schtrünzel Hirsch

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EINen antrag hier, einen dort, einen bei der krankenkasse, noch einen mit toilettenerhöhung, ich wollte da schon einfach selber kaufen, aber für so ein teil aus hartplastik legst du (mit deckel) ja locker 100 hin, also doch lieber über antrag und dann ist das ding eben geliehen. AUCH OK. krankenbett mit elektro und galgen kommt morgen noch, sie haben das dringlich reingeschoben, vielen dank. und rasenmähen.

früher hatte die alte dame einen FLY-MO, also ein luftkissending mit 1:25 gemisch 2 takter, ohne lästiges kabel und man konnte in alle richtungen und sich austoben und im kreis mähen, das hat richtig spaß gemacht. ich war (mit 17) in 13 minuten fertig mit böschung und 1200 qm. NA GUT, in 23.

im hause bereits ein badewannenlift, ein toilettenstuhl und ein rollstuhl. der rollator ist privat, ein gutes ding. da gibt es himmelweite unterschiede. wie bei rasenmähern und toilettenerhöhungen. und bei pflegeheimen. nebenbei: gottlob gibt es diese pflegeversicherung, auch wenn natürlich auch alles immer noch mehr sein könnte und sozialer und wer weiss was. aber immerhin.

IMMERHIN.

ins neu gerichtete zimmer möchte die alte dame am liebsten SELBST einziehen, so schön fand sie das, als wir sie am pfingstsonntag aus der kurzzeitblabla entführten in ihr eigenes heim, in dem sie nun schon sechs wochen nicht mehr war. alles ist dort jetzt startklar. und es ist, wenn denn alles klappt, so ideal, wie es hätte nicht idealer sein können. dorf eben.

DORF.

noch zwei wochen. die rosen blühen, gelb und rot, fangen an damit, die pfingstrosen in voller pracht, ebenso die Akeleien, hoffentlich ist nicht alles verblüht dann, wenn sie wieder auf ihrer geliebten terrasse sitzt. und die kirschkern im schlafanzug gemütlich daneben. BLABLA.

mitsamt sonne, köchin und mir und rhabarberkuchen.

der nette flaschner, der heute die reparaturbedürftigen armaturen im bad inspiziert hat, spricht von legionellen. ALARM. da gäbe es jetzt neue verordnungen.

(bei verordnungen stelle ich mir immer mindestens 800 familien vor im gesamten bundesgebiet, die allein von diesen neuen verordnungen leben können. existieren. ich will dann immer endlich auch einmal verordnungen machen und davon leben können. wahrscheinlich wäre ich sogar ganz gut in verordnungen. und wäre sicherlich alsbald für die ausnahmen von verordnungen zuständig. und könnte davon trefflich leben.)

natürlich hat er recht, aber ein wenig erinnert es mich an die dämmvorschriften und die erneuerbare-energien-vorschriften. ETC. dann regen sich bei mir immer die grünehölle-bilder, fast schon reflexartig. meine nägel an füssen und händen fahren aus und entgrenzen meine kinderstube.

der hiesige bürgermeister ist ein grüner und ein dämmliebhaber und ein fahrradfahrer ohne blick hinweg über seine fahrradlichen befindlichkeiten, er ist ein wenig bärtig über die vierzig, voll im saft gesegnet, wohnt im zentrum dieser kleinstadt und sein lindgrüner supermarché liegt 5 gehminuten von seiner (bauverdichteten) eigentumswohnung entfernt. an die gebrechlichen alten und die dörfer auf den umliegenden hügeln und deren großeinkauf denkt er nicht, auch nicht bei den parkgebühren und einigem anderen. er kennt auch keine Armen und mofas und zweitakt-Vespas. aber das ist ein fuckinghell ANDERES THEMA.

legionellen können lungenentzündungen verursachen. die alte dame hatte eine lungenentzündung. LEGIONELLEN fühlen sich in boilern pudelwohl. in ihrem hause sind boiler installiert, die im regelbetrieb 50 grad energiesparend bereitstellen. WASSER. bei 50 grad sterben noch keine legionellen. erst bei SECHZIG. das zieht jedoch mehr strom, logisch, und ist damit gegen die umwelt und den weg aus dem kohlenstoffzeitalter.

gestern sah ich ein hirschkäferMÄNNCHEN, riesengroß, ich habe so eins ewig nicht gesehen, immer nur weibchen in den letzten jahren, wenn überhaupt. er tastete sich an einer uralten romanischen hauswand nach oben und war wundersam anzusehen, riesengroß, voll von seiner schweren kopflast aus anderer welt und dabei friedlich undrohend, wie es ihm gemäß sein müsste. irgendein schtrünzel grünzeug hing an seinem rücken, woher egal.

ich würde mir ja sehr wünschen, einigen verschwörungstheorien ENDLICH aufsitzen zu können. am besten auch solchen, die das mittlerweile grüne DEUTSCHE dämm-, installateur- und schornsteinfegerhandwerk unterstützen und die umwelt gleichzeitig kaputtschonen.

