Thiesenhof unter Lachenhäusle

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Der Thiesenhof vom Lachhäusle aus gesehen (Postkarte, 1953)

Wenn man schon in der Gegend ist, dann kann man ja auch mal die einem eigenen Liegenschaften vor Ort visitieren und nach dem Rechten sehen. So dachten es uns der Kirschkern und ich am vergangenen Freitag. Ziel war, von der Tortursiedlung namentlich Freiburg im Brsg. kommend: Das Flurstück Ferndobel Nr.49 bei Waldau im Hochschwarzwald, nahe gelegen des Berggasthauses „Lachenhäusle“ an der Bundesstraße 500 und rund 1000m ü.M., zuletzt besucht im Hungerwinter 1992, als sämtliche Zeiten noch ganz andere gewesen waren. Dieses Flurstück war einst überbaut mit einem kleinen historischen Schwarzwaldhof, dem Thiesenhof, und befindet sich seit 1956 im Besitz der Familie Schneck.

Zu den Eckdaten läßt sich folgendes anmerken: Der Thiesenhof (auch „Thissenhof“ oder „Diesenhof“) wurde im Jahre 1727 durch Matthias Beha erbaut. Weitere Einträge zur Chronologie der Gegend und den Geschehnissen lassen sich auch hier nachlesen. Der letzte Bauer, jedenfalls nach meiner Quellenlage, war Stefan Braun, der 1846 geboren wurde und 1937 verstarb.

Im April 1956 erwarb mein Großvater, der Architekt und Stadtbaumeister a.D. Rudolf Schneck, das kleine Anwesen von Gravurmeister Robert Jäckle aus Bad Dürrheim/Schwarzwald für 3600,00 DM. Seine Pläne waren es, der Familie ein kleines und der Urtümlichkeit höchst gewogenes Feriendomizil in ländlicher Gegend zu schaffen. Dieser Plan sollte jedoch leider nie in Erfüllung gehen, denn bereits in der Sylvesternacht 1956/1957 brannte der Thiesenhof durch Brandstiftung bis auf die Grundmauern nieder. Das kleine Nebengelass, welches nicht in den Besitz des Großvaters übergegangen war, blieb stehen. Es steht noch heute.

Über den oder die Täter verraten die Akten bisher nichts. Mündlicherweise war von betrunkenen Landstreichern die Rede. Es finden sich jedoch keinerlei Schriftstücke diesbezüglich, die hierzu weiteres aufschließen lassen würden, etwa ein Polizeiprotokoll oder Zeitungsmeldungen über den Brand. Angesichts der Beschäftigung mit den Vorfällen jener Zeit meldet sich da natürlich der Schneck’sche Detektiv, ebenso übrigens der/die des Kirschkerns. Eigentum verpflichtet schließlich, und sei es nur ein 8,73ar großes Flurstück, auf dem sich eine mit Brennnesseln und ein halbes Jahrhundert Jahre alten Bäumen überwachsene Ruine befindet, deren Wert gleich Null strebt und für den im Jahre 2010 eine Grundsteuer von EUR 3,98 zu entrichten war.

Die Ortsbegehung mitsamt Kirschkern jedenfalls war ein interessantes Unterfangen mit einem der Originalität der Immobilie entsprechenden Freud-, Spaß- und Naturerlebnis, das alles bei schönstem Wetter. Übernachtet wurde im schon feriengerecht umgebauten Wagen droben am Lachenhäusle, wo auch die Abendmahlzeit sowie ein herrlicher Blick bis hinüber zu den Vogesen eingenommen werden konnte. Und sollten Sie einmal entlang der B500 fahren und eine Jause planen, so nehmen Sie diese empfohlenermaßen gerne im Lachenhäusle zu sich, nicht ohne jedoch dann einen kurzen Moment lang der dramatischen Vorkommnisse der Nacht zum 1.1.1957 in circa dreihundert Metern talabwärts zu gedenken.

