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und wo wir

und wo wir irgendwie schon beim thema sind (also ja eher ich als sie), dieses problematische fragmentdiesen tollen experimentalfilm habe ich gestern in der kirschkernlosen heiligen nacht nach der schönen lichterkirche in den schneeverwehten tiefen der zweiten festplatte wiederentdeckt, ein dramaturgisch natürlich zutiefst zu überdenkendes fundstück der zweiten reihe, jedoch gleichsam symbol für die kraft der nicht nur musikalischen erinnerung und betreffs datierung dem bereits erwähnten ‚ateliermord‘ (zitat frau gaga) und hierher zugehörig, gehörig naiv und zugleich etwas peinlich zwar und damit leichte kost für den kopf, jedoch fetter braten für den herzensmagen, aber das hier ist schließlich, das muss man sich (etc.) ja immer wieder sagen, ein internettagebuch in doppelbrechung (meta) und sonst: nichts!

und draussen schneit es ohn‘ unterlass, wunderschön! ;)

23.12.2008, überpfiffen

Der Zahnarzt gibt sein grünes Lichtlein für Weihnachten, OB. Es muss ja immer noch irgendeine Hürde geben, geschenkt wird einem nichts. Und dann noch eine Trauerfeier, der Zuständige sagt, oft sei die Antwort der Angehörigen auf die Frage nach dem Leben der verstorbenen Person ein Schulterzucken, verbunden mit einem „Hm. Na ja, er hot halt g’schafft…“. Dann noch ein paar Patchworkorganisationsgespräche, man ist gereift und reift ständig weiter, eine einzige große Reiferei, wunderbar. Heute vor zwei Jahren die obige Schöneberger Pfeiferei, nie hab ich mich wohler gefühlt in einem Atelier. Im Januar zieht ein Perlenladen ein. Ich finde die heilige Nacht ja mittlerweile ganz in Ordnung, und da das so ist, wünsch ich Ihnen allen herzlich recht fröhliche Feiertage, auch wenn und trotzdem der VfB gestern das zweite Mal innerhalb einer Woche gegen die blöden Bayern verloren hat!

tagebch WAUSOHO

SEDzentr

Da waren die viereinhalb Stunden vom Waldrand aus ins Fränkische. Das ist ein Rekord. Wegen Schnees und Eise und einer großen Zeichnung, welche ich ihm und ihr zur Verschickerung der Geschäftsräume vorbeibringen wollte auf meinem Adventsritt in den Nordosten. Endlich angekommen war es dann ganz köstlich, was dererseits soeben auf den digitalen Werbeweg gebracht worden war, voila!

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In der Strasse haben sie das Kopfsteinpflaster weggeteert. Im Zirkus Lemke gegenüber ist einer der jungen Betreiber durch Unglück verstorben (x). Die Dudenstrasse ist jetzt zwei-, statt wie bisher vierspurig, erfahrbar. Wenn Frau Künast es schafft, dann wird angeblich die ganze Stadt zur Zone 30. Stimmt das? Es wäre ein Grund, sie nicht zu wählen. Das Haus wurde verkauft an irgendeine Holding. Irgendwas ist immer. Immerhin war ich fast drei Monate nicht hier, beinahe unglaublich.

Also Weihnachtsbesorgungen bei Karstadt am Hermannplatz und in den ‚Neukölln-Arcaden‘ (immer wieder lustig, dieser Name). Dem Kirschkern wird wahrscheinlich unterm Baum liegen ihr ersehnter erster Fotoapparat (ich weiss ja nie, seit Jahren schon immer wieder, ob es sich „Apperat“ oder „Apparat“ nennt. Ich hatte schon große Scherereien mit diesem Tick, noch in der Schreibmaschinen- und TippExzeit. Peinlich!). Die alte Dame wünscht sich Gesundheit und Gummiringe für die Küche.

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Gestern Abend und spontan war ich auf einer kleinen Eröffnung gewesen nähe des Checkpointes Charlie: In einem 4qm großen Pförtnerhäuschen tanzt in künstlerisch gestalteter Wandformalie eine professionelle Tänzerin eine viertel Stunde lang. Das Publikum, ungefähr fünfzig Besucher, steht im Hausdurchgang, drei kleine Fensteröffnungen verfügen sich, um jenen Tanz zu beobachten. Man konnte nicht viel sehen, es war zudem kalt, aber irgendetwas war schön daran. Ein Zauber, der viel mit ehrlicher Bemühung zu tun hat. Bemühen nicht im peinlichen Sinne, sondern im visionären. Mir geht’s da oft so, dass ich das Gezeigte auch gar nicht unbedingt zu verstehen brauche, um mich dennoch wohlzufühlen im Dargereichten. Die kleinen Zeichen, Merkmale. Bin da ganz zahm und zugewandt, zunehmend.