aber das klappt nicht mit dem aufsitzen. stattdessen freu ich mich auf den juli und auf übermorgen und hoffe, dass suizidale sinkflüge im gebirge seitens etwas allzu emotionaler piloten nicht zur neuen jugendmode wird. wie etwa das schrottlegen von weltkulturebe allenthalben. weil sich dann ja die erwachsenen weltweit immer so schön aufregen, so bestürzt sind und so wunderbar entsetzt.

das haben wir jetzt davon, von der philanthropen entgrenzung. funktioniert nicht. je weniger grenzen, desto extremere grenzen. scheint so, es braucht eben auch der mensch der moderne immer und in alle ewigkeit unbedingt neue grenzen, zumindest der jugendlich männliche. Anderes Thema.

und sowieso ungeeignet für mediterrane dachterrassen bei abendlichen 26 grad mit weinchen und saftschmock im unterluftigen Häs. außerdem war das ja schon immer so.

mock.

mock. / Einladungsmotiv / Foto: Klaus Mellenthin

(Abb.: Gemeinschaftsarbeit, Foto: Klaus Mellenthin)

mock.

Klaus Mellenthin und Schneck zeigen Photographie zum Thema Mode / 15.5.2015 – 28.6.2015 / Raum für Photographie / Bürgerstiftung Neukölln / Neuköllner Leuchtturm / Emser Straße 117, 12051 Berlin / geöffnet Di-Fr 14.00 – 18.00 Uhr und während 48-Stunden-Neukölln (26.6. – 28.6.2015) / kuratiert von Leo de Munk / mehr hier.

Zur Eröffnung am Freitag, den 15.5.2015 um 19.00 Uhr sind Sie und Ihre Freunde sehr herzlich eingeladen.

/extromock muttertage

Nach einer Woche häuslicher schwerer Hustenkrankheit trat beinahe schon Besserung ein, die sich jedoch jäh wieder in Unbesserung verwandelte. In eine Lungenentzündung mündend, jene in Richtung Grundpflege der Umstände tendierend. Einen alten Menschen wirft so etwas auf den Boden, im besten Fall mit Teppich. Heutzutage allerdings nicht mehr, so die gut gemeint freundlich fachlichen Anmerkungen, zwingend ein Todesurteil, ähnlich einem Oberschenkelhalsbruch (als Kind hatte ich mich immer gefragt, wie denn ein Oberschenkel einen Hals haben könnte). Es könne theoretisch auch gut ausgehen, und wenn, dann nur aber eben langwierig.

Morgens öfters Bangen über einen Abschied für immer, abends schreitet wieder Hoffnung in den Raum. Oder umgekehrte Tageszeiten. Bühnenreife Auftritte allesamt der Darsteller namens Leben und Gegenteil dessen, und immer die Fragezeichen, hinter jeder Besserung wie jedem Abfall.

Sie selbst, die alte Dame, wenigstens immer noch klaren Kopfes, ärgert sich in Momenten, in denen überhaupt an so etwas wie Ärger zu reflektieren ist, darüber, dass es sie nun doch noch erwischt hat zum Ende des Winters. Eigentlich war sie ja schon überstanden, diese Krankwelle draußen in der Welt. Und sucht hilflos nach den Schuldigen, die ihr dies ins Haus trugen.

Und währenddessen immer wieder photographieren für eine Ausstellung mit dem Namen „mock.“, müssen und wollen, vor allem wollen.

Vor drei Wochen dann in jenes Klinikkrankenhaus, liegend und voller Sorge nach nochmals durchwachter Nacht. Kein Aufwärts und kein Abwärts. Und nun zur „Kurzzeitpflege“ in einem Heim, in solches sie nie wollte, für Wochen, und bis zu ihrer hoffentlichen Rückkehr ins Hause muss dort alles vorbereitet sein. Eine 24-Stunden-Kraft vielleicht.

Währendalldessen gestaltete ich das Gebäude um, der Kirschkerns Zimmer nach oben, dort unterm Dach wurde vier Jahrzehnte lang nicht gestrichen, und dann die sich angesammelt habenden Sachen und Dinge eines alten Menschen verlagern, verstauen. Oben wohnte ich als kleineres Kind, hatte nachts Angst vor dem Käuzchen und kroch dann zur Mutter unter die Bettdecke im Parterre. Oben war sie schon seit zwanzig Monaten nicht mehr, die Steilheit der Treppe zu arg. Unten ausmisten im Tochterzimmer, es war ja immer noch ein bisschen ein Kinderzimmer, in dem vieles bis in diese Tage an den großen vaterländischen Umzug und jene Zeit mitsamt deren Dramatiken von vor nunmehr acht Jahren erinnerte.

