen wird, zuletzt fast nicht mehr auszuhalten war. den alltag des kirschkerns werde ich also ab dem neuen schuljahr nicht mehr wie bisher mitleben, erleben und gestalten können, denn der kirschkern wird dann zu weit weg wohnen und sich – entweder wohl / oder übel – alltag und wohnung mit dem seit jeher angestrebten ’neuen leben‘ der anderen teilen (müssen).

ich habe elf jahre in stuttgart gelebt, dort studiert, später sogar dort geheiratet. im vergangenen august wurde ich dort geschieden und vorgestern wurde dort verhandelt über das weitere schicksal des kirschkerns, der übrigens in neukölln geboren ist und ihre bisher meiste lebenszeit in schöneberg zu berlin verbrachte. soviel zur stuttgarter bilanz.

man wird sehen, wie sich alles entwickelt. ich hätte vor eineinhalb jahren schon ’nein‘ sagen sollen, damals in berlin, das denke ich oft jetzt, meine ‚chancen‘ wären gut gewesen. es hat mir aber damals nicht entsprochen (und eigentlich tut es das auch jetzt nicht). ich wollte damals, dass der kirschkern weiterhin beide eltern hat, auch wenn diese sich nicht mehr leiden können, diesen gedanken unterstellte ich wohlwollend auch der mama. dafür habe ich einiges auf mich genommen. die andere seite jedoch nicht, ich würde heute sogar sagen: zu keiner zeit. das ist einerseits wohl bitter, andererseits jedoch auch völlig egal, wenn es denn für den kirschkern einen übergang (wohin auch immer) ermöglicht hat. elftausend kilometer schulweg in 2008? kein thema, der kirschkern bestand darauf. besser ein nest am waldrand, als gar keines.

so könnte ich nun weiterschreiben und weiterschimpfen. allein, ich habe keine lust mehr auf diese geschichten. keine lust mehr, mir dämliche begründungen und gespielte empörungen anhören zu müssen, für mich ungewollte und peinliche herbeigepfiffene termine bei ämtern wahrnehmen zu müssen, die mir letztlich ein komisches spiel und seltsame beschäftigung zu sein scheinen in ermangelung eigener kreativität, empathie und lebensfreude. ich habe keine lust mehr, über eine hälftige beteiligung an von mir erworbener gebrauchter kinderkleidung im wert von sieben euro zu streiten, weil „das nicht abgesprochen war“. ich habe keine lust mehr, mir die hälfte des kindergeldes über monate genüsslich vorenthalten zu lassen, ebenso wenig, wie jüngst entgegen aller absprachen, vorgerechnet zu bekommen, dass der kirschkern im letzten jahr ja nur 147 tage in meiner obhut verbrachte, dagegen 208 am anderen ort, womit sich angeblich der ‚weit überwiegende‘ lebensmittelpunkt belegen lässt. ich habe keine lust mehr, dass sich menschen auf der jagd nach ihrem persönlichen lebensziel den kopf zerbrechen, wohin überall ich vielleicht noch umziehen könnte und welche anstellungen ich dann dort annehmen könnte kraft meiner ‚beruflichen flexibilität‘, die dann im nächsten moment zu ‚instabilen finanziellen verhältnissen‘ mutiert, je nach argumentationslinie. und ich habe bei all dem vor allem keine lust, in offiziellen schreiben der schweren „lüge“ bezichtigt zu werden. wenn vorgestern immer wieder betont wurde, dass wir, die eltern, „dies alles ja im vergleich zu anderen fällen wirklich gut geschafft haben bisher…“, so rechne ich das jetzt einfach einmal – pardon, kirschkernmama – zum größten teil meinen bemühungen in den letzten zweieinhalb jahren zu. ich möchte nicht wissen, was geschehen wäre, hätte ich mich getrennt. und schon gar nicht möchte ich wissen, was geschehen wäre oder würde, würde ich nun mit dem kirschkern in eine neue, „stabile und auch finanziell gesicherte familienähnliche lebensgemeinschaft“ inclusive ersatzmama, weit weg vom bisherigen orte, umziehen wollen, in dem der kirschkern zudem „ein normales vorleben von männlichem und weiblichem erwachsenenleben“ vorfinden wird.

