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die a.?

aha, eine cousine der französischen freundin der kirschkern war offenbar bei den eagles ODM, so klein ist die welt, sie ist nur leicht verletzt, kirschkern meint lakonisch trocken „glück gehabt!“ und was soll sie auch anderes meinen. was erzählt man den kindern und halberwachsenen jetzt, über die welt und was gibt man ihnen mit und etwas scham auch dabei, sie könnten ja auf die idee kommen und fragen, hey, was für eine welt habt ihr da für uns vorbereitet, warum ist das so, was habt ihr uns da hinterlassen?, (wie macht das frau casino wohl mit ihren drei jungs?), heute wollte die halbe klasse schulorganisiert eigentlich nach clermont-ferrant fahren für eine woche, ein kleiner wochenaustausch mit großer vorfreude, aufgeregte emails am wochenende, nun diskutieren sie erst mal in der schule, ob sie fahren sollen, alle ausserschulischen aktivitäten sind in frankreich wohl abgesagt und untersagt, der ausnahmezustand, verständlich ohnehin, also vielleicht fahren sie morgen dann, ich hoffe das sehr, wir haben uns noch besprochen ein bisschen gestern abend, jetzt erst recht sag ich trotz sorge natürlich, das war ein anschlag auf uns alle, auch auf dich und mich und oma und die köchin, aber alles kann ja überall passieren sowieso, jetzt erst recht also! / je suis heute abend in einem konzert, erzähle das der alten madam, die wieder zuhause ist mit arger schlagseite, und sie meint „oh gott, kind – in einem KONZERT!“, ja in einem konzert mit perverser götzenmusik. die angst hält die alte dame am leben, auch ok. und die köchin wollte mit freunden eigentlich am vergangene freitag nach P gefahren sein, war dann aber in iserlohn, der himmel weiss warum. literatur? / einen neuen zahnriemen habe ich nun für neunhundert euro. literatur? / in den kommenden tagen werde ich in einer alten burg übernachten, auf matratze und ganz alleine, dort soll es angeblich ein gespenst geben, eine weisse frau, die nachts umherwandelt, ich hab jetzt schon angst.

ungelernt / POS.

Jetzt sieht man sie wieder in der noch Dämmerung frühmorgens auf den Baustellen, die Hilfsgipser und Hilfsmaurer und die ganzen Ungelernten, wie sie sich für ihren lächerlichen Mindestlohn die Knochen und die Gesundheit ruinieren in der Kälte, 10 Stunden lang, oder die früh alternden Betonbauer, die sich den ganzen Tag krummlegen für die Investorenmodelle, um dort die Bäder einzuhübschen beispielsweise, in denen dann später die Hochfinanz oder das Mittelkapital in Marmorbadewannen sich aalt oder den Sushischiss ins saarländische Porzellan gleiten lässt aus den mehrfach gesättigten Hinterteilen.

Es kommt ja drauf an, wie man sich positioniert.

Die Tochter berichtet von den unzähligen kleinen Graffitis „ACAB“, die es Mode ist derzeit, sie überall anzubringen, woraufhin ich ihr ein wenig schildere, wie mir das scheint als Polizist, wenn man eigentlich nie mehr recht weiss, ob man abends noch lebend heimkommt für vierzehnhundert Euro.

Die Positionen laufen Hand in Hand und die Ehe läuft gut. Es kommt ja darauf an, wie man läuft.

1.NOV

und ja, es geht wieder weiter. gestern notärztin mit lalü-lala, ohnmacht, nein, bitte nicht schon wieder krankenhaus. heute nun warten auf krankenhauseinweisung. die alte dame sagt, sie hat uns alle so lieb und sie habe so liebe eltern gehabt. und so sachen immer am wochenende. da grinst sie dazu. wenn sie mal die augen aufmacht. alle wollen zu hause sterben, aber 80 prozent sterben im krankenhaus. die kirschkern hat ferien, morgen wollten wir auf tour zum safaripark hodenhagen, nach römö, nach schleswig. im auto pennen. noch einmal die tour wie früher, nur bei 0 grad nachts im wagen. schön, abenteuer. sie, die alte dame, dachte immer, irgendwann wacht sie einfach nicht mehr auf. so habe sie sich das immer vorgestellt. das hat sie mir das ganze jahr über erzählt und sich entschuldigt, dass sie so viel sorgen bereitet. aber nun hat sie ja bewiesen, dass sie kämpfen kann – wieso bleibt ihr wenigstens jetzt ihr wunsch nicht vergönnt?

die zeiten des wartens auf den notdienst. spezielle zeiten, fast schon spirituell. nullzeiten, auszeiten, die uhr bleibt stehen. die gedanken und das adrenalin schweben. man weiss, etwas wird geschehen, etwas ggf. größeres. ein flimmern. wie oft hatte ich das jetzt schon dies jahr. loslassen, zurückholen. abschied nehmen, hoffnung schöpfen. innerliche achterbahnen. alles dabei? vollmacht, patientenverfügung, arztbriefe, medikamentenpläne, unverträglichkeiten?

draußen nebel, der erste november, so richtig zum einigeln.

