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/mein kinn ist deine briestschulter

die a.D. mag die B. nicht, sie hat sie sogar schon einmal „hexe“ genannt (woraufhin die B. sogar weinte und ich ihr am nächsten tag blumen besorgte, die ich der a.D. dann aber in rechnung stellte, schon aus metamoralischem prinzip), ich aber mag die B., weil sie so klar heraus ist und gute ideen hat mit der a.D., sie kümmert sich wirklich, sie war einmal krankenschwester, sie gibt der a.D. stets einen gutenachtkuss, auch wenn diese sie beschimpft hat und sie hält auch alles peripher architektonische am laufen (weshalb ich mich manchmal wundere, warum die a.D. die B. nicht mag, ist doch alles zu ihrem, der a.D., vorteil gedacht, auch der situation der grenzenlosen bewahrung von längst vergangenem), dagegen ich mag die S. nicht so vollständig, sie ist mir vielleicht zu lehrerinnenhaft in ihrer stille, ein bisschen hintenherum ist sie vielleicht auch möglicherweise hie und dort, und sie kocht meistens kartoffelpuffer oder pfannekuchen mit quarkfüllung und apfelmus dazu (oder quittenmus aus speisekammer, von der B. selbstgemacht im herbst aus garten), weil ihr nichts anderes einfällt und die a.D. ja eine „süsse“ ist, und selten gemüse, aber die a.D. wiederum mag die S., weil sie nicht so „laut“ ist oder sei wie die B., eher leise (ich finde, zu leise).

es spielt aber eigentlich auch garkeinerlei rolle, ob ich irgendjemanden mag aus dieser spezialrunde, das wichtigste und der vornehmlichste zweck an dieser inszenierung ist, die a.D. fühlt sich wohl und kann einen rest von selbstbestimmtheit sich erhalten am vertrauten ort und wird nicht andauernd bevormundet, wie in einem heim beispielsweise, wo sie doch ihr leben lang alles, wirklich alles, alleine geschmissen hat.

das ganze drumherum um sie hingegen, die organisation eines langsam vergehenden alltages, das ist ja mein ding, die einkäufe, arzttermine, rezepte, telefonate, die pflegekasse, die krankenkasse und die korrespondenzen und so weiter, wir alle tanzen ja um die a.D. herum, daher habe ich, denke ich, auch ein wörtchen mitzureden bei den Hexen. und wenn dann in dieser superweiblichen gesellschaft auch noch die kirschkern anwesend ist, und nochdazu die köchin ab und an, dann bin ich vollkommen allein als mann unter einem schönen riesengroßen haufen von frauen, aber dies habe ich ja gelernt von frühester jugend an, und ich mag das ja auch, ich mag ja frauen, im grunde sogar fast über alles. die B. macht dann oft einen schönen lauten witz, zum beispiel abends bei der tagesschau auf dem durchgesessenen sofa, welches demnächst rausfliegt, „haha, herr schnääck und seine frrraauähn! hahaha!“, dabei rollt sie dann das „R“ wunderschön und spricht das „E“ als „Ä“. einen solchen spruch würde die S. nie machen, die S. ist eher sophisticated (ihr schwager ist musiker) und wir tauschen uns manchmal in italienisch aus, wenn wir nicht wissen, was „fledermaus“ oder zahnstocher heisst.

doch oft flüchte ich dann nach anbruch des allgemeinen zubettgehens hinunter ins alte pfarrhaus zur köchin, meiner ja eigentlichen erstfrau oder ich bespreche dies und das mit der sich zum schlafen vorbereitenden und zähneputzenden kirschkern, die mir erst jüngst versichert hat, sie würde sich dann einst, sollte es je soweit kommen, ganz sicher um mein, ihres lieben vaters, gebiss kümmern und mich auch am rücken kratzen, dort, wo ich nicht mehr hinkäme.

