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Keine!

Keine Maultaschen für Nazis!

(Abb.: …und erst recht keine Spätzle!)
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das blubbern des mobilen, wenn man’s auf leise schaltet und es gurrt, wenn eine nachricht. ein klang aus dem elektromagnetischen jenseits, vielleicht klingt so eine seele, wenn sie hallöchen sagt.

die versprochenen potenziert hundertfach weltweiten betrachtungen auf dieser offenbar für künstler so wichtigen plattform – und dann sind es wieder die alten freunde, die einen entdecken und wahrnehmen, was man da hineinstellt. das ist eigentlich viel schöner als das ganze wichtig-wichtig.

die bauern mit trecker in berlin und auf berufswegen blockierenderseits, diese unsäglichen riesenmaschinen, die mich ohnehin schon immer nerven, seit die führerhäuser (sic!) 7m über dem boden schweben. die macht, als einzelner jederzeit jeden und alle plattmachen zu können. dazu ein riesenspaß und schaulaufen von wer-hat-den-größten, mit dolbysurround in der beheizten und schallgedämpften hightec-kabine. so ein männerding eben. hingegen nichts gegen die alten porsche-schlepper oder die schönen McCormick-trecker. oder BULLDOG, wie man im schwäbischen sagt. ohne scheibe und der kalte winterwind fegt einem um die ohren bei 25kmh und 20.000 dezibel. auf dem bulldog saß man stets schweigend.

die mir völlig unbekannten bestreiter/innen im künftigen pavillon zu venedig in diesem oder welchem nochmal jahr? ach ja, das jetzige jahr im sommer (diesen sommer). man könnte da hinfahren.

die haken in der nase eines hitlerhöcke, die vorsichhergetragene lüge und sich stets gespielt zierende gefeilschtheit der selbstauskünftig queerlosen (pardon:) „möslesleckerin“ (so hörte ich’s jargonmäßig auf baustellen ausgerechnet vom anstreichergewerk, gruß also an malemeister chrupalla), gleichwohl gleichgeschlechtlichen frau weidel, wohnhaft schweiz. alles irgendwie untergangsorgiastisch, hässlich, zynisch gegenüber sprache und schamlos offen hässlich gegenüber allem menschlichen, mit gespaltener zunge. was offenbar bestens beim klientel ankommt, als wär’s ein riesenspiel mit runden würfeln.

/ach ja, und fehlstellen im anstrich bezeichnete man früher (früher?) als „JUD“. soll keiner abwinken, kein anstreicher. so klärte mich ein erfahrener kirchenmaler bereits 1985 auf. das muss man sich mal vorstellen.

trete nächtens aus atelier in garten, alles schön kalt, schneedecke und ungeliebte staudenwurzel, die es hoffentlich endlch verstanden hat, dass sie verschwinden soll. jedenfalls an diesem platz: ich habe darüber haufen von schwarzer restasche aus dem überbleibselbehälter der neuen pelletsheizung getürmt. möge die staude kapieren, dass sie da weg soll. ab und an kippe ich noch einen schnapsschluck salzsäure 37%ig darüber. anderswo darf sie gerne. es ist wirklich erstaunlich, wie fast restlos die neue heizung ihr futter verbrennt. man duscht gefühlt 50 mal und es bleibt ein kleines schwarzes häufchen, passend in’s aschenbecherchen eines verlassenen stundenhotels.

wirklich schön war heute eine großversammlung auf dem stuttgarter schloßplatz. das macht sichtbaren mut, auch mir. endlich einmal wieder. ich bin froh, dass wir heute dorthin gefahren sind, so wie ca. 20.000 andere aller coleur auch. wie einer der redner sehr treffend meinte und mahnte: die brücke dieser koalition muss tragbar genug sein, um auch unterschiedliche weltsichten im gemeinsamen ziel zu tragen. und nicht abermals an dogmatischer zerstrittenheit zu zerbrechen, bevor es zu spät ist, so wie es ja schon einmal zu spät war.