Nur die Fensterbilder mit „Papa“, „Mama“ und „Kirschkern“ habe ich noch nicht entfernt, aber ich glaube, es ist jetzt vielleicht die Zeit dafür. Ich wollte vorher noch einmal die Kirschkern befragen. Aber also auch hier neu gestrichen, entrümpelt, die wegzuwerfenden Dinge stehen nun im Garten, werden dort nassgeregnet und warten auf Abfuhr. Geputzt, entstaubt. Den selbstgebauten Kaufmannsladen in den Keller, mein Gott, was für ein Glück, dass es wenigstens dieses kleine Häuschen am Waldrand gibt, zum variieren, zum umgestalten, zum stapeln nach Bedarf.

Zwei mal täglich war ich im Krankenhaus, ein armseliges Häuflein dort im Bett, angefüllt vor allem mit Angst und ausgestreckter Hand nach der Bettkante und dem Besuch, die Augen meist geschlossen und den zwar nicht herz-, jedoch fast würdelosen Sauerstoff in der Nase. Ganz klein, kleiner geht nicht.

Wie sehr habe ich mir immer ein Geschwister gewünscht und nicht nur einen leider aus rechtlichen Erwachsenengründen abwesenden Halbbruder, der für seine Abwesenheit ja auch nichts konnte. Auch jetzt wieder. Und wie froh bin ich um die Köchin an Seite, auch wenn ich vieles aus ihrer Hilfe manchmal nur schwer annehmen kann – zu groß ist meine vaterlose Geschichte und die vor Jahren errungene Abgrenzung zu ebendieser. Worauf ich ziemlich stolz bin, ein großer Kampf war das gewesen. Niemals hatte mich jemand „Muttersöhnchen“ genannt, mein oberstes Ziel schon mit sieben Jahren oder jünger mit Pfeil und Bogen.

Aber ich hatte ja irgendwann dann doch beschlossen, vor bereits vieler Zeit, dass das, liebes Mutterchen, eben alles >unsere< Geschichte ist. In der Du mich wohlwollend begleitet hast, so gut es Dir eben möglich war, lange Jahre, und ich eben nun Dich. Eine Erkenntnis aus gewiss alternder Reifung, jenseits der ganzen Kämpferei, und dem Wissen, dass man immer Kind ist, solange die Eltern leben, auch wenn man denn 90 wäre. Wir kriegen das schon irgendwie hin, diesen ganz großen Bogen. Das ist mein ganzer Wunsch. Also ein äußerst metasubjektiver Abschnitt von Teilen von Zeit derzeit. Die vergangenen Wochen waren nicht unbedingt unanstrengend, vor allem innen drin. Ein paar untertriebene Restängste gemischt mit Ungeduld, Wunsch, Tatsächlichkeiten, Rasenmähen, Semierschöpfung, viel Übersprung und viel Gefühl. Beim Bewegen durchs plötzlich so leere Haus, in dem alles knackt und knarzt, verweist und verwaist. Aber nicht allein unangenehm, im Gegenteil. Die Käuzchen sind schon seit ein paar Jahren zurückgekehrt, sie rufen mittlerweile ganz ungeniert und frech sogar aus der Dorfmitte beim Pfarrhaus, was mir gefällt. Kein Rückblick allerdings ohne Ausblick: In vier Wochen kehrt die Kirschkern zurück aus F., worauf ich mich schon jetzt sehr freue. Und die dringenden Fotoarbeiten sind heute in Charlottenburg erfolgreich und schön ausgedruckt worden, schon morgen werde ich diese in Neukölln hinter viele Gläser bringen wollen, die vom besten Rahmer Deutschlands in Stuttgart vorauseilend anbereitet und geschnitten wurden und sich jetzt gerade immer noch im Kofferraum unten an der Strasse befinden, welcher hoffentlich nicht heute in der Nacht wertlosbefindend und damit harsch und splitternd ausgeräumt werden wird. Es steht an zudem ein familiäres Fest im Sommer, genauer zwei, und vielerlei schöne Sachen überhaupt, weshalb ich hoffe, dass sich alles nochmals zum Guten, wenigstens zum Wahren und unvermeidlich Unvermeidlichen wenden wird. Und sollte ich jetzt, mitten in der Nacht, noch zu unvorhersehbaren Ereignissen, zum Beispiel zum Sterben, gerufen werden, dann müsste ich ein Taxi nach Süddeutschland nehmen oder diese Nachrichten in den Schlaf hinein ignorieren. Weil die Flasche vom Rotwein nun halbgeleert ist. Was für eine weisheitslose Zeit. --- Und wenn Sie gerade (oder innerhalb der nächsten sechs Wochen) in B sein sollten oder ohnehin hier permanentwohnen, so kommen Sie doch gerne am kommenden Freitag, den 15. Mai gegen 19.00 Uhr hier vorbei, Sie und Ihre Freunde sind sehr herzlich eingeladen.