tagebch WAUSOHO

SEDzentr

Da waren die viereinhalb Stunden vom Waldrand aus ins Fränkische. Das ist ein Rekord. Wegen Schnees und Eise und einer großen Zeichnung, welche ich ihm und ihr zur Verschickerung der Geschäftsräume vorbeibringen wollte auf meinem Adventsritt in den Nordosten. Endlich angekommen war es dann ganz köstlich, was dererseits soeben auf den digitalen Werbeweg gebracht worden war, voila!

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In der Strasse haben sie das Kopfsteinpflaster weggeteert. Im Zirkus Lemke gegenüber ist einer der jungen Betreiber durch Unglück verstorben (x). Die Dudenstrasse ist jetzt zwei-, statt wie bisher vierspurig, erfahrbar. Wenn Frau Künast es schafft, dann wird angeblich die ganze Stadt zur Zone 30. Stimmt das? Es wäre ein Grund, sie nicht zu wählen. Das Haus wurde verkauft an irgendeine Holding. Irgendwas ist immer. Immerhin war ich fast drei Monate nicht hier, beinahe unglaublich.

Also Weihnachtsbesorgungen bei Karstadt am Hermannplatz und in den ‚Neukölln-Arcaden‘ (immer wieder lustig, dieser Name). Dem Kirschkern wird wahrscheinlich unterm Baum liegen ihr ersehnter erster Fotoapparat (ich weiss ja nie, seit Jahren schon immer wieder, ob es sich „Apperat“ oder „Apparat“ nennt. Ich hatte schon große Scherereien mit diesem Tick, noch in der Schreibmaschinen- und TippExzeit. Peinlich!). Die alte Dame wünscht sich Gesundheit und Gummiringe für die Küche.

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Gestern Abend und spontan war ich auf einer kleinen Eröffnung gewesen nähe des Checkpointes Charlie: In einem 4qm großen Pförtnerhäuschen tanzt in künstlerisch gestalteter Wandformalie eine professionelle Tänzerin eine viertel Stunde lang. Das Publikum, ungefähr fünfzig Besucher, steht im Hausdurchgang, drei kleine Fensteröffnungen verfügen sich, um jenen Tanz zu beobachten. Man konnte nicht viel sehen, es war zudem kalt, aber irgendetwas war schön daran. Ein Zauber, der viel mit ehrlicher Bemühung zu tun hat. Bemühen nicht im peinlichen Sinne, sondern im visionären. Mir geht’s da oft so, dass ich das Gezeigte auch gar nicht unbedingt zu verstehen brauche, um mich dennoch wohlzufühlen im Dargereichten. Die kleinen Zeichen, Merkmale. Bin da ganz zahm und zugewandt, zunehmend.

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Später im WAU gewesen, beim HAU. Bei „WAU“ („Wirtshaus Am Ufer“) muss ich immer noch lachen. Ähnlich übrigens bei „Platz der Luftkrücke“, „Platz der Duftbrücke“, „Tempeldoof“ oder bei „Unter den Blinden“. Es gibt ja Kalauer, die werden immer witziger, je öfter man sie denkt.

Und dann das wieder Sehen von Bruder Carl, also ihm, sowie ihr, ihr und ihr (ich hab‘ das jetzt einfach mal verlinkt, warum denn eigentlich auch nicht, oder?). Also, es war ein ganz wunderbarer Abend, ausgelassen, warmwitzig und menschelnd angefüllt mit Gold und silbernem Müll. Ich jedenfalls war zuletzt sternhagelvoll, ich kann’s nicht anders umschreiben und – wie schön! – das war mir vollkommen wurscht. Habe endlich einmal wieder getänzelt im Paar, ein wenig Pfeile verschossen und spät in der Nacht beim verwegen glücklichen Torkeln ins posttaxometrische Bette nächst der Ofenheizung im angeblich bronx’schen Problemkiez, da dachte ich mir so, ob denn mein Dasein wohl vielleicht doch ein wenig „verschenkt“ sein könnte, da drunten im Süden am Waldrand. Dass man doch nicht vergessen hat und ist, bei und nach dem ganzen Dauerthema, das tat und tut gut und eröffnet womöglich ganz undramatisch Übriges.

Das WAU-Publikum natürlich wie immer sehr theaterdurchnässt und siehe da, ich erkenne prommt Prommi. Normalerweise spreche ich ja Prommis nicht an, weil es total uncool ist und man will ja auch keinem auf den Prommiwecker gehen. Gestern aber dachte ich, ich tu’s, denn der Entdeckte, kein Geringerer als ein Tatort-Kommissar, gefällt mir gut in Figur und Spiel und ich wollte ihm das einfach mal schnell sagen (hey: ‚rüberbringen…‘). Machte mich also per Handzeichen bemerkbar, da er, der Kommissar, direkt neben mir stand, und sagte freundlich „Hallo, Sie sind doch der eine Kommissar aus dem Tatort….“, woraufhin dieser mich sogleich unterbrach und recht trocken erwiderte „Ich bin kein Kommissar, ich bin Schauspieler.“, dabei mich ernst anblickte, wie es wahrscheinlich nur Kommissare tun können. „Cool!“ dachte ich zunächst, und ich wollte weiter denken „…was für ein Depp!“, aber das stimmte eigentlich nicht. Ich schickte mich ins Selbstgericht, denn im Grunde war diese Antwort vollkommen in Ordnung: Sie war rund, führte gedanklich zum Abschluss und beendete das Gespräch umgehend.

