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mutt

seit dem geburtstag des linken ist der rechte fuß etwas angeschwollen, typisch für mich solche sachen, eine greise psychokiste verbirgt sich dort mithin absolut ggf. sicherlich, wahrscheinlich eine alte verdeckte verletzung aus meiner glücklichen jugend, nichts tut zwar weh, aber gemäß dem doktor, einem hervorragenden diagnostiker, einem übrigens, der sich auch noch einfach mal die fingernägel seines gegenübers anschaut, ganz nebenbei, während er einen dann fragt mit fremden händen in den seinen, „wie’s denn so geht…“ – seiner meinung nach also wären meine füße der gesamttendenz nach etwas durchgelatscht, speziell ein zeigefinger arg belastet, na gut, was mich aber auch nicht stört, immerhin zwinkert er mir, der docteur, habe ich doch immer noch die schönsten fesseln, die ich mir vorstellen kann, schlank, sexy und schön zum zeichnen, nur eben der rechte fuss will mir gerade irgendetwas bedeuten, nur so ein bisschen, der will angeschwollen sein, mag sein ihm fehlt der schnee, vielleicht ist er aber auch nur sauer auf den linken. wer weiss, was die miteinander haben.

mich wunderts nicht, ich frage nicht. alle meine defekte waren immer rechts, alle vorbilder immer links.

oder nur erschöpft vom vergangenen jahr, der fuß. es ist nicht so ganz leicht, diese pflegesituation jetzt, detaillierte aufschriebe zu delikat und privat und sie verböten sich. es ist eben einfach nicht leicht und was muss das muss, aber niemand auch hatte je irgendwann einmal behauptet, dass dies capitel leicht würde werden wollen. ich halte mich an den mut, mut ist ja ein gemisch aus vertrauen, neugier, überzeugung und schnaps.

Rauhnachts-alegorie-novela

DSC01472

Man möchte ja den Text endlich zum Bild zwingen und unendlich umgekehrt. Die Position „man“ ist dabei oft hilfreich, mehr im bildnerischen Sinne, als im demokratisch textlichen. Das „ich“ sollte viel öfters lediglich gespielt werden, dann wäre es vielleicht umgehend weniger hedonistisch im Werkinnern und vermochte dabei sogar transformatorischen Trost freizusetzen. Das Subjekt, wenn es denn schon ausgedient haben sollte, könnte sich so – wenigstens noch – sehr nützlich machen.

silent dialogue/

Gestern, gegen Abend, ein kleiner redigierter Auszug vom Skype-Dialogue mit der Jugend (Tochter, 15) anlässlich des konkretfamiliären Vorhabens, ggf. demnächst zwei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen Hilfe, Heimstatt und Herz zu geben sowie eine behutsame Erstbegleitung zu ermöglichen:


[16.12.15 19:43:55] schneckswelt: übrigens, sag mal…

[16.12.15 19:45:10] schneckswelt: …die vom amt waren heute da… was wär dir lieber: 2 dreizehnjährige Afghanen oder 2 17jährige somalische ex-kindersoldaten ?

[16.12.15 19:45:20] kirschkern: hm

[16.12.15 19:45:30] kirschkern: die kindersoldaten

[16.12.15 19:45:34] schneckswelt: ok

[16.12.15 19:45:39] kirschkern: und dir?

[16.12.15 19:45:43] schneckswelt: wurscht

[16.12.15 19:46:16] schneckswelt: diese zwei Varianten „sind grad reingekommen“… ; )

[16.12.15 19:46:43] schneckswelt: aber alles sowieso erst nach dem 11.1.

[16.12.15 19:47:16] kirschkern: hey, dann gibt’s die schon an meinem geburtstag?

[16.12.15 19:47:27] schneckswelt: unter umständen ja

[16.12.15 19:47:40] kirschkern: cool !

