KunsthistorikerInnen HALLO,aufgepasst:

schlussstein1

Schlussstein (Sandsteinrelief), ∅ ca. 50 cm, zuletzt gefasst 1903/06. Eine zentaurähnliche Figur in Frontalsicht, in ein Gewand gekleidet, hält in ihrer linken Hand eine Fackel, die zum Kopf hin deutet, keulenähnlich, in ihrer rechten Hand eine Blume/Blüte, ebenso zum Kopf hin zeigend, wahrscheinlich eine Lilienblüte. Ebenfalls in der rechten Hand hält die Figur den Schwanz einer „Kreatur“, eines kleinen beflügelten Drachens/Teufels oder Koboldwesens mit kleiner Fratze (affenähnlich), welcher sich an den Rand der Steinscheibe krallt, besiegt (wie es scheint), den Kopf nach unten. Der Unterleib des Zentaurähnlichen abgebildet nach rechts, die Waden des tiergleichen Unterleibes zeigen wehendes Beinfell, weniger Pferd denn löwengleich, oder ein Schaf? Mit kurzem Schwanz.

Das ganze um 1320. Natürlich habe auch ich etwas Ahnung von diesen Dingen. Aber was soll der „Zentaur“, besser wohl: das „Mischwesen“, für was steht das? Sollten Sie also über weitere Kenntnisse bezüglich des ikonografischen Hintergrundes solcher Darstellungen verfügen, so lassen Sie es mich hier bitte sehr gerne wissen. Vielen Dank!

/(sehr speziell manchmal, die arbeit an solchen orten. immer wieder. ich mag das ja. auch und gerade angesichts solcher werke. man fragt sich über die stunden der verrichtung jetztzeitlicher arbeit vieles bezüglich des vorgefundenen. dazu ist es ein sakralraum, gefüllt mit gefühlt angehäuft gedachtem, gewünschtem, gehofftem, verfluchtem, geliebtem, gebitteten aus allerlei jahrhunderten. bis oben hin zugebetet. ich las gestern in einer beschreibung der baulichen massnahmen von 1903/06, dass im jahr 1904 „unglücklicherweise ein tünchergeselle zu tode gestürzt ward“. jener konnte also nicht einmal den fiat500 kennenlernen, geschweige denn den retro-cinque. auch der WK1 blieb ihm tragischerweise erspart. gewissermaßen fühle ich mich dem gestürzten verbunden. nicht, weil er stürzte, sondern einfach, weil er hier war. im „Time Tunnel“. es überträgt sich etwas, wenn man sich wochenlang in solchen räumen befindet. ein band über die jahrhunderte menschlicher empfindungsmöglichkeiten und deren steter wiederkehr. über die wiederholung. man ist nicht etwa allein. man ist „teil“. nicht über den verstand (das kennt man ja, lange), sondern gefühlt. man ist daher auch nicht so relevant, wie man immer denken mag. man reiht sich ein. ganz gleich, ob vor 700 jahren schon automobile fuhren oder nicht. man fühlt sich dann auch nicht mehr so unsäglich überlegen. diese krux des sich überlegenfühlens. stattdessen überall spuren, hinterlassenschaften, die sich weiterverspinnen können. all dies weist durchaus ggf. ins spirituelle. vor ein paar jahren fragte ein filmteam nach den möglichen unterschieden der arbeit in sakralräumen ggü. der arbeit in profanbauten. und ob es diese überhaupt gäbe. durchaus, es gibt sie. in den zwischenräumen der zeitsprünge. ich bin dann gerne mensch und habe für ein paar seltsame momente kaum mehr angst. /diese menschliche grundangst, kennen Sie ja.)

schlussst.