nein, es geht nicht um den problematischen arbeitsmarkt, wenn man 47 ist (mit diesem begründet die kirschkernmama ihr streben nach freiburg i. brsg.), es geht um altmodische sachen wie verstand, verantwortung, moral, anstand und auch ein wenig empathie. und es geht vor allem um das elterliche selbstverständnis, den kirschkernen auch in trennung sowohl mutter wie auch vater verfügbar zu erhalten. ich habe das getan, ich werde und würde das immer tun, auch wenn es, speziell nach dem geschehen der letzten monate, noch schwerer fällt. und wenn ich dachte, die andere seite würde nun auch einmal ein ähnliches grundempfinden haben, so habe ich mich darin getäuscht. wäre der neue partner wohnhaft in stuttgart, so hätte kirschkernmama mit sicherheit eine arbeit ebendort gefunden. schon in berlin wäre es so gewesen. so einfach ist das.

dagegen scheint immer noch weitverbreitet zu sein die mütterliche ansicht „kind gehört zur mutter!“, da helfen offensichtlich weder akademische bildung, bescheinigter intellekt noch ein ZEIT-abo. wenn es hingegen in guten zeiten um die erfüllung emanzipatorischer kriterien geht, so wird ja schnell hoch gegriffen in den ansprüchen an den vater. nein, was zählt sind einzig herz und unterarm.

ich bin also vorgestern letztlich und schwerherzig dem ‚wunsche‘ des kirschkerns gefolgt. dieser hatte sich, erst vor zwei wochen, erstmals geäußert, gegenüber einer verfahrenspflegerin (sog. ‚anwältin des kindes‘). in dem sinne, dass sie „gerne mit der mama mit umziehen wolle, aber dass auch der papa ganz in der nähe sein soll und sie den papa ganz oft sehen/besuchen will…!“. der kirschkern möchte eben weiterhin beide haben, und umziehen, das tut die mama, nicht der papa. das heißt konkret, mein antrag auf übertragung des sog. „aufenthaltsbestimmungsrechtes“ wurde von mir zurückgezogen, in erwartung, dass die anderen es ebenso tun. aber das für mich abermals unglaubliche geschah, die kirschkernmama begann oben erwähnten opfermonolog, in dem sie ausführlich ausführte, dass sie „endlich planungssicherheit…“ bräuchte und sie sich nicht alle zwei monate solch ein verfahren leisten könne, für welches der vater verantwortlich zeichnet („dieser hätte ja schon im februar dem umzug der mutter mitsamt kind zustimmen können…!“) und so weiter und daher weiterhin das „aufenthaltsbestimmungsrecht“ für sich beantrage, um sich vor (sinngemäß) den ‚quereleien‘ meinerseits zu schützen und letzlich „würde das ja auch eine wunderbare stabiliät für den kirschkern bedeuten!“. gottlob sahen das die anderen anwesenden nicht ganz so, ich erwähnte noch, dass es ja nicht ich gewesen war, der mit den umziehereien und turbulenzen angefangen habe, jedoch die ‚zerrüttung‘ des verhältnisses der eltern wurde bei mir um einige weitere zentimeter in diesem moment in die tiefe getrieben (abt. chuzpe, etc.). die kirschkernmama wollte doch tatsächlich den rückenwind der kirschkernäußerungen mitsamt meiner kirschkernfreundlichen zustimmung noch vorteilig nutzen, selbst in dieser situation und mit dem wissen um eine von anfang an intensive tochter/vater-bindung/beziehung.

mir ist nun wichtig, dass dem kirschkern vermittelt wird, dass sich ihre eltern „geeinigt“ haben. dass nicht ein richter richtete. sie wollte sich nie, ganz lange nicht, äußern, was ich in all den letzten monaten so sehr gut verstanden habe. wenn sie es nun getan hat, dann soll ihr auf jeden fall die verantwortung von den schultern genommen werden, so gut es eben geht. auch wenn ich überzeugt bin, dass sie es noch nicht ermessen kann, was der umzug nach freiburg, bezüglich der bisherigen anwesenheit des vaters, bedeutet.

gestern las ich im poesie-album des kirschkerns, welches diese mir für die nächsten wochen zum füllen hinterlegt hat, einen kleinen zusatz beim eintrag der mama: „was du nicht willst, was man dir tu‘, das füg‘ auch keinem andern zu!“. da bleibt mir dann schon manchmal die luft weg.