[16.12.15 19:47:46] schneckswelt: yo

[16.12.15 19:48:07] schneckswelt: vielleicht bis dahin aber auch wieder ganz andere Jungs…

[16.12.15 19:48:18] kirschkern: schade

Jene Vorstellung erfüllt mich nun mit neugieriger Vorfreude und einer gewissermaßenen Metaallgemeinhoffnung, im Januarwinter 2016 dann könnten hier im gemütlich württembergischen Aufhaltzimmer auf Chaiselongue und angrenzenden Kissen zusammensitzen bei lecker halal Spätzle mit Tomatensoße ggf. eine vor langer Zeit noch ostpreussisch (Seestadt Pillau etc.) fluchterfahrene mittlerweile pflegebedürftige, gleichwohl kopfklare und am Weltgeschehen nachwievor altersgemäß neugierig interessierte alte Dame mit Matschauge/Rollstuhl, eine 15jährige blondgelockte und vegetarische Mitteleuropäerin noch ohne Kopftuch, eine bislang eher zuwanderungskritische weibliche Omabetreuerin mit dennoch ganz viel realfundamental christlichkatholischem Herz, ich (erschöpft), zudem zwei muslimisch somalische siebzehnjährige Ex-Kindersoldaten, der eine mit offenbar ehemals Koranschule und kaputtem Kriegsfuß (vgl. Auge/alte Dame), sowie eine protestantische Pastorenköchin dem spirituell Angewandten realsinnlich zugeneigt – alle relativgemütlich vereint vor einem Fernseher in einem süddeutsch unwesentlichen Dorf am Waldrand auf einem durchgesessenen 70er-Sofa und sehen sich den z.B. Winterlieblingsfilm der Kirschkern an, nämlich den TANZ DER VAMPIRE vom alten Sack Roman Polanski. So stell ich mir das vor. Mit somalischen Untertiteln. Und draußen fällt Schnee. / Wir sind, waren und bleiben eben ONE WORLD, kann man nix machen, übrigens ja nicht erst seit 2015, das wird oft ja gerade gerne mal vergessen. Können wir nichts dran ändern, aber Himmel warum denn auch, waren wir doch weltgeschehenstechnisch eigentlich schon mal: Viel weiter. Dachte ich.

Verzeihung für die Superadjektive. Das war jetzt mein erfundener Weihnachtstext.

cholesterine

Ulm

(…)
Wie bei den Cholesterinen mit ihren schädlichen und andererseits zugeneigten Komponenten gibt es ja auch bei der Melancholia eine schützende Variante. Diese vermag einen auf Bedarf fürsorglich zu umhüllen in ein pufferndes Wattepaket, wie der Nebel die Spitze des höchsten Kirchturmes der Welt. Und hält modernen Unrat fern. Vernünftig eingesetzt kann jene zudem zu künstlerischen Schönleistungen animieren und begleitet dann gerne innere Begründungen im Hinblick auf ein gesundes Seelenleben. / In Ulm war ich für zwei Tage und Nächte gewesen, ein kleines „Dirty Weekend“ (wie einmal ein humorvoller Kurator aus Nordlondon so etwas nannte), eine Stadt, die ja wie so viele stets vollkommen unterschätzt wird. Wie gut, dass wir nicht nur Berlin, Hamburg, München, Frankfurt, Köln und vielleicht noch Bremen und Stuttgart haben. Ein gehöriges Potential findet sich sicherlich ebenso in Augsburg, Würzburg, Leipzig, Braunschweig, Kassel, Memmingen, Ravensburg oder Lübeck. Und so weiter. Karlsruhe, Halle, oder eben Ulm. Dort muss man noch zeigen, was man kann und macht – und nicht einfach nur sein Dortsein als Qualitätssiegel vor sich hertragen, rezeptiv sozialmedial dann vereinfacht durchgewunken. Ich kokettiere ja gerne mit Lindau, Görlitz, Aachen, Kaiserslautern oder Biberach. / Die Atelierarbeit kommt gut voran, wie gut es tut, endlich zu Hause zu sein, die Versteckburg schläft jetzt, und den Gaul im Stall zu sehen, ungesattelt. Ruhe, etwas Erschöpfung vom Jahr und dem ganzen Pflegezeug, der Doc sagt „alles ok., schützende Cholesterine und Innereien, wunderbar.“, schöne Sachen stehen an im nächsten bildnerischen Jahr, ich freu mich da sehr drauf, das Laub gerecht, der Öltank voll, jetzt warten auf Schnee und die Weihnachtskirschkern und einen zweiten Rollstuhl fürs Outdoor, wenn die Kasse jasagt. Dazu eine frische Ehe, die gut läuft, so wie ichs mir nie hätte träumen lassen vor einer Zeit, die immer geräumiger wird mit der Zeit. Und vielleicht werde ich eine Soloschau in 2016 „Kriegsenkel et.al.“ heissen (süddeutsche Sprachstellung), da steht dann auch meine rote Vespa vor einem wilhelminisch gemalten superauratischen Photographenhintergrund und dazu die kleinen Zeichnungen meines Vaters aus der sibirischen Kriegsgefangenschaft sowie die devotionalisierten ungleichen lumpigen Wollhandschuhe, mit denen er an einem kalten Wintertag im Jahr 1949 plötzlich und unerwartet vor der Haustüre des kleinen Häuschens in Rechtenstein an der oberen Donau stand als Spätheimkehrer und abgemagert, aber unerschütterlich wohlgemut irgendwie, so heissts (während vielleicht ein paar Kilometer flussabwärts schon damals der Nebel die Spitze des höchsten Kirchturms der Welt eingeigelt haben mochte.) / Und auch heute hat mein Bruder Geburtstag, er wäre 59 Jahre alt geworden.