schnell noch eine rauchen, gleich kommt der notdienst, heute ohne nebelhorn, dann ein fishermans-zitron für guten atem.

maxmoritz

MAX aus pakistan ist 16, hat paar jüngere geschwister, spricht nur Urdu, schreibt kein lateinisch und war fünf jahre in der schule. zuletzt hat er im ländlichen gebiet in der elterlichen landwirtschaft gearbeitet, ist muslimischen glaubens und über den iran und danach in irgendeinem container in einer wohl eher (gottlob) unspektakulären flucht kraft schleppern nach ungefähr vier wochen in karlsruhe gelandet.

max ist fallbeispiel – er ist ein unbegleitet minderjähriger flüchtling. warum das haus und die bewirtschaftungen der familie zerstört wurden, ist unklar. zu seinen eltern hat er derzeit keinen kontakt. sein wunsch kraft dolmetscher: eine berufsausbildung in deutschland.

ein durchaus bewegender abend in einem sehr engagierten landratsamt. mit rollenspiel und erfahrungen, die manche schon zu berichten wissen. da werden die ganzen sachen dann endlich mal konkret. machen und nicht immer nur quatschen. ein schönes exzerp: 14-jährige scheinen überall auf der welt erstmal ziemlich ähnlich zu sein. spaghetti, markenklamotten, häusliche hygiene, ketchup und in reaktion darauf ein gesunder gastelterlicher menschenverstand. (ich hab die kirschkern im kopf.) jenseits von kultureller herkunft oder religionen

beten kein problem, weder auf teppich noch am tisch. auch ganz konkret auf konkrete nachfrage: max würde aufgrund landratsamt sofort eine schule besuchen. zunächst ein jahr lang vor allem sprache und schreiben lernen, mit dem ziel, nach weiteren zwei jahren auf der berufsfachschule den hauptschulabschluß zu erreichen. danach ausbildung oder lehre. sollte der abschluß für ihn nicht zu schaffen sein (wider erfahrungswerte), dann gibt es die möglichkeit des „fachwerkers“, in dessen status man jederzeit aufstocken kann/könnte im (grundsätzlich jederzeit) nach oben offenen bildungs- und fortbildungssystem.

einige anwesende pflegeeltern berichten über die hohe lernbereitschaft und motiviertheit von jugendlichen flüchtlingen. sic! (dachte ich mir so.) und dass dies auch ihren eigenen kindern gewissermaßen ein wenig die verschlafenen augen geöffnet habe.

und auch: bericht über moritz aus mali, der zunächst nie seine kleidung ablegte im endlich sicheren bett. moritz war übers mittelmeer gefahren und hatte offenbar unglaubliches mitbekommen. nach tagen und nächten erst hat er endlich zu weinen begonnen. und schließlich auch mal sein wertvollstes, nämlich sein mobilephone mit adressen, rufnummern und dann auch fotos der eltern, der heimat und der reise seinem gastvater gezeigt. da kann man dann erstmal nur daneben sitzen und hände halten. und eben einfach da sein, egal wer man ist.

darum gehts bei moritz (fallbeispiel) dann vor allem.

das denk ich mir schon. denn darum gehts auch mir, besser uns, auch. aber um zoobesuche sowieso (und um handyspiele) und ums rennen durch den wald und tiere und pflanzen und TV gucken. vielleicht auch ums hecke-schneiden, mädchen oder das außenwasser abstellen, bevor es friert.

der alten dame und ihrer betreuerin hab ich vorsichtig berichtet von diesem abend heute. die alte dame öffnet darüber sogar ihr matschauge und will, dass der fernseher ausgeschaltet wird angesichts meiner berichte. sie denkt sich da rein mit ihren jahren und nimmt teil. sichtlich bewegt, obwohl sie ja gar nichts mehr zutragen kann, in ihrem zustand. ?. die betreuerin (großes herz!) ist zunächst skeptisch. aber das mit osteuropa kriegen wir auch noch hin. verweise da oft sensibel auf christliche grundwerte und die papstkeule hab ich ja auch noch zur not und die vorstellung, ihr wundervollster polnischer käsekuchen würde einst arabienweit bekannt.

alte dame fragt in die runde: WIESO zeigen die nicht mal sowas im fernsehen zur besten sendezeit, wie man denen helfen kann? mehrfach fragt sie das und ich frage mich das dann eben auch. hilfe, kleine hilfe, einfach mal basismenschlich, könnte im grunde so einfach sein. das landratsamt und alle behörden sind – jedenfalls hier – sehr unbürokratisch (so scheints mir) und sehr engagiert. für schwere fälle gibt es eine 24h-dolmetscher hotline jenseits von hand und fuss. und vernetzung scheint auch höchstangestrebt.

das nächste wird nun sein ein hausbesuch. noch ist nichts klar, auch wegen der beruflichen situationen, vor allem der meinigen. bin ich doch so allzuoft unterwegs und nicht vorm ort.

