der böse mann

verbot von „ade“ und „grüß gott“, stattdessen verschreibe „tschüssi“ und „guten tag“ und jeden dritten tag fahre ich durch die engen gassen der stadt mit laut nick cave und fenster auf, schon komisch in dem alter, ist mir aber wurscht, weil ich krieg immer einen parkplatz, auch wenn sie jetzt alles beruhigt und verökologisiert haben. und dann sitze ich eine halbe stunde auf dem pipimarktplatz, raucherdeckchen um die hüfte, trinke einen cafe und schaue den jungfamilien mit wunschcarport hinterher, oder den schwebenden studenten der vergleichenden kulturwissenschaften vor fachwerk, während ich überlege: den newsletter der domäne dahlem könnte ich eigentlich auch langsam mal abbestellen, tu ich aber nicht, denn mein kind soll keine vorstadtperle werden, nicht mal in gedanken und skifahren werden wir diesmal am kreuzberg zu kreuzberg! die schlecker-polin schielt mir beim einkauf heimlich auf meine zähne mit ihren ostblockaugen, corega-tabs und haftkreme für die alte dame in der nachbarschaft, früher wäre mir so was peinlich gewesen, heute ist mir auch das wurscht, nur bei kondomen werde ich fast immer noch rot. mein auto ist grün, ich müsste mir hier eigentlich einen ‚FORST‘-aufkleber besorgen, das würde verblichenes berliner kennzeichen kompensieren, wobei dieser gedanke genauso kindisch ist, wie mit laut nick cave durch die stadt fahren mit beide fenster auf, schließlich ist die versicherung hier billiger, weil hier alle langsamer fahren, weil hier alle FÜRCHTERLICH langsam fahren, weil hier alle warten, bis die ampel wieder rot wird, weil hier alle so gesättigt scheinen, so träge, so eingesponnen in ihren reichtum und in das seit jahren und auf jahre gepachtete gute. na ja, nicht alle, aber fast alle jedenfalls, immerhin bin ich ja eigentlich auch eine vorstadtperle, so gesehen. kleine rundfahrt also, geldgeschäfte in der ortsteiligen bankfiliale, die unterbeschäftigte beschäftigte hat heute wieder ihren pornoblick gesetzt, bei penny dann noch schnell schweinefilet holen und zwei flaschen campari für die alte dame, beides im angebot und „mit männern kann man ja nicht sparen!“. unten in der stadt findet gerade der alljährliche schokoladenmarkt statt, man kann sich dort überflüssigerweise in schokolade baden lassen oder prima handgeschöpfte politisch korrekte tafelgebinde kaufen, stück ab dreisechzig aufwärts. ohnegleichen beim bleichen schleichen, blass verglichen, geschätzt geritten: DER BÖSE MANN, der hinter den büschen im wald wartet, der bin jetzt ich! denn ich bin nicht mehr der, der bei dunkelheit im walde angst vor den gebüschen hat, sondern ICH bin jetzt das wesen, welches den anderen das grauen lehrt! unendlich wiedergeboren und mit eintausend leben im gepäck, um ENDLICH den vorstadtperlen mit ihrem carportwunsch, dem carportwunsch mit seinem opernwunsch, dem opernwunsch mit seinem vorstadtperlenwunsch, dem vorstadtperlenwunsch mit seinem wunsch nach harmonie und der harmonie mit ihrem wunsch nach philharmonie das fürchten beizubringen! und zwar in einem vier jahre alten nick-cave-t-shirt mit fenster auf, wobei mir dabei marlene in nördlingen einfällt, die mir einst, nach einigem an firlefanz, mein herman-brood-t-shirt abschwatzen wollte, es ist ihr nicht gelungen, auch nicht im offenen kleide im offenen lada-combi, auch wenn sie mir damals versprach, ich könne gerne noch einen bösen dunkelblauen tag länger bleiben, was ich nicht tat.

10 Gedanken zu „der böse mann“

  1. Wie wär’s mal mit einem gemeinsamen Kaffee auf dem Pipimarktplatz? Ich ziehe meine Jeans mit den breiten Rissen unterm Knie an, eigentlich komisch in dem Alter, zumindest hier in *piep* und als Sohn von *piep* und ringsum *piep*, und als ich neulich meine tochter (jetzt schreib ich auch schon klein) von einer freundin abgeholt hab in dieser hose mei der vater hat vielleicht dämlich irritiert geschaut, jedenfalls schon ein wenig, so alles, also dann jedenfalls, mal auf dem pipimarktplatz, was meinen sie, und ich bring mir was zu rauchen mit und verkneif mir eine weile das gesieze.

  2. gebongt würde ich sagen! lästern in raucherdecken auf dem pipimarktplatz mit webcam! ha! beschimpfen! diese jung-paare mit schlaghosen und che-button, die noch nicht mal einen nagel gerade reinhauen können. diese gestopften tralla-studis/innen mit vaterchens scheckbook und aber untervögeltem gendermagisterthema. diese lehrkräfte mit dünnen ärmchen und wallawalla-haaren und heimlich proletarischer geliebter… / das wollt ich gestern abend gerade in heiterer stimmung schreiben, als das telephon schellte…

    lieber books ’n more, liebe nanou, beste kaisersisi, beste lotta, lieber schein, seien sie bedankt!

    /…
    und mit der ersten ananas
    kommt auch das erste ‚du‘,
    bananen, apfelsinen,
    man kriegt kein auge zu…
    (insterburg und co., „hallo fräulein lisa“)/

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