harz/rock n´roll

fan

habe die kleinen bilder jetzt alle noch überarbeitet. überarbeitet ist gut: sind völlig neue bilder. und ich bin überarbeitet? es steht noch aus das nochmalige „malen in kleiner“ eines motivs, was ich vor zwei jahren aufs holz gebracht habe. dies ist aber möglicherweise zu groß, um es im flieger der galerie nach miami mitzunehmen, im dezember. na also: sag ich, ich find´s nicht so professionell, ein bild, was an sich fertig ist, nochmal für´s sofa (den flieger) zu malen. „hmm…“ sagt der galerist, „vielleicht ist sowas ja höchstprofessionell…“ (klammer auf, klammer zu)? von sofa war nicht die rede. sofa ist von mir. ich muß ja eine familie demnächst durchbringen. daher werde ich mich zur galeristen-professionalität durchprügeln; könnte ja sein, das werk würde dann, in 60 mal 90 statt 100×200 für schöne dollars über den tisch gehen. vielleicht wirds ja aber auch besser, das bild, das ist nicht auszuschließen. auf jeden fall: die neuen kleinen gefallen mir jetzt. ersteinmal aber muß ich die größeren pinsel, die seit juni im schälchen mit testbenzin liegen, gründlichst auswaschen. eine stinkerei. habe mich ein viertel-jahr darum verdrückt, und immer testbenzin nachgegossen. hochpreisigere zeitgenossen lassen das von hörigen assistenten besorgen. assistenten könnte ich nie beschäftigen, im atelier jedenfalls. muß schon alles selber machen. könnte es nicht haben, wenn da jemand herumsteht. wo ist eigentlich meine frau? frau und kind sind im harz. ferien im fachwerkhaus, und auch auf einem „reiterhof“. aha, und soso. kunst und familie sind eigentlich nicht vereinbar, vor allem dann, wenn frauen zu müttern werden. kind will demnächst reiten. also will frau, daß kind dann demnächst reitet. wenn kind nicht so süß wäre… frau könnte eigentlich auch einmal pinsel auswaschen! aber in den harz übersiedeln? der harz ist wohl schön, aber ich bin aus dem süden. wenn schon land, dann süden, fünf stunden bis mailand. ich jedenfalls will nicht weg vom hier, keinesfalls. schwägerin und schwager empfehlen gestern abend angetrunkene doppelte haushaltsführung. beim großstädtischen italiener. na gut, denn eben frau auf dem land, kind auf dem land. und ich in stadt? stadt oder harz? wäre ein schöner bildtitel. das atelierklo putzen sollte ich noch, bevor kurator und galerist kommen. oder doch nicht, vom künstler werden ja extreme erwartet und für kuratoren putze ich grundsätzlich keine klo´s. mein ex-galerist meinte vor einem jahr, ich sei ja richtig „old-fashioned“, da ich keine digi-camera besäße. ich erwiderte „ich höre ja auch rock´n´roll…“. er hat das nicht verstanden…

sieben jahre texas

paris2001a

du hattest vor zu spielen und hast dir dann ein schloss in volvic angeschaut. in volvic herrscht null-land, mit großen, stillstehenden zeiten. in volvic stehen deine wiegen. dein spiel wird erst sichtbar da draußen, in volvic, und auch die dinge lassen dort irgendwann und gerne die hosen fallen. in volvic will niemand spielen. möglichkeiten und spielkarten sind etwas für prägephasen. in volvic lacht man über prägephasen, hier ist es wichtiger, daß du nicht erschossen wirst. das meinen dann auch die dinge, und sie legen an auf dich, weil sie sich und dich lieben. kaum ein besserer ort als das null-land, um deinen dialog mit deinem bonus, dem x-faktor, endlich abzulegen. sofern du überlebt hast. in volvic sind die dinge tatsächlich weiblich, wenn sie die höschen fallen lassen. nach sieben jahren volvic hast du gelernt, daß patronen echt sein müssen, um sie wirklich zu verstehen. die ganzen und auch die erweiterten dinge, sie sind über den haufen geschossen, du selbst hast sie über den haufen geschossen. deren tod und deren wahrhaftige auferstehung hast du dann, mit ernst und am feuer, gefeiert. nach sieben jahren sind die dinge endlich das, was sie sind, und nicht mehr das, was sie vorgeben. sonne flimmert, pferde nicken, berge vermischen sich nächtens am horizont, und flüsse fließen stromaufwärts, auch immer nachts hier. wasser tropft langsam von irgendeinem behältnis zurück in den hahn. eine thermoskanne fängt an, geräusche von sich zu geben. dieses geräusch ist jedesmal neu, und obwohl du es kennst, muß es mal für mal neu verstanden werden. dieses geräusch ist volvic. es entsteht etwas angst und du reichst deine hände in alle richtungen. rhythmus als begegnung und reaktion: du versuchst, mit deinem spielen von tischtennis, zu antworten, nicht ohne auch dabei die umgebung immer im auge zu behalten. pause, auszeit. innehalten? nicht wirklich, denn der kleine weiße ball fliegt, obwohl die spieler schon längst nicht mehr zu sehen sind, und die thermoskannen ziehen sich vor deinen augen langsam und leise pfeifend zurück und in sich zusammen, bis sie nur noch als kleiner heller punkt neben deinen auf den hölzernen tisch gelegten stiefeln zu erkennen sind. du lehnst dich zurück und schnippst die kleinen thermoskannenkügelchen mit dem mittelfinger in den sand oder auf den teer, wie du es hundertmal getan hast. die kleinen hellweißen schönwetterwolken, die am verbogenen himmel ziehen, sie langweilen dich, weil du sie kennst, und sie beruhigen dich genau deshalb. offensichtlich bewegt sich alles. von stillstand kann daher die rede nicht sein. endlich den mund halten, und ordentlich duschen. du weißt nicht, warum sieben jahre in volvic ungewöhnlich gewesen sein sollen. du hast gesiebt und du wurdest gesiebt. du hast gespielt und gehandelt mit deinen dingen und deinem x-faktor, da draußen eben. der mond interessiert dich nach wie vor nicht, und auch keine menstruation und kein märchen. tibet oder masuren oder den amazonas wirst du auch jetzt nicht bereisen wollen. und solltest du dich, eine revolvermündung vor deinem auge, entscheiden müssen zwischen deinem regenbogen und deinem lauernden klischee, du würdest das nichts wählen.
du bist gut.

