Liebes

Liebes Tagebuch, heute hab ich nichts gemacht. Ich bin um viertel sechs aufgestanden, hab einen Kaffee getrunken und Mails geguckt, habe dann die Tochter um dreiviertel sechs geweckt, ein Schulbrot geschmiert, ihr eine Kaba warm gemacht und einen Toast mit Marmelade bestrichen und diesen ihr ins Zimmer gebracht. Dann hab ich unten noch einen Kaffee getrunken, zwei Zigaretten geraucht und bin dann wie immer unter die Dusche, vorher noch gerufen „zääähneputzen!…“ und ihr das Zahnputzzeugs gerichtet. Dann hab ich mich angezogen, bin nach oben und wir sind losgefahren. Heute mussten wir kein Eis kratzen am Auto. Glatt war es heute auch nicht. Der Hoppelweg ist ja gerade gesperrt, weshalb wir immer außenrum fahren müssen, das kostet uns zehn Minuten Umweg noch bis Mitte März. Bebenhausen, Dettenhausen, Waldenbuch, Steinenbronn, Siebenmühlental, Musberg, Oberaichen und dann Rohr. Um fünfundzwanzig nach sieben waren wir wie immer am Schülertreffpunkt, wo die anderen auf uns warten. Habe mich verabschiedet und bin wieder zurück gefahren und habe swr-zwei gehört. Zuhause angekommen habe ich mich heute erstmal wieder hingelegt und dann gar nichts gemacht. Die Krankengymnastin vorgestern meinte, ich soll mehr mit „Wärme“ machen, nicht so viel mit Leistung. Also bin ich heute standepede liegengeblieben, bis halb zwölf, weil in der Woche war ja schon genug gewesen diese Woche. Dann hab ich der Mutter ihr neues Auto einrichten geholfen und bin dann mit diesem auch in die Stadt gefahren. Habe ihr das Auto vollgetankt, das Altglas weggebracht, ihr Kontoauszüge und Geld rausgelassen und meinen Lieblings-Mantel von der Reinigung geholt. Lottogespielt habe ich auch, im Lottoladen dann gleich auch Zigarretten gekauft und dann noch zwei Flaschen Wein für die Einladung zum Raclette morgen bei der Pfarrerin geholt. Ich war dann noch kurz im Storchen, einen Cappuccino trinken und hinaus auf die Leute schauen, weil man im Storchen wieder rauchen darf. Dann bin ich wieder nach Hause gefahren und habe gejoggt. Dann habe ich noch einen Kaffee getrunken, habe nochmal geduscht (wegen Joggen) und bin um dreiviertel sechs wieder nach Rohr gefahren, um die Tochter vom Faustball abzuholen. Ab Dettenhausen ist ein ganz langsames Auto (ein gelber Golf) vor mir hergefahren, das man nirgends überholen konnte bis Rohr. In Rohr bin ich dann in die Turnhalle gegangen und habe erfahren, dass das Faustball nicht bis halb sieben, sondern bis halb acht geht; habe mir an den Kopf geklatscht, aber es war schön, dem Training zuzusehen. Dann bin ich kurz rausgegangen und habe mit meinem Doktor telefoniert, wegen der privaten Kaffee-Verabredung am Sonntag und der Schilddrüse. Dann war das Training aus und wir sind wieder die vierzig Kilometer zurückgefahren. Zuhause hab ich dann Kräuterbaguette in den Ofen geschoben und einen Salat dazu gemacht. Währenddessen habe ich noch die Wäsche aufgehängt und noch eine Handwäsche gemacht, weil übermorgen ja wieder Übergabe ist. Nach dem Essen hat das Kind gelesen in seinem Zimmer und ich habe noch kurz abgewaschen. Dann habe ich dem Kind einen Gutenachtkuss gegeben, das Licht gelöscht und bin runter gegangen, dann noch ein bisschen Post machen wegen der Verabredung gestern abend, dem alten Unfall mit dem gelben Golf von Henning damals und wegen einem Umzug von Bekannten nach Paderborn. Jetzt sitze ich hier noch mit einem Glas Wein und gehe gleich schlafen, morgen ist Altpapier.

