Das ganze alte Gift ist weg.

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1964
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24. Juli 2021: Vorzustand vor Beginn sämtlicher Maßnahmen. Der Kamin vom Klinkerofen (1983) ist noch vorhanden, den habe ich im Mai 2022 höchstselbst abgebrochen. Auch zu sehen die alten Dachziegel aus 1984 ungefähr, teils mit Bewuchs. Auch die Fenster sind noch bauzeitlich 1964, ebenso die Holzverschalung, die sich nur erhalten konnte durch Tränkung mit dem Insektizid/Kontakt- und Fraßgift Dichlordiphenyltrichlorethan (DDT). Dieses wurde bereits 1972 verboten. Der letzte Anstrich erfolgte tatsächlich in jenem Jahr, ich habe eine datierte Rechnung in den Aufzeichnungen der alten Dame gefunden. Das Produkt hieß „Bosan“, lt. Rechnung wurden 9 kg desselben für den damaligen Neuanstrich der Holzverschalung verbraucht. Ursprünglich wollte ich in Eigenleistung die Schalung lediglich ab-/anschleifen und selbst neu lackieren. Ein Schadstoffgutachten allerdings (gar nicht so teuer, kann man sich leisten, lohnt sich!) ergab eine annähernd 11-fach höhere Belastung mit DDT, als es der definierte „Grenzwert“ besagt. Vom Schleifen/Bearbeiten o.ä. wurde daher dringendst abgeraten, zurecht.
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5. Juli 2022: Das Gerüst steht, das Dach ist schon abgedeckt. Einige Tage stand alles offen, geregnet hatte es nicht, eine seltsame Anmutung, vom Gerüst aus von oben ins Haus hineinschauen zu können. Wie in ein Modell hinein im Maßstab 1:1. Die Fenster sind bereits erneuert, in energetischer 3-fach-Verglasung. Die beiden Fenster an der Südseite rechts sind nach unten hin vergrößert worden, das war das ehemalige „Esszimmer“ und die Küche. Schon als Kind fand ich die Höhe der Fenstersimse immer seltsam, weil man als kleiner Mensch am Esstisch sitzend fast nicht hinausschauen konnte in den Garten. In den Juni/Juli 2022 fiel dann auch die Entscheidung, dann doch auch die äußere Stülpschalung aus Holz zu erneuern, aus energetischen Gründen, und damit auch der Möglichkeit der Bezuschussung. Es gab zwar darunter bereits eine Dämmung aus Glaswolle, die jedoch nicht dem aktuell dämmwertigen Stand entsprach. Zudem handelte es sich um Glaswolle-Matten aus 1964, also ein sehr bedenkliches Produkt bezüglich der Faserstärke und damit möglicher gesundheitlicher Folgeschäden (asbestähnlich, krebserregend) beim Einatmen bzw. Gelangen in die Außenluft.
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23. Juni 2023: Dieselbe Hausseite. Endlich! Was so dramatisch düster im Schwarz-Weiss aussieht, zeigt – im Gegenteil – die nun bereits erfolgte Entfernung von Glasfaser-Dämmung und alter Holzverschalung. Schön zu sehen die Mauerungen und Balkenköpfe der Deckenkonstruktion der Innengeschoße. Auch die sämtlich noch handgegossenen Fensterstürze aus Beton, alles bauzeitlich, also von 1964.