mit den supertaschenlampen durch das romanische turmmauerwerk nach oben. schmale treppchen. den dachboden der gotischen gewölbezone erreicht. dort hängen dann seile zum hochklettern vom zwickel („unten“) zum schlussstein („oben“). das sind fünf höhenmeter. und jeder tritt auf diesem gewölbe von oben ist ein tritt auf einer gerade mal ein-alter-ziegel-starken mauerung. sowas hält einen dann. in der regel. /vor jahren haben wir soetwas in einem barocken großmünster in oberschwaben gemacht, dazu muss man wissen, dass die vierungskuppel jenes bauwerkes ich glaube ungefähr 45m hoch ist. da gab es eine kleine klappe, ein süßes kläppchen zum heimlich hinuntergucken, am höchsten punkt (anstatt schlussstein) mit einer kleinen sichtluke aus holz, man konnte von dort 50m hinunterschauen und wusste das gleiche, nämlich dass einen dann in diesem moment allein die wölbungsmauerung in ein-alter-ziegel-stärke trägt. trug. in der regel jedenfalls.

nun waren wir auf der suche nach den alten romanischen zugängen zu den kleinen triphorien bzw. deren umgestaltung im zuge der gotischen erhöhung der seitenschiffe. im nördlichen seitenschiff sind diese zugänge nach 1945 zugesetzt und verschlossen worden. das meint, da war niemand mehr seit ungefähr wohl 1948. im südlichen seitenschiff gibt es kleine luken aus jüngerer zeit. wenn man sich dort hindurchzwängt, dann kann man unmittelbar schön ins mittelschiff hinuntersehen, ohne geländer, und hoffen, dass das türchen nicht hinter einem zufällt. /triphorien sind eine art logen in der obergadenwand. sie zeigen ins mittelschiff, die romanischen säulen und die bauplastik sind oft reich verziert und hier trotz umgestaltung der kirche in allen späteren epochen sowie der zerstörungen im letzten kriege erhalten. /darüber die fenster zur lichtgebung, nachwievor romanisch.

die kollegin frau dr. fährt morgen zum urlaube nach den karpaten. wir waren daher nochmal ordentlich trinken. die für uns bauhistorisch wichtigen zugesetzten romanischen tatsachen geben in heutigem erscheinungsbild einen gotisierten sinn. ein gewölbe wurde vor 700 jahren erhöht und daher natürlich auch die angrenzenden sichtbaren wände entsprechend ästhetisch und baulich angepasst. fragt sich, wen das heute noch interessiert. und eindrucksvoll auch die entwarnende einschätzung des erfahrenen statikers: alle risse befänden sich genau dort, wo sie sein sollten.

vor der kirche liegen gerupfte amselfragmente auf dem pflaster. eine taube steht daneben und betrachtet diese argwöhnisch. ganz oben in den türmen sitzen zwei turmfalken und haben sich etwas laut zu sagen. wahrscheinlich ahnt die taube, was gemeint ist.

Hitlerdreck 2

Die beste Freundin des Kirschkerns sammelt Hundekacktüten, die es aus den neuartigen stabilen Hundekacktütenspendern, die jetzt überall herumstehen, selbst am Waldrand in natürlichster Natur, kostenfrei herauszuzuzeln gibt. Daher habe ich dem Kirschkerne ein Exemplar blanko geschickt, damit sie das weiterreichen kann an ihre hundekacktütensammelnde beste Freundin. Ich kenne die, sie ist schwer ok, ausserdem ist ja Pubertät.

Rock’n Roll eben.

timberlands gekauft, 170. Geht ja noch. Der Verkäufer meinte, teuer seinen die. Sage dem Verkäufer, wenn die aber 5 Jahre halten undnNICHT nach acht wochen abschmieren wie zuletzt die auch gar nicht sobilligen zwei mal, DANN sinn die nich teuer. Dann sind die nämlich gut! /(oh, Rock’n Roll, schuhverkäufer)

Am letzten Sonntag war ich in die Tortursiedlung gefahren. 2h hin, 2 zurück. Das Höllenthal schon wieder wegen „felssicherungsarbeizten“ halbseitig gelähmt. (es geht um die konfirmation jetzt), arbeitzten. Gesungen „alle gute Gaben…“, Ernstedank. Ernstes thema, erntedank. Zurück zu Rockn Roll, ordentlich speedy, linke spur. klar.

Oft angst vor Legionellen, so ganz unbestimmt.

