glöckchen in delle

zettel auf hellbraun, glöckchen in delle, tröpfchen auf schwelle, getriebe im sand. winterreifen, sommerreifen, herbstreifen, frühlingsrollen. reifglätte, eisglätte, schneeglätte. überhaupt: schnee! von gestern, vom letzten jahr, verweht, gebrochen, gepflügt, gestürmt, gestöbert. gerollte dachböden, kisten, schubladen, schubkarren. überhaupt: schub! (überhaupt: laden!). sie schob den laden beiseite und die sonne rollte hinein. sie rollte den laden beiseite und ließ die sonne in den laden. rollkragen, rollwagen, rollberge; berge voller glück, täler voller pech, flaches land. sie schob laden und strähne beiseite und ließ die rolle sein. tröpfchen auf schwelle, getriebe in sand, das glöckchen in delle, es verschwand.

vier/fünf?

der türke meint, „das ist kaputt!“. ich geh vor den stand und sag „das ist nicht kaputt! wo ist das kaputt?“. wir schauen uns das ding an, es ist nicht kaputt. „das ist kaputt, hier!“ sagt er und zeigt auf eine stelle am gerät, die nicht kaputt ist. ich sag „das ist nicht kaputt, hier. neun euro.“. er sagt, da drüben wollen sie fünf euro und „drüben nicht kaputt!“. ich sag, na, dann gehen sie doch nach da drüben und hier ist auch nichts kaputt und bewege mich wieder hinter den stand. er läuft weiter, dreht sich dann um und sagt „ist fünf euro ok?“. ich sag, ok, fünf euro ist ok. zwanzig minuten später kommt er wieder, nimmt das ding und sagt „das ist kaputt!“. ich sag, „nein, das ist nicht kaputt. war vorher nicht kaputt und ist jetzt nicht kaputt!“. er nimmt das ding in die hand und reicht mir einen fünf-euro-schein über den tisch. „also vier euro“ sagt er. ich sage, „nein, fünf euro.“. er sagt „vier euro, kaputt. rost!“, ich sage „nein, nicht kaputt, kein rost, fünf euro!“. schaut mich jetzt drohend an, fordert den einen euro von mir und das ding scheint in seiner vorstellung bereits in seinen besitz übergegangen zu sein. „vier euro!!!“ schreit er mich plötzlich an. ich reich ihm den fünf-euro-schein zurück über den tisch und sag „hier ihre fünf euro und sie legen das ding da jetzt wieder hin und gehen dann einfach ganz schnell weiter!“. wirft mir den fünfer hin, bösen blick dazu, steckt das ding ein und zieht ab, meine augenschlitze in seinem rücken. manchmal hab ich keine lust mehr auf flohmarkt, vor allem im oktober, zu dunkel, zu kalt.

reh-test

die regressiven späße scheinen einer art von kindlichem selbstsversuch zu entwachsen, wonach überprüft wird, wo sich just die möglicherweise gereifte persönlichkeit befindet. ist es (aus sicht des kirschkerns) immer noch genauso witzig wie vor zwei jahren, dem sich morgendlich von oben her nass reinigenden männlichen erziehungsberechtigten das kalte zahnputzwasser unter dem duschvorhang hindurch auf die füße zu kippen, worauf dieser über gebühr lauthals erschaudert, tag um tag, jahr um jahr? und/oder hat sich unter umständen die reaktion jenes warmduschenden vielleicht um eine nuance verändert? und wenn ja, ferner wohin? oder sollten diese dinge vielmehr doch endgültig ersetzt werden durch reifere späße, beispielsweise ein ausgedehntes und lustiges „äpfel-matschen“ mit den rechtsseitigen reifen des kfz. mitsamt anschließend penibler supervision des erfolgten erfolges im rückspiegel? oder etwa durch die immer wiederkehrenden, mithin köstlichen, grenzerfahrungen in bezug auf die von jung und alt gleichermaßen geliebte „elchtest-kurve“ auf dem sog. ‚reh-weg‘ (8%, 40km/h)? ach, groß ist die jugend, das alter auch und die zeit sowieso.

früher tran

draußen fallen die äpfel jetzt im minutentakt, die frühglocke läutet übers tal und ruft zur dörflichen mühsal. ich ahne, es schmeckt in der luft, ich weiß nur noch nicht wann: leuchtend hellblaue augen zu sehr dunklen haaren vermögen mich fast immer noch umgehend flachzulegen.