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23. Februar 2022: Ansicht von Süd-Osten. Von außen noch der Vorzustand sozusagen. Die Außenverschalung unverändert, die Fenster sind noch nicht erneuert. Der Ofenkamin steht noch. Das kleinere Fenster rechts, halbseitimg geöffnet – das ehemalige Schlafzimmer-Fenster der Eltern bzw., dann seit 1966 über Jahrzehnte, das der alten Dame – ist noch unverändert. Im Februar 2022 trug man noch Maske und musste Impfnachweise mit sich führen. Im Innern jedoch bereits mannigfache Arbeiten, die sich mit dem Austausch der alten Heizungsanlage beschäftigen.
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19. Mai 2022: Ansicht von Südosten. Die Fenster sind noch nicht erneuert. Die giftgetränkte Außenverschalung immer noch von 1964, darunter Glaswolle, ebenso von 1964. Die Dachdeckung noch diejenige von 1984. Foto wegen Einrüstung und der Freude, dass nun die Arbeiten am Dach beginnen. Im Innern aber bereits heftige Baustelle, daher steht in Ermangelung einer Küche der Kühlschrank auf der Terrasse. Der ehem. „Rasen“, die Wiese also mittlerweile, sprießen. Erster Schnitt, so nun die Gewohnheit hier, erst Anfang Juni, wenn „die Insekten dann durch sind…“.
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23. Juni 2023: Endlich (abermals)! Die Außenverschalung ist entfernt, die dahinter sich befindende Glaswolle ebenso. Die Schadstoffe also weg verbracht. Das Fenster rechts ist nun auch nach unten hin vergrößert worden. Aus diesem ist jetzt – neu – ein Küchenfenster geworden. Da die Küche sich nun dort befindet. Im ehemaligen Elternschlafzimmer also. Die ehemalige Küche befand sich vorher diagonal im südwestlichen Hausbereich EG. Dort hingegen ist nun ein schönes Arbeitszimmer entstanden, ggf. mit Ausstieg durchs Fenster in den Garten. Ein im OG über der neuen Küche neu geschaffener Raum, ehemals ein niedriger Abstellraum, ist mit einer völlig neu geschaffenen Fensteröffnung (oberstes Fenster) versehen, von der aus man einen ganz und gar herrlichen Blick auf die schwäbische Alb, die „blaue Mauer“, hat. Daher heißt dieses Zimmer nun hier umgangssprachlich, ein bisschen kitschig vielleicht, auch „das Albzimmer“. Aber alle bisher Involvierten wollen künftig als Gast dann gerne da oben unbedingt residieren, so sagen sie.
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1964: Hist. Foto, Bauzeit, Rohbau in derselben Ansicht. Im Hintergrund noch Streuobstwiesen.
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22. Juni 2023: Die Glaswolle von 1964 ist entfernt, in großen Säcken verpackt und liegt unten an der Straße zur Entsorgung bereit.
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22. Juni 2023: Abtransport vom Holz der einst DDT-getränkten ehem. Außenstülpverschalung. Hierbei auch einmal einen sehr großen Dank an die Hagellocher Holzbau GmbH, die schon sehr bald eine neue Verschalung mit Holz und einer darunter eingeblasen zeitgemäßen Zellulosedämmung installieren wird.