Am oberschenkel rechtsaussen juckts seit monaten, man sieht da nichts. Und trotzdem juckts. (Kratzen macht spaß.)

Die alte dame wird bald 86 und kann sich noch gut an die Anfänge des Rockn Roll erinnern („junge leute, laute musik. fürchterlich!““). Habe ihr also einen kaffeebecher gekauft mit einem hirsch drauf, handbemalt. Gmundener. Ich habe so eine altbackene seite (walzer). Einen kaffeebecher mit einem hirsch darauf in Grau, dann noch ein buch über Peer, sie ist zwar berlinische Ostpreussin, mag aber Hanseaten und badet gern in der See, in der die Asche ihrer Eltern schwimmt.

Die familie stellt sich ein wenig auf, seitdem die lieblingscousine haika ausfindig gemacht hat. Rock/Roll, früher. Man redet niemals schlecht über Rockn Roll und stochert vor allem nicht in alten Rockn Rollen herum, denn aus heutiger Sicht kann man das alles sowieso gar nicht beurteilen, geschweige urteilen, zumal, wenn man selbst ja gar nicht dabei war! es scheint schwer, die nun aufgetauchten widersprüche und ambivalentien auszuhalten, ohne nach neuschuldigen zu suchen, um hochenergetisches abzuleiten, von sich. Ich finde das unnötig und hoffe, das glättet sich, zumal ja keinerlei vorwurfsvolle zeigefinger deuteten.

Heute habe ich mir an einem Gerüstdurchstieg den Oberkopf angeschlagen. An einer kleinen spitzen verschließkante blieben ein paar hautfetzen mit haarwurzeln samt haupthaaren hängen. Es sah ein bisschen aus, wie nach einem hundekampf (büschel, kurzhaar).

gestern schon war bereits eine speziallampe abgedampft. Ich roch, drehte mich um und sah der Lampe sehr aktiv und dynamisch weissen Qualm entweichen. Eine art NEBEL des Grauens. Die kirche (nordwestecke) schmeckt auch heute noch nach allzu giftiger alchemie.

Und vergangene nacht gab dann die alarmanlage alarm. Der mesner erzählt, berichtet. Jeder fehlalarm kostet 250.

Morgen werden wir uns nach langer zeit einmal wieder dem Hitlerdreck nähern. Man muss sich das so vorstellen: obenauf liegt schwarzer spinnenstaubdreck, seit ca. den anfänglichen 1950er jahren, den jahren des wiederaufbaus, darunter oft mörtelreste und sand und staub, eher heller, dem herabfallenden dreck des wiederaufbaus, den die wiederaufbauer nur sehr lässig entfernten, da sie sicherlich anderes zu tun hatten in jener zeit, darunter wieder eher schwarzer, oft versottener atmosphärendreck mit kohlenstaub usw., aus den jahren unmittelbar nach der zerstörung 1944/45 bis zum beginn des wiederaufbaues in den 50ern, in denen das dach weitgehend fehlte und das kircheninnere der witterung und schnee und regen ausgesetzt war. Hier oft auch historische vogelnester und –eier sowie allerlei originelles, was die vögel jener zeit sammelten. Und darunter dann, wenn man glück hat, kommt dann endlich der Hitlerdreck: oft feiner heller sandstaub, der unmittelbar von der zerstörung und bombardierung herrührt, hierin ggf. auch metallsplitter der geborstenden meist englischen bomben. Und wenn man dann NOCH mehr glück hat, dann liegt darunter der dreck aus der zeit von 1903/06 bis zur zerstörung (1903bis06 erfolgte eine behutsame ausführliche renovierung), dieser dreck ist oft undramatisch grünlich und festgebacken vom kerzenruss eines spätviktorianischen jugendstiles (fast heimelig, konservativdepressiv, gleichwohl: engagiert!), und wenn dann je noch etwas weiteres darunter läge an dreck, dann WÄRE das schließlich der rockn roll von VOR 1903/06, möglicherweise also mindestens barocker dreck, vielleicht aber auch 700 jahre alter gotischer dreck von um 1320 und im sehr speziellsten falle dann sogar dreck aus dem 11./12. jahrhundert, mitsamt menschlichem odem aus jener zeit. ein hauch, ganz unten.

