und dann immer abends rüber nach emerkingen ins cafe ohne zum trinken, war praktisch, man konnte die paar meter heim dann auch besoffen autofahren. im winter viel schnee, im haus in hundersingen saukalt. einmal hatte h. einen heissen stein zum bettvorwärmen da reingelegt, als wir dann zurückkamen rauchte das ganze haus, die schaumstoffmatratze war angekokelt, gottseidank brannte grad noch nix und mogli jagte jaulend ins freie und schnappte nach sauerstoffluft. das war knapp, haben mit wasser gelöscht und sind dann mitten in der nacht in schlangenlinien rüber nach rechtenstein gefahren zu den eltern von s., die haben sich vielleicht gefreut, drei verrauchte und beschwipste und ein hund, die um 3.00 uhr nachts ins haus poltern. aber sonst wären wir ja erfroren.
mit demselben gelben golf von h. mal nachts über die alb bei tigerfeld, auch winter, man hat die strasse wegen des schneesturmes nicht mehr gesehen, nur die stöcke rechts und links so in etwa, es wurde einem richtig schwindelig. auf dem rückweg natürlich noch ins cafe ohne. die strecke über tigerfeld nach zwiefalten und munderkingen und so weiter ist mir die liebste. mit demselben golf und dem h. mal nachts durch berlin, entlang der mauernischen. zum schluss ins pinox in der oranienstrasse mit den trash-wänden und flaschenbier. er wohnte in der cuvrystrasse mit talking heads, nick cave und dergleichen.
drei jahre lang hatte ich das halbe hundersinger haus gemietet, für fünfzig mark im monat. ich bin oft von stuttgart aus dorthin gefahren, zu sylvester oder ostern oder einfach so zu zweit mit netter begleitung fürs wochenende. mogli lebt schon lange nicht mehr und h. und s. wohnen ebenfalls schon recht lange wieder im süden. ihr größerer besucht gerade mit freunden für ein paar tage berlin und übernachtet mit denen in meinem atelier in neukölln. das gefällt mir, dieser lange und große kreis. der h. ist einer meiner ältesten freunde, ich mag ihn und die s. sehr. und niemand sollte gestorben sein, ohne jemals einen schneesturm auf der schwäbischen alb erlebt zu haben.
Zeitfenster, Erinnerung, Mitnehmen.
Zufall? Waren meine ersten beiden Freiheitsautos. Selbst die Farbe kommt hin.
Waren halt andere Namen und andere Orte. Erich, Eja, Riga die Hündin, die Hütte in Peilstein, das Rauchen ein selbes. Velvet Underground und Nico, Sauerstoff selten, Matratzen, allerdings Federkern, dann gar nicht mehr, worüber der Vermieter nicht erfreut war, hat sich doch schon die Vormieterin unter dem Dachfirst erhängt, quasi wertmindernd.
Nur Fluchtadresse gabs keine.
Der Kreis ist sehr groß.
ein so schöner text mal wieder, wie immer. (und ich sag hier mal außer der reihe: hallo!)
Was für eine Liebeserklärung! Aber wie kann man das Lautertal nicht lieben? Und Schneestürme auf der Schwäbischen Alb? Und Schneck.
ein schönes stimmungsbild. jaja, die „freiheitsautos“, gefällt mir. und dann, die kreise werden immer größer.
wie man das nicht lieben kann, lieber uli, das weiss ich auch nicht (ausser „schneck“ vielleicht, muss ja nicht, aber merci). und dank für die bestätigung der liebeserklärung aus deinem (wenn nicht deinem, ja welchem denn?) höchstberufenem munde! – vielleicht sollte man das nächste „das letz niesst“ ja mal in ödenwaldstetten, münsingen oder oberstadion abhalten? (oder wieso eigentlich nicht im cafe ohne?)
danke! (und ich auch ausser der reihe sag: Hallo! Und ein Hach… zum süßen Nachwuchs!) ;)
wie seltsam… schon wird meine Erinnerungsspirale freigesetzt. Vielleicht war.s Nick Cave. Nein, ganz sicher. Durch ihn kann ich eintauchen in diese seltsam verrückten Ereignisse in einer scheinbar anderen Welt von einer Person, die ich in mir trage und sie ummantele – einer Russischen Matrjoschka-Ur-Mutter gleich, meine vielen Inkarnationsgenerationen umarmend. Es war dunkel, es war düster. Vorrangig Ruinen, in denen sich zum Flaschbier ganz große Projekte ersponnen – mit Webfäden über Köln, Berlin, Bielefeld, Amsterdam nach Stuttgart und London. Psychedelische Lichtkonstrukionen auf deren Strahlen wir todeskühn galoppierten – wir chaotischen Kinder der Nacht. Ein großes Netz auf dem wir tollkühne Betrachtungen wagten und noch tollkühnere Experimente wagten. Wir nannten das Kunst. Wir waren ohne Angst. Wir kokettierten mit dem Tod so voller Lebenshunger waren wir.
Den I., den gibt es heute noch. Mit ihm hatte ich die verrücktesten und genialsten Inspirationen, auf der moonlightserpent sind wir geritten, haben uns immer wieder im Jetzt geerdet… mit einem heftigen, deftigen Lachen und tiefen, sehnsuchtsvollen, tränengetränkten Gesängen. Was wir alles überlebt haben… Nein, nicht alle. Manche verbrannten in ihrem Feuer. Andere gingen auf dem Weg verloren.
Der I. ist verheiratet. Nette Frau. Netten Sohn. Vorgestern telefonierten wir. Er wollte grillen und musste noch Würstchen besorgen. Und ich räume Container voll. Früher, da malte ich wilde, seltsame Bilder, die mir über mich selber verrieten, und der I. und der J. komponierten die Lieder dazu. Snake.s Kiss. Krasse Geschichten. Heute meckert ein Rabe im Hintergrund, wärend ich in meiner ollen Jogginghose Berge an Schutt aus der Scheune berge.
Immerhin um das Atelier weiter auszubauen. Was ich wohl malen werde? Evtl ein Stillleben… vier Kochtöpfe und mittendrin ein Frosch. War eigentlich, wenn auch eine schwere, so doch eine schöne Zeit. Aber zurück – zurück möchte ich nicht. Hat schon etwas für sich, Zuhause anzukommen. Und wenn.s nur zum Sterben ist.
Danke für.s erInnern.
Ps: Wenigstens ist die Jogginghose schwarz (und ich trag mein St.Pauli-Leibchen). Und der I., gebärt! mit H. und D. noch immer schrecklich-schräg-schön-e Musik…
Was wären wir wohl ohne unsere Inkarnationen. Dank für Ihren ausführlichen Kommentar. Und snakes kiss ist alles andere als Jogginghosen-Musik. Und Stilleben, ein gutes Vorhaben, da steckt schließlich die ganze Welt drin. (Ich beneide Sie um Ihre Scheune!)