vogelherd

vogelherd

diese ‚dark ages‘. oft nimmt ja die wahrnehmung dinge wahr, noch bevor die wahrnehmenden die dinge wahrnehmen. im friuli/it. gibt es einen ort, dort fand man, es ist noch nicht so lange her, neben realistischen darstellungen von irgendwas auch abstrahierende darstellungen von irgendwas. und es war aufgrund des fundortes klar, dass nicht etwa dunkle zeiten zwischen der herstellung des einen und des anderen lagen, sondern dass diese dinge alle gleichzeitig geschaffen worden waren. worüber man sich wunderte hunderte jahr‘ (nun gut, nicht fast). heutzutage würde man sich nicht wundern, denn keine zeit wundert sich über sich selbst (obwohl?). bänder schnalzen lassen (ggf. stimmbänder, strumpfbänder, keilriemen) und etwas erschöpfen aus kleinen pünktchen, zwei oben, eins unten (logisch). wiederkehr, ein sönnchen zerdrücken, weil viele da. mal wieder am zug-ende stehen und hinten hinausschauen, verliebt. aus bemühten einladungskärtchen, zahllos zugesandt, dinger schöpfen in vier mal drei meter, aber die wertvolle vorlage selber behalten, unter verschluss am sack, mit ölklecksen darauf, in vier mal drei zentimetern. den versicherungsfritzen anrufen privat, weil er weggemobbt wurde und sowieso ein komplett anderes leben führt und mit anderen zielen, aber GUT war er und aber wieso ihn anrufen, jetzt noch, wo er doch weg ist und ihm dennoch alles gute wünschen? die gleichzeitigkeit der sachen mitsamt ihren sachverhalten. die gleichzeitigkeit verhält sich (meist) loyal. die kleine miniatur* hier oben ist fünfunddreißigtausend jahre alt, das muss man sich „einmal vorstellen!“. die eiszeit war gerade vorbei, damals gab es noch keinerlei dekolltees, jedoch sie schaut mir tief ins dekolltee, aber ich tu mich schwer, ihr nach allem noch irgendetwas abzunehmen. „du hast abgenommen…“, „nein, du hast abgenommen…“. dabei hat doch alles zugenommen. „was für ein schöner geburtstag!“, sie hat ja recht damit und es ist schön, dass sie das sagt, schön schön („vögel am herd“?). aber was ganz anderes: einmal war ich mit H. auf der reeperbahn, das ist lange her. weißes hemd, zwo bier vorher, ein bisschen mut antrinken und los, mit dem arschloch** voran (H. ist ein arschloch**, so ist das gemeint). damals gab es noch echte peep-shows, da lachen ja die hühner. zwei geliebte, jeweils links und rechts, so machen das andere in ihrer vogelherdsteinzeit. ich kann das nicht mal in der eisenzeit und schon gar nicht in dunklen jahrhunderten. die flammende direktheit, sie wird eben selten mit selbstgemachter kräuterbutter aufgewärmt. man stelle sich vor: bronzene kräuterbutter im ausschnitt, die großleinwand finanziert vom kulturamt. /aber von wegen kräuterbutter, gestern wurde, so berichtet am abend die galeristin kurz per SMS, so ganz nebenbei ein werk in 140x200cm für EUR ****,** veräußert, der titel: „simplify BEST OF“. geld hebt die laune, auch wenn diese gar nicht so tief liegt, wie sie es eigentlich sollte. nach oben geht eben immer, da könnte ich mich doch prompt ein bisschen in die (natürlich blonde!) tatortkrankenschwester von gestern abend verknallen, wenn die nicht so jung wäre.
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(*: museums-kleinod, sehr empfehlenswert, hier / **: ich darf das heute)

rixdorf

kirschkern24-1-2000

natürlich kommt das oft vor. und jedes dieser ereignisse ist am größten für sich genommen. dennoch spiegelt es sich dann im jeweiligen, das ganz große umfassende ereignis, ein ereignis, das man nicht vergisst, niemals vergessen wird, das die qualität hat, einen zu einem sogenannten anderen menschen zu machen, wie dann die anderen sogenannten menschen (und tiere), zu denen man dann ja selbst geworden ist, es zu formulieren pflegen. wir fuhren los, spätabends an einem sonntag. es war ein jahr voll von schönen neuigkeiten gewesen, ein jahr eingeschenkt mit neuem saftigen leben, einer beinahe neuen stadt, einer gerne geteilten wuchernden vision, einer vielzahl von plänen, geprägt von unglaublicher liebe und dazu noch obendrein finanziell umständehalber behütet. es war ein nest bereitet, wie es nicht schöner hätte sein können, beschützt unter dem sonoren brummen der zehnminütlich schokolade und zuneigung mit allem darum und daran abwerfenden rosinenbomber, und alles durfte in ruhe wachsen, hatte sich in größter geborgenheit entfalten können. wir verließen also die wohnung an jenem sonntag abend nach draußen in den seit tagen eisigen stadtwinter mit einem speziellem schnee, zu zweit. und kehrten dorthin zurück an einem dienstag, gegen abend, über die schwelle ebendieser wohnung, zu dritt. wenig später hatte es dann zu schneien begonnen, im außen und vor dem balkon. das alles fand statt und geschah heute vor neun jahren.

gottfried

gerade eben im adressbuch des mobiltelefones eine nummer gesucht. dabei ‚gott‘ eingegeben und kurz erschrocken. das ist schon ganz schön witzig, wenn man vormittags im adressbuch des mobiltelefones nach der telefonnummer von gott sucht.