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Später im WAU gewesen, beim HAU. Bei „WAU“ („Wirtshaus Am Ufer“) muss ich immer noch lachen. Ähnlich übrigens bei „Platz der Luftkrücke“, „Platz der Duftbrücke“, „Tempeldoof“ oder bei „Unter den Blinden“. Es gibt ja Kalauer, die werden immer witziger, je öfter man sie denkt.

Und dann das wieder Sehen von Bruder Carl, also ihm, sowie ihr, ihr und ihr (ich hab‘ das jetzt einfach mal verlinkt, warum denn eigentlich auch nicht, oder?). Also, es war ein ganz wunderbarer Abend, ausgelassen, warmwitzig und menschelnd angefüllt mit Gold und silbernem Müll. Ich jedenfalls war zuletzt sternhagelvoll, ich kann’s nicht anders umschreiben und – wie schön! – das war mir vollkommen wurscht. Habe endlich einmal wieder getänzelt im Paar, ein wenig Pfeile verschossen und spät in der Nacht beim verwegen glücklichen Torkeln ins posttaxometrische Bette nächst der Ofenheizung im angeblich bronx’schen Problemkiez, da dachte ich mir so, ob denn mein Dasein wohl vielleicht doch ein wenig „verschenkt“ sein könnte, da drunten im Süden am Waldrand. Dass man doch nicht vergessen hat und ist, bei und nach dem ganzen Dauerthema, das tat und tut gut und eröffnet womöglich ganz undramatisch Übriges.

Das WAU-Publikum natürlich wie immer sehr theaterdurchnässt und siehe da, ich erkenne prommt Prommi. Normalerweise spreche ich ja Prommis nicht an, weil es total uncool ist und man will ja auch keinem auf den Prommiwecker gehen. Gestern aber dachte ich, ich tu’s, denn der Entdeckte, kein Geringerer als ein Tatort-Kommissar, gefällt mir gut in Figur und Spiel und ich wollte ihm das einfach mal schnell sagen (hey: ‚rüberbringen…‘). Machte mich also per Handzeichen bemerkbar, da er, der Kommissar, direkt neben mir stand, und sagte freundlich „Hallo, Sie sind doch der eine Kommissar aus dem Tatort….“, woraufhin dieser mich sogleich unterbrach und recht trocken erwiderte „Ich bin kein Kommissar, ich bin Schauspieler.“, dabei mich ernst anblickte, wie es wahrscheinlich nur Kommissare tun können. „Cool!“ dachte ich zunächst, und ich wollte weiter denken „…was für ein Depp!“, aber das stimmte eigentlich nicht. Ich schickte mich ins Selbstgericht, denn im Grunde war diese Antwort vollkommen in Ordnung: Sie war rund, führte gedanklich zum Abschluss und beendete das Gespräch umgehend.

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Heute war ich erstmals im SOHO-HOUSE-BERLIN. Ich habe im Frühling ein Bild dorthin „verkauft“, das bedeutet in diesem Fall, ich habe jetzt ein beträchtliches „Guthaben“ bei den Betreibern, so war der Deal. Ich habe sogar eine „Member-Card“ und werde geduzt vom Personal. Im März war eigens eine nicht so ganz unwichtige Kuratorin aus London angereist und hatte in der ehemaligen Produktionsstätte-Nordost (x) ihre Auswahl getroffen. Ich wollte nun endlich einmal sehen, wo das Ding hängt und wie überhaupt diese ehemalige SED-Zentrale heutzutage und frisch renoviert sich im Gesamten anfühlt und präsentiert.

Die erworbene Collage hängt tatsächlich sehr ‚prominent‘ (Glück gehabt!), die umhängenden Werke sind es auch, ich fühle mich daher recht geehrt. Die Speisen waren gut (die Begleitung: Dorade an Fenchel; selbst: Club-Steak mit Pommes), den Cappuccino kann man vergessen, nicht so den doppelten Espresso. Das Ambiente sehr hochwertig und beeindruckend, sehr ausgesucht und stilvoll, was zu erwarten war. Clubatmosphäre very british, viele Polster und zwei offene Kamine. Die anderen Gäste mir in Stil, Geste und Lebensumständen fremd, auch dies wie erwartet. Die Angestellten jedoch wirklich sehr zuvorkommend und ohne Vorbehalt freundlich, zudem die Renovierung/Restaurierung auf erste Blicke gelungen!

