fensterschreiben

diese unendlichen welten weltlicher beliebigkeiten lassen sich wohl und immer wieder am ehesten durch zeichung und papier verdeutlichen. das formale als hilfestellung eines schier gar unmöglichen vorhabens, welches noch nicht einmal als sinnvoll erscheint. selbst gemeinhin schönes, also autos, landschaft, kuben, blumen, portraits oder nacktes birgt folgeprobleme der farbwahl, des materials, der größe und vor allem der geste, ebenso übrigens mögliche verächtlichkeiten darüber. es ist wie fensterstreichen, welches manchesmal erfüllender und empathischer ist, als aufgebauschtes. selbst die ‚reihung‘ als filmisches mittel wird irgendwann problematisch bei der suche nach der wahrheit im detail. es werden die teilrepubliken bleiben, mehr scheint nicht möglich zu sein im großen ganzen, außer dem geldverdienen über mögliche reproduktionen seiner und derer selbst. nein, es sind immer wieder die zwischenräume, die erfüllen, die wahr und ‚eigentlich‘ sind und dazu vielleicht ein stück guter musik, welche ebenso denkt. weiterhin noch der moment natürlich und die eigene befindlichkeit. immer wieder also die rückkehr zum papier, zum stift und zur schere, zum gedanken an sich und dort ist auch der buchstabe dann nicht weit und das foto. der herrgott würde fotographieren, wenn er kunst machen müsste. die strapazierte subjektivität als geißel und chance in und seit jahr und tag. man kehrt dann gerne zurück zu einem strauß blumen, den es zu schultern gilt. ich muss nicht, ich will.

prof.schiwago

der dorfbüttel kommt mit seinem holder angerast, parkt rückwärts ein und ist erstmal empört, dass er mit anpacken soll. davon habe der ortsvorsteher nichts gesagt. wir also rein ins haus. im keller steht das gute stück, ein lehrerpult aus der alten dorfschule. damals haben sie das mobiliar verkauft und george schiwago hatte das seltene möbel erworben. schiwago selbst ist schon abgereist nach den USA, er wird nicht mehr ins dorf zurückkommen. er ist achtundachzig, seine frau ist gestorben, er verkauft das haus und verschenkt das alte lehrerpult an das dorfmuseum, welches der örtliche kulturverein einzurichten plant. die putzhilfe olga von nebenan hilft, weil der büttel einen bandscheibenvorfall hatte. wir heizen runter ins dorf, er parkt abermals mit dem holder rückwärts ein, obwohl das gar nicht nötig wäre, und wir schleppen das teil in die lagerscheune. schiwago war 1920 geboren worden, in st. petersburg. mit zwei jahren setzten ihn seine eltern in einen zug nach litauen, wo er bei seinen großeltern aufwuchs. seine jüngere schwester, die er nie gesehen hat, starb in den dreißiger jahren an meningitis, die eltern sind später in st. petersburg verhungert. noch während des krieges studierte er in berlin und dann in münchen chemie. er habe viel glück gehabt, sagte er mir im frühjahr beim letzten gemeinsamen tee, zu dem er mich eingeladen hatte. insbesondere, da er nicht zur wehrmacht oder gar zu weit schlimmeren einheiten eingezogen worden war. nach dem kriege promovierten er und seine kroatische frau in innsbruck, übersiedelten danach nach australien und in den sechzigern dann nach chicago, wo er eine professur bekommen hatte. ich lernte schiwago mit acht jahren kennen, als er als untermieter ins seit zwei jahren verwitwete elternhaus einzog. er war gastdozent in der nahen kleinstadt und freundete sich alsbald mit der mutter an. ich erlebte vier schöne jahre mit ihm, schön auch, weil ich spürte, wie gut es meiner mutter ging mit ihm. er war lustig, er trank gerne vodka, wurde dann immer lustiger und sang alte litauische lieder oder den doktor schiwago mit zuletzt immer irgendwie tränen in den augen. er erzählte wilde geschichten von früher. er sagte „gnädige frau!“, was mir imponierte, und die beiden bereisten auf der straße und während einiger kreuzfahrten so allerlei länder. er fuhr einen weißen porsche, er ritt und er focht und alles an ihm roch immer nach leder. er liebte meinen hund, brachte diesem das bellen bei und aus meiner sicht hätten die beiden ein gutes paar gegeben und ruhig zusammenbleiben können. irgendwann dann aber kam meine mutter einer anderen dörflichen liäson auf die spur und das verhältnis kühlte ab. schlussendlich wohnte seine inzwischen angereiste frau für ein paar monate zur untermiete im haus, während ein paar meter weiter ebenjenes entstand, welches nun verkauft wird. frau dr. schiwago hat man all die jahre nie gesehen, keiner. es heißt, sie las den ganzen tag kriminalromane und trauerte auf dem sofa der kuk-monarchie nach. und sie mochte keine kinder. ihr toilettenstuhl steht jetzt noch am bett, im regal die krimis, das grundstück ist mit den hohen bäumen sehr eingewachsen und wirkt ein wenig unheimlich. die ältere schicke nachbarin, die den schlüssel verwaltet und von der ich mir als jugendlicher immer heimlich gewünscht hatte, dass sie mir zeigt, wie der sex geht, die jedenfalls meinte, ich könne alles, was ich haben wolle, gerne mitnehmen, der rest würde ohnehin von der entrümpelung abgeholt. nach anfänglichem zögern habe ich mir also einen echten kleinen perser ausgesucht. eine reitgerte, einen reiterhelm für den kirschkern, einen eins-a zeiss/ikon-diaprojektor, eine unbenutzte nagelschere, ein salzfass von mies van der rohe, ein schönes schnapsglas. den harman-kardon röhrenverstärker habe ich dortgelassen, nicht jedoch die gut erhaltenen lederhandschuhe sowie eine neuwertige packung brillenputztücher, zur erinnerung. das also war mister schiwago, der natürlich nicht schiwago hieß, sondern anders, aber mindestens ebenso schön. möge er also noch lange leben da drüben am großen see.