zum ersten mal seit längerer zeit trete ich also – heute voller generalzuversicht – nochmals aus in den garten, flitzekalt und schneeknirschend. schnuppere die schlafenden igel im gestrüpp, grüße die vorbeiflanierenden luchse und wölfe und die pennenden meisen, amseln und gimpel. tiere haben keine nazis. oben der mond, unten die toten, alles wie seit abertausend jahren. in der mitte spürbar ein WIR.

wurst ex voto

ex voto#1

(Abb.: „ex voto#1“, 4.1.2023, 70x100cm, Öl auf Karton)
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„EX VOTO: (…) das mit der schrift und den worten ist schon seltsam. ich denke, ich bin zwischen bild und text hängengeblieben, irgendwann vor langer zeit, als gott mich zunächst andachte und dann schuf und sich kurze zeit später aufgaben überlegte, die er mir wohl geben könnte. eine schleife ist das. eine dauerschleife. ist es denn nun das reine WORT oder das unbefleckte BILD? ich erinnere mich gut an meine innneren kämpfe, als ich mich entscheiden musste vor langer zeit, wofür ich mich denn nun bewerben solle, an der kunstakademie. wie ich damals glaubte, dazwischen, zwischen GRAFIK-DESIGN, wie man sowas damals nannte, und/oder freier kunst. nahm dann die FREIE kunst und bin froh, mich entschieden zu haben mit einem simplen trick: ich hatte heimlich wörter im gepäck von anfang an, für das freie. auch wenn der weg und die rezeptionsgeschichten dadurch nicht erleichtert wurden. wenn man irgendwann alt ist, das glück hat, überhaupt alt zu werden, dann denkt man ja oft „ach, ich bin jetzt eben ich!“. das tu auch ich. aber diese fragezeichen sind nie so restlos ganzgänzlich verschwunden. es ist eben so. ich schreibe etwas dazu ins BILD, wenigstens denke ich mir dies beim schaffen von bildlichkeiten, ob gelungen oder nur dreiviertel, das letztliche bildwerk im finito. und meist ist es erst DANN gelungen (für mich und meine seele), das bildnerische, WENN ich etwas dazuschreibe, malerisch oder collagierend oder fotografisch. obgleich mir zuvor oft jemand abratend zweifelt, bis heute (innere stimmen, höhere wesen etc.), nicht ohne mir später dann zu applaudieren, wenn ich deren einwände trotzig in den wind pfiff, zuallerletzt.

sodann zwinker ich immer dem lieben gott zu und denke ans erlös.

es ist wie mit der bekleidung. alles stimmt, aber die schuhe passen nicht dazu. die werden NIE passen. oder das oberteil. IMMER muss noch eine ecke vom relativ dabei sein. „Lass das doch, Schneck!“, aber das lassen gelingt mir nicht. brüche bilden ja realitäten ab und geben stets ausblicke.

solange irgendwo würste im raum hängen, geht es mir gut. es geht schließlich um die wurst.

ich bin ja nun an dieser frontiére zum WIRKLICH-alt werden. das ist, gelinde, zum (pardon) kotzen. das ist kein spaß mehr, eigenbildlich und vermutet rezeptiv. der moment ist erreicht, an dem man sowas nicht mehr gerne verrät, sollte nachgefragt werden. schon sechzig klingt einfach scheiße. und wenn die leute dann lesen oder hören, „hey, der ist ja schon zweiundsechzig!“. dazu weißhäutig, noch dazu mann und boomer. da muss man schon überlegen, was man WIE raushaut. wenn man sich doch gar nicht so anders fühlt, als noch vor kurzem wie mit 51, wobei aber selbst dieses oft totalsouverän und lustig vorgetragene bonmot sich irgendwann recht schnöde ausleiert. auch körperlich, worüber ich mich aber jeden morgen freue und demütigst dankbar bin. andere gehen dann zum psychiater, ich geh in den wald und schnitz ein herz in den baum, mit datum 62. aber lange schon keine namen mehr. oder vielleicht doch?