ich habe jedenfalls alles versucht, dem kirschkern sein vertrautes umfeld, wenn schon nicht in berlin, dann wenigstens in tübingen zu erhalten. es hat wohl nicht sein sollen. vielleicht wird das ja alles in ein paar jahren auch einmal den dann älteren kirschkern interessieren. wie und warum alles so gekommen ist. ich wünsche ihr jedenfalls von herzen, dass sie sich gut einlebt in der neuen situation, ab september. an ihrem alltag werde ich nicht mehr teilhaben können.

derweil es ja, das bekommt man dann ja auch mit in solchen zeiten und es focusiert sich, noch wesentlich schlimmere auseinandersetzungen gibt. da geht es dann um das sorgerecht und minutiöse umgangsrechte… da kann einem ganz anders werden. so ist es ja in diesem falle gar nicht (und bleibt es hoffentlich auch). und schön zu hören war auch, dass der kirschkern „keinerlei loyalitätskonflikte zeigt bezüglich seiner eltern“, sondern „selbstbewusst, offen und klar“ erscheint. möge es so bleiben, auch wenn die pubertät dann naht. dennoch, ich hätte mir etwas anderes gewünscht, ganz grundsätzlich, für den kirschkern.

so, das musste jetzt alles irgendwie noch mal aufgeschrieben sein. und jetzt ist hoffentlich schluss mit diesem scheißthema. ich sehne mich nach anderen inhalten, das ganze kommt mir vor wie ein zweijähriges großes schwarzes loch mit bitumen. und manch ein allzu düsterer blogbeitrag meinerseits hat seine ursache in ebendieser geschichte. ich habe eine permanente grundangst gehabt in den letzten zwei jahren, immer auf der hut, was wohl wieder als nächstes kommen mag, immer alles notieren, damit es einem nicht um die ohren gehauen werden kann (was schließlich dann geschah…). mein kalender war und ist voll von fast paranoiden anmerkungen, gefahrenen kilometern, dem verzeichnis verschiedener orte, planungsmodellen der ein- oder anderen seite, telefonprotokollen und feinen zitternden beobachtungen. ich könnte schon mal ein wenig ruhe, jetzt, gebrauchen.

und für den oft wirklich großen beistand aus blog-kreisen, für den bedanke ich mich ganz ehrlich. herzlich, ihr schneck“

pfingstwirus

Pfingstwunder

Pfingsten 2023, seit sechs Nächten positiv. Nun hat es mich also doch noch erwischt. Dieses Ding, welches seit nun bereits drei langen Jahren die Welt umrundet. Diese Jahre, stundenlang saß ich ohne Maske in Autos neben unwissentlichen Virenträgern, lag nächtelang in Betten neben nichtsahnend C-Hustenden, verbrachte Wochen neben noch gefährlichen Varianten auf Baustellen, deren selbsterklärte harte Jungs maskenlos verkündeten, nur Büromenschen würden sowas bekommen, nicht aber harte Jungs auf Baustellen, deren Systeme der Abwehr aufgrund Wind und Wetter noch in Ordnung wären. Und die dann doch beinahe verstarben. Immer war ich verschont geblieben. Und ja, wie viele haben nicht überlebt, völlig alleingelassen. Wieviel war zu lernen über Solidarität. Generell und dann gegenüber den Geschwächten, den Alten, den Vorerkrankten, dem plötzlichen Schicksal? Wieviel Häme hat sich gezeigt, wieviele wahre Gesichter, wieviel Darwinismus im Schulterzucken und Beileid-Wünschen. Wieviel ungeahnter Zynismus ploppte auf, einhergehend wieviel Menschenverachtung. Wieviele selbstgenähte Masken. 3 Freundschaften verloren, hochintelligent verschwörte Menschen in seltsamen Drehungen und Wendungen, Impfungen und deren Nebenwirkungen, beschissene Diskussionen, soziale Kinderstuben, Vorräte, die es nun mit Blick auf Haltbarkeitsdaten aufzubrauchen gilt. Wieviele Tests, millionenfach hergestellt ausgerechnet im Herkunftsland des zu Testenden, wie oft die schraubenden Näschenstäbchen wildfremder Menschen, wie oft das Warten und Studieren von Vorschriften zum Allgemeinwohl. Wieviel Geld ist geflossen, und wohin. Und NIE war ich dabei. Fast schon kam mir ein Diskriminierungsgefühl auf. Bei aller dankbaren Demut gleichzeitig. / Und NUN hat es mich doch noch erwischt. Und NUN fühle ich mich wie Jesse James, der – nachdem er das BÖSE besiegte – beim Aufhängen von (ausgerechnet) Gardinen im piefigen Wohnzimmer, von HINTEN, ausgerechnet, abgeknallt wird. / 3 Nächte seltsame und niemals vorher erlebte Muskelschmerzen. Wie Kobolde, die im Körper nachts von Hie nach Da tanzen und sich kichernd an deinem Weh erfreuen. Früher wurde man verbrannt für sowas. Dazu 39°. Nun stagnierend zäh im mittelschweren Erkältungsgefühl als Symptom. Jeden Morgen der Test, stets ist es ein klares Statement, die untere scharfe rote Linie. Schmecke alles, habe Appetit, habe sogar ganz gute Laune. Jobs sind abgesagt allerdings. Ein Hoch auf die Selbstständigkeit (OHNE Lohnausgleich). Maske im Hause, auf Terrasse nicht. / Abb.: Pfingstwunder, „Dorf ohne Dorf“. Ein wenig bedrückend, fast wie eine Vision ohne mich, ich kann’ nichts dafür, es waren die Kobolde. Frohe Pfingsten für alldie, die noch etwas anfangen können damit. (Das Dorf ist übrigens wieder da.)