Ich werde mich also sicher gelegentlich erneut dorthin hineinwerfen, entweder für einen vielleicht späten Whisky oder etwas Fitness und SPA (Massage/Maniküre?). Oder nur, um einmal im achten Stockwerk im Aussenpool zu plantschen. Vielleicht übernachte ich auch einfach irgendwann einmal dort, immerhin hab‘ ich nach dem heutigen Besuch immer noch 1309,41 Guthaben, zu schade fast für nur doppelten Espresso.

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…und jetzt der wind im kamin. es ist schön und sehr richtig hier, so ein mist! zuhause eben. /und ich dachte, ich könne das endlich abstellen, streichen. (Der Kirschkern wird 11, im Januar. In Südbaden.)

West I, nochmal

Am vergangenen Samstagabend machten es sich die alte Dame, der Kirschkern und ich auf dem Sofa gemütlich, nachdem wir über das dörfliche Weihnachtsmärktchen gebummelt waren. Der Plan war, „Wetten, daß…“ zu schauen, eine Sendung, die der Kirschkern mittlerweile sehr liebgewonnen hat. Alle weiteren dortigen Geschehnisse sind ja inzwischen hinreichend bekannt. Vorhin las ich, dass nun wohl doch die Verletzungen, die sich der Kandidat zugezogen hat, sehr weitreichend sind. Das hatte ich schon angenommen. Befürchtet.

Ich habe bisher noch nie ‚live‘ zugesehen, wie und während sich jemand das Rückgrat gebrochen hat. Ich wollte das eigentlich auch gar nie. So also habe ich nun nochmals die Erlebnisse während meiner Drückebergerzeit herausgekramt, aufgeschrieben irgendwann vor drei Jahren. Zunächst wollte ich das alles noch überschreiben mit „Wem Gottes Schalk im Nacken sitzt…“, angesichts der Tatsachen aber vergeht mir nun das Lachen. Meine größten Genesungswünsche gelten uneingeschränkt dem Verletzten, ganz gleich, wie schwachsinnig, quotenorientiert oder sonstig dumm, tragisch oder selbstverschuldet dieser ganze Fernsehvorgang sein mag. Hier also nochmal:

WEST I

da war der hombachers max, damals um die fünfzig. lokführer in einem zellstoffwerk in oberschwaben. irgendwer hatte eine weiche falsch gestellt, beim rumrangieren, da ist die lok in eine andere gerauscht und umgekippt. er hat glück gehabt und überlebt, aber ein halswirbel war gebrochen. alle auf der station hatten irgendwie glück gehabt, denn sie alle waren am leben. auch der sechzehnjährige, der mit seinem moped bei schwäbisch-hall unter die leitplanke gerutscht war. alles war gut, bis die sanitäter kamen, und ihm aufhalfen. da hat es knack gemacht, und die lähmung war komplett. noch nie mit einer frau im bett gewesen, dachte ich. und schon vorbei, wie man sich das eben so vorstellt. der hombachers max, ich weiss nicht, was er noch gespürt hat, bewegen konnte er jedenfalls gerade noch die unterarme. er hatte ein gebiss, das mussten wir immer herausnehmen und putzen, und er hat dabei oft grinsend gesagt „jetzt kannste essen gehen…“.

im mai mit dem ersten richtig warmen tag kamen dann die motorradfahrer. oder die, die mit einem kopfsprung ins wasser den sommer begrüßen wollten. alle mit dem helikopter. oder der coole paul, zweiundzwanzig damals, knallharter bursche vom rande der schwäbischen alb. er war mit einem geliehenen porsche in den acker gefahren. er habe, nachdem er wieder aufwachte und die beine nicht mehr bewegen konnte, erstmal eine REVAL geraucht. praktisch bei paul war, dass beide unterschenkel amputiert werden mussten. „die hab ich eh nicht mehr gebraucht“ und im rollstuhl kam er damit viel leichter zurecht, ohne die toten anhängsel. geraucht hat er auch im sechserzimmer, zusammen mit einem jungen steinmetzen, der kurz vor der gesellenprüfung noch einen lkw überholen wollte, mit seinem opel. „ich hab den mini, der vor dem lkw fuhr, nicht sehen können…“. glück im unglück, er war zwar ein halswirbelpatient, aber er wusste, wann er pinkeln musste und auch die frauensache war nicht spurlos verschwunden.