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Oder ich sitze, wenn dann alle schlafen, im Atelier im Sousterrain und trinke Bier und Wein und Schnaps und rauche erstmal eine. Mal mit der Köchin oder alleine. Wenn ich alleine bin, dann denke ich mir oft ein altes Haus aus dem 19. Jahrhundert her, entweder in Backsteinbauweise oder mit massivem Erdgeschoss aus Naturstein und obenherum Fachwerk. Klar strukturiert sollte es sein, es könnte im hügeligen Oberschwaben stehen oder in Brandenburg oder der Uckermark. Der Eingang in der Hausmitte, gerne Hochterrain, rechts zwei Fenster, links zwei Fenster nach vorne, hinten ggf. mittig eine Küche, rechts und links Räume oder Kammern zur Lagerung und Versorgung. Mittig ein großzügiges Treppenhaus und die Diele, eine schöne Stiege hinauf ins erste OG mit rechterhand zwei großen Zimmern nach vorne und hinten, linkerhand vielleicht nach vornehin ein größeres Zimmer, hintenhinaus eine etwas kleinere gemütliche Schlafstube mit Abendlicht. Hintenhinaus die Fenster natürlich zum Garten, dieser müsste nicht zu groß sein, eher hofartig, in dem sich noch ein oder zwei, am besten mehrere Nebengelässe befänden, ehemalige Ställe oder Scheuen. Im einstigen Stall würde ich meine grobe Werkstatt platzieren, mit meinen Geräten und Sägen in metallenen Regalen und Zeug zum Versägen und verarbeiten, eine Dreckwerkstatt sozusagen, in der es auch stauben und splittern darf und in der alles herumliegt, wie es herumliegen will. In der großen Scheune wäre das Atelier, mit Maltischen für Kleinformate in Öl und einem Tisch für die trockenen Papiersachen und Platz für ein Archiv der gefundenen Dingwelten. An einer Wand dann nicht zu knapp Raum und Platz für mindestens zwei oder drei Großformate gleichzeitig, gut belüftet wegen des Terpentins. Im dritten Nebengelass würden sich Bibliothek und Gesamtarchiv befinden sollen, hohe und stabile Regale auch dort, die die unzähligen Kisten mit Werken vergangener Zeiten aufzunehmen imstande wären und noch Platz liessen für die Produktion hoffentlich vieler weiterer Jahre. Hier dazu noch ein abgetrennter Raum, vielleicht eine ehemalige Latrine, fürs Büro mit Rechnertischchen. In Atelier und vielleicht sogar auch Büro sollten ferner noch bequemere Liegestätten ggf. Platz haben, für den allzeit verfügbaren Mittagschlaf oder das kurze Verweilen während der Arbeit oder als Ruhestätte für Andere oder Sonstiges oder Liebeleien. Irgendwelche Balkone bräuchte es nicht, man würde einfach draußen sitzen und in der Gegend herumgucken.

Der Tag hätte dann 36 Stunden.

So etwas ähnliches hätte sich vor ungefähr zwölf Jahren einmal tatsächlich erwerben lassen, in einem vereisten Februar – für dreissigtausend der noch jungen neuen Währung, nördlich von Berlin, kaum hundert Kilometer in die Uckermark hinein, in der Dorfmitte des schönen Ortes Briest (wie Effi) genauergesagt, aber das sollte eben dann nicht sein (…). Was in der Nachschau der Gesamtgeschichte nicht nur wahrscheinlich besser war, sondern tatsächlich auch wohl besser, auch deshalb, weil diese ewige Suche ja niemals versiegen darf, auch wenn man weiss irgendwann, dass es diese blödsinnige ewige Suche ist und nicht das blödsinnige ewige Finden, schließlich kann nur ewiges Suchen gutsein, und nicht ewiges Finden, das wäre sonst ja paradox und unverständlich.

