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Eine vergrämte Radfahrerin, um die 48 Jahre alt vielleicht, wie sie so stellvertretend ist für dieses Städtchen, eine Archetypistin mit gewiss Geisteswissenschaften und wahrscheinlich uraltem Hebammenwissen in den handgenähten Satteltaschen, schob sich mir in der zweispurigen Einbahn-Zone30 zwischen einem Bus und meinem Ich in Form eines friedlichen Lieferwagens gefährlich eng hindurch, beim schon Anfahren nach dem Grünsignal, mit geschätzten Tempo 35 von hinten her frustspurtend und direkt vor meinem startenden Häubchen nach links auf einen Bürgersteig einscherend. In meinem kurze Zeit später sie überholenden Vorbeifahren rief ich ihr milde und einigermaßen freundlich durchs Fenster linkerhand zu:
„Super Idee!“,
woraufhin sie mir unerwartet wild winkend noch Kilometer hinterherfuchtelte mit ihrer erhobenen Faust, stumme böse Worte in den Äther ihres offenbar nicht glücklichen Lebens schreiend, wohl alle ihre sämtlichen Enttäuschungen und Verletzungen in mich hineinbündelnd, so dass es mir fast schon schwarz ums Herz und Sonnengeflecht wurde. Allerdings, so deutete mir später mein Gerechtigkeitszentrum mit einem kleinen „tja“, so funktioniert eben Energietransfer: Es war in der Folge ein recht befriedigender Tag für mich in meinem kleinen stinkigen Öl-Atelier/Süd, ich übermalte geschätzt-virtuos und flott eine seit Jahren unvollendete noch familiäre Emotionsmalerei, datiert nach dem „3.3.06“, mit neuem heiteren und schwungvollem Gesamtempfinden und breitem Pinsel, und ich bin ziemlich zufrieden damit. Geradezu befreit.
Gegen Abend allerdings verreckte mir der linke Frontscheinwerfer. Dessen Kosten ich jedoch durch’s Volltanken mit Krimdiesel an einer vom Internet für den Tag als billigsten Anbieter ausgewiesenen Tankstelle in diesem Städtchen fast hälftig wieder ausgleichen konnte. Und aber hier nun steht ein wirklich sehr schöner und kerntreffender Text von Phyllis Kiehl. Über’s Verschwinden. Glatte Häute und straffe Gewebe sind etwas für Anfänger, so soll das auch bleiben. Aber heute ist ja keiner mehr, und seien es die Jüngsten oder die ganz Ältesten, jemals Anfänger gewesen. „Man muss sich doch auch nach dem Sex noch über irgendetwas unterhalten können, sich etwas zu erzählen haben, was der jeweils Andere auch verstehen kann, oder etwa nicht?“ Parlierend. So sag‘ ich das immer zaghaft und mit meinen jüngsten Jungenaugen in Hafenart, an den Sohlen und Planken bereits wissend, dieses Bild ist zwar zu verstohlen, aber doch vielleicht kräftig genug unter Zuhilfe gangbarer Klischees, um das gottgegebene Patriarchat oder die ewig zitierten Männeraugen wenigstens kurzfristig zu umschiffen. Es gibt dort an Deck doch allzuviele Matrosen und Matronen, denen durchaus Zitronen in die Körbchen gelegt werden könnten. Man sollte das gehören.
Und auch ansonsten gilt: An einem möglichen Krieg gegen eine russische Konföderation werde ich mich ausdrücklich keinesfalls beteiligen. Auch werde ich meine verhandelbaren Produkte weder nationalen noch internationalen oder europäischen Sanktionen gegenüber der russischen Konföderation unterwerfen.
verflüchtigende fensterbilder
„ich habe die wäsche aufgehangen“ oder „ich habe die wäsche aufgehängt“? ich glaube (nein, ich bin überzeugt davon), richtig heisst es „aufgehängt“. „aufgehangen“ sagt man in der gegend um hannover. dort sagt man auch „ölf“ und nicht „elf“.
