grünst

heut sonntag, glocken brüllen grad übers tal, frau mullah auf kanzel, sommerlich die ateliertüren offen, elstern vertreiben, die machen sich über die kleinpiepser her im großen uraltjasmin, pflegedienst war schon da, alte dame kaut nüsse ungesalzen, barfuß geht endlich, im garten geschnibbelt mit kettensäge (flieder von 1964, massakriert), mit den jungs alles kleingemacht, in nebelhöhle gewesen (N, ernst: „Tora-Bora“…), drei tage arbeit in fremde stehen bevor, portal von 1320, maria, feinpinsel und staubsauger, kliniktelefonate vom gerüst aus, alles warm, heizung endlich abgestellt, zwei dreier im lotto ohne superzahl, abends draußen und weissweinfrisch die welt betrachten incl. deuten mit den UMFs – ganz wichtig: die fähigkeit, über sich selber lachen zu können, sie schaffen das immer besser, ramasan fängt an, ferien nähern sich, kirschkern jobbt im ausflugslokal als bedienung, schön ist das, abitur bald claro, schön ist das, jetzt muss nur noch die eine sache geklärt werden, auch schön ein gespräch unter den jugendlichen (m/m/w) über „period“, die jungs verschämt, die junge frau ganz klar und offen, die jungen männer dann irgendwann auch mit ihren vorsichtigen fragen, das sind momente, in denen man als *pflegeeltern* daneben steht und glücklich ist (wieviel hat sich doch getan in diesem einen jahr!), geimpft worden zecken und dreierpack, nachher koffern, dann lasagne mit und ohne (fleisch, von kuh/cow) oder halt nix, die B hat schilddrüse, ist nett, aber immer bisschen arg druff, und bei alledem alles so wunderbar grün – grün hat mir früher nie gefallen, alterserscheinung: GRÜN (farbe) gefällt, muss mir mal eine hochpreisige grüne feinrippunterhose kaufen, ach nein besser doch nicht, nächste woche vespa anmelden, pfingsten und trallalah und heute nachmittag noch eine runde rollstuhlschieben alte dame in die natur, waldrand, ritual und orte, „komm, wir bleiben noch bisschen hier sitzen, ja?“, da ist sie immer so glücklich und wach und zehrt tage davon.

vatertag.

So also war heute Vatertag. Wird ja oft belächelt, meist von Frauen. Oder zudem Müttern. Das blöde Bild besoffener Samenspender, von weiblicher Seite her gerne auch „Erzeuger“ genannt, die rülpsend und pfurzend durch den Wald torkeln, einander lallend Busenwitze erzählend, hinter sich ein leeres Fass auf einem hölzernen Wägelchen, welches ggf. noch der Oheim des Gegenschwiegers gezimmert hat, gern ein frühes SPD-Mitglied. Wenig nutze zu Sonstigem. Und morgen schon werden sie, sollten sie nicht bald zum Himmel fahren, gottlob wieder in der Fabrik stehen und etwas Geld verdienen, während die heilige Mutter sich um die Erziehung und alle anderen Belange der Kinder kümmert. Wer sonst? Und sowieso alles am Laufen hält. Nein, mir brauchen Sie sowas wirklich nicht mehr erzählen. Bei diesem Thema werde selbst ich zum sezierenden Polarisierer mit diamantenen Sägelchen. Ein Marathon-Man, komplettsubjektiv und schmerzresistent. Dies Belächeln, und sogar sei es nett gemeint, stört mich. Empfindlich. Das liegt natürlich an meiner ganz persönlichen Geschichte. Wie alles, wie überall.

Jesse James

Es fällt mir wieder ein in diesen Wochen nicht grundlos mein vorrübergehend pubertärer Defekt, demzufolge nach einer Kopfdrehung von ganz heller Umgebung ins Dunkle ein Flimmern vor den Augen begann, welches ungefähr zwanzig Minuten anhielt und dann kam ein fürchterliches Kopfweh für etwa fünf Stunden. Mich befiel dies Phänomen circa vier mal, danach war es verschwunden. Damals war ich dreizehn oder vierzehn, ich erinnere mich noch gut an den Namen des Lateinlehrers, und meine Augen wurden ohne Befund untersucht. Auch heute noch, wenn die Sonne sehr scheint, kommt als Reflex diese unschöne Erinnerung und ich schliesse die Augen, bevor ich meinen Blick ins Dunkle wende, dann öffne ich sie dort ganz langsam und vorsichtig. Ich denke, es handelte sich um eine Spielart spätkindlicher Migräne. Nicht unüblich, sagen sie, sei sowas.

Beim Waschen der kunststoffhaltigen Transportdecken aus dem Auto in der Atelierbadewanne mit dem zur offen stehenden Türe hin gedrehten Rücken fällt mir zudem die bewegende Schlussszene eines alten Filmes über Jesse James ein, in der er am 3.4.1882, während er nach Besiegung des Bösen frisch gewaschene Vorhänge im Wohnzimmer aufhängt, von hinten liederlich erschossen wird. Drehe mich also während des Handwaschvorgangs immer wieder um, um Ähnliches zu vermeiden.

Im Traum tanzen die Nachbarn eine Polonaise durch ausgerechnet meinen Garten und grinsen mich dabei sogar ungeniert an.

Ich hörte unglaubliche Geschichten beim Spazierengehen, von Frauen, die vierzig Nächte lang ihr Unwesen treiben, indem sie sich von Menschenfleisch ernähren. Man erkenne sie auch daran, dass sie unglaublich stinken würden, da sie sich nicht waschen. Werden diese Wesen entdeckt, dann Gnade ihnen Gott.

Den Rasen könnte ich schon wieder mähen, die Triebe der Hecke stutzen, alles wächst und teilt sich jetzt wie blöde, kein Wunder, die Zeit drängt nach so langanhaltener Kälte. Alle Viecher beeilen sich, alle Pflanzen auch, sie müssen sich ja noch reproduzieren und den Nachwuchs ins Trockene bringen, bevor der erste rauhe Reif ja dann schon wieder naht.

Die Normalvespen sind hier sehr groß dies Jahr, man könnte denken, jede wäre Königin.

Das wahrscheinlich unstimmige Bild eines großfamiliären Energiespeichers habe ich vor Augen, die Entnahme scheint mir gerade etwas in Schieflage, zu Ungunsten geliebtester Protagonisten. Ich muss da dringend regulierend eingreifen, obwohl ich ja selbst im Becken schwimme.