gestatten

zuerst ist man „geduldet“, dann ist man „gestattet“. schöne worte. „gestatten“ ist das schönere wort.

B erzählt von den mafia-wegen in den bergen. nachts laufen, tags schlafen. irgendwann allein gelassen in den bergen bulgariens, nichts zu essen, kein schlepper dabei, wölfe und drei tage bis zur nächsten straße. die flucht hat ihn sein erbe gekostet (zehntausend dollar), normalerweise würde er jetzt ans heiraten denken zuhause. eine tochter würde verheiratet für circa 6000 dollar an den tochtervater, das klingt ein wenig nach viehzucht, aber das war bei uns früher ja auch so. ich muss das der kirschkern erzählen (das mit den sechstausend dollar) und dass ich mir für sie einen traktor kaufen könnte und ein gebrauchtes auto dazu.

endlich wird geimpft. bisher gab es wohl noch nicht mal einen tetanusschutz, gottseidank ist das jetzt begonnen. begonnen auch ein vollrausch – und ein guter freund, ebenso flüchtling, der den vollrausch fürsorglich nach hause brachte. der busfahrer hat das sich-übergeben nicht bemerkt. junge menschen eben. auf diese art werde ich auf meine alten tage nochmal jungsvater, jedenfalls so ein bisschen. im iran hat man sie in ein haus gesperrt ungefähr zwölf tage lang, jeden tag kam einmal einer (mafia) vorbei und hat brot gebracht. bevor es dann irgendwann durch die berge nach dem osmanischen reich ging.

eine liebe alte gute bekannte hat werke nach salzburg gekauft, aus heiterem himmel. nicht nur das geld freut mich, auch vor allem die tatsache. des ferneren bin ich auch in diesem jahr zweitberuflich kirchenmaler, erst gestern habe ich eine alte schöne türe aus der barockzeit angleichend maseriert und es hat sehr gut funktioniert. die tage davor einen marmor gemalt in öl auf neue fussleisten, auf dass diese älter aussehen. wenn also jemand sein badezimmer oder sein lotterbett einmal marmoriert oder maseriert haben wollte, ich könnte das gerne übernehmen. sie könnten auch bilder und collagen kaufen, auf meiner webseite kann man stöbern unter menuepunkt „oeuvre“. oder sie kommen vorbei im atelier zum kaffee. ich mache auch guten preis, selbstverständlich. mein künstlerischer CV ist eins-A, übrigens.

das linke auge der alten dame sieht jetzt endgültig aus wie bei edgar wallace oder wie in „Wenn die Gondeln Trauer tragen“. sehr archaischer anblick, zeit- und epochenlos, entgrenzt. sie isst den ganzen tag ungesalzene erdnüsse. wie kette rauchen. es ist jedoch alles stabil zur zeit, aber es ist einfach sehr traurig, ganz hinten an der gedankenpinnwand. heute vor einem jahr ist sie nachts auf dem weg zur toilette gestürzt, und alles jetzige begann seinen dauerlauf.

die amtspersonen mit vormundschaften (die jungs sagen „Groß-Betreuer“, im gegensatz zum normalen „Betreuer“, das klingt immer ein bisschen wie „Großmufti“) waren bei der kontoeröffnung dabei. ein weiterer schritt ins normale leben. und sie, die großbetreuer, werfen erstmals das wörtchen „traumatisiert“ ein, mit fragezeichen, als es um die ausübung von kampfsportarten geht. ich frage mich, was der N wohl erlebt hat unterwegs, dass er das jetzt lernen will. der N ist sehr zierlich und erzählt eigentlich kaum etwas von seiner flucht. wer weiss schon, was geschah oder nicht.

die amtspersonen von landratsämtern und jugendämtern machen eine sehr engagierte arbeit hier im landkreis. das ist wirklich sehr anerkennenswert. / und ich plane, heute das regal eines supermarktes mit vier grossbuchstaben für ungesalzene erdnüsse leerzukaufen und den immensen betrag der angehobenen einkommsteuervorauszahlung fristgerecht zu überweisen. früher blieb ein wenig geld hängen, heute tut es das nicht mehr. schon länger ja, warum eigentlich. es ist wie verhext, so würde man naiv sagen. und dann das daumendrücken für die heutige auktion bei grisebach in der fasanenstraße ab elf uhr MESZ. also in einer stunde.