Es war alles andere als eine coole Winterpause in den aufgehangenen letzten Monaten. Das Kümmern und ihr, der alten Dame, Zustand. Letzterer hat sich gottlob bis hierher wieder verbessert. Die Beschäftigungen mit Finanzen und Pflegestufen, die tägliche Sorge darum, wie denn alles weitergeht, das Umräumen im Hause und die Vorbereitungen auf kommende Zeiten hier am Platze, demnächst. Damit alles funktioniert, auch mal ohne mich. Mein Leben eben. Das hat viel Dings und Kraft gekostet, auch wenn mir das gar nicht aufgefallen ist. Kein einziges Mal in B gewesen, es ging nicht, ich konnte sie schlicht nicht allein lassen. Glück ist, dass es nicht mehr so ist, wie vor und unmittelbar nach Weihnachten und Glück ist die wahrhafte Zustandseinschätzung des medizinischen Dienstes, der nüchtern und klar beurteilte. Glück ist auch der kleine sehr persönliche Pflegedienst aus dem hiesigen Dorf. Glücklich verlaufen auch ihr Sturz, vorbei um Haaresbreite an einer Tischkante (Herrenzimmer Zehlendorf). Und Glück ist auch die Haushaltsperle, die zur Hand geht auch jenseits des Bezahlten. Ein Netz ist nun so gesponnen, wie in alten Nachbarschaftszeiten und wie oft beschwört von seidenen Funktionären der Gesundheit und des Alters, die vor allem Geld einsparen wollen. Ich will aber nicht meckern, wir können auch anders.
Ein anderer Abschied, die Kirschkern. Alles disappeard, alles verflüchtigt sich. Im Grunde ist das Erziehungsziel erreicht, denn das Kind will selber, und das ganz dringend. The Kind will weg von ihrem Daheim und selber machen. Im nächsten Jahr zudem für sechs Monate nach Frankreich, ganz alleine. Ob es das schon kann, das wird sich zeigen, ich bin mir zwar noch nicht ganz sicher, aber es wird schon werden.
Ein innerer und äußerer Abschied, den ich ja schon ungewollt und verfrüht vor vier Jahren nehmen musste. Hier, am Waldrand, ist sie ja ohnehin schon weg. Und eben war es noch 2007 und wir zogen um nach dem Süden. Als erstes installierten wir diese bunten Fensterbilder. Paritätisch betreuend zunächst bis zu diesem Sonderling meiner privaten Vita, diesem Jahr 2009. Wenn es danach am Anfang höchstens zwei Wochen waren, die wir uns nicht sahen, so ist es mittlerweile selbstverständlich, dass es vier oder fünf Wochen des Sich-nicht-Sehens sind. Vielleicht aber ist das ja mein Vorteil jetzt: Ich habe ja schon loslassen gelernt, loslassen müssen, alles mögliche müssen. Bin also schon einen Schritt vorraus im Durchsickern des ewigen Fortschreitens.
Nun gerade geschieht das auch innerlich ihrerseits zusehends, in kleinen und großen Kleinigkeiten. Gut so. Aber führt es mir diese ganze Geschichte doch noch einmal vors Auge. Es ist eben, so, gelaufen. Ich kann mich auf den Kopf stellen und in den Wald rufen „He Bäume, ich wollte aber nie Wochenendpapa sein!“ und oder „He Du Unterholz der Lebensentwürfe am Bach, ich wollte nie, dass (ausgerechnet) mein Kind so einen Mist erlebt!“ und so weiter. Das bringt sowieso nichts, und schon gar nicht mehr. Nicht mehr.
