jacke anziehen, einmal nach links (jacke runterstopfen), einmal nach rechts (jacke runterstopfen), einmal nach vorne (jacke runterstopfen), „hihi, rechts und links – siehste, das weiss ich alles noch!“, und lacht. nusskrümelchen wegmachen, vorsicht beim händewaschen, haut wie papier, könnte sich auflösen. rollstuhl ohne rennen, achzig kilo erst mal den berg hinauf, und „huiiii“ wieder hinunter, schön wärs. frühstückstoast gedrittelt als reiterchen, auf den linkesten bitte vorne drauf die tablettchen in den honig einbetten. endlich frischer kaffee („ah, schmeckt das gut – frischer heisser kaffee!“), danach an meinen platz im wohnzimmer bitte, ach schön, jetzt sieht man wieder was so ohne hecke und bitte jetzt noch die zweite tasse kaffee, oder ist das noch die erste? ist jetzt morgens? wird schon wieder dunkel, herrjeh. nein alte dame, deine mutti ist meine GROSSmutter, wir sind keine geschwister und H ist dein mann gewesen, ich bin der sohn von euch beiden und nicht H., H. ist vor fünfzig jahren gestorben und die kirschkern ist deine enkelin. – wirklich? („ich hab doch nur spass gemacht!“) / „ich trage einen großen namen“ auf SWR, um wen gehts grade, mutti? weiss ich nicht, aber bitte seid still, ich will doch die sendung mitkriegen! „mensch, du kannst dich nicht nur von nüssen ernähren…!“, doch, ich hab doch immer gar keinen hunger mehr, aber diese kleinen tomätchen esse ich gerne, sind das weintrauben oder tomätchen? unsere eigenen vom balkon, oder? die grünen sind weintrauben, die roten tomätchen und es ist WINTER, da gibts keine tomätchen mehr auf dem balkon, mensch Mutti! / und jetzt aufstehen vom rollstuhl, ich halt dich fest keine angst, auf 1-2-3 und rüber ins bett, mutti. geschafft! beine hoch und mit schwung. jetzt noch bonbons ins kistchen (nimm 2), wasser ist auch da, babyphon ist an, ich hör dich, radio kriegste alleine an, wärmflasche kommt gleich. „Mir ist immer so kalt.“ ich hab von papa geträumt und von ostpreussen, wir waren alle am strand und oma mika war auch mit dabei, ach war das schön!
Die alte Dame wird zur sehr alten Dame. Es ist vieles einfach traurig, aber so ist das eben, das muss man aushalten. Müssen alle aushalten. Alle Werte sind ok, nur die Fingernägel müssten mal wieder geschnitten werden, meint der Pflegedienst. Draussen wirds schon wieder dunkel und es kommt eine neue lange Nacht.
Das sagte auch mein Schwager (der sonst für seinen Spruch „Locker bleiben!“ bekannt ist) in ähnlichem Zusammenhang neulich: „Es ist, wie es ist.“
Alles Herzliche Ihnen und dem Damen jeglichen Alters und auch den jungen Herren!
Ebenso sei´s herzlich erwidert, Frau Aqua. Und „Locker bleiben“ ist nicht die schlechteste aller Schüttelungen im Sonnengeflecht von oft allzu sehr vergeistigten Körpermitten.
Zum Weinen schön. diese Episoden voller Liebe aus dem bestimmt nicht einfachen Alltag.
Frohe Weihnachten Ihnen und allen um Sie herum.
Herzlich, Iris
Dank, und auch Ihnen herzlich frohe Weihnachten!