VERGESSEN nun bitte max und moritz, aus datenschutzgründen. aber es müsste doch irgendwie möglich sein, die eigenen angehäuften fähigkeiten und möglichkeiten irgendwie in dieser gesamtsituation zur verfügung zu stellen. stellen sie sich vor, einem geflüchteten max würde dadurch eine beispielsweise landwirtschaftliche ausbildung ermöglicht werden und der kirschkern würde vor augen geführt, dass ihre frei getragenen blonden locken keine selbstverständlichkeit jedenfalls weltweit sind.

oder max würde dereinst (in jahren), alt und grau, in islamabad einem TVsender berichten, wie er (vor jahren) notaufnahme fand und badewanne in einem dörflichen süddeutschen pfarrerinnenhaushalt mit familiären anschluß zu einer alten dame, die noch in lankwitz zu berlin ausgebombt wurde und deren leider viel zu früh verstorbener zweitjüngster bruder (RIP) im alter von vierzig sich als alternativgeschlechtlich – damals noch: schwul – outete. als rechtsanwalt. seine hauptsächlichen kunden waren übrigens arabische teppichhändler aus nahost im zwist in hamburg, freihafen, mit syrischen und afghanischen banden, deren teppichgelder in bordellen am persischen golf investiert wurden, möglicherweise, die heutzutage den IS alimentieren.

ich hatte heute abend den eindruck, dass auch die behörden alles daran tun, die großgeschriebenen verwaltungsbestimmungen zu verkürzen bzw. zu vermenschlichen. ein durchaus positives erlebnis, jenseits von merkel, der „grünen jugend“ oder internet oder intellektueller problemeinordnungsbetrachtung – es gibt da menschen der tat, überall, auch dort, wo man sie gar nicht erwartet hätte. ein ziemlich gutes erlebnis.

ich bin gewiss nicht naiv. aber wir werden sehen. und umso schöner, wenn sich noch mehr leute das einfach mal anschauen würden und sich informieren. ich glaube, man könnte da jede menge menschen einfach mit durchziehen. ganz einfach wie als nachbar, und ohne groß pipapo. wie rasenmähen, stammtisch oder skifahren im februar. oder kehrwoche (übrigens eine sozialistische errungenschaft, sehr zu unrecht geschmäht), eben grundsolide, ohne viele worte, eher in bereichen der tat.

es gibt negative hemdsärmeligkeit, aber eben auch positive (wie die köchin zuletzt sagt). Das Dorf erzieht die Kinder und alles wissen, wie denn alles wohl werden wird, das werden wir sowieso frühestens in zehn Jahren, aber auch das war ja schon immer so.

Schon lange wollte ich ja eigentlich einmal wieder etwas Erotisches niederschreiben, irgendwie erotisch jedenfalls, vielleicht vom Strand bei Büsum, in irgendwelchen Dünen, sogar mit nackten totalrasierten polyamourös teilmasturbierend gegenderten Heimlichbeobachtern um 1983. Nun aber kam mir heute in dies schillernde Anliegen profanmental ein Stuttgarter Szenegalerist dazwischen, hineingegrätscht, ein überaus dümmlicher Depp, noch nicht mal wahrscheinlich mit funktionierender Bindegewebsrosette im anständigen Hauptganglion eines Mindestmaßes an Geschäftsgebahren. Einkreisend unverschämt. Dabei wollte ich lediglich einen verliehenen Keilrahmen zurückhaben./ Also Stuttgart, das wird wohl nichts mehr mit uns. Und schließlich waren da ja vor Jahren auch genügend Gründe, wegzuziehen. Ich werde Dich von nun an nicht mehr in Schutz nehmen, so wie ich das lange Jahre furchtlos und treu getan habe, bis gestern noch, sogar im Hurricane der immerwährend blöden Berliner Herkunftsverleugnung.

reif

erstaunt über meine abwehrhaftigkeit gegenüber einem möglicherweise vorgegebenen blindenwarenverkäufer am gartentor. misstrauischer blick ihm nach beim wagenladen. wie ein hofhund. knurrend. verachte schlendernde rentner, die mir meinen flinken weg versperren. menschen, die wahrnehmungslos im weg rumstehen. die roten ampeln nehmen mir die kraft fürs alltägliche. verachtung gegenüber der eigenen gehetztheit. dasselbe bei der gereiztheit. träume von gestapelten kurven. als ob man kurven stapeln könnte. niedergang der diskussionskultur, als ob man diskussionskulturen stapeln könnte. und wo könnte ich mir eine burka kaufen. was kostet eine burka. ich bin für die wiedereinführung von grenzkontrollen, allein schon deshalb, weil das früher immer so spannend war vom rücksitz aus. kind sein, musik aus, freundlich schauen, schon zwei kilometer vorher die pässe bereithalten. man hat dann das alles ganz anders wahrgenommen, diese länderübertritte. anderes geld, umrechnungen. fremd sein. höflich sein. man war ja gast. auch heute noch empört es mich besonders, wenn ein wagen mit beispielsweise schweizerischem kennzeichen die geschwindigkeit übertritt. diese reaktion als exzerp von werten, für die generationen vor uns ihr leben liessen. der erste reif auf dem rasen, igel, versteckt euch bald im blätterhaufen.