Ganz schön ist, wenn auch immer noch manchmal seltsam und weh, dass ich das alles auch gar nicht mehr so oft in den Wald brüllen muss. Das Brüllen ist abstrakter geworden. Es ist manchmal so, wie samstags das Altpapier rausstellen. Sie hatte sieben elterngemeinsame Jahre und nunmehr 7 getrennte. In drei Jahren macht sie (vermutlich ggf.) ihr Abitur mit diesem undurchdachten und kindheitsfeindlichen G8 und siebzehneinhalb. Und natürlich grenzt sie sich so ab, wie es auf die Eltern am besten wirkt. Das haben wir ja alle auch so gemacht. Das sind in ihrem Fall nicht etwa rosa lackierte Fingernägel oder Punkmusik. Sondern natürlich die aus dem elterlichen Feinstaub jeweils penibel herausgepickten Spezialwundpunkte. Pubertäre Empathie über elterliche Reflexzonen.
So ganz von ganz weit oben gesehen ist ja aber auch das nicht schlecht: Man muss als Eltern eben dafür herhalten, sich hergeben für dieses Trouble, auch das ist letztlich die zugewiesene Aufgabe. Da muss man hindurch. Ich kenne die Trigger und reibenden Punkte ihrer Kommunikation mit ihrer Mutter und deren Haushalt im Südbadischen nicht. Allenfalls könnte ich ahnen. Ich habe darüber auch keinen großen Austausch mit ihrer Mutter. Manchmal denke ich aber, oder ich hoffe es jedenfalls, wir – die Kirschkern und ich – hatten so viel Gemeinsames und Vertrauen vom Neuköllner Anfang an, von Paris und Schöneberg und dem Gasometer her, dass ich nun fast gerne bereit bin – weit entfernt von ihrem alltäglichen Haushalt – auch alle möglichen Abgrenzungsaufgaben geduldig zu erfüllen, die in ihrem jetzigen Zuhause vielleicht in dieser Form dort nicht möglich sind. Das wäre dann ein vielgepriesener Patchwork-Vorteil. „Kind komm, gib’ einfach mir die kleine Arschkarte, ich hab große gütige Arschkartentaschen.“ Eine Metaebene gibt es da noch nicht wirklich. Aber ich habe ja viel Love, Geduld und Humor. Und ich glaube, die Kirschkern auch.
Nun allerdings zäh erkältet und krank, meine Nase, mein Atem. So wie jetzt über die vergangenen bald zwei Wochen. Das kannte ich lange nicht von mir. Ein bisschen zehrend so langsam, es nervt, allerdings auf dem Weg der Besserung. Sogar mit einem Quantum Fieber, immerhin. Dafür muss es Gründe geben. Die kenne ich jetzt. In denen es mir gerne die Sprache verschlagen hat und ich lieber irgendwelche Fotos hier hereinstelle ins Tagebuch, die bestenfalls sowieso das beschreiben, was ist. Ohne Worte und Schöngeist. Immerhin bin ich ja zunächst ein bildnerisch-positiver Charakter.
Sieben Jahre bald Waldrand, vielleicht ist es ja auch das. Irgendetwas neigt sich. Ich lese selber jetzt schon mal öfters im himmelgrauen schneck06 unter 2007. Oder 2009. Eine Vergangenheit ist es geworden, keine Gegenwart mehr. Der Übergang und mehr, der persönliche Untergang, die Zwischenspiele und das Vergeben. Alles will gelernt sein. Mein neues Leben, von dem ich zunächst nie dachte, dass es das gäbe. Wie konnte ich nur. Und nun gibt es eine Menge Pläne, jenseits – oder vielmehr angesichts – des sich mehr und mehr verflüchtigenden Kindes. Im Privaten wie Beruflichem, es rollen sich die Fingernägel und die Zuversicht überwiegt bei weitem über die Eichhörnchen. Es schnuppert sich Aufbruch. Eine schöne und ungeahnte Begleiterin dabei ist auch die Köchin mit ihren stets blauen Bändern. Gleichwohl ist da abstrakter Abschied. Und auch Trauer. Und es geht darum, einen Platz zu finden, wo dies alles vergraben werden kann mit einer sehr lebendigen Rose darauf. Und Schatzkarte.