küsschen!

es ist oft so, daß mir das begrüßungs-küsschen links, dann rechts, schwierigkeiten bereitet. ich bin oft überrumpelt von solchen situationen. natürlich gebe ich gerne küsschen auf backe links und rechts. der arm der frau kommt an meinen nacken, er zieht mich, und der kuß geht in die luft, so kenne ich das von frauen. aber manche küssen tatsächlich meine wange. wenn man jetzt von vorneherein wüßte, daß frauen immer die luft küssen, dann wär´s ja ok. aber: manche frauen, bei denen man dachte, die küssen links und rechts die luft, die küssen einem dann tatsächlich die backe. und man selber hat die luft geküsst und ärgert sich dann vielleicht darüber, weil man vorher gerne gewußt hätte, daß sie einem tatsächlich die backe küssen. ganz schwierig wird es, wenn einem die frau an der ersten backe vorbeiküsst, dann aber die andere backe tatsächlich küßt. während man selbst schon beschlossen hatte, endlich einmal nicht die backen der frau zu küssen. alles muß ja in sekunden reflektiert und entschieden werden. das geht ja kaum. oder man hat, bevor man überhaupt aus dem hause geht, beschlossen, ausschließlich nur noch direkt backen zu küssen, komme was wolle, damit das alles ein ende hat, und man küßt ja auch nicht jeden. denkt man sich. das ist wie mit hundehaufen aufsammeln: entweder, man tut das, oder man tut´s eben nicht. es ist ja nicht so, daß man nicht gerne, auch fremden frauen, so sie symphatisch, küsschen auf die wange quetschen würde. aber man achtet ja auf die geschichte der wangen fremder. ich finde, daß man sich stattdessen durchaus auch einfach die hand geben kann. es ist so: entweder man küßt die backe. dann sollte man aber auch bereit sein zum zungenkuß. oder eben, man küßt sich nicht. dann reicht die hand, gereicht. notfalls könnte man ja auch noch die hände der frau küssen, aber das ist denn schon wieder was ganz anderes, und wir sind ja meist auch keine franzosen…

spatz

gasometer

„tschüssi…“, das taxi fährt vor. vorher hatte ich flimmernde und flirtende stimmen im hof gehört. stimmhaftes, und so ein spatzen-schallen. „ach ja…“ und „…nein ehrlich?“. eine unverschämte balzerei. an die spatzen erinnere ich mich. man kann nicht nur beobachten, und sollte es auch nicht nur tun. die spatzen in heidelberg, stadt eben, ich komme vom land, und die spatzen, die in altbauhöfen hallen, die erlebt man nicht auf dem land. damals hatte ich noch nie verliebt in einer stadt gefrühstückt. besser: ich war nie verliebt gewesen, und hatte nie in einer stadt (wie heidelberg) gefrühstückt. diese damaligen spatzen sind lange tot, diese wichtigen – so würde ich es heute nicht mehr schreiben wollen. ich weiß aber, warum ich in einer stadt mit höfen wohne. auf dem land sind es die glocken, in der stadt die vögel, die einen rufen. gestern soeben angekommen mit neunzig minuten verspätung. dann schnell zur eröffnung der messe. und dort nicht mehr genügend zeit, sich all diese bilder anzuschauen. ein spatzen-gefühl beim treffen von alten bekannten. ich bin also noch da, und hier, und präsent beruflich. wer kennt mich noch, wer rettet mich vor langeweile? wessen vater und bruder und schwiegervater ist gestorben? die spatzen fliegen durch die halle, und die eintrittskarte bekomme ich auch immer noch unverlangt zugesandt. „dank für deine nachricht, spatz“, flüstert der hof. gottlob, gottlob! das wegsein hat ein ende: bin endlich wieder einmal zu hause. ich beneide die lyriker. bin spatz. lyrisch kann ich nur bildnern. schreiben kann ich nur teer. das ist schön, weil nicht viele den teer verstehen, und keinerlei zweck ist damit verbunden, auch keine form und ganz wichtig: kein sinn. vor allem: kein ziel. mein größter wunsch derzeit wäre, mich unter goldstaub während alltäglichkeiten unter schützendem gewand von nimmermüden armen hinzugeben. die seele fallen zu sehen und zu wissen, sie wird von kundigen händen aufgefangen. vom körper, der nur von farbe und nur vom werden weiß, auch wenn so vieles längst geschehen. wissen sie, ich mag die ränder vom leben, die sanften. spatzen fliegen überall und ich sollte mich einmal wieder fallen lassen.