‚ich bin der welt abhanden gekommen‘ singt irmgard seefried über gutav mahler nach friedrich rückert.
speziellere tiere in diesem jahr: eine krähe im kamin, die sich über vierzehn stunden lang durch klopfen an die stillgelegte metallene innenklappe des schlotes hoffte, bemerkbar zu machen in ihrer situation. welche ängste hat sie wohl erlebt, da im dunklen und ohne irgendeine berechtigte hoffnung auf befreiung. und welchen durst mag sie bemerkt haben allmählich in zunehmender panik sicherlich. aber sie wurde nicht müde zu klopfen mit ihrem schnabel. an dieses metallene runde stück hausverwaltung. und irgendwann ging ich dann doch diesem geräusch nach, nachdem ich einige male dachte, irgendeine sommermeise habe gefallen gefunden am klopfen an irgendeine regenrinne irgendwo am hause und dass mich das nichts anginge. am nächsten vormittag – da hatte sie schon einen halben nachmittag und eine ganze lange nacht verbracht in ihrer lage – war ich aufmerksam und willig geworden, dem nun doch einmal nachzugehen, da es mich beim mittagschlaf erheblich nun den zweiten halbtag störte. und öffnete also vorsichtig das kaminkehrertürchen im außenbereich, da sah ich etwas sich bewegen dort, setzte mich mit zeit auf ein treppchen und vorsichtig, nach ein paar minuten, sprang sie oder er aus dem kohlenloch. ich sprach ein paar zerzauste und tröstende worte und ein väterliches „mensch! was für ein glück, flieg nie mehr wieder in einen kamin! machs gut!“. sie sah sich um, wir schauten uns kurz in die augen (ich las in diesem jahr irgendwo irgendwann, krähes seien die einzigen vögel, die realisieren können, ob jemand sie direkt anblickt), sie verweilte noch einen moment und flog dann staubend wortlos in richtung wald. vom covid wusste sie natürlich nichts, aber das tat ja auch nichts zur sache. einen schluck wasser hatte er/sie zuvor noch aus dem bereitgestellten schälchen genommen.
bei krähen denke und hoffe ich immer, sie mögen nicht die ersten sein, die mir, sollte es mich irgendwann einmal auf flur oder weide auf den rücken hinschmeißen, die augen auspicken. aber dieser gedanke ist natürlich sehr subjektiv und widerspricht eigentlich meinem natur- und sonstigem schöpfungsverständnis sowie meinem spirituellem gesamtempfinden gefühlterseits.
speziellere tiere in diesem jahr auch: ein am boden liegendes gebinde von toilettenreiniger nach meiner rückkehr von einem mehrtägigen arbeitsamen einsatzes entlang einer gotischen kirche weiter weg. kaum zu glauben diese dunklen und sich ohne wissen hinabstürzenden wege, um dies zu verursachen. pure neugier, abenteuer- und forschergeist müssen dafür verantwortlich gewesen sein! alte spinnwebenbündel in der subterrainen werkstattlatrine des waldrandes, dazu am im nächsten raume sich befindenden waschtisch ebenso unterirdisch diverse veränderungen der aufstellung meiner toilettenutensilien (rasiercreme, deodorant, leninbüste, spülbürste etc.), eine seife am boden und nicht nur der pröppel, seltsamerweise, umgefallen. ein heilloses durcheinander. es kann nur ein marder oder eine marderdame gewesen sein. sicherlich eher im jugendlichen alter. für ebenso detektivisch vermutete katzen wären sämtliche zugänge zu schmal und extrem im hin- und rückweg, gemessen an der wagnis, gewesen sein. und ratten gibt es hier keine. ich dachte noch (väterlich) einige male darüber, dass dieser neugierige und gefährliche ausflug sicherlich bleibende lehren fürs leben beim jungtier hinterlassen haben müsste, könnte. hoffentlich! „mach sowas nie wieder!“ höre ich die mardermama streng und voll liebender sorge zum marderkind sagen.
dieses derzeitige virus hingegen ist ja kein tier, sondern nur eine speziellere information. das finde ich immer mal wieder beruhigend. bitte beachten sie die aktuellen seuchenbestimmungen.
Puh, wie gut, daß es ein Happy End für die Krähe gab. Auf meinem Balkon habe ich mal ein totes und schon vollständig mumifiziertes Spatzenjunges gefunden. Dieses hatte vermutlich beim ersten Flug Probleme, ist irgendwie auf meinem Balkon und dort in der Ritze zwischen mehreren Töpfen gelandet und steckte wohl fest. Tja, das ist nicht so glücklich ausgegangen.
Es passieren ja immer wieder schlimme Dinge, auch bei den Spatzen.
Bei mir hingegen fliegt ein noch nicht bestimmter Vogel im Dach über dem Homeoffice ein- und aus und macht dazwischen heimelige Geräusche über meinem Kopf. Der Gedanke an eine schwarz stiebende Wolke begleitet mich nun in meinen Mittagsschlaf und vermutlich auch bei der nächsten Kohlezeichnung.
Auch der Vogel macht Homeoffice!
(Gute Idee, dachte der Vogel)
Schon den ganzen Tag, und auch gestern den ganzen Tag, und kurz nachts, als ich aufgewacht bin, habe ich an Ihre Krähe gedacht. Sie haben jetzt etwas gut bei denen. Die werden das nicht vergessen. Weiß ich.
Das wäre ja schön, wenn ich bei denen was gut hätte… Übrigens meinte der Bezirksschornsteinfeger ein paar Tage später, das käme immer wieder mal vor. In größeren Schornsteinen würden die Krähen auch hie und da nisten, weil immer schön warm.
Wir haben zum Zweck der Sicherung gleich ein Gitter einbauen lassen, damit sich keiner einnistet oder runter fällt.
An kalten Tagen sitzen bei uns Dohlen auf dem Kamin, wärmen sich und spreizen sogar die Flügel in den Rauch. Ich vermute, so eine Art Desinfektion gegen Parasiten.