Jederzeit zum Lachen bringen mich jenseits all dessen sowieso Formulierungen wie „Ich hab’ mir zum Frühstück ’ne Pfanne in die Eier gehauen“ oder „Unser Schorf soll Döner werden“. Das war auch in den letzten sieben Jahren nie anders, ich glaube, zu keiner Zeit wahrscheinlich.
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singsang
22.30 Uhr, erlösender Lustschrei der Dame aus Zimmer 4 am westlichen Abschluß des 1.OG/Berghütte. Das Licht brennt schwach dort noch, ein frischverliebtes Paar, mittelalterlich, eine heimliche Affäre über Fasching oder ein gerade begonnenes Neuleben. In Zimmer 2 die Kinder, müde vom Doppelkopfspiel, beim Einschlafen, eher sind sie jetzt ja jugendlich, sie legen großen Wert darauf und haben sicherlich die Geräusche aus Zimmer 4, dem ihren Übernächsten, gehört. In Zimmer 3, zwischen Zimmer 2 und 4 gelegen, ein stilles Activ-Paar mit grauen Schläfen, Schneeschuhen und Hund, die Lampen bereits gelöscht, vielleicht Lehrer oder Gewerkschaft. Sie gehen immer früh schlafen. Was sie wohl empfinden über den sündigen Singsang gleich nebenan, in Zimmer 4, und was wohl ihr freundlicher Mischling darüber sich denkt. Draußen schneit es und auch in Zimmer 1 am östlichen Abschluß des 1.OG/Berghütte brennt noch Licht, hier wird diese Begebenheit notiert und durchgenudelt. Der schöne südseitige Balkon ist von allen vier Zimmern aus begehbar, einer Bühne gleich, die Wände von Pappe.
wir Halbwesen
„… diese Herrenreiterin des Kleingeists in ihrem schwäbischen Singsang, …“ (Georg Diez).
Und wieder ist es das Schwäbische. Ich habe mir eigens ein paar Takte einer Sprachaufzeichnung angehört. In der Tat, ein gewisser mir bekannter Sprachklang im zunächst sanften abgeschliffenen Dialekt, der gleichsam autoritäres Denken dahinter vermuten lässt, eine sich auswachsende machtorientierte Selbstgefälligkeit, die ich seit frühester Jugend von drohenden Hausmeistern, sanktionierenden Lateinlehrern oder unverschämt hämischen Vertretern des Kreiswehrersatzamtes her kenne.
Aber wieso immer das Schwäbische, wieso immer „die Schwaben“? Wieso setzen prominente Vertreter dieser Region mit wiederkehrender Regelmäßigkeit alles daran, die Ressentiments gegenüber einer Sprach- und Kulturregion zu bestätigen, die doch auch durchaus recht viel Gutes, Wegweisendes, Schönes, Freigeistiges, Künstlerisches, Sinnvolles – weit jenseits eines Mercedes – hervorbrachte und -bringt? Das Gute ist stets leiser, das ist ja überall so, aber hier ist es besonders leise. Mir scheint, aus ewig regionaler Scham.
Wenn die Menschen nicht mehr zurechtkommen mit ihren Erfindungen, wenn ihnen das alles zu viel und zu anstrengend wird, dann fangen sie an, sich selbst zu hassen. Dann wünschen sie sich ihre Grenzen zurück und dann reden sie so. Und dann wollen sie uns Halbwesen die Onanie verbieten. Gute Idee.
Man sollte es möglicherweise so handhaben, wie in Bezug auf Herrn Putin aktuell geopolitisch vorgeschlagen (so las ich es gestern irgendwo): Man sollte diese Menschen vielleicht besser umarmen, anstatt sich ein ums andere Mal über sie zu empören und ihnen damit in ihren Augen Recht, Bestätigung und Aufmerksamkeit zu schenken. Man sollte sie – Verzeihung – „zuscheißen“ mit entgrenzter Liebe und damit ihre Angst und den daraus erwachsenen Kleingeist zerdrücken. Bevor ihre teils menschenverachtenden Ideen als offenbar salonfähig und diskurswürdig aufgegriffen werden.
