Kuh wie Sau

Genehm wie gefühlt, gedrückt wie gehoben, gebückt wie verworfen, (geworfen wie gelegt), gegeben wie geschmissen, gekringelt wie gelacht, geküsst wie geliebt. Geschlachtet wie gegessen, gelegen wie gestanden, Frau wie Mann, Kind wie Hund, gebissen wie geschleckt, Katze wie Sack, gesoffen wie getrunken, Asche wie Kohle, Acker wie Scholle, Heu wie Geld, geköpft wie gekleckert, Masche wie Flasche, Schnee wie Gestern, getrunken wie befunden, berochen wie geschmeckt. Gemocht wie gehasst, Gemächt wie geerbt, gemacht wie gekniet, Geschichte wie gebückt, Gefecht wie Geflecht, Mut wie genehmigt. Gestreift wie berührt, benommen: genommen, beleckt wie bekleckert, belebt wie belacht, gescheckt, betroffen wie bewegt, besoffen wie betrunken, gekostet wie verdrückt, gelebt wie verlebt, bedrückt wie behoben, belegt, bekriegt wie beliebt, bekniet wie geflohen, belebt wie befriedet, verdaut wie bedauert, beliebt wie verliebt. Bekriegt wie besiegt, bekniet wie gemocht, Sonne wie Wonne, vereint wie verneint, Wanne wie Kanne, Milch wie Hafer, Kuh wie Sau, gemolken (wie Wolken), gegeben wie: Leben, Himmel wie Gott.

der weg nach unten über zürich zufikon, ein geburtstag am pool, sodann darauftäglich lausanne und die üblichen wege südwärts. zwischendurch über schon niedrigere berge, passhöhen von sechshundert metern, schön diese peage-stationen mit kärtchen einschieben und restgeldern entnehmen, welches dann herunterfällt und unter die automobile, elektrisch wie verbrennend, rollt, um von nachfolgenden prekärfahrern aufgelesen zu werden. geehrte pfennige. die ersten feigen, die ersten palmen, die ersten hitzen, die ersten füße aus fenstern, lackiert oder bloß, die ersten der scorpione, der möwen und wieder einmal eiswürfel in die weissweingläser plumsen lassen. überall segelboote und motorjachten mitsamt anderen weltweiten vitae. die asterix-sprache mit ihren nuschelden lauten, ins o oder ä bzw. ae verzogen nach hinten gurrend hinaus. eine eleganz im äußerungsduktus von alltäglichkeiten, ich kann nur davon träumen. hatte doch ich damals altgriechisch gewählt, weil ich dachte, das französische lernte ich bestimmt nochmal im langen leben. und nun ist ein gutes stück des langen lebens schon vergangen, ohne dass ich das damalige vorhaben vertiefend realisiert hätte. ich hätte mich anders entscheiden sollen, aber nun ist es auch egal. allein die aussprache des wortes „EUROPE“, welch singsang. immerhin, die kirschkern führt nun offenbar mein manko zum guten gegenteil hin fort: sollte ich blödsinnige texte ins französische zu übertragen haben, so würde ich sie fragen, ob sie das übernähme.

auf einer überdachten terrasse nach osten hin stehen, sitzen, liegen, tags, abends, morgens, nachts. kaffee, einfach schauen, vielleicht hinüber zum parkplatz von allerlei größeren privatbooten, diese hoch aufgebockt, teils bewohnt. das verhalten von möven und elstern beobachten, und die ersten stare sammeln sich zum formationsflug nach süden. ihnen ist es egal, dieser krieg oder gasmangel. wieso sollte es einen letzten sommer geben? oder zweibeinige unruhen im herbst oder winter? ich bin nicht so sehr der strand-typ, aber dreimal war ich auch dort. mich hätten diese fische sehr interessiert, die den badenden in die unterschenkel zwicken. aber auch das war wohl nur sommerloch, ich jedenfalls habe keinen wadenbeißer bemerkt. das städtchen agde ist ein schönes. man sollte sich jetzt dort alte schmale hohe steinhäuser in der altstadt kaufen, die einem quasi hinterher geworfen werden. angenehme 28 grad, durchgehend. ich kann sowas gut haben. man muss sich nicht um vorrausschauende kleidung kümmern gedanklich, so wie bei uns das ganze jahr. diese kapazitäten sind dann für anderes frei, das kann ich sehr genießen. was für ein langer sommer es doch war in diesem jahr. ich erinnere das ewiglich nicht. ich werde nicht meckern oder mich beklagen.

auf der retourfahrt bemerkte ich nahe lausanne erstmals das mont blanc massiv in abendsonne aus dem rechten beifahrerfenster heraus in der leicht rückliegenden ferne. wie sehr schön solche dinge in diesem jahr doch sind.

das dach ist noch nicht neu eingedeckt, immer noch nicht. die vorbereitete, weithin grün leuchtende, membran ist zwar wasserdicht, aber es ist nicht gut, dass diese arbeit noch nicht getan ist. zu viele kleine, zunächst lediglich paartägliche verzögerungen, die dann insgesamt nach hinten hinaus zu wochen der verlangsamung führen. wochen voller trockener sonne sind tatenlos diesbezüglich verstrichen und nun beginnt der regen und die feuchte bewitterung der oberfläche eines zwischenraumes, der einst mit zellulose ausgeblasen sein wird. was für detailsorgen man doch entwickelt. meist ohnehin grundlos.

und immer, wenn dann krieg ist, fange ich an, mich noch mehr fürs leben der tiere zu interessieren. die beobachtung des kreatürlichen daseins um uns herum ist dazu gewiss auch eine alterserscheinung und kompensation von sprachdefiziten. am waldrand zum beispiel gibt es diese kulturfolgende „nosferatu-spinne“ schon seit jahren, da bin ich mir FAST sicher. meist nachts, wenn man dort irgendwo unvermittelt das licht im tiefparterre anschaltet, rennen sie entweder schnell weg ins dunkle. oder aber, sie verharren noch kurz vor ihrem sodann stets zwiefach tödlichen biss. am nächsten morgen dann finden einen die entsetzen angehörigen leblos verdreht vor der latrine, mit weit aufgerissenen augen.

„Der Satz, dass die gutgemalte Rübe besser sei, als die schlechtgemalte Madonna, gehört bereits zum eisernen Bestand der modernen Ästhetik. Aber der Satz ist falsch; er müsste lauten: Die gutgemalte Rübe ist ebenso gut wie die gutgemalte Madonna.“ (Max Liebermann, 1916)

2 Gedanken zu „Kuh wie Sau“

  1. Ja, die intensivierte Beobachtung des Tierlebens in Kriegszeiten… ich erinnere mich an einen Besuch auf den Golanhöhen in den achtziger Jahren. Man sah dort nicht viel, auch keinen Krieg. So widmete ich mich intensiv dem Studium der Ameisen auf dem Boden. Wie können sie hier leben? Wissen Sie, dass sie in einem Krisengebiet leben? Fragen über Fragen.

    1. Mir geht es derzeit ähnlich, wenn ich berichterstattungseits in filmischen Nachrichten Krähen über brennende Panzerreste fliegen sehe. Was die sich wohl denken.

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