Bildteil:

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Der Thiesenhof 1956

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Der Thiesenhof 1956

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Handskizze Planung Umbau, Prof. Rudolf Schneck, 1956

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Ruine Thiesenhof 1963 mit erhaltenem Nebengelass

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Begehung Thiesenhof 2010; im Hintergrund links die
vollständig überwachsene Ruine

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im wald gewesen, gerannt, an schönen orten vorbei, an ihren garten gedacht. fast alle pflanzen dort waren mit dornen versehen, so auch die wilden brombeeren, deren schnellwachsende grüne triebe sich ausladend oft im haar von möglichen gästen festsetzten mit ihren saftigen stacheln und die sonst gewöhnlichen wege sehr durcheinanderbrachten. an scham gedacht, über mut nachgedacht, auch über geld und autos. ein damenoberteil, durchnässt vom gestrigen gewitter, am bach. es ist ja jetzt wieder die zeit, in der gerne mal unterwäsche liegengelassen wird an ungewöhnlichen orten. auch die bremsen haben den winter gut überstanden und schleichen sich unbemerkt von hinten an einen heran, wie man weiß ist dünner stoff für jene kein hindernis. die ausstellung im herbst werde ich ‚vintage‘ nennen, das heißt ja nicht nur das, was es eben heißt, sondern auch ‚weinlese‘, es passt also mehrfach. die begrüßung wird Dr. S. sprechen, die einführung der andere Dr. S. und vielleicht werde ich am eröffnungsabend seit langer zeit einmal wieder eine überpfeifung darbieten oder ‚das lied vom einsamen mädchen‘ nachsingen. /jedenfalls gefällt sie mir, diese derzeitige hitze, die bei allen alles wahrhaftige so schön herausquellen lässt aus kopf und körper, ziemlich menschenfreundlich.

Blöde Kirschen, doofe Spanier.

Die alte Dame läßt sich von den Kirschen erpressen. Hingegen der Kirschkern und ich werden heute versteinerte Schnecken des Jurameeres suchen am Trauf der (schwäbischen) Alb. Ein Eis wird den Rückweg entlang der Klifflinie zieren und später Salzletten das Pflichtspiel um einen weit weniger als lauwarmen dritten Platz. Ich leide, immer noch.

Schindluder!

Galeristen, die nicht bezahlen, das Geld, welches sie Jahre zuvor erhielten, nein, man muss sie dazu zwingen, wenn sie nicht irgendwann selbst verstehen. Menschen, die einem Dinge an den Kopf werfen, aus dem Bauche heraus zur Selbstläuterung, wahllos und alles Tiere. Dazu der gut gemeinte Änderungswillen der Frauen (Änderungsschneiderei), sie meinen es gut und ich ja aber auch. Alle meinen es gut, das ist das Problem. Es ist nicht so, dass ich nicht im Wiesenheu gelegen wäre, im frisch gemähten bei Vollmond auf einer Decke aus Trevira unter Streuobstbäumen und es ist nicht so, dass ich nicht die wohlgesonnene Sorge wahrnehmen würde, die mich besticht und gleichermaßen sticht. Menschen, die ihre gut gemeinten Gedanken spät abends loswerden wollen, damit sie schlafen können und man selber sitzt dann da und ist hellwach. Weil sie, diese Menschen, ja recht haben. Ich treibe Schindluder mit mir und ich habe Angst vor dem ganzen Neuen, von dem ich noch nicht einmal weiß, was es ist. Ich will auch gar nicht wissen, was es ist, schließlich haben wir Sommer und ich bestehe auf meinem Recht auf Schindluder und Nichtwissen. Hopp oder Top, Leben oder Tod, links oder rechts oder warm oder kalt. Das Dazwischen hatte ich lange genug. Man kann ja gar nicht lügen, außer vor Gericht. Und dann steht da eine Rose auf dem Tisch im Weizenglas aus Wallerstein. Ich denke mal, es lohnt sich!