ROT, Schnitter, fei

Rothenburg Plönlein
Zweitpaare
Laden
Stück Stoff, um 1550
Wurfstern, um 1550
Rothenbur 2023
Arbeit
Klingengasse 2023
Judengasse 2023
Selbst, als Schnitter

verliebte altpaare noch und nöcher. oder neupaare alt (er) und sie (jung) im zweitleben, die kinder sind aus dem haus. golden retriever dabei. kopfsteinpflaster, gogomobile, alte ford mustangs und ein paar pferdekutschen. um 21 uhr klappen die bürgersteige hoch, das gläschen weisswein 8,60, ich geb dann mal heute kein trinkgeld. im hotel brötchen vom lidl, heisser brühkaffee, kalte bemalte eier, salzfässchen gibts auch. kesselgulasch und ungarischer gemüseeintopf. die gastronomie, so scheints, mittlerweile nach 35 jahren überwiegend in osteuropäischer hand. die kulissen kaum verändert. viele wohnmobile mit frührentnern und mops. die schönen nebengässchen menschenleer, wie damals schon. jugendgruppen mit blauen oder gelben schirmmützen, wahlweise bedruckte uniform-Tshirts, oder asiatische tagestouristen mit mundschutz und schirm. mittags um zwölf das glockenspiel mit meistertrunk am marktplatz, alles wie immer, nur die fotoapparate machen nicht mehr „klick“ sondern „schrschr“. damals begann alles bei mir, seltsam, dass ich gerade jetzt, eigentlich rein zufällig, wieder hier arbeite. der kollege, seinerzeit wohnhaft in einer kleinen verwunschenen villa direkt vor der stadtmauer, ist lange schon weggezogen. es ist so wunderschön hier, zumal bei diesem sommerwetter, aber eigentlich kann man nur weggehen von hier, denk ich wie damals schon, wenn man jung ist. oder, wenn man weg war hier, dann vielleicht wiederkommen. ich erinnere touristenlose november mit dauerregen oder kalte schneelose trostlose februare. und dann laufe ich jetzt nach den feierabenden durch das städtchen, mehrfach 11000 schritte verrät mir mein gerät, welche es damals auch noch lange nicht gab, stattdessen gelbe telefonzellen und markstücke, und ich sehe gebäude und häuser, in denen ich schon war vor langer zeit. an deren fassaden mich hoch oben am treppengiebel nervöse wespen angriffen, einmal hatte sich – es war wohl in der herrngasse – ein kalksplitter in meinem auge verhakt, das macht einen ganz kirre und gottlob gabs in der nähe einen augenarzt, der abhilfe schaffte. oder in wieviel kellern hier war ich schon, die baugeschichten untersuchend, einmal waren wir ganz nah dran an einem schatz aus dem 30-jährigen krieg, den später die archäologen hoben. die unzähligen containerfunde des kollegen, mit bemalten putzstücken, jahrhundertealt, die nachwiesen, dass nächtens im schutz der dunkelheit heimlich renoviert wurde, schnell-schnell, um die denkmalpflege zu umgehen. keine vermeintlich langwierigen behördlichen vorgänge, ein japaner sieht eben nicht, ob da was wirklich alt ist oder nur alt aussieht. damals war ich zutiefst empört. heute denke ich nur, es ist eben so, wie es eben ist. wozu da was ändern. die stadt hat eine klar definierte aussendarstellung, nämlich mittelalterlich soll es aussehen. und kaum einer weiss, dass es auch zerstörungen gab, die nach dem großen kriege flink behoben wurden, im alten stil natürlich. oder, als wir an einem karfreitag die franziskanerkirche untersuchten, da es so dringend war. oder wie wir im sommer zu mittag schnell an einen weiher jenseits der tauber fuhren, um dort nackt hineinzuspringen. damals hatte ich noch meinen roten kasten-R4, mit dem ich in vielerlei leben startete. vor unglaublichen 35 langen und kurzen jahren. ich erinnere, in wen ich verliebt war und wer in mich, wo was draus wurde und wo nicht. mittlerweile sind ein paar windräder hinter der stadtkulisse zu sehen, blickt man ins nahegelege württembergische. den fahrradladen, der damals neu aufmachte, den gibt es noch. die kneipe, die damals der bruder des kollegen betrieb, gibt es lange nicht mehr, eine spielhalle ist da jetzt drin. die trennungskinder von damals sind jetzt auch schon mitte vierzig und haben sich wahrscheinlich ihrerseits schon wieder getrennt, gelegentlich. ach, es ist wirklich schön hier, man muss mal dagewesen sein, ganz ernsthaft. am besten im sommer und für 2 tage mindestens. ich selbst werde wohl diesen sommer überwiegend hier verbringen für die brotarbeit. und ab und an ein weinchen trinken abends, mit welchen, die ich von seinerzeit noch kenne. oder den diesjährigen kollegen. vielleicht unten in der helmersmühle an der tauber, da ist es besonders schön. / es klingt alles melancholischer, als es ist. ein wenig darf ja. alte-leute-content eben. umso mehr freu ich mich über die neue sense am waldrand. „Selbst, als Schnitter“, sowas gefällt mir. das foto hat frau mullah geknipst, es hat „schrschr“ gemacht, nicht „klick“. es müsste dringend mal wieder regnen, aber so eine trockenheit gab es ja früher auch immer mal wieder. um 6 in der früh muss ich losfahren, immer am donnerstag abend komme ich dann wieder nach hause. wie früher eben, nur früher haben wir noch 5-tage-wochen gemacht, dann war es freitagabend und es hat ab und an im sommer geregnet, die windschutzscheiben voll von zermatschten autobahninsekten und mein lohn war sechszehn mark für die stunde, und das war FEI viel.