den rest fress ich in mich hinein.

oder haue es eben raus mit bildern, selbstgemacht. die frage ist, kapiert das überhaupt noch jemand. wer liest denn noch zwischen den, auch meinen, so verflixt geliebten zeilen.

na, wurst-ex-voto.

an sylvester haben wir zum schluss lange und bis tief in die neue nacht getanzt, alle anwesenden mit mannigfachsten persönlichen historienhintergründen, so unterschiedlich es kaum geht, in einem gasthof auf dem lande. mit einer schönen vintage booster-box von marshall. es war wunderschön! sämtliche beine flogen und verdrehten sich im takt, alles andere auch, die gutgefühle, die hormone, die gelenke, das ganze leben und so weiter. es war wirklich wunderschön. und frau mullah und ich mittenmang.

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40 jahre kunstmachen (das dachte ich dann in den vergangenen tagen rauhnachtsmäßig, unrasiert und mit schwarzen ölfarbenen händen), das muss man ja auch alles erstmal hinkriegen. mit kinder(N)* und scheidung, div. ehen, fernumzügen, dramen emotional und peripher, sexuellem dingsbumbs, verliebtheiten, sorgen ums kind, pflege der altvorderen bis zum tode, ebenda hanhnebüchene inkontinenzien, seelischen zuwendungen, ärztlichen prognosen und einwänden, umsatzsteuervoranmeldungen noch und noch und die gerüste rauf und runter an und in alten hütten oder kirchen oder sonst schützenswertem kulturgut. immer ja auch ein durchaus konzentriert empathischer dienst für kommende generationen. und dann noch eigene gefühle verwalten und auch mal ebenjene genießen.

und dann die galerien, galeristen, galeristinnen, kuratoren, oft allerlei höchstseltsame menschen allesamt, teils kriminell, die aufbauten und abbauten von ausstellungen. enttäuschungen ebenda über die jahre. genauso auch schönes und verbindungen, bande. diese zigtausende kilometer, die man fuhr und fährt, beladen mit bildern. oder restaurierungsmaterial, beleuchtungen und kalkfässern und kiloweise gebinde von irgendwas, stundenlang abgefüllt in eigens geschaffene behältnisse, zuvor penibel gemischt, das rezept notiert, die kalkbürsten im gepäck. hin und her, vorbereitet, erdacht. diese kalten orte. / oder im hochsommer, die heißen orte, angefüllt mit informationen und geschichten von gerüchen und menschen, die man nie kannte. weil sie lange tot sind und die man dennoch ehrvoll wertschätzt, wie sonst sollte das gehen. und daher dies gerne tut. / oder eben orte, die einen schaudern und von denen man so schnell wie möglich sich wieder entfernen will. nasse dachböden im winter. wo sich leute erhängten. oder vergewaltigten. all dies nur, um baugeschichten herauszutüfteln, durchs eigene kombinationshirn im JETZT, suchschnitte an den richtigen plätzen, um historie zu entdecken und diese niederzulegen.

und danach oder davor abends oder morgens im atelier bilder malen. immer wieder, immer noch, bis heute. dabei weitere ideen auf 1000 zetteln. dies, weil höhere wesen es einem offenbar zudachten. das ist schön!

(*einst dazu das kind oder DIE kinder zu beurlauben, als jene noch richtig klein und jung, schöne touren, bei geburt mit dabeigewesen, dann wickeln, herzen, schieben durchs neukölln der frühen 2000er, und dann paris, quasseln in den kinderwagen. später dann trösten, treppensteigen lernen, fahradfahren lernen, machen und tun und immer eine, bei allem, schöne welt vor augen, die man doch unbedingt so gerne zeigen und damit weitergeben möchte. weil sie es doch so ist, diese welt: schön!)

das alles ALSO tun und getan haben, schon seit jahren. und auch JETZT, wo alles brennt und alle nur noch zweifeln, wenn sie noch nicht gestorben sind irgendwo weltweit. frage mich oft, woher eigentlich diese energie noch kommen mag. aber dann steht sie lachend vor mir und ich umarme. keine ahnung, wen und warum. einfach nur umarmen, mit zuenen augen.