la dernière spaetzle fait à la main par une prêtresse en temps de paix avec de la musique américaine!

Foto
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(unradiert und fern der Heimat/ Ja natürlich habe ich gelernt, lernte und verinnerlichte und habe kapiertgutgeheissen und heiße das bis heute, gut, dass aus den Erfahrungen der Vorderen und zuvorderst Gefallenen oder äußerlich und innerlich Schwerbeschädigten diese Volksabstimmungen und div. Bescheide sensibel und penibel behandelt werdenwurden sowie eingeschränkt fortan in unserem wunderbaren und fast einzigartigen GG (Grundgesetz) nach Nazi, aber wenn das nun irgendwie heutzutage so ist, dass erst gestern irgendein Olympia per Volksentscheid abgelehnt werden darf, aber schon heute nicht einmal LE VOLK zu einem völlig undefinierten Krieg NICHTbefragt wird, dessen Herleitung per se mit einem emotionalinnerem Verständnis zunächst eier-, schmerz- und trauerorientiert ist und daher auf vor allem Blut-Rache-Gonadendingen usf., welche ja ihren Platz im Leben haben sollen und dürfen durchaus, beruht, jenseits lebendiger Vernunft, gemischt mit ja vollkommen verständlichen und nachvollziehbaren Brüderlich/schwesterlichkeiten, sich also daraus generiert und festigt, dann möchte ich hiermit (als durchaus vernünftig wehrhafter Mann/male im Normalrahmen incl. Hormonen) meinen heute schier unsäglichen auch Eierprotest bekunden, und zwar dagegen. Denn immerhin schaffen es ja sogar unterlegene Boxer (sic!, vgl. vorgestern), ihrem soeben überlegenen Kontrahenten zu gratulieren zum „Sieg“ und sich so zunächst einmal zurückzuziehen, um zu überdenken die Gegebenheiten, und sei es ein wohlüberlegtes Retour in vernünftiger Vorbereitung. Die Frage wäre also: Wo lernt man heute noch Vernunft. Und vor allem, wo und wie kann man sie endlich auch einmal vernünftig weiterreichen an unsere Nachkommen, ohne im Kreislauf der zu bedauernden Toten sich ewiglich wiederzufinden und ohne zu denken irgendwann, das ist eben so, ich bin eben so, wir sind eben so, das wäre ja ein Kniefall vor uns, und zudem ein Zurückweichen vor uns und unseren Gegebenheiten und Möglichkeiten, ganz wenige Hunde beissen ja die anderen tot, die wollen ja nur was wissen von dem, der unter ihnen liegt eine Zeit lang. Ich bin immer noch nicht soweit und möchte das wenigstens den Kirschkernen der Welt weitergeben, irgendwas aus dem 20.Jahrhundert, so, wie ich übrigens immer noch fast daran glaubte, dass das Weibliche das alles im Gesamten möglicherweise besser zu bewerkstelligen weiss und wüsste, gewußt hätte, allein wegen der verfügbaren Busen und deren FORM und dem doppelten X. Aber alles scheint auf Kippen und Halden derzeit, selbst dies und eigentlich schon länger wäre dann wohl das letzt Tabu in der niedergerissenen Tabougeschichte der globalen Leute will sagen Menschheit auf Suche nach Sinn und Herkunft, da wären wir dann wieder beim Ötztaler, seiner Morgenlatte und einer Tankstelle mit fosssilem Diesel im mittleren Westen oder im einst fairen Kurdistan. In einer Welt voller Auspuffe. /Verzeihung diese ewigen schnörkelreichen wiederholungen, dazu naiv, die ich seit nunmehr jahren, sie machen mich schlicht augenbrauenhochziehen, da ich anderes erwartete und selbst auch anderes geliefert habe mich bemüht, und gearbeitet an mancher reifung, also meine zeit versuchsweise nutzte, in den letzten zweidrei dekaden und den jahrhunderten davor nicht enden wollender schöner stunden, denn eigentlich bin ich sprachlos und will mir das nun auch -endlich bewahren. dürfen wollen. Meine wertvolle Sprachlosigkeit, daher Plätzchen dies Jahr wie immer: Herzchen mit Pfiff.)