wie immer

einen weiteren auftrag zur zufriedenheit aller ausgeführt (meint sascha wie ein junger gott in oberschwaben). zwei weitere aufträge stehen unter der dusche, jene auf „kalt“. vormittags am ziehen von strichen, nachmittags die holzmaserung in öl, danach autobahn, mitunter rastplatz (wie immer). unterhalb wird noch eine schablone angebracht werden (biedermeier), in hellem chromoxidgrün, schon geschehen, ‚feurig‘ allerdings aus altbestand, das gibts nicht heutzutage mehr. und das rosa deinchen, das gebrochene gelbchen auf untermalung mit veroneser erde und hellem englischen rot, die schimmernden blauen linien aus dickem geharztem lapislazuli (wie immer), zuunterst kremser weiß, überdeckt und doch entblößt, zu scheißteuer. die handgelenke messen und umfassen, deine finger tun das auch, deine mächtigen muskeln an den beinen versuchen es, meine mitnichten, die geldbörse macht mir blaue badische anilin/und/soda/flecken unter meinem steiß ob deiner verteufelten bayerischen bleiernen reiterei und ich hatte ohnehin und sowieso schon immer angst vor deinen fingern. es ist ein dicker strich, eigentlich in orange aber doch eher rötlich (wie immer), und der zieht sich nicht so einfach mit dem lineal, zumal an der wand. ganz anders deine paar punkte daheim, groß und lasierend mit gewölbter südfranzösisch oxidierter erde, vielleicht ja wie immer. mohnöl, oder walnussöl, anstatt leinöl und heizöl, alles trocknend auch ohne sikkativ irgendwann. der gemüsesaft (aus dem reformhause) kippt auf die hausgemachten pizza/pasta/pommes und suppt sich zwischen angebot, nachfrage und die herausrollenden münzen. du betest baumelnd zum wetter, und du kremst sie (liebevoll) ein, die münzen, deckst mich zu und behältst mich in deiner farbe und deinem obst und gemüse geklemmt, ganz wie die pommersche münze, ganz wie alle münzen, ganz wie immer. ich soll dir nun die augen verbinden, während wischen. du beschenkst mich und ich bete irgendwo bei den schwarzen bergen abermals zum wetter, auf dass es sich zwischen uns lege und die herausrollenden eingekremten münzen. ein räumiger wetterschlag ist das. du zupfst an dir und fragst mich, ob das gezupfe etwas mit italienischen schuhen am hut hat. ich mag dein gezupfe, gib mir etwas zeit (mit standöl), und dann behaupte ich, dass das küssen in halterlosen kleinen pornofilmen ganz erheblich zu kurz kommt (wie immer), ich würde das erheblich anders machen. mich hast du nicht, auch wenn du das dachtest und nicht unerheblich lautgibst. aber ich habe dich im herz, eher bellend.

sch/

ach komm‘, was soll’s, das leben ist ein fluss, es kommt wie’s kommt, hauptsache gesund und wer weiß, was das alles für einen grund hat und für was das alles gut ist und was alles noch so kommt und das ganze sogar trotz schtändig schteigender schteuerausgaben.