(#wurstexvoto)

ja, DAS muss man ja alles erstmal wuppen. dachte ich mir so, vorvorvorgestern, und klopfte mir altersweise und milde dazu auf meine altherrenschulter mit den schwarzölhänden und grinste mich dann selbst an, im derzeit ungeputzt fast blinden spiegel der atelierwasserstelle, zwischen ausführlich erzählenden siffspritzern vom zahnputz und öl und silikat. auch mal selbstanerkennend, mit kratzendem humor und süddeutsch melancholischer halbtristesse. /1001 falten hab ich im gesicht jetzt, jede steht für minimal EINE ganze geschichte. blöd oder gut, wurst. dabei war ich früher doch so ansehnlich, wenigstens glatt in gesicht und an schenkel und oberhüfte geschmeidig. auch ich war gewiss mal ein echtes schnittchen, wenigstens ganz früher. wie wir ja alle. (…)“

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Dorf

(Abb.: Dorf, Trost wie immer)

jedes jahr ist eines

Blaue Mauer
Kneippsches Eistreten

#WIE in jedem jahr wünsche ich mir einen stillstand dieser zeit in diesen tagen. alles soll noch „vorher“ sein. und bleiben. ein paar minuten oder wochen wenigstens gefälligst länger. ich wünschte, diese zeit, jetzt vor weihnachten und jahresenden, endlos zu dehnen. ich verbiete mir den blick in den neuen kalender, der ja nur sagen würde, in noch nicht einmal zwei wochen geht alles so weiter, wie es gerade aufhörte. nur, daß es dann januar sein wird und kalt und nass und der sommer, oder vorher der frühling meinetwegen, mitsamt der vorfreuden, ist noch ziemlich fern. vielleicht ist es ja einfach auch nur ein bisschen erschöpfung meinerseits, das kann schon sein. vom jahr, von der baustelle daheim, von der brotarbeit in alten häusern und kirchen, teils weit weg tagelang vom zuhause, an manchmal düsteren orten in ebensolchen hotelzimmern. und von den kriegen überall, den phänomenen der wetter, davor diese pandemischen ungewissheiten. den bösewichten und verbrechern dieser welt und denjenigen, die ihnen offenbar mehr und mehr hinterherrennen, um sich machtgestrebe und unrecht zu unterwerfen, weil das vielleicht irgendwann leichter ist, als dagegenzuhalten. dem ganzen hass, der die welten umläuft, dem bruch von sicher geglaubten menschheitsvereinbarungen, alles einst errungenschaften aus kollektiver vernunft gegenüber großem vorangegangenen leid. alles, vieles mindestens, zunehmend perdu. es ist seit nun bald vier jahren ein dauerbombardement auf vorstellungen, absprachen, gerechtigkeiten, vielerlei leben, träume, hoffnungen und: seelen. vor augen verschwimmt mir vieles.

vor knapp einer woche beschrieb ich mein kleines wohliges subjektgefühlchen so: „17.12. /guten morgen, es ist der dritte advent, draußen ordentlich zapfig, sehr schön! im haus ist es warm, die neue heizung macht und tut, die fenster sind dreifach verglast, da geht nichts mehr raus. im garten noch tand der baustelle, das immer noch nicht abgebaute gerüst strukturiert den horizont, rechts einer der unzähligen strohsterne der alten dame, die zeder der nachbarn ggü. wird es nicht mehr allzulange machen (wassermangel), auch recht bzgl. freie sicht. die vögel wollen gefüttert sein, schon das bäumchen für weihnachten fürs grab besorgt, wenn die kirschkern da ist, wirds geschmückt. die terrasse immer noch halb aufgedeckt, kneippsches eistreten, das tut gut! noch drei tage brotarbeit, in diesem jahr wollen wir mal eine kleine weihnachtsfeier machen (gläschen wein auf baustelle!) und dann die sachen zusammenpacken und heimelig heimfahren. es ist, wie jedes jahr, eine wunderschöne zeit, finde ich. bei allem. vor allem stets der blick auf die schöne BLAUE MAUER am weiten horizont. /einen schönen 3. advent allerseits!“