Selbst dann sogar, wenn alleine die seit dem Versterben des Vorbesitzers vor dreissig Jahren in einer noch anderen Republik sich dort in der ehemaligen Schmiede ordentlich aufgeräumt befindenden Werkzeuge, die im Kaufpreis enthalten gewesen wären, sich schon angeboten hätten, den endlichen Salär musealpreislich aufzuwiegen, wie ich seinerzeit akribisch und voller Vorfreude nachberechnet nächtlich hatte in Schöneberg (nächst David Bowie) nach Rückkehr von der zweiten Visitation. Aber was will man auch einhundert Kilometer nördlich B. mit 36h vom Tag, wenn ein privates Leben davonrennt und sich nicht schert um den reichen Inhalt von Dachböden eines alten pommerschen Mittelflurhauses mit noch gepflasterter Kutschendurchfahrt und vergilbten sozialistischen Printmedien aus vier Jahrzehnten. Dazu Kommoden, Schränke, Tapeten, sowie allein drei Ambosse und das alles aus mehr als hundert Jahren. Vielleicht hätte ich damals mehr in Richtung eines zukünftigen Ichs und nicht eines festhaltenden „Wir“ denken sollen. Eine ältere kleine achtlos verlorene Kinderpuppe hatte ich nämlich heimlich auf dem verschneiten Grundstück eingesteckt, ich bewahre sie bis heute. Die noch kleine Kirschkern war auch dabeigewesen, im rosafarbenen Schneeanzug, und auf der Rückfahrt gab es heisse Schokolade in Schwedt an der Oder. Tanken in Polen verwarfen wir aus Zeitgründen.

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Der Februar, wir können eben immer nicht so ganz miteinander, auch wenn Wassermann, mit denen ich eigentlich stets ganz gut auskam. Die sozialen Netzwerke befremden gelinde derzeit einmal wieder mehr mich mit ihren „Es freut mich, dass ich da und dort künstlerisch dabeibin…“ und vor allem mit ihren Verlinkungen auf potentwichtige Prominenzen, den mannigfachen Anbiederungen und dem zugehörigen Gesamtschleim, dazu ihrem ewigen Ausblenden von Erbschaft, Kabale, Körperflüssigkeiten, Lebensalter, Verkorkstheit oder Krankheiten und Ähnlichem. Aber so ist das eben.

die S. ist nun eingetroffen, wir reden über salat, die kirschkern schläft, die B. sitzt im bus und ich lege mich zur Ruh. mein knie ist deine schulter.

schöne mirage

kirchfembach

guitarren, akkordeonmassagen südfranzösich geschrammelt, mit pollensäckchen in schönem stoff gegen motten zwischen und bei eher altmodischen blusen, dazu in etwas wintermoll und alles wird gut /-melodie, (warum denn nicht, wenn alle über was anderes quatschen). die organisten freuts sowie die organisatoren und deren organisation, nochmals dazu dreingabe: posaunen ungedämpft mit diesen kaffeefiltern vorm gebläse. /leise rieselt eben manchmal der schnee und sein regen, wenns unbedingt sein muss.

Foto 5

Foto 5

Es ist ja im Grunde eigentlich kein Ratespiel, auch wenn es vielleicht so aussehen mag erstmal. Die Abb. zeigt einen kaum 20 cm langen Ausbruch, einen „Mauerschaden“ bzw. besser, einen „Deckenschaden“ in einer ca. 400 Jahre alten Verputzung eines Fachwerkhauses, ungefähr 1cm stark, über historischer Lehmschlagisolierung der Deckenfelder mit mannigfachen Anstrich- und Fassungsresten, allerdings ohne aufwändige Malereien etc., damit also nichts Herausragendes, jedoch als profan historischer Rest gleichwohl durchaus schützenswert. Rechts zu sehen die schon angebrachte neue Wandverkleidung mit brandfesten Gipskartongewebeplatten, die von den Putzern noch neu verputzt werden müssen. Bevor nun auch die Decke neu kaschiert bzw. abgehängt wird, wurden diese alten Reste an den Rändern gegen das Herabfallen gesichert. Im Fall des abgebildeten Schadens dauerte dies mit Hinterspritzen/-füllen und Anpressen an den Lehmträger und der Randsicherung ca. eineinhalb liebevolle Stunden. Das ist/war also eine Erhaltungsperformance. / Das Foto gefiel mir besonders nach dem Umwandeln nach SW, da es die Qualität besitzt – so dachte ich – vollkommen unverständlich und banal zu sein, keine lästigen Fragen hervorzurufen und keinerlei Aussage zu beinhalten, zudem wird es nach rechts hin unscharf und ist somit auch fotografisch im Grunde eine größere Fehlbesetzung. Aber genau das hat mir eben gefallen, die kleine Suche nach der großen Abwesenheit von Sinn. Ein Bedeutungsstillstand, der nach Null zumindest strebt und damit in der Tat so gut wie alles beinhalten könnte, was ist, wenigstens den großen stillen Fluß im besten Fall. /sic ; )

