„Im Sonnenhof. 8901 Batzenhofen, am 12. März 1964 / Lieber Herr Harald und liebe Frau Inge, Ihr so lieber und ausführlicher Dezemberbrief war mir eine rechte Freude! Danksagung dafür und Widerhall sind lange schon ein frohes Vorhaben, doch, – man sollte es nicht meinen – schrittweise erlaubt mir nur das Leben den magischen Ring der Freundschaft wieder zu schliessen, die Verbundenheit mit Menschen, die man liebt, zu erneuern, und diesem lieben Gedanken möge nun mein heutiger Brief an Sie dienen. Vor allem, wie innigst ich mich mitfreue an den wohlverdienten Geschenken des Lebens, die Ihnen jetzt zu Teil werden! Dazu gehören vor/allen Dingen bei Menschen wie Sie es sind Ihre lieben Kinder, die, zu meinem Entzücken, zusammen einen ganzen Opa ergeben! Mein Gott, welche wunderbaren Verwandlungen zu entdecken, schenkt das unerhörte Leben so en passent den Eltern! Sie beiden in dieser Rolle stelle ich mir entzückend vor! Liebe liebe Frau Inge! Wie viel Glück ist in Ihre Hand gegeben! Vom ersten Augenblick unseres Kennenlernens an habe ich Sie so lieb gewonnen, und wenn es Gott gefiele, mich zu erhören, in allem was ich Ihnen und Harald Gutes wünsche, nach so vielen kriegs- und nachkriegsbedingten Irrfahrten,- die unvermeidlich Ihre Jugend mit den besten Jahren anzutasten vermochten, so vermeine ich, schenkt uns das Leben noch das vertiefte Glück der Reife, so ist diese Frucht die süssere… Möge es so sein! Haus und Heim. Wie mögen sie strahlen; ausstrahlen den hochkünstlerischen Sinn des Hausherrn, und die Herzenskultur der Hausfrau. Aus Ihrem „Biographischen“ habe ich zu meiner grossen Freude auch die „Wandlungen“ abgelesen, die ein Geistiger seiner Zeit durchlaufen muss, ehe er seinen Grund findet. Ach Harald, dem unvergesslich grossen Menschen und Künstler, der vor einem Jahr von uns gegangen ist, dem Vater gleichzukommen, wäre des höchsten Strebens wert, falls es des Ansporns noch bedürfte. Wird das junge Leben zu Ostern schon in das neue Heim einziehen? Wie dem auch sei, ich wünsche Ihnen unendlich alles Gute dazu! Auch Ihre liebe Frau Mutter wird verwinden. Was ich kann, täte ich dazu! Wir haben Briefe getauscht. Mir geht es hier sehr gut. Die Augen ordentlich. Häusle in Rechtenstein, bleibt Stammsitz. Ist geschlossen zur Zeit. Behalten Sie lieb, Ihre/Ihnen immer getreue Freundin Hade Unger.“
Cool, wie wir funky people zu sagen pflegen. Wo haben sie diese Zeilen ausgegraben, lieber Kollege? Erfreue mich ja an solchen Kinkerlitzchen ungemein, meine Stimme für altes und spinnwebenverhangenes. Wir sollten wieder anfangen solche Briefe zu schreiben!
„stammsitz“ das ist ein hervortretliches wörtchen, das ich sofort in meinen sprachgebrauch einziehen lasse
*sprachs und warf sich ins zigeunerauto*
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ausgegraben aus ruinen. überhaupt briefeschreiben, mit hand, abwiegen, adressieren, marke lecken/marke drauf, einwerfen, zwei tage dauerts, fünf tage dauerts. manchmal zehn.
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bei „stammsitz“ denk‘ ich an hochsitz mit hervortretlichem jäger drauf.
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Gibt es eigentlich noch ‚Briefträger‘, die die Post zuhause jahrelang horten, bis man ihnen auf die Schliche kommt. Das gabs als Nachricht früher jedenfalls fast so häufig wie Überschallknälle, oder reim ich mir da was zusammen…? Jedenfalls bin ich ganz Widerhall!
Diese Briefe haben einen eigenen Zauber. Ich möchte auch Empfänger solcher Briefe sein :)
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die gibt es noch, werter schein. die heissen jetzt ‚zusteller‘. wäre ich einer, ich wäre so einer.