Kirchenbank / Chorgestühl, für Liebhaber

Chorgestühl1
Chorgestühl2
Chorgestühl3
Chorgestühl6
Chorgestühl7

Originelles Chorgestühl-Element / Kirchenbank, sehr solide Schreinerarbeit, antik, für Liebhaber, Film, Fotografie, Wohnen, Studio etc. / Das Möbel hat die Maße H 108 cm, B 178 cm, T 44 cm und ist aus massivem Weichholz (keine Eiche) gefertigt. Es stammt aus einer der beiden Hauptkirchen von Nürnberg, wo es nach den Kriegszerstörungen bzw. beim Wiederaufbau um ca. 1950 für eine Seitenkapelle angefertigt wurde. 1997 wurden dort Teile des Gestühls ausgebaut und sollten entsorgt werden. Ein Element konnte ich bewahren. Abgabe privat umständehalber, zeitnah, nur Selbstabholer, Details hier:

https://www.kleinanzeigen.de/s-anzeige/kirchenbank-chorgestuehl-antik-originell-fuer-liebhaber/2449445666-87-9093

Das Stück hatte vielfach Verwendung. Zunächst in Augsburg, wohin ich es seinerzeit (1997, der damalige Messner meinte „Nehmen Sie es mit, sonst fliegt’s raus!“) mit einem alten weissen Kastenrenault von Nürnberg aus über die Landstrasse via Weissenburg und hinten zweigeteilt und zusammengebunden halboffen, wegen der Länge, über 2,5 Stunden Fahrtzeit transportierte. Ich war froh (und aber zudem sowieso recht frisch verliebt), dass es nicht regnete. Wenn man verliebt ist, dann tut Regen ja nichts zur Sache. Zwei Jahre später zog ES, das Möbel, dann um nach Neukölln in die damals noch höchstprekäre Braunschweigerstrasse, in’s Berliner-Zimmer, mein damaliges Atelier, sodann im Hungerwinter 2001 nach Schöneberg/Insel, und die Kirschkern lernte wunderbar das Klettern auf jenen geschwungen geschreinerten Massivbiegungen. Acht Jahre später der nicht wenig dramatische Umzug nach abermals dem Süden mit einer semipolnischen Spedition, wo es im Atelier am Waldrand fortan hochpreisigen Sammlern und meist unverschämt splitternackten Aktmodellen einen libertinären Pausensitz bot. Nun allerdings scheints mir, in einem Haus der frühen 1960-Jahre hat es nicht mehr so viel verloren. Weder grundästhetisch, noch vom Platzvolumen her. Man muss sich ja auch trennen können. Daher will ich mich nun, sehr schweren Herzens, verabschieden davon, am liebsten in Richtung von Liebhabern, Wertschätzenden, Ausstattenden, Fotografierenden, Sinnlichkeiten. Oder Eigentümern von Gutshäusern und dergl., Orten also, wo sich jenes Stück womöglich wohler fühlen mag und könnte. / Das Möbel, diese Kirchenbank, das Chorgestühl, es stammt übrigens aus ursprünglich St. Lorenz zu Nürnberg, ebenda aus einer nördlichen Seitenkapelle des Mittelschiffs