Rauhnachts-alegorie-novela

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Man möchte ja den Text endlich zum Bild zwingen und unendlich umgekehrt. Die Position „man“ ist dabei oft hilfreich, mehr im bildnerischen Sinne, als im demokratisch textlichen. Das „ich“ sollte viel öfters lediglich gespielt werden, dann wäre es vielleicht umgehend weniger hedonistisch im Werkinnern und vermochte dabei sogar transformatorischen Trost freizusetzen. Das Subjekt, wenn es denn schon ausgedient haben sollte, könnte sich so – wenigstens noch – sehr nützlich machen.

silent dialogue/

Gestern, gegen Abend, ein kleiner redigierter Auszug vom Skype-Dialogue mit der Jugend (Tochter, 15) anlässlich des konkretfamiliären Vorhabens, ggf. demnächst zwei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen Hilfe, Heimstatt und Herz zu geben sowie eine behutsame Erstbegleitung zu ermöglichen:


[16.12.15 19:43:55] schneckswelt: übrigens, sag mal…

[16.12.15 19:45:10] schneckswelt: …die vom amt waren heute da… was wär dir lieber: 2 dreizehnjährige Afghanen oder 2 17jährige somalische ex-kindersoldaten ?

[16.12.15 19:45:20] kirschkern: hm

[16.12.15 19:45:30] kirschkern: die kindersoldaten

[16.12.15 19:45:34] schneckswelt: ok

[16.12.15 19:45:39] kirschkern: und dir?

[16.12.15 19:45:43] schneckswelt: wurscht

[16.12.15 19:46:16] schneckswelt: diese zwei Varianten „sind grad reingekommen“… ; )

[16.12.15 19:46:43] schneckswelt: aber alles sowieso erst nach dem 11.1.

[16.12.15 19:47:16] kirschkern: hey, dann gibt’s die schon an meinem geburtstag?

[16.12.15 19:47:27] schneckswelt: unter umständen ja

[16.12.15 19:47:40] kirschkern: cool !

[16.12.15 19:47:46] schneckswelt: yo

[16.12.15 19:48:07] schneckswelt: vielleicht bis dahin aber auch wieder ganz andere Jungs…

[16.12.15 19:48:18] kirschkern: schade

Jene Vorstellung erfüllt mich nun mit neugieriger Vorfreude und einer gewissermaßenen Metaallgemeinhoffnung, im Januarwinter 2016 dann könnten hier im gemütlich württembergischen Aufhaltzimmer auf Chaiselongue und angrenzenden Kissen zusammensitzen bei lecker halal Spätzle mit Tomatensoße ggf. eine vor langer Zeit noch ostpreussisch (Seestadt Pillau etc.) fluchterfahrene mittlerweile pflegebedürftige, gleichwohl kopfklare und am Weltgeschehen nachwievor altersgemäß neugierig interessierte alte Dame mit Matschauge/Rollstuhl, eine 15jährige blondgelockte und vegetarische Mitteleuropäerin noch ohne Kopftuch, eine bislang eher zuwanderungskritische weibliche Omabetreuerin mit dennoch ganz viel realfundamental christlichkatholischem Herz, ich (erschöpft), zudem zwei muslimisch somalische siebzehnjährige Ex-Kindersoldaten, der eine mit offenbar ehemals Koranschule und kaputtem Kriegsfuß (vgl. Auge/alte Dame), sowie eine protestantische Pastorenköchin dem spirituell Angewandten realsinnlich zugeneigt – alle relativgemütlich vereint vor einem Fernseher in einem süddeutsch unwesentlichen Dorf am Waldrand auf einem durchgesessenen 70er-Sofa und sehen sich den z.B. Winterlieblingsfilm der Kirschkern an, nämlich den TANZ DER VAMPIRE vom alten Sack Roman Polanski. So stell ich mir das vor. Mit somalischen Untertiteln. Und draußen fällt Schnee. / Wir sind, waren und bleiben eben ONE WORLD, kann man nix machen, übrigens ja nicht erst seit 2015, das wird oft ja gerade gerne mal vergessen. Können wir nichts dran ändern, aber Himmel warum denn auch, waren wir doch weltgeschehenstechnisch eigentlich schon mal: Viel weiter. Dachte ich.