Da helfen eben nur die letzten von einer Priesterin handgemachten Spätzle in Friedenszeiten und ordentlich amerikanische Musik. Das wollte ich wenigstens einmal gesagt haben.

je suis Billy Boy

speiß

In Raum 1.07, dem Vogelzimmer, ist das nun geklärt, der spätere Rauchabzug, der die Decke stört, wurde schon bald nach deren Erstellung geschaffen, oben am Rand habe ich geöffnet, wunderbarer Stuck läuft dahinter weiter, nur teilweise beschädigt durch die spätbarocke Ziegelhochmauerung. Darauf lediglich die erste farbige Deckenfassung, die Profile und Ornamentik dünn weiss gekalkt, dazu Deckenflächen in hellem zarten Rosa, Grün und Gelb, der Mittelspiegel hell Grau, die Höhungen der floralen Ornamente auf ockerfarbenem Anlegemittel blattvergoldet.

Da fällt mir ein, ich muss das Gold noch suchen an den Ornamenten im vom Kamin verdeckten Bereich, bisher habe ich das dort noch nicht gesehen, auch, weil ich dort noch nicht nachsah.

Morgen dies also, dazu nochmals begutachten die gestern ergänzte barocke goldene Schrift am Türfutter* vom Speißgang zum Turmgang sowie die mit Ölfarbe nachmarmorierten und retuschierten angrenzenden Bereiche. Das Türfutter zur Speiß ist fertig, ebenso die marmorierten Fußbodenleisten im Speißgang, wo die Schreiner die verkohlten Bereiche gekonnt ersetzt haben. Heute die neuen Fußbodenleisten mit Erstanstrich Öl versehen, hell-ocker, der Ton ist noch zu gelb, also dann beim zweiten Anstrich nachmischen, anpfeffern, ich bin ja Farbenfuzzi.

Die fußbodige Holzverkleidung der Wandtemperierungsstränge sollen neu maseriert werden, morgen dann hell unterlegen und trockenföhnen, so dass gleich danach die braune Ölfarbe auflasiert werden kann. Das Türfutter vom Wehrgang zum Turmstübchen heute mit Dammar-Bienenwachsfirnis eingelassen, ebenso das bereits fertig marmorierte bzw. retuschierte Türfutter von Raum 1.11 (Himmelbettzimmer) nach Raum 1.10 (Kabinettla). Dort das Türblatt heute fertiggeschliffen, nach Kittungen und Spachteln gestern, ebenso den Türstock, alles ist nun vorbereitet für die Lackierung in hellem Grau (Biedermeier), genauso wie dann die Türen zur Bibliothek bzw. zum Sternchenzimmer (1.08) bzw. wie das Türblatt und Futter von 1.08 zu 1.07.

Farbton ebendort nach Farbfächer und Absprache mit Besitzerin, Architektin und Denkmalpflege. Im „Sternchenzimmer“ sind die Fensternischen schon seit vergangener Woche fertig gestrichen, gebrochen weiss mit Emulsionsfarbe. Die Decke hatte ich trocken gereinigt, da der letzte weisse Anstrich wasserlöslich ist und hier keine große Maßnahme geplant ist, der jetzige Zustand mitsamt der um 1880 applizierten Makulatur mit von Hand aufgeklebten Bronzesternchen (seitens Urgroßonkel der Besitzerin) soll erhalten bleiben, ebenso die Wandtapete mit Floralmustern aus den frühen 1960er Jahren. Einige Risse an der Decke gekittet und zurückhaltend retuschiert.