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Heute war ich erstmals im SOHO-HOUSE-BERLIN. Ich habe im Frühling ein Bild dorthin „verkauft“, das bedeutet in diesem Fall, ich habe jetzt ein beträchtliches „Guthaben“ bei den Betreibern, so war der Deal. Ich habe sogar eine „Member-Card“ und werde geduzt vom Personal. Im März war eigens eine nicht so ganz unwichtige Kuratorin aus London angereist und hatte in der ehemaligen Produktionsstätte-Nordost (x) ihre Auswahl getroffen. Ich wollte nun endlich einmal sehen, wo das Ding hängt und wie überhaupt diese ehemalige SED-Zentrale heutzutage und frisch renoviert sich im Gesamten anfühlt und präsentiert.

Die erworbene Collage hängt tatsächlich sehr ‚prominent‘ (Glück gehabt!), die umhängenden Werke sind es auch, ich fühle mich daher recht geehrt. Die Speisen waren gut (die Begleitung: Dorade an Fenchel; selbst: Club-Steak mit Pommes), den Cappuccino kann man vergessen, nicht so den doppelten Espresso. Das Ambiente sehr hochwertig und beeindruckend, sehr ausgesucht und stilvoll, was zu erwarten war. Clubatmosphäre very british, viele Polster und zwei offene Kamine. Die anderen Gäste mir in Stil, Geste und Lebensumständen fremd, auch dies wie erwartet. Die Angestellten jedoch wirklich sehr zuvorkommend und ohne Vorbehalt freundlich, zudem die Renovierung/Restaurierung auf erste Blicke gelungen!

Ich werde mich also sicher gelegentlich erneut dorthin hineinwerfen, entweder für einen vielleicht späten Whisky oder etwas Fitness und SPA (Massage/Maniküre?). Oder nur, um einmal im achten Stockwerk im Aussenpool zu plantschen. Vielleicht übernachte ich auch einfach irgendwann einmal dort, immerhin hab‘ ich nach dem heutigen Besuch immer noch 1309,41 Guthaben, zu schade fast für nur doppelten Espresso.

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…und jetzt der wind im kamin. es ist schön und sehr richtig hier, so ein mist! zuhause eben. /und ich dachte, ich könne das endlich abstellen, streichen. (Der Kirschkern wird 11, im Januar. In Südbaden.)

21 Gedanken zu „tagebch WAUSOHO“

  1. REPLY:
    Erinnert an Turnvater Jahn und die junge FKK-Sozialdemokratie. Und natürlich an die Hasenheide und das schöne Motto ‚Frisch/Fromm/Fröhlich/Frei‘. Wobei ja auch Tony Curtis in „Die 2“ irgendwann gesagt haben soll „Frisch, fromm, fröhlich, frei – fummelt’s sich beim FBI“.

    Sonne gab’s gestern nicht, dafür viel Wasser von oben.

  2. Sortierte die Tage auf dem Dachboden eine Menge Kisten mit (auch Berliner) Lebensspuren durch und dachte an Ihre wunderbare Vitrine in TÜ! ‚Mannmannmann!…‘ denkt man sich da kopfschüttelnd und bläst die Backen auf und atmet tief aus. Die schöne Berliner Tochter war gestern 18 und feierte mit selbstgebauter Schneebar und Shisha, mit der anderen auch Berliner Tochter stieß ich auf die nächste Bergsaison an mit Sekt aus kleinen Likörschälchen. Und Leni schläft schon. Herzlich B.

  3. REPLY:
    lieber books, zum geburtstag vom kinde immer auch einen ganz besonderen glückwunsch (!) an die eltern, ganz egal wie. (wie wär’s also mal mit einem schuschu im oben beschriebenen und sie zeigen mir dann Ihre orte, wege und dingensbums, hier nordnordost?) /jetzt gemäß leni. und herzlich, schneck

  4. REPLY:
    Gute Idee, lieber Schneck. Ein Sitz aus Dämmwolle ist immer für Sie frei unterm Dach, und im Siebenmühlental gibt’s vielleicht Glühwein :-) Machen wir mal aus!

    PS: Die Tage kriege ich dauernd Werbung vom (vergelesen:) SPORT SCHNECK. Kriegen Sie da Rabatt? Ich bräuchte nämlich neue Laufschuhe!

  5. REPLY:
    Zu spät gelöscht! :-P
    Was haben Sie denn gegen Spannung? Und was mit der Distanz? Ach was, Hauptsache, lieber Herr Schneck, sie haben etwas. (Oder war es doch das Sein, das wichtiger war?)

  6. Vielleicht hilft künftig folgende Eselsbrücke, lieber Schneck!?
    Ein Schweizer Freund sagt stets, wenn zu Besuch im schönen „Nekkertal“ und der Tisch mit Köstlichkeiten der Region gedeckt, nachdem er ein, zwei, drei Bissen genommen: „Das schmeckt ganz „appErat“! Was aus dem Mund jenes Eidgenossen großes Lob ist, weil`s ihm mundet.
    Ab und zu zückt er dann seinen „AppArat“ und fotografiert die Tafelkreationen oder die Etiketten des alkoholischen Traubensaft! :-)

    Das Tannenbaumvideo fand ich herrlich! Interessante Agentur!
    SCHADE, dass Sie die Zeichnung nicht mit dem AppArat abgelichtet und hier verlinkt haben; DIE hätte ich liebend gern betrachtet; auf dem Video entdeckte ich sie nirgends im Hintergrund an der Wand… oder doch?

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