Überhaupt sollte man Vieles derzeit viel mehr ins Leere laufen lassen.
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Öl auf Papa.
7-1
bocca
Steht seit sechs jahren im waldrandgarten. ist schon gut integriert und warmgeworden mit dem kleinen häuschen für die kinder. Welche kinder? bisher wurde noch keine hand abgebissen, allerdings auch noch keine münze eingeworfen. demnächst beginnt ja wieder die rasenmähsaison, so wie es aussieht. zwölf wochen früher als normal. es wird ein killerjahr werden, die mücken werden die weltherrschaft übernehmen und sie werden die zecken zur geheimpolizei ernennen. das gelagerte streusalz wird wohl oder übel zum kochen verwendet werden müssen und die hölzernen schneeschieber zu brennholz in einem ofen, den niemand mehr braucht. Es war doch alles anders gedacht. aus den nutzlosen winterreifen werden sich barrikaden stemmen wollen gegen die blutsaugende geheimpolizei, die im grase schon lauert und mit dem vergeblich angeschafften splitt jeden bewerfen wird, der sich noch wage erinnert, was schnee bedeutet. die äpfel im mai geerntet und der wein im frühen juli. Der sommer wird herbst werden, der herbst ein erneuter frühling. Und so wird es weitergehen und alles durcheinanderkommen.
Wir aber werden Jahre gewinnen.
Sie tun mir EBENSO leid, die pinsel, die jeden abend erneut in altes terpentin geworfen werden, zuvorderst ihre schwangere kleine spitze, die doch so empfindlich. Das empfindlichste vorneweg. So ist das immer. Die nicht auf den Oberflächen des Weltlichen eingebundenen pigmentkörnchen, halbausgewaschen und verdammt, in zerschnittenen feinrippfetzen alter Unterhemden und -hosen zu verenden, im dunkel härtenden öl der textilen Entsorgung, getrennt von ihren brüderchen und schwestern, gebrannt oder ungebrannt, welche allerdings vertrocknen auf ungeahnt gestalteten flächen und irgendwann bestenfalls an fremde verkauft werden werden. Eingebunden in ein Gemisch aus Baumharz oder moderner Chemie der Teilchen. Verdammt, nicht vergehen zu dürfen, in ein ewiges Leben auf modernisierten Halden, wenigstens. Denn das wäre ja etwas Neues. Diese bedeckt mit schwarzen Planen, so groß wie Fussballfelder. Und unbeirrten Traktoren, die darauf herumfahren.
the nudelholzchen
Mistgeruch, und Salmiak. Im Dorf gab es früher noch vor fast jedem Haus eine Miste. Warme feuchte Wiesen und Heu. Und das kalte Weiss (geruchlich) in der dörflichen Molkerei, der ‚Molke‘, wohin ich jeden zweiten Abend geschickt wurde, um eine Kanne offene Milch zu holen. Und natürlich der Geruch von Apfelmus an Nudeln mit Zucker und Zimt. Das war als Kind mein Lieblingsessen. Und sowieso der Hund, der Geruch der Haut vom geliebten Hund.
Meine Lieblingsfarbe – gerne kompliziert abgemischt – ist alles, außer: Grün.
Wobei: im letzten Herbst habe ich mir bei Karstadt am Hermannplatz einen dunkelgrünen Mohere-Pullover gekauft und finde, er steht mir wirklich gut. Vielleicht brauchte ich ein gewisses Alter und Reife fürs Grün.