oder dann der dachdecker, mitte vierzig, der die firma mit aufgebaut hatte. er war der erste in der firma gewesen, und der erste, der vom dach gefallen war. ein riese, alles voller muskeln, die sich plötzlich nicht mehr bedienen ließen. nach vier wochen hauptsächlich schwammiges schweres fleisch. er hat oft erzählt, wie er damals, in einer nacht, vier frauen hintereinander gehabt hatte, die letzte hatte er geheiratet. „kennst du die geschichte schon? komm, laß mich dir sie noch mal erzählen, bitte“. ganz typisch für den psychischen verlauf eines solchen ereignisses, das lehrte uns der stationspsychologe, selbst ein beinamputierter vogel im alltagsrollstuhl. und auch ganz typisch der surflehrer aus neu-ulm, der sich mit seinem bmw in einem kieslaster verzahnte, welcher ihm die vorfahrt genommen hatte. das fehlen von schuld machte ihm zu schaffen, er erzählte alle möglichen dinge, für die er nun möglicherweise bestraft worden war oder würde. sein leben hatte aus surfen und beischlaf bestanden, woraus sollte er nun so plötzlich einen neuen sinn erschaffen? „komm, spritz´ mich ab, bitte, ich kann´s ja nicht mal mehr selber tun…“.

und dann natürlich auch die weibliche klientel, junge selbstmörderinnen, die vom balkon gesprungen und älteren frauen, die beim kirschenpflücken von der leiter gehagelt waren. bei einer möglichen selbstmörderin, einer jungen griechin, da war allerdings nicht restlos geklärt, ob sie vielleicht nicht doch vom balkon GESTOSSEN worden war. und eine fünfzigjährige bäuerin war es, tetraplegikerin aufgrund ihres ebenfalls mysteriösen sturzes vom heuboden, die mich beim füttern fragte, ob ich noch „jungmann“ sei. sie könne mir stellungen zeigen, davon könne ich nur träumen. ich war achtzehn. und dann wieder der neunzehnjährige jürgen in zimmer drei mit einer völlig kompletten lähmung. sie waren in einer disco gewesen und im vw-bus nach hause gefahren mit einem kasten bier dabei, dann könne er sich an nichts mehr erinnern. die zwei mädchen seien seines wissens tot, sein kumpel habe jetzt einen erheblichen dachschaden, weil er mit dem kopf hängengeblieben sei am baum, irgendwie.

nein, es war nicht so, dass das eine stetig heulende station war, sechzehn monate lang. im gegenteil, es wurde viel gelacht. montag, mittwoch und freitag war kack-tag. morgens schon orale mittel, nachmittags und abends dann mit viel zellstoff alles abdecken. einläufe, spezialeinläufe mit im laufe der zeit entwickelten wundermittelchen, schaukeleinläufe zu zweit, einer auf dem stuhl, und alles nur, damit die verdauung irgendwie funktioniert. immer im dialog mit denjenigen, die es selbst nicht mehr schaffen konnten. das lachende auge verzweifelnd zwingend und zwinkernd. selbstverständlich, es wurde geraucht in den zimmern. bei so viel schicksalsmasse, wer will dies einem denn noch verbieten? das kathetern, dreistündlich bei den männern, das war routine. man konnte sich trösten: die sensiblen nervenbahnen waren gekappt. am wichtigsten die hygiene dabei, lebenswichtig. oder das überstülpen von kondomen, die durch einen gummischlauch mit einem beutel am bein verbunden wurden. natürlich musste das kondom mit einem zahnstocher an der spitze gelocht werden, damit der urin auch abfließen konnte in den gelben behälter. anlaß für unzählige gleichklingende witze. wer das loch vergaß, der musste, wenn alles geplatzt und naß war, eine runde bezahlen.

und wieviele ungewollte erektionen gab es zu überspielen, damit die hilflos entblößte peinlichkeit nicht zur pein wurde: besser „was für ein rohr!“, als ratloses schweigen. bei verstopfung, meistens dann in der nachtwache, zuletzt das „ausräumen“: irgendwer musste es ja tun. alle drei tage wehte der geruch von scheisse durch die gesamte station, aber alle haben dagegen gekämpft, sich gestemmt, sich gebäumt, zuvorderst die betroffenen. und wiederrum alle haben sich gefreut, wenn das braune häufchen dann auf der unterlage lag.