es ist nunmehr schon alles gut und sowieso recht gesegnet. will nicht klagen, auch die ausblicke und pläne und frischlichkeiten, es tut sich immer was, immer noch, neues, und nicht zu knapp an vorfreude. jedes jahr ist eines, wenn es vergangen. jedoch das dagegenstemmen gegen den weltmist ist mir heuer gelinde etwas schwerer, als-wie-dass es schonmal war (süddeutsche sprachstellung). das kann ich zum teufel nicht leugnen.

umso mehr: Frohe Weihnachten!

btw. gestern

Andreas Rogler 1975

15.12. /Das ist mein älterer Bruder, der heute 67 Jahre alt geworden wäre. Gerstorben ist er im Juni vom Jahr 2006, das war eh ein Scheissjahr, mit 49. Ich fand das Bild von ihm, aufgenommen ca. 1975, da war er 18 Jahre alt, schon immer sehr cool! Er war ja auch supercool damals und ich finde, das sieht man auch. Der Schreck meiner Mutter und fast aller Anverwandten seinerzeit! Ein echter Bürgerschreck. Auch meiner Hamburg-Ostpreussen-Großmutter, die glaube ich auch anwesend war bei seinem damaligen Besuch. Ich habe ihn sehr bewundert. Die 1970er Jahre! Meine Rogler-Großmutter war gerade verstorben in einem kleinen Dorf auf der Schwäbischen Alb und ihre Möbel wurden verteilt. So kam es, dass für ein paar Tage lang dieser wunderbare Sessel am Waldrand stand, auf dem mein Bruder da gerade sitzt und grinst und frech eine Flasche Alte-Abtei vor ihm. Den Sessel hat er später sicher umgehend verkauft auf einem Bremer Flohmarkt. Und der waldrändische Boxerhund Andor mochte ihn auch sehr, er ist aber nicht auf dem Bild zu sehen. /Herzlichen Glückwunsch, Andreas, Bruderherz! <3

Heizer!

Boeser Bub
Bild ohne Brüßte
Schlechte Berge
inri
Heizer!
Opening

Abb.: „Böser Bub“, „Bild ohne Brüste“, „Schlechte Berge“, „INRI“, „Heizer!“ und „Opening“, alle jew. 70×100, Öl/Lackspray/Siccativ auf Karton, 2023. Wenn die ganze Welt rotzt, dann muss ich das auch mal tun, es muss eben raus, sowieso muss alles raus. Rotzen ja, aber bitte bloß keinen Zynismus, befehle ich den Pinselhirnen, stets noch ein klein wenig Ausblick bitte, meine Jugend war immerhin schön. Und so nenne ich die jetzige Serie einmal mehr „Gespielte Bilder“.

Totensonntag, neudeutsch EWIGKEITSSONNTAG, immer diese modischen Umbenennungen, warum nur. Die Toten sind halt tot, die Lebenden noch lebendig. No Problem. Und solange man lebendig ist, darf man Bilder malen. Nachts am besten, bei schöner winterlicher Musik. Und man darf sich mitfreuen, dass ein paar geiselgenommene Menschen gestern wieder heimgekehrt sind. Alles wie vor 2000 Jahren. Die Igel schlafen wahrscheinlich schon unter allerlei Häufchen von im Garten gelagerten wiederzuverwendenden Baumaterialien (nachhaltig!) mit gepolsterten Hohlräumen, die überwinternden Insektenlarven dürfen sich ungestört von Rechen und Bläsern an den Unterseiten vom gefallenen Laub auf dem einstigen Rasen in den Winterschlaf träumen. Die Kleinvögel futtern die Sonnenblumenkerne im selbstgebauten Vogelhäuschen: heute eine wunderschön rot-/roségefärbte Gimpelfamilie (einst „Dompfaff“ genannt, die habe ich hier lange nicht gesehen, die Dompfäffinnen) sowie Meisen und graue kleine fliegende Tiere, deren Namen ich nicht kenne, außer vielleicht „Spatz“.