wie alles auch W.

bei Oma

(Abb.: Bei Oma in Westdeutschland, ca 2004)

Weil mir HEUTE so danach ist und weil es im „this day past years“, dieser schönen und manchmal auch etwas furchtbaren Selbsterinnerungsmaschine, vom 10. Juni 2009, dem wegweisenden Gerichtstermin vor dem Familiengericht in Stuttgart, heute zur Erinnerung RIEF, über die ich heute/gestern stolperte.

DIES schrieb ich damals in’s Weblog und heute noch graut mir davor.

Wie lange das nun her ist, schon, gottlob. Vierzehn lange und abermals angefüllte Jahre. Und wie DA das ist, doch immer noch manchmal – vielleicht wenn der Mond aufgeht im warmen Juni und die Igel draußen rascheln oder es Bindfäden regnet im Herbst oder man glücklich am Strand sitzt am Mittelmeer im August und raus blickt auf weite Wasser, oder an alte Weihnachten in Berlin denkt, obwohl gerade Weihnachten am süddeutschen Waldrand ist, und eigentlich alles so lange schon her. Und dann doch nicht, nah. Und dann aber, ganz kurz, eben doch, so nah. /Und wie sich alles entwickelt hat, wie man es damals nicht wusste, nicht ahnen oder vorraussagen konnte. Die Geschichten, diese folgenden unsäglichen „Betreuungsgeschichten“, sie gingen ja noch bis weit in die Zehnerjahre hinein. Auch für mich gab es ja neues, ungeahntes und wohlwollend begleitetes Leben, nach dieser gefühlten größten aller großen Stunden NULL, am zehnten Juni 2009. Vielleicht war das der schlimmste Tag in meinem Erwachsenenleben. Das kann schon gut sein. / Und die Kirschkernerin HEUTE, sie geht nun, so scheint’s und es freut mich, aufrecht und verselbstständigt ihren Weg, im Leben und in Ausbildung, demnächst vielleicht in nordwestlich europäisch insularen Gegenden, ggf. im Süden Frankreichs oder im großstädtischen Rheinland – oder in der Pfalz, ggf. im Elsaß. Die größte Hauptsache wäre mir, dass das alles für sie LANGE her sein könnte. Das würde mich glücklich machen und freuen und wer weiß, was alles noch. / Ich hatte damals, nach ein paar Tagen – und sehr gerührt, bestärkt und angetan vom Zuspruch – alles Geschehene noch in einem unscheinbaren Kommentar kurz erläutert. Wollte keine großen Glocken. Aber fühlte mich aufgehoben und getragen, irgendwie halb digital, halb bereits analog, von der Blogspäre. Auch heute noch daher einen großen Dank an alle von damals seinerzeit. Das ist mir wichtig. / Folgendes ist das, was ich damals geschrieben hatte im Kommentar, es ist mir nun, nach 14 Jahren, einen vielleicht spätlindernden eigenen Eintrag sehr wert:

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„edit 13.6.2009:

als also alles vorbei war, saß ich vorgestern, seit elf jahren mal wieder, mit cafe und bitter lemon im „la concha“ am stuttgarter wilhelmsplatz in der sonne. das war einmal meine ecke gewesen, ich wohnte damals im heusteigviertel. ich nehme ja auch heute noch gerne diese stadt in schutz, wenn allerorten über sie hergezogen wird. man muss hier gelebt haben, um urteilen zu können. hier entsteht viel interessantes, auch wesentliches, was dann später oftmals abwandert und sich stets schämt, hier geboren zu sein.

