lotto war nix. gegen zehn mit der S-bahn zum P-platz, dann durch die leere stadt. hauptsächlich muselmänner unterwegs, so kommts mir vor, und ein paar touristen. vorbei am mahnmal, das ich nach anfänglich großen zweifeln doch immer ‚gelungener‘ finde, wenn man das überhaupt so bezeichnen darf/kann. als das noch eine brache war, da hätte ich mich beinahe noch ganz selbstbewusst beteiligt am wettbewerb. die idee war, diese brache, im herzen der stadt und millionen an immobilien wert, diese brache einfach umzäunt brach liegen zu lassen, den dingen dort unberührt ihren lauf zu gestatten. als ein zeichen für sprachlosigkeit angesichts des grausamen sachverhaltes und ein zeichen für demut durch die erkenntnis, dem nichts hinzufügen zu können und vor allem: das gar nicht erst zu wollen. das fällt mir wieder ein, und dann weiter also entlang an den kleinen kiefern, die dort am rande wachsen, kiefern finde ich immer gut. die neue US-amerikanische botschaft endlich mal gründlich in augenschein genommen, dem wachmann frohe weihnachten gewünscht, der wachmann wünscht freundlich zurück und ich überlege, wie dick diese stahlbetonmauern wohl sind und wie dick das panzerglas der eingänge und fenster und wie viele waffen wohl dort hinter diesen mauern lagern für irgendeinen notfall. na, auch wurscht. am BB-tor ein paar busse, alles ist da ja jetzt schön ordentlich. als das ding restauriert wurde, da hatte ich einmal die gelegenheit, hoch hinauf zur quadriga zu steigen. das war sehr beeindruckend, das ding ist nämlich viel höher, „als wie es aussieht“ (süddeutsche sprachstellung, nicht?). und irgendwelchen möglichen enkeln werde ich dereinst auch die wenig besondere belanglosigkeit erzählen können, dass ich da oft mit dem auto durchgefahren bin, als man das noch durfte, nachdem man es jahrzehntelang nicht durfte. und so weiter im leichten nieseln unter den linden, immer noch leer, vorbei an der russischen botschaft, in der ich zusammen mit dem bildhauerkollegen einmal eine ausstellung hatte, anlässlich einer preisverleihung (ein kunstkritiker-preis!). das war toll damals, der geruch von kaltem krieg, rosenparfüm und ost-diesel. unsichtbare abhörszenarien hinter riesigen schweren weltpolitischen vorhängen, wir fühlten uns wie die james-bonds des kunstbetriebes und haben dann dem relativ hochkarätigen preisträger unsererseits ganz frech einen „pokal“ überreicht, mit dem kleinen am mikrophon geäußerten zusatz, dass es ja immer wieder die frage war und ist, ob wohl ‚der ornithologe ohne die vögel‘ existieren kann, oder doch eher ‚die vögel ohne die ornithologen‘. so ganz ohne vorbehalte konnte ich eben noch nie auf kunstkritiker zugehen, jener hat sich unsereinem auch nie wieder angenommen. weiter unten dann der herrlich freie blick auf das rote rathaus, so ganz ohne palast und schloss. am besten, sie würden da gar nichts hintun. ich war ja heftig für den erhalt des palastes, auch vom zweitberuf her. asbest etc. muss immer herhalten für ab- und verriss, anderswo kann man dies und das aber auch sanieren, wenn man denn will. und in ein paar jahren werden sich die stimmen mehren, die ihn, den palast, vermissen als architektonisches symbol eines teiles der deutschen geschichte. wahrscheinlich wird man dann das bis dahin rekonstruierte schloss wieder abreißen (‚asbest‘?), um den palast wieder aufzubauen. so wirds kommen. vorbei dann am dom, man hört orgel und predigt bis nach draußen, wahrscheinlich der bischof huber? überlege, spontan hineinzugehen, aber es ist wegen überfüllung geschlossen. auf der monbijoubrücke (schönste brücke, die wo ich kenne – süddeutsche sprachstellung, nicht?) die immerwährende akkordeonspielerin, ganz alleine hockt sie da, es ist kein mensch weit und breit zu sehen. ein seltsames bild, sie spielt und spielt und spielt und keiner (außer mir) hört ihr zu. vielleicht hat sie ja für mich gespielt, ich mag nämlich akkordeon und will das immer noch mal lernen, irgendwann. in „mitte“ (sprich: ‚mütte‘ / ich versuche, das wort mit spitzen fingern zu vermeiden, wo es nur geht…) war ich lange nicht mehr, leergefegt. das mobile klingelt, der lieblingszweitberufkollege meldet sich, es gab gerade KALBSBRIES MIT DUNKLEM BIER! und sie sind super gut drauf, was mich freut. in der G-straße fällt mir dann ein, dass hier doch jemand wohnt (mit weblog), den ich kenne, ich suche ein paar düstere klingelschilder ab, da ich die hausnummer vergessen habe, ich hätte spontan geklingelt, aber es soll wohl nicht sein. per telefon meldet sich der bildhauerkollege (der wo jetzt gerade in schweden wohnt – süddt. sprachstellung, nicht?), sie werden würden noch weitere fünf jahre dort bleiben werden (schwedische sprachstellung?) und wann ich ihn denn besuchen käme. keine ahnung, aber ich gehe jetzt in den W-engel, denn dort haben wir beide oft gemeinsam am tresen die welt und die frauen im gesamten übergeordnet eingeordnet, aber das ist auch schon wieder ein weilchen her. macht nichts, ich trinke eins auf dich und er trinkt eins auf mich. also zur U-bahn, diese linie wird wohl demnächst die meinige öfters sein, entsteige am M-platz und schlendere an der galerie vorbei über den O-platz hin zum W-engel, der W-engel hat aber leider geschlossen, ausgerechnet heute, wo ich mich doch gerne barseits platziert hätte, denn schließlich – so fällt mir wieder ein – wollte ich doch noch ausschau halten nach etwas zum „weihnachtsknutschen“. nicht wirklich, denk ich und: na gut, dann eben heute nicht, denk ich; stattdessen denke ich, dann fahre ich eben so langsam wieder nach hause, was ich tat und nicht einmal die J-bar gegenüber konnte mich noch in sich hineinlocken, eher noch das große glas schönen roten bioweines, welches ich mir dann in heimischer stube genussvoll in mich hineingönnte. das neue atelier-nord ist bereits zugesagt, das alte noch nicht gekündigt, die frist bis zum jahreswechsel werde ich mir also ebenso genussvoll, wie es der rote biowein war, schwermachen, denn es hängt ja schon eine menge daran, an schönem, an nicht so schönem, an vergangenem und an sehr jetzigem zukünftigen. hingegen das neue, es ist, was es wäre: auch schön und neu, etwas realistischer am neuen leben-nord und grundgünstiger. aber wie soll ich das bitteschön dem kirschkern beibringen? und was ist mit den lieben nachbarn und den schönsten stufen, die (wo) es gibt? lotto, das wärs gewesen! aber ganz schön langer text jetzt, was? und ganz schön viel „ich, ich, ich“…? wurscht, ist ja herzlich feiertage.
sehr schöne sprachstellung übrigens : an einen himmel gerichtet, der keine richtungen kennt und’s deshalb richten wird! herzlich schein!
Dann ging mein Gruß wohl in die falsche Richtung. Macht nichts, es findet alles seinen Weg.
Herzlichst B.
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es/er wird! ;)
die Akkordeonspieler (http://www.flickr.com/photos/weltentanz/3136183635/) ebenfalls. Die sitzen immer garantiert auf der Museumsinsel und auf der Brücke vorm Hauptbahnhof.
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auf den himmel, lieber schein, hoffe ich stets, sogar beim kaffeekochen. großen dank. herzlich schneck
[…]
Schöne W-Wanderung, Herr Schneck! Seit langen Jahren schon Stadt-los, verkeile ich meine Blicke ins Gebirg, wo’s geht. Aber so ein eindringlicher W-Text kann plötzliche Sehnsucht auslösen nach dem in der Erinnerung Geborgenen. Fröhliche …!
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oder julius-leber-brücke… ;)
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nix gegen das gebirg. und ebenso fröhliche… gehabt zu haben, frau alma!
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die geräusche und töne ändern sich, der hall, je tiefer man sich hineinbewegt. das ist das eindrucksvollste am erdinnern.
das nur muselmaenner unterwegs waren, warum verwenden sie diesen komischen ausdruck?
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was haben sie gegen muselmenner?