Die alte Dame hat immer beseelt das Treiben beobachtet aus ihrem – zuletzt – Rollstuhl heraus und alle als „So schön, die PIEPERCHEN!“ bezeichnet. Aber die alte Dame ist ja tot, daher habe ich ein paar Knospheidepflanzen in einen schönen Topf gesetzt für ihr und meines Vaters Grab. Gleich nachher stell ich die dann dahin und ein ewiges Licht dazu, alles ist schon mit Fichtenzweigen winterlich abgedeckt. Die Erde dort senkt sich immer mehr, dieser einstige kleine Hügel. Es gilt für mich, sich nun Gedanken zu machen über einen Stein und die Friedhofsordnung. Ohnehin hieß es 2019, dass die Stätte im Jahr 2039 aufgelöst werden muss. Warum, das wurde mir seinerzeit nicht erläutert.

So viele „Heizer!“ gerade. Überall rote Linien, privat wie politisch, und ein generelles Motzen. Ein bissig hässliches Grundgemaule durch sämtliche Schichten hindurch, über alles, bei vollem Lohnausgleich selbstverständlich. Verunglimpfen, Schimpfen, Drohen und Abkehr. Keiner mag mehr, Hyperinformation und – natürlich – alles ANDERE ist schuld: Strafe muß her. Für hausgedacht Verantwortliche, denn irgendwer muss ja verantwortlich sein. Selbst einst intelligente Leute reden nun so und flüchten notfalls in krude tausende Jahre alte Theorien, wie ich erst gestern erfuhr. Man kann Angst bekommen.

01:30 Uhr: Draußen jetzt alles still. Käuzchen ruft weit weg vom Wald her. Ich habe jetzt auch eine Geisel genommen: Ein handliches erst wenige Monate altes Bildwerk aus meiner Feder. Ich habe es so versteckt, dass ich es selber nicht mehr finde. Auszutauschen mit MICH oder befreien von Anderen würde ich es gegen einen schönen üppigen Strauß roter und weißer Rosen ohne Düngemittel im Verhältnis eins zu drei, dazu ein Wellnesswochenende zu zweit in schöner verschneiter Voralpenlandschaft mit Sauna und viel Schlaf.

johnny24

johnny ist jetzt im gefängnis. dabei wollte er doch nach hamburg oder nach kabul. seine bewährung ist wohl dahin, das heißt, er bleibt für 8 monate JVA. bis ende april24. es ist sehr traurig (…) / vorvorgestern kam der BIOpelletsmann mit LKW und hat vier neue tonnen eingeblasen. ein riesiger aufwand war es, die jeweils 6 meter langen schweren schläuche von der straße bis in den hintersten kellerraum zu verlegen. durch den matschigen garten, natürlich habe ich geholfen. 50 meter. wir hätten auch 5t bestellen können. das weiß ich jetzt. eine einweisung in die funktionen und die bedienung der neuen heizung haben wir aber noch nicht bekommen vom heizungsbauer. learning by doing. aber: es ist ein schmuckes display. früher gabs beschriftete schalter, die *klack* machten. dann wusste man. / was ich noch niemandem mich traute zu sagen, ist, daß ich seit corona abends im atelier immer heimlich und laut mark knopfler höre. sein sohn hat sämtliche konzerte mitgeschnitten und bebildert. die playlist ist eigentlich stets die beinahe gleiche, egal, ob 2010 milano oder 2019 barcelona oder 2005 buenos aires. die musik erfüllt alles mit sehnsucht nach grünen schottischen hochwiesen, wo dann ja alles doch immer noch GUT wird. ganz hinten im film. / das abendliche getränk ist derzeit pastis. seit dem südfranzösischen urlaub hat sich das erfreulicherweise waldrandseits sittenverfestigt. gesund soll es ja auch sein, jedenfalls schmeckt es so. / heute vier stunden im bahnstreikstau gesessen, im kfz. irgendwo in der betonierten hässlichen peripherie der landeshauptstadt. und dann am nachmittage noch das mobil auf der brotbaustelle, einer ehem. fabrikantenvilla 45km entfernt, vergessen. einmal in 5 jahren kommt mir das vor. regen, ab mittag, wie in *seven*. nicht schön ist, dass mein baustellenschlüssel sich beim mobil befindet. also auf der baustelle. was heißt, ich habe mich ausgeschlossen. und nebenbei dazu der alltagskommunikation selbstentledigt. ein recht schlechter tag also. genauer, ein rechter scheißtag. man möchte die wände hoch, aber es gibt nicht mal wände, nur einen selbst. / bildtitel: *Böser Bub* und *Schlechte Berge*. natürlich gerotzt, mithin expressiv. / heute schmeckt mir nichts mehr, ganz sicher, nicht mal der pastis. / um 24 uhr zu bett.