mc

Runde Fleischpastenscheiben zwischen angeblich regionalen Salatfetzen bei nächtlich ländlichem Autohofschnellessen industriemischgebietseits mitsamt daneben ein hell erleuchtetes Sportstudio in moderner Leichtplatte, wo noch ein paar Hanseln ihre Arschbacken stählen und dessen Weisslicht lange Schatten von blattlosem Streuobst auf gerade mal so nicht überfrierende Nässe der Bankette recht frisch geteerter Zufahrten zu Fernstrassen wirft. Sowas zu zweit im kleinen französischen Schwarzen genau mein Ding.

so schnell kanns gehen.

kein schnee
schnee

(Abb.: 14.1./15.1.)

Die rein heimischen Wochen enden nun, einige neue Arbeiten liegen auf dem Atelierboden, der auch mal wieder staubgesaugt werden müsste, ich bin sehr zufrieden. Auch mit dem soundsovielten Weihnachten, welches immer das letzte ja sein kann, seit Jahren schon, die alte Dame glücklich über so viel Zuwendung und Aktivitäten, zweimal haben wir sie zu viert die steile Treppe zur Köchin hinaufgewuchtet, auf dass sie teilnehmen konnte, die Kirschkern stets dabei, einige Spaziergänge am Waldrand im Rollstuhl, Restaurantbesuche und dörfliche Aktivitäten. Und nun beginnt das Baustellenjahr. Bin sehr glücklich über den derzeitigen Dieselpreis. Bei mir wird sich das richtig schön im Geldbeutel bemerkbar machen, diese unendlichen Kilometer. Froh auch über den Schnee endlich. Möge der die Zecken raffen. Die Versteckburg, die ich morgen früh ab sechs Uhr anfahren werde, ist mittlerweile ordentlich ausgekühlt. Die Architekten kennen ja keine Jahreszeiten mehr. Früher gab es eine Winterpause.
(…)
Auf dem schönen tief verschneiten Berggasthof liegt nun ein Haufen Schnee, sagt die Internet-Kamera.
(…)
Und auch das Ausstellungsjahr, so wie es jetzt aussieht, wird ein gutes Ding. Im März, im April und im September und wer weiss, was noch dazukommt. Immer wieder dieser grandiose Gedanke „Du müsstest lediglich vier Zeichnungen im Monat verkaufen“, das klingt erstmal nach wenig, ist aber nicht so einfach, wie es klingt, dann würde ich nicht mehr die Taschen packen müssen, Woche um Woche, Jahrhundert um Jahrhundert. Und doch, mal abgesehen von den Temperaturen jetzt, freue ich mich auch ein bisschen. Auf diese Art von Arbeit in der weiten Fremde, auf die Orte, den Kollegen, die Stuccateure, die Bratwürste und vor allem das immerwährende Heimkehren.

1grad

so bei ein bis zwei grad kaltem regen fallen mir immer unsere steinzeitlichen vorfahren ein. wie sie schnatternd in irgendeiner nassen höhle sitzen den ganzen winter über und kleine flöten schnitzen und pferdchen aus den abgenagten knochen von säbelzahntigern aus langeweile und kaninchen jagen. und in pfützen gucken und sich dabei selber sehen und erschrecken. und hinten in der höhle frieren die säuglinge und alle naslang stirbt jemand an grippe und keiner weiss, warum. auch weiss noch niemand, warum im winter mit diesen kurzen tagen und langen nächten die laune der sippe gegen null strebt. beim ersten schnee dann aber sind gewiss auch schon damals die kinder den höhlenbuckel hinunter zum gefrorenen bach auf dem hosenboden gerutscht und die steinzeiteltern haben sich darüber gefreut und sind gelegentlich auch mal mitgerutscht. dann haben sie aus positiven impulsen, von denen sie gar nicht wussten, was das ist, ihre hände an die höhlenwände abgepaust mit kalter rostiger matscherde und überlegt, wozu ein rad gut sein könnte.