in der ferne

im „brown sugar“ gewesen, mit den stuccateurkollegen. reservierter tisch, fünf stunden lang zu laute musik, aber wenigstens die neue von AC/DC, immerhin. eine gute truppe, die baustellentruppe. der mit dem fehlenden lungenflügel ist vor fünf wochen großvater geworden (fünf kinder, drei mütter und jünger als ich, WOW!), wusste ich noch gar nicht. der cabriofahrer modelliert gerne in seiner freizeit rolling-stones-zungen. dan, der musizierende kalifornische malerhelfer, rät mir vom porsche ab und ich glaube ihm sogar kurzfristig durch seine brille, er ist der ältere. und der älteste mit den lachenden augen (er schreibt rechnungen und angebote immer noch mit hand, alle belächeln ihn deswegen) erzählt vom LSD damals in ansbach und wie er sich und ein paar desertierte amis selbst einliefern wollte ins krankenhaus (es aber dann doch gelassen hat). und dann, zwei tage später in gutmenschtown, das hundertsoundsovielte stiftungsfest, ich bin seit sechzehn jahren zum ersten mal auf dem haus in prominenter lage. bin ja ‚alter herr‘ (aber ich kann es begründen und entschuldigen!), kein normales mensurdingens, nein, eher ein aufgeklärter haufen. es ging um die drohende auflösung der ganzen sache, aber es gibt doch tatsächlich junge leute, die wieder utopien entwickeln. also keine auflösung, stattdessen sogar ausbau des verbindungshauses. akademisches prinzip sowie männerausschließlichkeit wurden bereits um neunundsechzig abgeschafft. und wir haben später den korporierten farbenträgern „kappaseckl!“ nachgerufen und manch einen wirklichen schmiss riskiert dabei, denn die echten burschenschaftler fanden das nicht witzig bei ihrem blödsinnigen mai-singen. wir haben den germanen und den schotten die fahne vom dach geklaut und albert schweitzer ist ehrenmitglied (soviel zur entschuldigung). und jetzt ist es schön zu sehen, dass nach jahrgängen von reinen geldehrgeizlern visionen nachwachsen. da macht der generationenvertrag spaß, die alten finanzieren den jungen den raum zur erprobung, leitbild oder irgendein codex werden aus prinzip nicht formuliert (schönes prinzip, nicht?). da krieg ich richtig lust, ein zweitstudium dranzuhängen oder noch eine lehre. jedenfalls, rauchen darf man jetzt nicht mehr im saal und gekocht wird vegan, um quasi den kleinsten gemeinsamen nenner für eine offene tafel zu schaffen und gleichsam auf die problematik globalisierter ernährungswirtschaftskartelle aufmerksam zu machen, oder so ähnlich. schmecken tut das nicht, kühles bier ist – anders als früher – auch schwer zu finden und den beachtenswerten begriff „permakultur“ kann mir so recht keiner erklären (ich assoziiere zunächst „sperma-kultur“), aber die zeiten dürfen sich ja auch manchmal ändern. die jungen reden von vernetzung mit selbstverwaltungsprojekten, attac-modulen (kooperation) und syndikaten von „umsonst-läden“. und sie studieren fast alle geoökologie (vormals paläontologie?). früher waren das die sozpäds, noch früher die historiker (sodann ‚politologen‘) und ganz ursprünglich die evangelischen theologen. zuletzt singen alle den KÖNIG VON THULE, das ist tradition seit ungefähr 1893, ergreifend. alle, die pastorin, der ehemalige berufsverbotler, der unternehmer, der zimmermann (jetzt geoökologie), die friseuse (jetzt geoökologie), die tontechnikerin, der psychotherapeut (vormals geoökologie) sowie die töpferin. irgendwie hat das schon was. und irgendwie ist so ein abend im „brown sugar“ zwar zunächst etwas komplett anderes, aber so ganz anders vielleicht ja dann doch nicht. aber bei dem allem, ich habe große sehnsucht nach berlin, nach dem allem, denn dort muss man über so etwas eigentlich gar nicht mehr reden (geschweige schreiben). aber das wird noch ein paar wochen dauern, denn der winter will schließlich finanziert sein aus der ferne.