(jaso ist das, rockn roll)

Atomkalk

unterstadt1

(Abb.: -spatzen)

Wenn jetzt wieder die fruchtfliegen im terpentin ersaufen. übers tönemischen siegt, wer sein Haupt. Wenn jetzt wieder. /ich frage mich: könnte ich einen vortrag mit jackett in englisch halten vor wichtigen Leuten? Kriegen wir hin. Erstmal aber die neue schicke senfbraune combination von dings&dingsheimer. Mal was anderes, nicht immer weiss. Wenn jetzt wieder 40km südlich, an einer fassade aus barock, also draussen. Heisst kalt. Speis wird schlecht? Die Hausbesitzer servierten pizza zu Mittag. Und reichen aus dem zweiten stockwerk ein kaffee-tabletteau aufs gerüst, dazu stilvoll Musik. Das gabs lange nicht. Danke! Wieder Spinnen, diesmal kreuz samt kinderstube. Neben einem geheimen Atomkeller. Zollernalb, eine so schöne Gegend, noch dazu im Herbstelicht. Immer wieder sieht man die Stammburg der Berliner aus der Ferne und immer irgendwelche tafelberge im osten aus dem jurameer, dem einstigen. /Die Begehung der klifflinie fand nie statt, wieso eigentlich? (mandernach!?). Den super8film aus dem viersitzer aber könnte ich mal digitalisieren lassen (flug nach dem bodensee und retour, vier sitze aus holz. Wie eine seifenkiste in der luft, Runden drehend über den Hohenzollern. Der pilot sagte ständig, „Ihr schaut bitte auch, ob was von rechts kommt, ja?“ Ich glaube, ich schrieb das schon mal.) /Normalität, Wie früher. Und abends zuHause – wie schön! Eine Generalnormalität. Eine, die ich noch nicht einmal benennen kann. Die Strukturen haben sich kaum verändert, eher sogar dramatisiert im Hochtief. Und dennoch, normal. Eine angenehme Ruhe, dazu magenschonend. Dieses Jahr. Abends dann noch ein schönes Badewännchen mit einem Glas rotem Weinchen. Die Hände sind zwar verfaltet wie kaum oft, vom Kalk. Spezial-Kalk. Da wird was irgendwie weggefressen. Aber immer noch besser, als im Weinglas zu ertrinken. Und die Fingerrückseiten schrumpeln dann oft, auch dann, wenn sie nicht mehr feucht und kalkwässrig sind und dann sehen sie aus wie Greisenfingerrückseiten, durchsichtig und tiefe Riefen, Schmirgelpapier. War schon so vor 20 Jahren. Die Fingerkuppen hingegen werden seltsamerweise glänzend und verlieren fast ihre Linien. Sie werden rutschig und pochen auch nachts, wahrscheinlich arbeiten die körperlichen Behebungstrupps an irgendetwas, was weder Schmerz noch tiefgreifende Meldung verursacht. Das legt sich aber nach ein paar Tagen. Beruhigend, auch schon immer. Dann kommen Haut und Linien wieder zurück, trotz Alkaliismen, wie Herbst und Frühling. Dafür, so meinte ich zu beobachten, wachsen die Nägel schneller. Horn ist in meiner Vorstellung ja immer auch Kalk. Ich bin aber kein Chemiker. Auch, wenn ich Eierschalen esse, dann wachsen meine Haare, so bin ich strukturiert seit Geburt. Im Grunde ist es mir aber auch egal, ob Fingernägel wiederkommen oder nicht oder besser: WIE sie das tun. Schön ists, dass sie’s tun, das reicht mir für die Dankbarkeit. Ich muss das alles gar nicht immer auseinandersezieren, das nimmt einem nur die Wunder. Und irgendwann hätte man dann ja gar nichts mehr zu sagen. (Wie bspw. hier, auf einem wenig anonymisierten Weblog.)