Die zweiflügligen Doppelfenster hier ohnehin schon fertig, auch die äußeren Schlagladeneisen, alles in Leinölfirnis bzw. Ölfarbe, ich habe eigens dafür einen „Fensterplan“ angefertigt, damit man den Überblick behält, was noch zu bearbeiten ist. Das Leinöl stammt übrigens noch aus Beständen des Großvaters des Kollegen und ist seit mindestens 35 Jahren im Behältnis gereift. Die gemischten Farben passen, das ist schön. Den Meisen scheint der neue äußere Fensterkitt zu schmecken, überall an den vom Schreiner neu verkitteten Fenstern finden sich Knabberspuren. Hoffentlich ist das Material nicht giftig, was ich jedoch ein bisschen nicht ganz ausschließen würde.

Ich nächtigte in Raum 1.11, vergangene Woche, dem Himmelbettzimmer, auf einer französischen Matratze. Draußen stürmte es, ich war ganz allein im Anwesen, dem Schloß, besser: der Burg. Mit Mauer ringsherum und Wehrgängen. Ein paar Flügel der Fensterläden schlugen, da die Reiber sich querlegten. Trotz allem war da keine weisse Frau. Wobei, durchaus ein wenig unheimlich. Was wohl solch eine weisse Frau mit einem weissen Mann alles anstellen könnte?

Aber es ist ein guter Ort. Man spürt so etwas ja irgendwann. Eine „Versteckburg“, also eine Wehranlage ursprünglich, die sich versteckte, in dem sie nicht als „Höhenburg“ errichtet worden war, sondern in einer jähen und abrupten Senke auf einem Felsen dort gebaut wurde. Dies ggf. ein Datierungshinweis, denn die Erbauung muss vor der Verfügbarkeit von schweren Distanzwaffen, mit denen man hätte von oben nach unten in die Anlage hineinschiessen können, stattgefunden haben. Wahrscheinlich, so meint die Freifrau, sogar die einzige noch erhaltene in Bayern. Also sehr alt, im Internet steht „vor 1231“. Ich spüre aber, alles dort an diesem Platz ist sehr weit älter und von durchaus mystischer Anmut.

So langsam wird es kalt im Innern der Mauern. Morgen also diese Maserierung. In Baumärkten gibt es keine differenziert vorbereitenden Werkstoffe mehr, die eigenes Denken und Verstehen dessen, was man da vorhat, vorraussetzen bzw. gutheissen oder fördern würden. Noch nicht mal für den interessierten Laien. Nur noch Materialsysteme mit absurden Namen, zum Beispiel „Projektweiss“**. Oder „Aussenlasur-Holzterrasse“**. Oder „Pinsel-Rein“**, für Nitroverdünnung. Dagegen von Standöl keine Spur. Ich hätte gute Lust, eine Drogerie mit klar formulierten Angeboten zu eröffnen, die auf die Gebinde geklebte Etikettierung wäre handgeschrieben und die Preise dennoch oder gerade deshalb zivil. Wieso lassen wir uns diese Verblödung eigentlich gefallen – (so könnte man fragen, nebenbei. Wenn es nicht wichtigeres gäbe. Denn immer ja ist das Wichtige wichtiger.)

(vgl. dazu Wertedebatte).

Als belangloses Antipost zur Istzeit (ich mag ja sowas) erwarb ich gestern im Drogeriemarkt mal wieder ein paar bunte lustige Erlebniskondome, um zu überprüfen, wie diese heutzutage wohl aussehen mögen. Die Farbe und das Erlebnis an solchen waren mir immer etwas suspekt gewesen. Aber auch hier, bei farbigen Spaßkondomen („Bunte Vielfalt“), hat sich nichts verändert. Warum auch. Farbe bringt Leben ins Leben.

Beim Abschied in die Winterpause erzählte mir die Freifrau heute, auch sie habe als Kind mit den Geschwistern gerne heimlich Fensterkitt geknabbert, wie diese Meisen letztens. Leckeres Leinöl und Sägespäne, früher. Sie wurden aber nie erwischt. Die Fußleisten sind nun gut geraten, sowohl das hellockerfarbene Weiss, wie auch die Maserierung. Das Maserieren hat großen Spaß gemacht, es war mir Herzensangelegenheit. Nun also können die Schreiner die Böden bearbeiten, ohne dass die Stukkateure oder ich stören. Alles Material ist ordentlich verräumt, die Pinsel gereinigt, die Gebinde und Tuben verschlossen, die Eisen geölt und das weisse Winterkleid kann sich alsbald getrost um die Burg werfen.
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*INTERPONE TUIS INTERDUM GAUDIA CURIS
**da lachen ja die Hühner.