Atelier Blaue Mauer

Angles Morts
Schiff wie ich
Streuobst im Winter
Alles Mögliche
Blaue Mauer
Waldrand

Nicht unglücklich über diese neuen Bildfelder und im Ranzen noch lässige 20.000 weitere Bildideen. Jetzt kanns Winter werden, ich warte bübisch auf den ersten Schnee. / Abb.: „Angles Morts“, „Schiff wie ich #2“, „Streuobst im Winter“, „Alles Mögliche“, „Blaue Mauer“ und „Waldrand“, alle jew. 70x100cm, Öl/Lackspray/Siccativ auf Karton, 2023

o.T. (Stand with Israel!)

große bilder, noch größere transportkisten, schwer und monumental, maltechnikverständnisarm bisweilen, oder etwas materialunbesonnen während der kunstbeschienenen herstellung im atelier, zudem auch gravitationsunkenntnisse gelegentlich beim bildhauerischen schaffensprozess bezüglich selbsttragender statik. vielleicht ist es ja gut, wenn man beim machen nicht zuvorderst an solcherlei denkt. als lehrender würde ich solche dinge gegenüber studierenden allerdings immer auch zur kenntnis stellen wollen. wenigstens als (im jugendlichen drang ungeliebtes) beifach, die maltechnik, das material, oder das schnöde, aber wichtige drumherum. denn vielleicht ist es auch nicht nur gut, jenes zu vernachlässigen. weil schön wäre es ja, auch für eine interressierte und bewundernde nachwelt, ein werk hätte bestand, so oder so.

/ich muss über mich lachen, denn mein bisheriges künstlerisches lebens- und gesamtwerk hätte platz in gefühlten ein oder zwei mehr als raumgreifenden transportkisten dieses oder jener künstler/in, deren ausstellungsab- und -aufbauten ich in den vergangenen wochen zur hand gehen durfte.***

(schön und sehr spannend dabei war auch, einmal hochwerke der klassischen moderne in den weiß behandschuhten händen zu halten. und diese bilder und skulpturen sodann an der wand zu befestigen, in vitrinen zu stellen oder auf dem boden hin- und herzurücken.)

natürlich auch eine frage der vita und des kunstmarktes, natürlich v.a. auch des geldwerten. im gewissen alter, noch jung und im richtigen zeitfenster, sollte alles auf eine karte. ich erinnere ich mich sehr gut an dieses fenster. gelingt es dann innerhalb dessen, die anker zu verhaken, dann ergeben sich bestenfalls die dinge von selbst. es würden gewiss auch mir museal monumentale gedanken kommen, selbstverständlich, oder sie WÄREN mir gekommen. einiges hat sich ja auch bereits verhakt und zwar nicht schlecht. ohne diese hingegen braucht man fürs großformatige monument einen vierseithof in brandenburg mit drei mäusefreien doppelgeschoßigen großscheunen als nebengebäude, das dach dicht, zum lagern schon allein. und geduldiges geld in vorkasse fürs jahrelange material, ob aus erbschaft oder erjobbt.