Verzeihung für die Superadjektive. Das war jetzt mein erfundener Weihnachtstext.

cholesterine

Ulm

(…)
Wie bei den Cholesterinen mit ihren schädlichen und andererseits zugeneigten Komponenten gibt es ja auch bei der Melancholia eine schützende Variante. Diese vermag einen auf Bedarf fürsorglich zu umhüllen in ein pufferndes Wattepaket, wie der Nebel die Spitze des höchsten Kirchturmes der Welt. Und hält modernen Unrat fern. Vernünftig eingesetzt kann jene zudem zu künstlerischen Schönleistungen animieren und begleitet dann gerne innere Begründungen im Hinblick auf ein gesundes Seelenleben. / In Ulm war ich für zwei Tage und Nächte gewesen, ein kleines „Dirty Weekend“ (wie einmal ein humorvoller Kurator aus Nordlondon so etwas nannte), eine Stadt, die ja wie so viele stets vollkommen unterschätzt wird. Wie gut, dass wir nicht nur Berlin, Hamburg, München, Frankfurt, Köln und vielleicht noch Bremen und Stuttgart haben. Ein gehöriges Potential findet sich sicherlich ebenso in Augsburg, Würzburg, Leipzig, Braunschweig, Kassel, Memmingen, Ravensburg oder Lübeck. Und so weiter. Karlsruhe, Halle, oder eben Ulm. Dort muss man noch zeigen, was man kann und macht – und nicht einfach nur sein Dortsein als Qualitätssiegel vor sich hertragen, rezeptiv sozialmedial dann vereinfacht durchgewunken. Ich kokettiere ja gerne mit Lindau, Görlitz, Aachen, Kaiserslautern oder Biberach. / Die Atelierarbeit kommt gut voran, wie gut es tut, endlich zu Hause zu sein, die Versteckburg schläft jetzt, und den Gaul im Stall zu sehen, ungesattelt. Ruhe, etwas Erschöpfung vom Jahr und dem ganzen Pflegezeug, der Doc sagt „alles ok., schützende Cholesterine und Innereien, wunderbar.“, schöne Sachen stehen an im nächsten bildnerischen Jahr, ich freu mich da sehr drauf, das Laub gerecht, der Öltank voll, jetzt warten auf Schnee und die Weihnachtskirschkern und einen zweiten Rollstuhl fürs Outdoor, wenn die Kasse jasagt. Dazu eine frische Ehe, die gut läuft, so wie ichs mir nie hätte träumen lassen vor einer Zeit, die immer geräumiger wird mit der Zeit. Und vielleicht werde ich eine Soloschau in 2016 „Kriegsenkel et.al.“ heissen (süddeutsche Sprachstellung), da steht dann auch meine rote Vespa vor einem wilhelminisch gemalten superauratischen Photographenhintergrund und dazu die kleinen Zeichnungen meines Vaters aus der sibirischen Kriegsgefangenschaft sowie die devotionalisierten ungleichen lumpigen Wollhandschuhe, mit denen er an einem kalten Wintertag im Jahr 1949 plötzlich und unerwartet vor der Haustüre des kleinen Häuschens in Rechtenstein an der oberen Donau stand als Spätheimkehrer und abgemagert, aber unerschütterlich wohlgemut irgendwie, so heissts (während vielleicht ein paar Kilometer flussabwärts schon damals der Nebel die Spitze des höchsten Kirchturms der Welt eingeigelt haben mochte.) / Und auch heute hat mein Bruder Geburtstag, er wäre 59 Jahre alt geworden.

la dernière spaetzle fait à la main par une prêtresse en temps de paix avec de la musique américaine!