und es behauptet ja auch keiner, dass solche termine bei gericht schön sein müssen, immerhin der zweite innerhalb zweier wochen. einem weiteren (von unzähligen) selbstbezogenen monologen habe ich zugehört, in denen der vater nicht vorkommt und der kirschkern kaum. ein vielfach weiteres mal gestaunt über fast pathologischen egoismus in der bewertung der selbstinszenierten geschehnisse, der wahl der mittel und der mitunter unverschämten waffen. fest steht jedenfalls seit vorgestern, ich werde ab dem sommer über sehr viel mehr persönliche zeit verfügen können, als in den letzten neuneinhalb jahren. das schmerzende daran ist, ich wollte diese zeit in dieser form nicht haben. ich werde also „ferienpapa“ werden. das ist nicht leicht, wenn man das nie wollte und zudem schon ein ersatzpapa bereitsteht. wenn man in dieser funktion, die man gerne angenommen und auch von anfang an mit großer freude gelebt hat, ausgetauscht werden soll. da kommen oft schnell ganz archetypische dinger hoch.

das ganze als vorläufiges ende einer nun zweieinhalb jahre andauernden unglaublichen geschichte, die in berlin begann, einen kleinen vorrübergehenden stop in stuttgart und tübingen einwarf und jetzt vorläufig in freiburg im breisgau enden wird, jedenfalls für den kirschkern. ferner als endliches ende von nunmehr vergangenen sieben gelebten monaten, in denen die unklarheit, wie und wo alles weiter gehen wird, zuletzt fast nicht mehr auszuhalten war. den alltag des kirschkerns werde ich also ab dem neuen schuljahr nicht mehr wie bisher mitleben, erleben und gestalten können, denn der kirschkern wird dann zu weit weg wohnen und sich – entweder wohl / oder übel – alltag und wohnung mit dem seit jeher angestrebten ’neuen leben‘ der anderen teilen (müssen).

ich habe elf jahre in stuttgart gelebt, dort studiert, später sogar dort geheiratet. im vergangenen august wurde ich dort geschieden und vorgestern wurde dort verhandelt über das weitere schicksal des kirschkerns, der übrigens in neukölln geboren ist und ihre bisher meiste lebenszeit in schöneberg zu berlin verbrachte. soviel zur stuttgarter bilanz.

man wird sehen, wie sich alles entwickelt. ich hätte vor eineinhalb jahren schon ’nein‘ sagen sollen, damals in berlin, das denke ich oft jetzt, meine ‚chancen‘ wären gut gewesen. es hat mir aber damals nicht entsprochen (und eigentlich tut es das auch jetzt nicht). ich wollte damals, dass der kirschkern weiterhin beide eltern hat, auch wenn diese sich nicht mehr leiden können, diesen gedanken unterstellte ich wohlwollend auch der mama. dafür habe ich einiges auf mich genommen. die andere seite jedoch nicht, ich würde heute sogar sagen: zu keiner zeit. das ist einerseits wohl bitter, andererseits jedoch auch völlig egal, wenn es denn für den kirschkern einen übergang (wohin auch immer) ermöglicht hat. elftausend kilometer schulweg in 2008? kein thema, der kirschkern bestand darauf. besser ein nest am waldrand, als gar keines.