7 Gedanken zu „gestatten“

  1. Das Daumendrücken kommt jetzt wohl zu spät. Ich glaube bzw. hoffe aber ja immer, dass ich sowieso nur wenig zu Glück bzw. Pech beitrage bei solchen Sachen.

    Und dass die Buben ganz grosses Glück im Unglück haben mit Ihnen und den Ihren will ich schon fast nicht schreiben, weil sich das fast von selbst zu verstehen scheint. Aber natürlich versteht es sich nicht von selbst. Ich schreibe es daher doch.

  2. Bezüglich Daumendrücken hatte ich ja schon ein paar Erlebnisse, beispielsweise hier.

    Mal sehen, was diesmal daraus geworden ist. Die Buben müsste man mal zu so etwas mitnehmen, wahrscheinlich würden sie staunen, genauso wie ich immer wieder, und danach würden wir Eis essen gehen, wenn nicht gerade Ramasan wäre (der übrigens morgen beginnt.) ; )

    1. Na ja. Meines Wissens kann man auch und gerade im Ramadan gut und gerne Eis essen. In diesen kurzen Nächten muss man halt nur bisschen schnell sein dabei.

      Das da andere Daumendrückerlebnis habe ich damals anscheinend verpasst. Aber dafür jetzt mit Spannung gelesen.

      Und ja: Was ist nun gestern daraus geworden?!?
      (Die Losnummer nähme mich ja schon bisschen wunder…)

  3. o.T.
    Werter Schneck, gestern auf der Nagelfluhkette eine lustige Sache gesehen und an Ihre Blitzabenteuererzählung (die ich jetzt auf die Schnelle nicht finde) von neulich/einst gedacht! Vielleicht auch nicht ganz so lustig mit entsprechendem Erfahrungshintergrund.
    Mit besten Wünschen, Ihr
    S.

    1. Kann sein, ich habe das mal mündlich/analog erzählt? Es war wirklich alles andere als harmlos seinerzeit. Es gibt ja solche Situationen im Leben, in denen dann plötzlich die Dinge ernst werden und der Verstand, dies als solches einzuordnen, hinkt allzu gewohnten spätkindlichen Rundumbehütetheiten in sicheren Herkunftsländern hinterher. Jenes Erlebnis war und ist jedenfalls Grund für mein seitheriges Gewitterverhalten. Größter Respekt, wenn nicht sogar Angst (im Nacken gestellter Haare). Vor allem die Unmöglichkeit eines weiteren Abstieges, an die wir zunächst geglaubt hatten, war das eigentlich Empörende. Wir befanden uns ja auf einem Grat. Und später zu erfahren, dass in einem durchschnittlichen Gewitterjahr ungefähr 4 Menschen ebendort durch Blitzschlag ums Leben kommen. Versöhnlich dann, als es dann auch noch zappenduster wurde und wir endlich an eine alte Holztüre klopfen konnten, der 40%ige Enzian, den der Hüttenwirt der Hochhäderich-Hütte uns spendierte – und dazu das sanfte Bimmeln der Glocken an den warmen und dampfenden Hälsen der Kühe, die unter uns schliefen (wir durften über dem Stall nächtigen im vom Hagel durchnässten Schlafsäcken). Am nächsten Morgen war Sommer und blauer Himmel, als wäre nichts gewesen. Es war wohl eben ein Initiationsgewitter gewesen. Und als Männer sahen wir die Sonne aufgehn.

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