glück und entschlossenheit


(kompetenz)

ja, und den kirschkern, den gibts ja auch noch. ich sehe den jetzt den elften tag seit dem fünfzehnten september. das ist schon neu. das war nie so, das war ganz anders. das ist komisch. die haben jetzt französisch da unten. die ganzen mitschüler haben alle schon französisch gehabt, ist ja grenzgegend. der kirschkern hat halt englisch gehabt woanders. sie übt jetzt stets und ganz selbst befleißt die französischen vokabeln. in englisch ist es ihr langweilig, das kann sie ja schon. und der mathelehrer ist „doof“, auch auf mehrmalige (und dem mathelehrer grundlos gewogener) zielnachbefragung. die französischlehrerin scheint auch irgendwelche persönlichen probleme zu haben. sie ist wohl so, wie man sich eben eine strenge französisch-lehrerin mit mitte dreißig vorstellt. dazu hat sie einen namen, der dazu passt, den ich ja aber hier auch nicht nur ansatzweise nennen möchte. das dumme ist, ich kenne diese personen jetzt alle nicht mehr. ich habe die lehrer ja immer alle gekannt und die eltern und das ganze drumherum. aber jetzt eben nicht mehr. nicht leicht, sich da herausnehmen zu müssen. um so schöner, hier am waldrand die alte dame und den kirschkern da oben zu hören, wie sie, die beiden schneck’schen frauen, die eine achtzigwas, die andere neun, sich ganz köstlich unterhalten und allerlei tischspiele veranstalten und erzählen und lachen und schimpfen und manchmal auch zanken. sie scheinen vergnügt, sie haben ein festes band. ich darf dann auch mal ein schläfchen zwischendrin halten, ein über alles beruhigtes. das also ist jetzt meine familie, so scheints. ich hätte nie gedacht, dass mir das einmal wichtig sein würde, gerade mir, der ich auf all das gepfiffen habe, strengstens, und alles unternahm, um abzustellen. so ein alles-ist-gut-gefühl dann. dieses alte haus hier, so sehr da auch viel verknüpft ist und ein wegwollen von hierorts, es scheint doch etwas zusammenzuhalten. es ist ein NEST, ja. ich wollte es mir ja nicht eingestehen, aber auch für mich ist es das, immer wieder, seit diese blöden wirrungen begannen. gebaut so gerade noch und fertiggestellt von wiederum meinem zu früh verabschiedetem alten herrn. und natürlich gibt es den weihnachtsmann, wer mag da zweifeln? sie sucht es sich heraus, was sie wann glauben will, grad so, wie es ihr passt. das ist eine sehr große fähigkeit, die ich beneide. ein stück weit lebe ich ja vielleicht auch so, wenn ich es nach ganz weit hinten so recht bedenke. sehr kindlich, recht trotzig im innern, selbstgewählt. und jetzt liegt sie da oben und schläft, bei ihr liegen susi und knuddel, eine kleine leopardin und ein eisbär. sie will seit dem juni fast immer, dass ich doch oben bei ihr im zimmer schlafe auf ihrer gästematratze. ich mach das halt. sicher gegen jeden erziehungsratschlag, aber was sind schon erziehungsratschläge in solchen zeiten? mir tuts ja auch gut, wenn ich ihr dann noch ganz vertraut gutenacht zuflüstern kann, sie schnorchelt da so rum und ist irgendwo ganz woanders in ihren träumen, und alles ist zuhause und alles ist: gut. ich denk immer, man muss die kinder mit liebe und zuneigung zuscheißen. mehr kann man ihnen nicht mitgeben fürs rüstzeugs fürs leben, da war ich mir mit ihrer mama auch immer einig, ehemals. und wenn ich mir vorstelle, was der kirschkern schon so alles erlebt hat, ohne darüber zu sprechen selbst, nur angewiesen auf die ihr zur verfügung stehenden erklärungswelten, dann wird mir ganz anders. vor zwei jahren noch berlin, dann neunzehn monate stuttgart und jetzt schon wieder alle und alles neu. zum einen trennung, zum anderen zwei totalumzüge. ich hoffe immer, sie möge um gottes willen keinen schaden nehmen, auch nicht zukünftig. und ihre jugend, diese so endlos große zeit und so grandios wunderbare gegend, die möge ebenso lange andauern, wie die der anderen kinder (und meine). ich würde gerne teilnehmen an ihrem alltagsleben jetzt da unten, auch weiterhin. mal sehen, ob das geht. es geht nicht. / und dann so ein paar mütter im dorfe hier, die mir, blendend positioniert, eine art von ‚mut’ zusprechen, indem sie mir (fast zärtlich) sagen, „immerhin hast du ja alles getan… und sie hat dir diesen zettel ja vielleicht einfach geschrieben, um dir zu zeigen, dass sie deine zuneigung honoriert…“, ach, dieses alltagsgeschwätz einer gewissen sorte von gebährfähigen. ein mitleidiger blick, die kinderkarre mit dem dritten darin vor dem bug und der mann ist in uni und ja, „der vater ist ja schon wirklich wichtig…!“, aber das kinde gehört eben zur mutter, logisch (lächelnd/denkend). den lauf der welt und jahrtausende an bestimmung im rücken. der gesellschaftliche auftrag erfüllt, die kinder gebaehrt, siegesgewiss abschalten – und dann dick werden /(pardon).

ich bin gespannt, wie das weitergeht. die nähe, die familie. und das ich. ich mag einfach das ding mit kindern. die blöden kinder merken mir das auch meistens irgendwie an, die wollen dann immer mit MIR spielen (und nicht etwa mit onkel markus, der mit der yacht und dem porsche usw.). ist ja nicht so, dass mich das nicht freuen würde. man kann ja mit mir rechnen. das geht auch sehr weit, gegebenenfalls, was die mütter (die mit den busen dran) angeht. freie liebe und das ganze zeugs. aber dann doch bitte titten auf den tisch und eines muss dann klar sein: man ist dann familie. man gehört zusammen. wieviele dazugehören, wer weiß das schon. aber man soll doch nicht einfach abhauen. hätte ich vom einfachen abhauen gewusst und geahnt, dann hätte ich niemals so angeheuert. /ich doch nicht. (aber gottlob hab ichs, denn sonst gäbs den kirschkern ja nicht).

heuern jedenfalls kann ich nicht mehr, selbst dann, wenn ichs wollte,/ was ich tue. das schöne daran: es macht mir nichts mehr aus. das war harte arbeit, kalter entzug. können sie mir glauben. und mich vergnügen oder heulen (ach gott, die paar tage im jahr…), das kann ich ja auch woanders. diesen zustand möchte ich mir jetzt erhalten. seither gehts aufwärts. ich freue mich jetzt also – obgleich erziehungskompetent (amtlich bestätigt) – aufs lupenreine erwachsenenleben.

hrhr.

/(die szene dort oben übrigens vom feinsten, was es gibt. so muss film sein, pfinde ich. danke an erich kästner.)

6 Gedanken zu „glück und entschlossenheit“

  1. REPLY:
    es isch halt so manchmal. vielleicht sollt ichs sein lassen.

    (heute, vorm abholen, da meinte sie, wir müssten unbedingt mal wieder quatsch-filme „bei deinem komischen schneck da!…“ hineinstellen. zum beispiel, jemand gießt jemandem ein getränk ein und, ganz einfach, derjenige andere zieht dann das glas weg. /also, ich jedenfalls bin bei sowas – auch mal ganz unmetaphorisch – sofort dabei!)

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