Protokoll mit J., Schöneberg, Jansen-Bar, 17.1.09:

-Religion, Schicksal, Schakal, Zufall und wir (Freund von Freundin von Freund von Freund: +mumbai08; Freund und Freundin: +tsunami04, etc.; Religio, Hilflosigkeit, „Religio als Hilflosigkeit“ (*gähn*) etc.?, Scheißthema/Kein Scheißthema/Flugzeugunglücke/Entjungferungen/Vegetarisches Hundefutter.
-quasi verrückt: Opa von J. (ertrunken) muss Waldemar K*b*r (Opa vom Schneck) gekannt haben! (siehe auch hier, Schlachtschiffe ‚Bismarck’/’Hood‘)
-Gedenken der Verstorbenen
-Projekt/Lektorat ‚EINE WOCHE‘, eine Woche (eine Woche)
-Wein schmeckt (Portugieser portugiesisch), Bier aber auch.
-Mukke: Chico Hamilton (Jazz=Schakal?)
-Hitler, Österreicher; Thomas Bernhard, Österreicher; Klinsmann, kein Österreicher. Hohlwelttheorie.
-Fühlen mit ‚Gundbert‘ (female), pipapo und so
-1 Monatsmiete Neukölln/Atelier=smokingschneck/Ofenheizung (abzgl. ‚Verantwortung’/KK)
-Freundschaften redux (Schneck denkt distanziert: Rehabilitierung von Arschlöchern?)
-Monumentenbrücke/Crellestraße (Allee der Kosmonauten)
-Feuerzeug von ‚dildoking‘ („wo kommt das her, wie kanndas sein?“)
-Verabschiedung (Hohlwelttheorie, Rauchen)
-„Die sind echt nett!“ (Fragment/genderfrei)

robbe am waldrand

robbe

eine andere robbe bei künzelsau im schneetreiben gegrüßt, die andere robbe bei künzelsau grüßt im schneetreiben umfangreich zurück. wenn man irgendwo in europa eine robbe straßenseitig bemerkt, dann grüßt man jene, zumindest, wenn man selbst in einer sitzt. je weiter weg, desto herzlicher. ich war einmal mit einer robbe in england unterwegs, habe dort aber leider keine weiteren robben getroffen. und je näher man sich wieder an das berlin heranbegibt, desto mehr grüßt man die anderen robben nicht mehr, manchmal verflucht man sie dann dort sogar, wenn sie zu langsam und ungeübt vor einem her fahren im stadtgebiet. aber in der ferne: zucker und heimat! in der filiale prinzenstraße hat man immer das gefühl, hier gibt es noch menschen, denen ihre arbeit richtig spaß macht. ich jedenfalls kenne keine andere so unkomplizierte, günstige und familiäre autovermietung. habe also nun ein drittel meines gesamtoeuvres nach süden an den waldrand gekarrt. „oeuvre“, was für ein knöchernes wort. dieses atelier immerhin acht jahre. viel gelacht, viel gesehnt, viel geliebt. vieles ist größer geworden, manches kleiner, viel getrunken, viel gerannt, viel gedacht und gemacht. viel erfolg, viel einsam- und zweisamkeit, viele bilder, viel verworfen, vieles ein bisschen falschgemacht und einiges vieles richtig. gelebt, getanzt, gekickt. ein atelier zu räumen, das darf man in seiner wirkung nicht unterschätzen, das ist anders als bei einer wohnung. das ist so wie nach amerika aufbrechen mit einem kastenwagen. gegenüber den stufen der kinderladen, daneben vormals das dominastudio, daneben andere seite die bar. ich mag solche mischungen, kann nicht mehr ohne sie, am teilzeitwaldrand habe ich sie noch nicht gefunden. also farewell atelier schöneberg und hello again neukölln. dachte ich ja schon vor zehn jahren, als wir ebendort ankamen: neukölln ist was für in ausbildung oder dann wieder geschieden. nicht unbedingt was zum kinderkriegen. das berichte ich auch der G. in der bar gegenüber. die G. hat immer wieder wunderschöne handgelenke. sie meint mir zu wünschen, wenn ich sage „titten auf den tisch!“, sie wünsche mir stattdessen brüste in der hand, nicht auf dem tisch, zu haben. auf dem weg zur letzten s-bahn, den sie mich sie begleitend als „old-fashioned“ bezeichnet, sprechen wir eingehaktes arabisches englisch. spannungen sind oft schöner als erfüllungen, zumindest einige zeit lang. gut gelaunt schließlich schnell nach hause die paar hundert meter durch die schöne kleine nacht.