einer fällt mir noch ein: ein weiterer schwerer dachdecker, der sich bei seinem sturz den atlas und den dreher (ich glaube, so hießen diese knöchelchen) gebrochen hatte, weshalb er eigentlich sofort am sogenannten genickbruch gestorben hätte sein sollen. nicht so er, mit seinen einhundert kilogramm. er lag im drehbett, einem waagerechten gestell, welches alle vier stunden zur vermeidung von druckstellen um die eigene achse zu hundertachzig grad gedreht wurde. also von der rückenlage in die bauchlage und das alles mitsamt einem patienten, der die achse bildete. zur entstauchung der wirbelsäule wurden in die schädeldecke an den schläfen beidseitig kleine löcher gebohrt, an denen bis zu vierzehn kilogramm gewicht mit einer zange befestigt wurden. jener dachdecker also träumte viel und bewegt, weshalb er nächtens, kaum drei wochen nach seinem unfall und ohnehin wie durch ein medizinisches wunder von keinerlei nervlichen ausfällen beeinträchtigt, aus jenem drehbett zum boden abrutschte, was eigentlich spätestens dann seinen sicheren tod hätte bedeuten sollen. aber nichts geschah, er rief, dort am schädel verbohrt hilflos hängend, die nachtwache, die ihn mit eilig herbeigerufener unterstützung alsdann wieder auf die unterlage hiefte, sicherlich wartend auf und befürchtend: den letzten knack. er war ein sonniger kerl und wurde, nicht ohne ihn nochmals auf sein immenses maß an glück hingewiesen zu haben, nach drei monaten als komplett geheilt entlassen.

ich habe in dieser zeit in unzähligen nachwachen das rollstuhlfahren erlernt. kippeln auf zwei rädern. wir sind auf den fluren rennen gefahren. haben nachts dort wannengebadet und uns vielleicht vorgestellt, schwester barbara oder schwester anita oder schwester mariza würden sich vielleicht und hoffentlich zu uns in die wanne legen, wenigstens nachts, mit pinimentholbrüsten, geil und gott etwas entgegensetzend in diesem erahnten elend. aber nein, sie hatten sich schon lange ihre ärzte ausgesucht oder auch nicht. es war das ankommen im leben, die grundlinie. nach dem ganzen altphilologischem kram in einer zwar universitären, aber unwahren kleinen schönen stadt jenseits sämtlicher wolken.

seltsam und mein glück: gestorben ist niemand während meiner dienste. gestorben wurde, wenn ich nicht dort war. ich bin mir heute jedoch fast sicher, dass keiner der damaligen patienten noch lebt.

ein paar jahre später hörte ich, dass paul, mittlerweile lange entlassen, als rollstuhlfahrer in seinem rollstuhlkraftfahrzeug einen weiteren schweren unfall verursacht habe: er sei, mit vier anderen personen in seinem wagen (allesamt aus seinem heimatdorf), beim überholvorgang frontal auf ein entgegenkommendes fahrzeug geprallt. der unfall ereignete sich unweit der stelle, an der der fahrer vor jahren bereits schwer verunglückt war. vier insassen seines fahrzeugs seien noch an der unfallstelle verstorben, ebenso wie das ehepaar im entgegenkommenden fahrzeug sowie dessen vier monate altes kleinkind auf dem rücksitz. der bereits wegen des früheren unfalls behinderte fahrer habe jedoch als einziger, schwerverletzt, ein weiteres mal überlebt.

(schneck06, oktober 2007)
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kumpan per mail

„… was machstn in lettland???“

„Hallo Bester.. Am Freitag bin ich mit Freunden auf die Sauffähre nach Riga fuer drei Tage, da kann man mal jemand auf ein Bier einladen ohne vorher mit dem Geldberater deiner Hausbank herumdiskutieren zu muessen. Nachts tanzen dann leicht bekleidete Russinnen auf der Buehne , showdance heisst das, dann Partnerwahl über nummerierte Orangen, Schosstanz. Zu guter Letzt Tombola.. du glaubst es nicht. Den Rest vom Fest haben nur P. und Ich erlebt, der Rest musste liegen oder Kotzen, wir hatten Gischt bis zum neunten Deck. Prost nochmal. So ne Fahrt würde ich liebend gerne mit dir machen, ist nur alles so weit. (…) Schweden ist mir auch mal wieder zu kalt und zu verschneit, seit Oktober schaufle ich Schnee und habe Angst, dass das Auto stecken bleibt. (…) Was machen die Mädels? Wie geht’s dir eigentlich? Wie geht’s Muttern? Wo bist du?

Gruesse aus den Polarstiefeln voller Lidlsüssigkeiten.
T.“

Ach, der Kumpan fehlt mir. Sehr.