Foto
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(unradiert und fern der Heimat/ Ja natürlich habe ich gelernt, lernte und verinnerlichte und habe kapiertgutgeheissen und heiße das bis heute, gut, dass aus den Erfahrungen der Vorderen und zuvorderst Gefallenen oder äußerlich und innerlich Schwerbeschädigten diese Volksabstimmungen und div. Bescheide sensibel und penibel behandelt werdenwurden sowie eingeschränkt fortan in unserem wunderbaren und fast einzigartigen GG (Grundgesetz) nach Nazi, aber wenn das nun irgendwie heutzutage so ist, dass erst gestern irgendein Olympia per Volksentscheid abgelehnt werden darf, aber schon heute nicht einmal LE VOLK zu einem völlig undefinierten Krieg NICHTbefragt wird, dessen Herleitung per se mit einem emotionalinnerem Verständnis zunächst eier-, schmerz- und trauerorientiert ist und daher auf vor allem Blut-Rache-Gonadendingen usf., welche ja ihren Platz im Leben haben sollen und dürfen durchaus, beruht, jenseits lebendiger Vernunft, gemischt mit ja vollkommen verständlichen und nachvollziehbaren Brüderlich/schwesterlichkeiten, sich also daraus generiert und festigt, dann möchte ich hiermit (als durchaus vernünftig wehrhafter Mann/male im Normalrahmen incl. Hormonen) meinen heute schier unsäglichen auch Eierprotest bekunden, und zwar dagegen. Denn immerhin schaffen es ja sogar unterlegene Boxer (sic!, vgl. vorgestern), ihrem soeben überlegenen Kontrahenten zu gratulieren zum „Sieg“ und sich so zunächst einmal zurückzuziehen, um zu überdenken die Gegebenheiten, und sei es ein wohlüberlegtes Retour in vernünftiger Vorbereitung. Die Frage wäre also: Wo lernt man heute noch Vernunft. Und vor allem, wo und wie kann man sie endlich auch einmal vernünftig weiterreichen an unsere Nachkommen, ohne im Kreislauf der zu bedauernden Toten sich ewiglich wiederzufinden und ohne zu denken irgendwann, das ist eben so, ich bin eben so, wir sind eben so, das wäre ja ein Kniefall vor uns, und zudem ein Zurückweichen vor uns und unseren Gegebenheiten und Möglichkeiten, ganz wenige Hunde beissen ja die anderen tot, die wollen ja nur was wissen von dem, der unter ihnen liegt eine Zeit lang. Ich bin immer noch nicht soweit und möchte das wenigstens den Kirschkernen der Welt weitergeben, irgendwas aus dem 20.Jahrhundert, so, wie ich übrigens immer noch fast daran glaubte, dass das Weibliche das alles im Gesamten möglicherweise besser zu bewerkstelligen weiss und wüsste, gewußt hätte, allein wegen der verfügbaren Busen und deren FORM und dem doppelten X. Aber alles scheint auf Kippen und Halden derzeit, selbst dies und eigentlich schon länger wäre dann wohl das letzt Tabu in der niedergerissenen Tabougeschichte der globalen Leute will sagen Menschheit auf Suche nach Sinn und Herkunft, da wären wir dann wieder beim Ötztaler, seiner Morgenlatte und einer Tankstelle mit fosssilem Diesel im mittleren Westen oder im einst fairen Kurdistan. In einer Welt voller Auspuffe. /Verzeihung diese ewigen schnörkelreichen wiederholungen, dazu naiv, die ich seit nunmehr jahren, sie machen mich schlicht augenbrauenhochziehen, da ich anderes erwartete und selbst auch anderes geliefert habe mich bemüht, und gearbeitet an mancher reifung, also meine zeit versuchsweise nutzte, in den letzten zweidrei dekaden und den jahrhunderten davor nicht enden wollender schöner stunden, denn eigentlich bin ich sprachlos und will mir das nun auch -endlich bewahren. dürfen wollen. Meine wertvolle Sprachlosigkeit, daher Plätzchen dies Jahr wie immer: Herzchen mit Pfiff.)

Da helfen eben nur die letzten von einer Priesterin handgemachten Spätzle in Friedenszeiten und ordentlich amerikanische Musik. Das wollte ich wenigstens einmal gesagt haben.