so könnte ich nun weiterschreiben und weiterschimpfen. allein, ich habe keine lust mehr auf diese geschichten. keine lust mehr, mir dämliche begründungen und gespielte empörungen anhören zu müssen, für mich ungewollte und peinliche herbeigepfiffene termine bei ämtern wahrnehmen zu müssen, die mir letztlich ein komisches spiel und seltsame beschäftigung zu sein scheinen in ermangelung eigener kreativität, empathie und lebensfreude. ich habe keine lust mehr, über eine hälftige beteiligung an von mir erworbener gebrauchter kinderkleidung im wert von sieben euro zu streiten, weil „das nicht abgesprochen war“. ich habe keine lust mehr, mir die hälfte des kindergeldes über monate genüsslich vorenthalten zu lassen, ebenso wenig, wie jüngst entgegen aller absprachen, vorgerechnet zu bekommen, dass der kirschkern im letzten jahr ja nur 147 tage in meiner obhut verbrachte, dagegen 208 am anderen ort, womit sich angeblich der ‚weit überwiegende‘ lebensmittelpunkt belegen lässt. ich habe keine lust mehr, dass sich menschen auf der jagd nach ihrem persönlichen lebensziel den kopf zerbrechen, wohin überall ich vielleicht noch umziehen könnte und welche anstellungen ich dann dort annehmen könnte kraft meiner ‚beruflichen flexibilität‘, die dann im nächsten moment zu ‚instabilen finanziellen verhältnissen‘ mutiert, je nach argumentationslinie. und ich habe bei all dem vor allem keine lust, in offiziellen schreiben der schweren „lüge“ bezichtigt zu werden. wenn vorgestern immer wieder betont wurde, dass wir, die eltern, „dies alles ja im vergleich zu anderen fällen wirklich gut geschafft haben bisher…“, so rechne ich das jetzt einfach einmal – pardon, kirschkernmama – zum größten teil meinen bemühungen in den letzten zweieinhalb jahren zu. ich möchte nicht wissen, was geschehen wäre, hätte ich mich getrennt. und schon gar nicht möchte ich wissen, was geschehen wäre oder würde, würde ich nun mit dem kirschkern in eine neue, „stabile und auch finanziell gesicherte familienähnliche lebensgemeinschaft“ inclusive ersatzmama, weit weg vom bisherigen orte, umziehen wollen, in dem der kirschkern zudem „ein normales vorleben von männlichem und weiblichem erwachsenenleben“ vorfinden wird.

nein, es geht nicht um den problematischen arbeitsmarkt, wenn man 47 ist (mit diesem begründet die kirschkernmama ihr streben nach freiburg i. brsg.), es geht um altmodische sachen wie verstand, verantwortung, moral, anstand und auch ein wenig empathie. und es geht vor allem um das elterliche selbstverständnis, den kirschkernen auch in trennung sowohl mutter wie auch vater verfügbar zu erhalten. ich habe das getan, ich werde und würde das immer tun, auch wenn es, speziell nach dem geschehen der letzten monate, noch schwerer fällt. und wenn ich dachte, die andere seite würde nun auch einmal ein ähnliches grundempfinden haben, so habe ich mich darin getäuscht. wäre der neue partner wohnhaft in stuttgart, so hätte kirschkernmama mit sicherheit eine arbeit ebendort gefunden. schon in berlin wäre es so gewesen. so einfach ist das.

dagegen scheint immer noch weitverbreitet zu sein die mütterliche ansicht „kind gehört zur mutter!“, da helfen offensichtlich weder akademische bildung, bescheinigter intellekt noch ein ZEIT-abo. wenn es hingegen in guten zeiten um die erfüllung emanzipatorischer kriterien geht, so wird ja schnell hoch gegriffen in den ansprüchen an den vater. nein, was zählt sind einzig herz und unterarm.

ich bin also vorgestern letztlich und schwerherzig dem ‚wunsche‘ des kirschkerns gefolgt. dieser hatte sich, erst vor zwei wochen, erstmals geäußert, gegenüber einer verfahrenspflegerin (sog. ‚anwältin des kindes‘). in dem sinne, dass sie „gerne mit der mama mit umziehen wolle, aber dass auch der papa ganz in der nähe sein soll und sie den papa ganz oft sehen/besuchen will…!“. der kirschkern möchte eben weiterhin beide haben, und umziehen, das tut die mama, nicht der papa. das heißt konkret, mein antrag auf übertragung des sog. „aufenthaltsbestimmungsrechtes“ wurde von mir zurückgezogen, in erwartung, dass die anderen es ebenso tun. aber das für mich abermals unglaubliche geschah, die kirschkernmama begann oben erwähnten opfermonolog, in dem sie ausführlich ausführte, dass sie „endlich planungssicherheit…“ bräuchte und sie sich nicht alle zwei monate solch ein verfahren leisten könne, für welches der vater verantwortlich zeichnet („dieser hätte ja schon im februar dem umzug der mutter mitsamt kind zustimmen können…!“) und so weiter und daher weiterhin das „aufenthaltsbestimmungsrecht“ für sich beantrage, um sich vor (sinngemäß) den ‚quereleien‘ meinerseits zu schützen und letzlich „würde das ja auch eine wunderbare stabiliät für den kirschkern bedeuten!“. gottlob sahen das die anderen anwesenden nicht ganz so, ich erwähnte noch, dass es ja nicht ich gewesen war, der mit den umziehereien und turbulenzen angefangen habe, jedoch die ‚zerrüttung‘ des verhältnisses der eltern wurde bei mir um einige weitere zentimeter in diesem moment in die tiefe getrieben (abt. chuzpe, etc.). die kirschkernmama wollte doch tatsächlich den rückenwind der kirschkernäußerungen mitsamt meiner kirschkernfreundlichen zustimmung noch vorteilig nutzen, selbst in dieser situation und mit dem wissen um eine von anfang an intensive tochter/vater-bindung/beziehung.

