Heizer!

Boeser Bub
Bild ohne Brüßte
Schlechte Berge
inri
Heizer!
Opening

Abb.: „Böser Bub“, „Bild ohne Brüste“, „Schlechte Berge“, „INRI“, „Heizer!“ und „Opening“, alle jew. 70×100, Öl/Lackspray/Siccativ auf Karton, 2023. Wenn die ganze Welt rotzt, dann muss ich das auch mal tun, es muss eben raus, sowieso muss alles raus. Rotzen ja, aber bitte bloß keinen Zynismus, befehle ich den Pinselhirnen, stets noch ein klein wenig Ausblick bitte, meine Jugend war immerhin schön. Und so nenne ich die jetzige Serie einmal mehr „Gespielte Bilder“.

Totensonntag, neudeutsch EWIGKEITSSONNTAG, immer diese modischen Umbenennungen, warum nur. Die Toten sind halt tot, die Lebenden noch lebendig. No Problem. Und solange man lebendig ist, darf man Bilder malen. Nachts am besten, bei schöner winterlicher Musik. Und man darf sich mitfreuen, dass ein paar geiselgenommene Menschen gestern wieder heimgekehrt sind. Alles wie vor 2000 Jahren. Die Igel schlafen wahrscheinlich schon unter allerlei Häufchen von im Garten gelagerten wiederzuverwendenden Baumaterialien (nachhaltig!) mit gepolsterten Hohlräumen, die überwinternden Insektenlarven dürfen sich ungestört von Rechen und Bläsern an den Unterseiten vom gefallenen Laub auf dem einstigen Rasen in den Winterschlaf träumen. Die Kleinvögel futtern die Sonnenblumenkerne im selbstgebauten Vogelhäuschen: heute eine wunderschön rot-/roségefärbte Gimpelfamilie (einst „Dompfaff“ genannt, die habe ich hier lange nicht gesehen, die Dompfäffinnen) sowie Meisen und graue kleine fliegende Tiere, deren Namen ich nicht kenne, außer vielleicht „Spatz“.

Die alte Dame hat immer beseelt das Treiben beobachtet aus ihrem – zuletzt – Rollstuhl heraus und alle als „So schön, die PIEPERCHEN!“ bezeichnet. Aber die alte Dame ist ja tot, daher habe ich ein paar Knospheidepflanzen in einen schönen Topf gesetzt für ihr und meines Vaters Grab. Gleich nachher stell ich die dann dahin und ein ewiges Licht dazu, alles ist schon mit Fichtenzweigen winterlich abgedeckt. Die Erde dort senkt sich immer mehr, dieser einstige kleine Hügel. Es gilt für mich, sich nun Gedanken zu machen über einen Stein und die Friedhofsordnung. Ohnehin hieß es 2019, dass die Stätte im Jahr 2039 aufgelöst werden muss. Warum, das wurde mir seinerzeit nicht erläutert.

So viele „Heizer!“ gerade. Überall rote Linien, privat wie politisch, und ein generelles Motzen. Ein bissig hässliches Grundgemaule durch sämtliche Schichten hindurch, über alles, bei vollem Lohnausgleich selbstverständlich. Verunglimpfen, Schimpfen, Drohen und Abkehr. Keiner mag mehr, Hyperinformation und – natürlich – alles ANDERE ist schuld: Strafe muß her. Für hausgedacht Verantwortliche, denn irgendwer muss ja verantwortlich sein. Selbst einst intelligente Leute reden nun so und flüchten notfalls in krude tausende Jahre alte Theorien, wie ich erst gestern erfuhr. Man kann Angst bekommen.

01:30 Uhr: Draußen jetzt alles still. Käuzchen ruft weit weg vom Wald her. Ich habe jetzt auch eine Geisel genommen: Ein handliches erst wenige Monate altes Bildwerk aus meiner Feder. Ich habe es so versteckt, dass ich es selber nicht mehr finde. Auszutauschen mit MICH oder befreien von Anderen würde ich es gegen einen schönen üppigen Strauß roter und weißer Rosen ohne Düngemittel im Verhältnis eins zu drei, dazu ein Wellnesswochenende zu zweit in schöner verschneiter Voralpenlandschaft mit Sauna und viel Schlaf.

johnny24

johnny ist jetzt im gefängnis. dabei wollte er doch nach hamburg oder nach kabul. seine bewährung ist wohl dahin, das heißt, er bleibt für 8 monate JVA. bis ende april24. es ist sehr traurig (…) / vorvorgestern kam der BIOpelletsmann mit LKW und hat vier neue tonnen eingeblasen. ein riesiger aufwand war es, die jeweils 6 meter langen schweren schläuche von der straße bis in den hintersten kellerraum zu verlegen. durch den matschigen garten, natürlich habe ich geholfen. 50 meter. wir hätten auch 5t bestellen können. das weiß ich jetzt. eine einweisung in die funktionen und die bedienung der neuen heizung haben wir aber noch nicht bekommen vom heizungsbauer. learning by doing. aber: es ist ein schmuckes display. früher gabs beschriftete schalter, die *klack* machten. dann wusste man. / was ich noch niemandem mich traute zu sagen, ist, daß ich seit corona abends im atelier immer heimlich und laut mark knopfler höre. sein sohn hat sämtliche konzerte mitgeschnitten und bebildert. die playlist ist eigentlich stets die beinahe gleiche, egal, ob 2010 milano oder 2019 barcelona oder 2005 buenos aires. die musik erfüllt alles mit sehnsucht nach grünen schottischen hochwiesen, wo dann ja alles doch immer noch GUT wird. ganz hinten im film. / das abendliche getränk ist derzeit pastis. seit dem südfranzösischen urlaub hat sich das erfreulicherweise waldrandseits sittenverfestigt. gesund soll es ja auch sein, jedenfalls schmeckt es so. / heute vier stunden im bahnstreikstau gesessen, im kfz. irgendwo in der betonierten hässlichen peripherie der landeshauptstadt. und dann am nachmittage noch das mobil auf der brotbaustelle, einer ehem. fabrikantenvilla 45km entfernt, vergessen. einmal in 5 jahren kommt mir das vor. regen, ab mittag, wie in *seven*. nicht schön ist, dass mein baustellenschlüssel sich beim mobil befindet. also auf der baustelle. was heißt, ich habe mich ausgeschlossen. und nebenbei dazu der alltagskommunikation selbstentledigt. ein recht schlechter tag also. genauer, ein rechter scheißtag. man möchte die wände hoch, aber es gibt nicht mal wände, nur einen selbst. / bildtitel: *Böser Bub* und *Schlechte Berge*. natürlich gerotzt, mithin expressiv. / heute schmeckt mir nichts mehr, ganz sicher, nicht mal der pastis. / um 24 uhr zu bett.

Atelier Blaue Mauer

Angles Morts
Schiff wie ich
Streuobst im Winter
Alles Mögliche
Blaue Mauer
Waldrand

Nicht unglücklich über diese neuen Bildfelder und im Ranzen noch lässige 20.000 weitere Bildideen. Jetzt kanns Winter werden, ich warte bübisch auf den ersten Schnee. / Abb.: „Angles Morts“, „Schiff wie ich #2“, „Streuobst im Winter“, „Alles Mögliche“, „Blaue Mauer“ und „Waldrand“, alle jew. 70x100cm, Öl/Lackspray/Siccativ auf Karton, 2023