es bleibt dann ja offen später (oder bis man ins gras beißt), ob man selbst möglicherweise nicht gut genug war, oder ob man vielleicht nicht zur richtigen zeit die richtigen leute getroffen hat, oder die unrichtigen oder zu unrichtigen zeiten. auch, ob man an den richtigen orten war? nuancen oft, aus meiner erfahrung. oder ob man „kunst-märtyrer/in“ werden mag oder mochte oder eben nicht. ob anbiederung, zufall, auf allen hochzeiten getanzt und sich angedient zu haben, oder ob man auch mal sagte zu sich selbst, vorabendlich: nein, da tu ich jetzt nicht mehr hineinkriechen. und diener machen oder knicks. auch STOLZ könnte ja interessant machen, nicht? und das werk bleibt unbestochen, ganz wichtig. fürs werk und für einen selber.

vielleicht wollte man ja auch kinder. oder kirschkerne. kein preis ist für den anderen preis zu hoch. oder zu niedrig. das leben jedenfalls (frauen, autos, kinder, geld, etc.) ist mindestens genauso wichtig, wie die kunst. ohne jenes keine diese.

das weiterreiten nach westen ist jedenfalls nie die schlechteste aller lösungen. und oft genug muss man ja auch erst verstorben sein, damit das oeuvre irgendwann „entdeckt“ werden kann. insofern hat man als künstler ein leben lang die chance, nicht zu „scheitern“, was auch immer das meint. ein toller beruf eigentlich!

lebensgespiegelt bin ich jedenfalls sehr froh, dass mein zeug in zwei großen und schweren solcher o.g. großkisten platz finden würde. es passt zu mir, meinem kopf, meinen händen, meiner erkenntnis und meinem gesamtsein, meiner selbstwahrnehmung und vor allem zu den abbildideen meiner schöpfungsforschung im bildnerischen. dies eher kleine format ermöglichte mir stets auch die teilhabe an anderen interessanten lebensdingen und wirklichkeiten und schuf freiraum für weitere realitäten, ohne mir meine abbildwelten und künstlerisch aufs blatt gebrachten gedankenräume aufgrund von möglicherweise zwangsäußerlichkeiten zu verbauen. das wichtigste wäre mir also, diese zwei erdachten und teuren kisten mit meinem lebenswerk darin würden nicht irgendwann einmal einfach auf dem mischmüll landen. das wäre dann nochmal eine ganz andere geschichte (deren einige ich schon leidvoll hie und dort beobachtet habe).

ich danke also gott, dass er/sie mir immer noch ideen gibt und mich ins atelier schiebt. dass es mich drängt, nach jahren, IMMER noch, so wie ganz am anfang. dafür bin ich wirklich sehr froh. und ebenso um die kirschkernerin und frau mullah, dazu meine treuen sammler und sowieso mein leben, so wie es eben ist. ich bin ja vielleicht auch eher der typ fürs alterswerk, auf welches ich mich jetzt schon diebisch freue.

*** Kunsthalle Tübingen, „Innenwelten – Sigmund Freud und die Kunst“, 28.10.2023 – 3.3.2024

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alles andere in der welt ist ja gerade abgrundtief schrecklich, hässlich, fürchterlich, mörderisch, zynisch und an menschenverachtung nicht zu überbieten. und ich bin erstaunt über ein manchmal kaum zu überhörendes fastschweigen, hie und da und auch in kulturell produzierenden ecken. gestern abend habe ich ein kleines bauchwerk angefertigt, mit echtem lapislazuli und ölfarbe auf buchkarton, 15x22cm, wenig hintergründig und ohne viele zwischentöne, dafür umso klarer gemeint, dazu emotional und für mich ohne wenn – und v.a. dem oft so unsäglich überhirnten – „aber“.

Stand with Israel!

Stand with Israel !