mir ist nun wichtig, dass dem kirschkern vermittelt wird, dass sich ihre eltern „geeinigt“ haben. dass nicht ein richter richtete. sie wollte sich nie, ganz lange nicht, äußern, was ich in all den letzten monaten so sehr gut verstanden habe. wenn sie es nun getan hat, dann soll ihr auf jeden fall die verantwortung von den schultern genommen werden, so gut es eben geht. auch wenn ich überzeugt bin, dass sie es noch nicht ermessen kann, was der umzug nach freiburg, bezüglich der bisherigen anwesenheit des vaters, bedeutet.

gestern las ich im poesie-album des kirschkerns, welches diese mir für die nächsten wochen zum füllen hinterlegt hat, einen kleinen zusatz beim eintrag der mama: „was du nicht willst, was man dir tu‘, das füg‘ auch keinem andern zu!“. da bleibt mir dann schon manchmal die luft weg.

ich habe jedenfalls alles versucht, dem kirschkern sein vertrautes umfeld, wenn schon nicht in berlin, dann wenigstens in tübingen zu erhalten. es hat wohl nicht sein sollen. vielleicht wird das ja alles in ein paar jahren auch einmal den dann älteren kirschkern interessieren. wie und warum alles so gekommen ist. ich wünsche ihr jedenfalls von herzen, dass sie sich gut einlebt in der neuen situation, ab september. an ihrem alltag werde ich nicht mehr teilhaben können.

derweil es ja, das bekommt man dann ja auch mit in solchen zeiten und es focusiert sich, noch wesentlich schlimmere auseinandersetzungen gibt. da geht es dann um das sorgerecht und minutiöse umgangsrechte… da kann einem ganz anders werden. so ist es ja in diesem falle gar nicht (und bleibt es hoffentlich auch). und schön zu hören war auch, dass der kirschkern „keinerlei loyalitätskonflikte zeigt bezüglich seiner eltern“, sondern „selbstbewusst, offen und klar“ erscheint. möge es so bleiben, auch wenn die pubertät dann naht. dennoch, ich hätte mir etwas anderes gewünscht, ganz grundsätzlich, für den kirschkern.

so, das musste jetzt alles irgendwie noch mal aufgeschrieben sein. und jetzt ist hoffentlich schluss mit diesem scheißthema. ich sehne mich nach anderen inhalten, das ganze kommt mir vor wie ein zweijähriges großes schwarzes loch mit bitumen. und manch ein allzu düsterer blogbeitrag meinerseits hat seine ursache in ebendieser geschichte. ich habe eine permanente grundangst gehabt in den letzten zwei jahren, immer auf der hut, was wohl wieder als nächstes kommen mag, immer alles notieren, damit es einem nicht um die ohren gehauen werden kann (was schließlich dann geschah…). mein kalender war und ist voll von fast paranoiden anmerkungen, gefahrenen kilometern, dem verzeichnis verschiedener orte, planungsmodellen der ein- oder anderen seite, telefonprotokollen und feinen zitternden beobachtungen. ich könnte schon mal ein wenig ruhe, jetzt, gebrauchen.

und für den oft wirklich großen beistand aus blog-kreisen, für den bedanke ich mich ganz ehrlich. herzlich, ihr schneck“