Emaille-Schild-Edition No. 15, „Cis“

Cis

Schilder-Edition Nr. 15, Titel: „Cis“, Jahr: 04/2022, Maße: 8x18cm, Technik: Email-Schild handgefertigt, unikatärer Charakter, grundemailliert, allseitig gewölbt, mit 4 Befestigungslöchern, Vorderseite Grund weiß, Schrift schwarz (leicht erhaben), Auflage: 20 Stück, Rückseite nummeriert, datiert, signiert

(*Cis/Wikipedia: „Cisgender oder als undeklinierbares Adjektiv cisgender, kurz cis, bezeichnet Personen, deren Geschlechtsidentität mit ihrem im Geburtenregister eingetragenen Geschlecht übereinstimmt, das meist anhand der sichtbaren körperlichen Geschlechtsmerkmale des Neugeborenen beurteilt wird. (…)“ / Cis ist zudem auch eine Tonart.)

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Mit besten Grüßen, Ihr Schneck

25.4./ Trieb, Küps

Trieb

„Küps“ ist ein sehr schöner und beinahe schon lustiger Ortsname. Dort heut gewesen, es gibt mehrere Schlösschen da. Wenn man nach Küps fährt, kommt man durch einen Ort namens „Trieb“: Durch Trieb nach Küps. Zurückgefahren sind wir natürlich auch: Von Küps durch Trieb. Bestimmt war ich nicht der erste, der das Ortsschild fotografierte. Manche Trieber können es gewiss nicht mehr hören und sehen, diesen Witz und das innere billige Grinsen über den Namen ihres Ortes. Geboren in Trieb, gestorben in Trieb. „Und wo kommst Du her?“ „Aus Trieb.“ Zonenrandgebiet. Das waren andere Zeiten, lange her. „Geboren 1902 in Trieb, verstorben 1978 in Küps“.

Vielleicht gibt es in Trieb oder Küps ja auch Stolpersteine. Will nachsehen.

Vorm wiederaufgebauten Renaissancerathaus 130km südlich Küps sitzt auf einer Bank ein betrunkener und etwas verwahrloster älterer Herr und singt „Die Fahnen hoch, die Reihen dicht geschlossen“. Ist eigentlich ja verboten. Zuvor hatte er Ännchen von Tharau und die Internationale gesungen. Meine Bratwürste schmecken wie immer, der Weizenschnitt heute ist wohlwollend. Am Tisch neben mir zwei jüngere friedliche Männer, der eine mit bemalter Glatze, Kringel und Punkte in rot und grün, die sich über Spiritualität und Kapitalismuskritik unterhalten. Der andere lange zeitlose Haare, dazu unmögliche Schuhe. Bin froh, dass es solche Menschen noch immer gibt. Die ihre Triebe im Griff haben.

Morgen wieder nach Küps, durch Trieb. Die Störche in Küps klappern schon.

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Nachtrag, 23.4. / „Russenkorso“ heute in Reutlingen. Unerträglich. Eine freche Opfer-/Täterumkehrung. Und dann alles noch aus dem Auto heraus, sicherlich zentralverriegelt. „Hupen und Sirenen polizeilich verboten“, lachhaft. Ein Autokorso, gleich einer Militärparade oder eines Konvois. Nicht mal den Mut zu haben, sich leibhaftig zu äußern, wie feige. Dazu noch ein Riesenspaß, samstäglich. Wie nach einem siegreichen Länderspiel. Wo bleibt eine klare Stellungnahme, Eure Stellungnahme? Ich bin gespannt. Stattdessen Diskriminierungsspektakel. Welche Diskriminierung angesichts der Gräueltaten Eurer Landsleute? Ein schiefer Blick im Supermarkt? Ein „Stoppt Putin“-Aufkleber auf dem Briefkasten? „Für ein friedliches Zusammenleben in Deutschland“ heisst es. In Deutschland, aha. Wie wärs mit einem friedlichen Zusammenleben anderswo? Keine Auskunft. Ich sehe sie schon, die beflaggten Pickups oder tiefergelegten Performance-PKWs mit weiss-blau-rot. Ihr Memmen, mit eurem wehleidigen Aufsitzen auf dem unsäglichen derzeitigen Beklagungstrend. Es widert mich an. Und ihr verspielt damit einen gehörigen Teil des letzten Restes meiner einst umfangreichen, auch familiär begründeten, Russlandsympathie. Hässlich, dumm und unverschämt. / Treffpunkt sei heute um 15.30 Uhr an der Hochschule in Reutlingen, dann 2 Stunden Rundfahrt durch die Innenstadt und sodann wieder retour. Ich wollte zunächst hingehen und staunend schauen. Oder diskutieren, diskutieren geht ja aber nicht, ihr sitzt ja im Auto. Ich werde stattdessen fernbleiben, meine Nerven schonen und ich hoffe, diese Eure zynische „Demonstration“ versinkt in zutiefst kränkender Nichtbeachtung und ebensolcher Belanglosigkeit. Widerlich! Schämt Euch.

