St. Maure de Tourraine, das wird es nun wohl werden. Es kneift sich mit der Reife. Dort aber allerdings kommt Luft in die Reifen und der Regen wird – endlich – zum Segen. /(kursiv) und glauben Nicht, ich hätte mich und sich seither nicht noch weiterentwickelt. Gesetzt, gelegt und voll linder west-östlicher Drohung.
Es wäre also in Oberschwaben gewesen, Busen hätte an Bussen, die obere Donau mit all ihrem Lustschlängeln, gefüllt mit roher Milch und Lochkäse am Ufer bei Rechtenstein und ähnlich der Loire. Und ich, ich kann kein Französisch. Aha, wenn alle Dinge im Irgendwo landen würden, da wäre kein Gelbes vom Ei mehr, was doch so vonnöten war. Laß es laufen, und dies bitte gnädig – ich beiss‘ nicht in Dein Croissant, niemals werd‘ ich da reinbeissen. Im Beisein, im Dasein, im Dabeisein. Und schon gar nicht: Gleich. Oder vielleicht doch.
Der Himmel über Greding, ich fuhr LADA, sie war lackiert. Ich als Lehrkraft, schwer vermittelbar.
Wir probierten. Wir machten Tests. Nichts geht über.
Von „die Mädels vom Immenhof“ über „Jetzt kommt Kalle“ bis zu „Türkisch für Anfänger“. Die Ferien sind vorbei. Das Einrad steht schon lange in der Ecke, in irgendeiner. St. Maure de Tourraine. Wir googelten vor allem Käse und mussten lachen. Und dann kriminalisierten wir und hatten Ergebnisse um tausend Ecken. Den Ort, die Provinienz, die vermuteten Austauschgeschwister. Alles anhand einer belanglosen Mailadresse der Mdme Mama. Offiziell werden einem Ort und Familie erst mitgeteilt, wenn alles bezahlt ist, in Vorkasse. Im Dezember, dann, nach der letzten Rate, im Patchwork vierzehnhundert pro Nase.
(„Ich konnte einst Griechisch“, sagte ein ungelogener Kreter.)
Wir fuhren Vespa, die Kirschkern zum ersten Mal hinten drauf auf sowas, und als wir dann irgendwann wieder vor der alten Garage standen in der gleißenden Herbstsonne, die ihr Licht im Kegel über die frisch aufgezogenen Weisswandreifen auf den gegenüberliegenden neodekonstruktivistischen Carport warf, sagte sie mit ihrem speziellen Ausrufungszeichen im Wortlaut, der keine Fragezeichen mehr zuläßt: „SO WAS MUSS ICH IRGENDWANN AUCH HABEN!“ Das hatte sie schon im Kinderladen so gemacht, nicht oft, aber wenn, dann gesalzen. Wenn ihr etwas ganz besonders wichtig war. Oder auf den Senkel ging. In ihrem Gehör und in ihrem Gesamtsein. Sie wurde auch nie gebissen. Alle anderen bissen sich kreuz und quer, ein Massaker. Sie aber – wurde nie gebissen. Schön und seltsam. Das ist offenbar ihre Spezial-Aura, die sie entweder hat, mindestens aber herauskramen oder aktivieren kann. Ich bewundere das. Das ist auch nicht etwa eine niedere Taktik ihrerseits zur alltäglichen o.a. Vorteilsnahme*. Das ist eben einfach so bei ihr, für besondere Vorgänge und vielleicht, wer weiss, weiss sie sogar nicht einmal darum.
Der Himmel über Greding. Am Turm stand geschrieben weit oben: „VIDET OMNIA“. Das haben wir dann restauriert. Darunter haben wir ein dazugehörendes Gottesauge relativ neu aufgemalt, das alte war recht verbraucht gewesen**.
*Beim Einsteigen in den Bus und der vorgehenden Fahrgastkontrolle liess sie sich wieder und wie so oft abdrängeln von dicken älteren Damen oder verwöhnten Studenten, dass es mir das Herz bricht in meinen drei beobachtenden Metern parentaler Lebewohlentfernung. Es scheint ihr nicht wichtig zu sein, diese Situation von Gerechtigkeit oder Empörung über (fehlende) Fairness und Kinderstube. Oder sie weiss, dass ich das genau beobachte – und opponiert gegen meine Gedanken. Und dass ich die Drängler in solchen Momenten mit unedlen Parasitenwünschen versehe im Intimbereich, still und leise nur, ganz pädagogisch. Wie schwer mir das immer noch fällt, mich da angesichts ruhig zu verhalten.
**Wir haben sogar feststellen können anhand der Malereireste und Ritzungen, dass sich der barocke Maler verhauen hatte in seinem ursprünglichen Aufriss. Aus einem gleichschenkligen Dreieck hatte er – zugunsten der formalen Gesamtsituation im Hinblick auf die Turmarchitektur – ein nach Westen hin übel verzogenes Dreieck korrigiert. Diese Korrektur übernahmen wir jedoch schlussendlich, da sie technisch, gedanklich und damit auch mikrochronologisch nachvollziehbar gewesen war, vor allem aber: So charmant.
Man muss ja heutzutage immer alles begründen***: Wir haben den Garten gerichtet, die Schläuche abmontiert und das Wasser abgelassen, die Tonnen umgedreht, den Rasen ein letztes Mal gemäht, die restlichen Strünzel versägt und kleingemacht und die vielen schönen Äpfel alle ins Gebüsch geworfen, ein paar allerdings liegengelassen für die Vögel. Wie immer. Und wir haben eine Salamanderin gerettet. Sie saß mitten auf der kleinen Strasse in Waldrandrichtung, die normalerweise nur die Betrunkenen befahren, nachts, vorbei am Blasen. Direkt hinter der Waldpassage, dort, wo die Bahn knickt. Hielten eilig an und beschlossen, sie schnell hinüber in die Wiese zu tragen, da wir bereits am Stadtrand bemerkt und gesehen hatten, dass die doofe Gabi hier gleich vorbeikommen würde. Die doofe Gabi, die dann wahrscheinlich in ihrer Blödheit und aufgrund der ihr seit Geburt anhaftend fehlenden Allgemeinaufmerksamkeit die Salamanderfrau garantiert überfahren würde. Schon näherten sich gefährlich die doofen Lichtkegel, wir sprangen beherzt in den Wagen und siehe da: An uns vorbei fuhr die strunzdumme Gabi. Sie hatte nicht einmal bemerkt, dass wir es gewesen waren, die da am linken Rand des Weges angehalten hatten.
***Gott schütze die Salamanderin. Hoffentlich war es die richtige Richtung, in die wir sie getragen hatten, und hoffentlich drehte sie sich später nicht etwa um und verfluchte uns als vorauseilende Gutmenschen mit Vorurteilen gegenüber Gabi, um dann kurz danach ggf. vom überaus sympathischen Winfried überfahren zu werden, ohne, dass der je etwas davon bemerkt hätte, überhaupt.
Wir probierten. Wir machten Tests. Nichts geht über.