Fast die intimste aller Fragen. Natürlich, ich glaube an das Gute, die Liebe und eine Freundlichkeit, eine generelle Zugewandtheit (gerne auch v.a. jene Αγάπη) und an höhere Wesenheiten, wenn ich manchmal Zusammenhänge meine zu spüren in den Tiefen des Möglichen. Eher sind es aber Höhen. An ein übergeordnetes durchaus dienendes Prinzip, welches von sich aus sicherlich keinen Wert jemals auf Anbetung seitens der Menschen legte im Hinwurf, an eine größere Ordnung, die irgendwer ja gewollt und entworfen haben muss. Das alles muss man ja auch erstmal machen und hinkriegen, so ein Universum. Jenseits menschlich subjektiven Empfindens, wie etwa persönlichem Schmerz. Wahrscheinlich bin ich durch und durch ein evangelisch geprägter Christ, auch wenn ich manchmal Probleme mit dem Liturgischem habe (Tagesform). Das Moment der Vergebung empfinde ich als sehr weise und zudem tröstend. Zunehmend nervt mich auch ein wenig das übliche Kirchenbashing, wie es gerade ja wieder modern ist. Überhaupt scheint die Auseinandersetzung mit den Dingen jenseits eines lebendigen, kapitalorientierten und körperlich gesunden Alltags aus der Mode. Jedenfalls so lange, bis dann irgendein Schicksal auftaucht und winkt und haucht. Was ich niemandem wünsche. / Ach übrigens: von diesen Schildern gibt’s noch welche, wenn sie ggf. wollen würden wollten.
Eine sonderbare Frage, wie zuletzt im Kalten Krieg während der KDV. „Stellen Sie sich vor, Sie gehen mit Ihrer Freundin verliebt durch den warmen Frühlingswald und plötzlich kommt ein baumlanger Neger bis unter die Zähne mit Dolchen und Maschinengewehren bewaffnet auf Sie zu und will Ihre Freundin zunächst brutal vergewaltigen und dann qualvoll umbringen, bevor er Sie mit einem rostigen Draht zu erwürgen trachtet. Sie aber, Herr Schneck, haben ganz zufällig eine geladene Pistole in Ihrer Jackentasche – WAS würden Sie tun?“ – /Die grünen Tische, immer. Im Affekt, also wenn es denn brennt, würde ich ganz sicherlich für das Gute zu sterben bereit sein. Wobei ich ja nicht ahnen kann, was Sterben bedeutet. Ganz aktuell sehe ich da Bilder aus Ukraine, die mich sehr bewegen und diese Fragen hochladen und herumzündeln. Scharfschützen auf den Dächern. Oder für einen anderen Menschen. Oder für Kinder, nicht nur das Eigene. Überlegt und mit Zeit zur Reflektion würde ich das (wahrscheinlich) nur machen, wenn ich Palliativkrebs hätte. Dann wäre ich vielleicht der erste christliche Selbstmordattentäter, der bspw. eine Bausünde wegsprengt. Wobei ich natürlich darauf achten würde, dass niemand anderes kollateral zu Schaden käme. Für diesen Fall würde ich mir aber wenigstens posthum einen kleinen Wikipediaeintrag wünschen, ohne diesen jedoch allzu sehr zu insistieren, denn das wäre ja schon wieder peinlich.
Nein. Die Kirschkern ist Vegetarierin. Und ich mag allzusehr angebratene Schinkenwürfel unter dem Spiegelei auf Käsebrot. Wenn mich Veganische besuchen sollten, dann müssten sie eben in Gottes Namen selber kochen. In Jordanien würde mir auch keiner ein Schweineschnitzel zubereiten, nur weil ich Gast bin. Überhaupt stehe ich allem allzu Dogmatischem eher schräg gegenüber. Der Sohn eines Freundes musste zu seinem rebellierenden Vegansein Ergänzungspillen schlucken, damit er nicht umkippt. Ich möchte das hier aber nicht vertiefen, soll doch jeder essen, was richtig zu sein scheint. Und vor allem auch bestenfalls schmeckt.