Korso/Torso

schiefe Bahn, 2. Apr.

Schiefe Bahn

Schnee, wie überall. Dabei waren doch schon 20 Grad. Muss das sein? Offenbar ja.

Nicht mal ein solidarisches Tempolimit bekommen die Deutschen hin. Noch nicht einmal temporär, wenigstens. Nein, da hört der Spaß auf. Alt-Kleider und muffige Schlafsäcke als Kriegsopfer gerne, aber doch bitte kein Tempolimit.

Impfung, Diesel, Speiseöl. Pfründe, überall Pfründe. Und rote Privatlinien, wohin man schaut.

Ein junger Mann hätte mit einem Gabelstapler nachts um 3 einen freistehenden Geldautomaten aus der Verankerung gerissen und sei dann damit zurück zur Firma gefahren, bei der er beschäftigt ist. Beim Aufflexen sei er von einem Polizeihubschrauber erwischt worden, was zu erwarten gewesen war. Wie im James-Bond-Film. Es ist nun alles schlimm. Weniger kriminell als psychologisch, eher eine fast zwanghafte Selbstdemontage. Auch dies ist – zuletzt – eine traurige Kriegsgeschichte.

Frau Schicksal habe kurz geweint, ich auch. Kurz.

Kaum jemand, der/die/div. gendert, scheint es komisch zu finden, dass ukrainische cis-Männer im Alter von 18 bis 60 Lebensjahren derzeit aus ihrer Heimat nicht ausreisen dürfen, sondern stattdessen zum Kriegsdienst verpflichtet werden. Es geht ja nebenbei nicht nur ums ggf. Sterbenmüssen, sondern auch ggf. ums Tötenmüssen. Wie schnell doch verschwinden moderne Fragestellungen, wenn es ernst und altertümlich wird.

Ich habe dazu keine Meinung mehr.

Die neue Heizung funktioniert. Einige der neuen Heizkörper müssen noch installiert werden. Raumveränderungen sind in Arbeit und schon sichtbar. Die neuen Fenster sind beauftragt und werden derzeit hergestellt. Die Dacherneuerung ist für Mai oder Juni geplant. Angebote für Fotovoltaik und Außenverschalung stehen noch aus. Weitere Rückbauten sind in Arbeit, Generationen von Mäusen, Wespen, Mardern und Hornissen hatten in den Zwischenräumen von Dach, diversen Isolierungen und Innenverschalung eine Kinderstube und Geborgenheit gefunden. Ich glaube, es wird wirklich sehr schön werden.

Blöd wäre es halt nur, wenn jetzt Atomkrieg wäre. Dann wäre alles kaputt und wertlos und wir müssten ggf. nach Afghanistan flüchten und wären dann Wirtschaftsflüchtlinge. Oder nach Gambia, Eritrea oder sonstwo hin, jedenfalls übers Mittelmeer und durch Libyen südlich.

Dort, wo wir dann landen, würden wir versuchen, durch den Verkauf von handgemachten Spätzle mit Soße und Brezeln und kleinen Portraits unseres Wachpersonals in Tusche, Graphit oder Aquarell oder als Trauerrednerin irgendwie zu überleben.

Vielleicht würde ich aber auch irgendwann auf die schiefe Bahn geraten.

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