Ja, im Fernsehen. Und einmal im Zoo am Bahnhof Zoo. Der lag auf dem Rücken, schlief auf Pfefferminz und sah glückselig aus mit erhobenem Gemächt. Wobei mich der Hype um die Panda-Bären fast schon geärgert hatte seinerzeit. Ich hingegen finde Beuteltiere (sog. „Kloakentiere“, eine Vorstufe evolutionär zum astreinen Säugetier) interessant, z.B. den Beutelwolf, der von den europäisch eingeschleppten Hunden, die dann zu „Dingos“ ausverwilderten, verdrängt wurde. Das letzte Exemplar eines Beutelwolfes wurde angeblich 1961 in Tasmanien erlegt. Sollte mir jemals eine Expedition finanziert werden, ich würde nach überlebenden Beutelwölfen ausforschen. Oder Beuteligel. Und Luchse will ich endlich mal beim Rennen durch den tiefen Wald sehen. Oder Waldwisente während der Brunftzeit, diese allerdings besser vom Hochsitz aus.
Ich habe drei Nicknamen: schneck06, schneck08 und schneck. Den letzten schon vor meinem Netzzugang. Die Anonymität habe ich längst aufgegeben. Manchmal ist das nicht ganz leicht, aber oft ist es auch genau das, was ich will. Da muss man dann zu allem auch stehen, was man raustippt. Und feilen, und hadern. Man ist haftbar, andererseits mit offenem Visier. Dafür gibt es dann auch Dinge, die man nicht mehr schreiben kann, jedenfalls nicht so, wie man das vielleicht zunächst wollte. das fordert, man muss mehr überdenken, und das ist gut so.
Meine Haare sagen mir: „Schneck, lass’ das besser bleiben mit dem Haarefärben.“ Ist ja auch eher unüblich bei Männern. Ich jedenfalls würde meine Haare, beispielsweise aus irgendeinem nebensächlichen Protest ins mittlere Grau färben. Graue Schläfen habe ich schon, aber leider keinen Jaguar dazu oder eine Villa am Lago, Schweizer Seite. Dafür u.a. einen Polke, eine Kerkovius, einen Beuys, einen Kippenberger, ein Multiple von Tomi Ungerer und neuerdings Haare, die aus den Ohren zum Himmel über Berlin wachsen.
Backe gerne ab und an etwas aufwändigere Kuchen. Aber immer noch viel zu selten. Süßes am liebsten mit der Kirschkern, wenn sie da ist, und mit der Köchin. Am besten gefällt mir eine modifiziert ausgeklügelte New York Schneck-Cheese-Cake. Die ist dann aber immer ganz schnell weg und auch die alte Dame freut sich dann sehr, weil sie ganz eine Süsse ist. Seit heute übrigens mit zu Recht bewilligter Pflegestufe.
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Frau akrabke führt einen der schönsten der mir bekannten Weblogs. In Sprache, Empfinden und beschreibender Feinheit von Erlebtem. Und sie hat es mir nun zugeworfen, das Nudelholzchen – ich fühle mich sehr geehrt -vielen Dank! Hier kann man auch erfahren, wonach denn eigentlich so gefragt war. Das hatte ich erst ein Mal, glaube ich, vor langer Zeit. Mir fallen auch immer ganz viel andere Sachen ein zum Auf- und Niederschreiben, bevor ich überhaupt ein Stöckchen überlegen oder beantworten und weitergeben könnte. Gleichwohl hier die gewünschten 11 forschen Überlegungen meinerseits zu möglichen Fragen an weitere Dritte:
mein erster Toter / mein zweites Mal Flugzeug / der Name meiner dritten großen Liebe / meine vierte eigene Wohnung / mein fünftes motorisiertes Fahrzeug / mein sechster Sonnenbrand / meine sieben Todsünden / meine achte Begegnung mit einem irgendwie Prominenten / mein neuntes Mal Ausland / mein zehntes Mal saumäßiges-Glück-gehabt / meine elf rein geldbasierten inkorrekten Arschlochkonsumwünsche.
Ich frage ja auch analog im Gespräch eher vorsichtig und zunächst ungern nach allzu Persönlichem, daher werfe ich das Holz niemandem zu, sondern soll sich also einfach derdie das nehmen, derdie das ggf. mag. /So, das wars, genug der trialogischen Sozialnetzwerke im Hudeln, nun wieder Malerei in mischverwandten Tönen! – Mit immer wahrhaft großer Freude an Weblogs, in denen Menschen sind.