auf nach ginsheim, die perle der toskana!
keine ahnung, wo das ist? trotzdem hingehen!
ihr helmut karaschneck
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ex/diskurs: pullover bügeln
für schneck nebst kopffüsslerin also: soll und darf man pullover bügeln? kann man überhaupt pullover bügeln? und wenn ja, wo in europa oder auf der welt? und wie macht man das? und wie sieht das dann aus? auch und gerade hausfrauliche erfahrungen sind ausdrücklich. erwünscht.
reserv.(gast)
fast
den wagen voll mit süddeutschem müll nach norden. ich sollte eine geschäftsidee daraus machen. oder dort, im süden, müllberater werden. bei hof kippt mal wieder ein laster um. die tochter sitzt vorne, versorgt uns mit brezeln und liesst hanni und nanni, sammelband vier. noch fünf geschichten bis hirschberg. in hirschberg darf man noch rauchen zum kaffee, wahrscheinlich wegen der wiedervereinigung. in hirschberg sagt die klofrau jedesmal danke, wenn man pinkeln geht, wahrscheinlich wegen der wiedervereinigung. dafür will sie dann fünfzig cent. auch so eine geschäftsidee. aber eigentlich ist mariza im wagen. mariza, die hüsche hortbetreuerin, die sich die schwarzen haare nach hinten streicht und mir dabei ihren weissen hals zeigt, die ERRÖTET, während sie mir den roten kugelschreiber reicht, die aufs runde bürodreibeinchen steigt, um die kinderwunschformulare herunterzuholen, ach wie gerne hätt ich sie aufgefangen. die mir viel glück wünscht und mir einen platz freihält in ihrem körbchen. auch so eine geschäftsidee, die mariza. die tochter sagt, ich soll die haare wieder ganz kurz machen. die oma sagt, ich soll das nicht tun, denn auch sie sei mal eine frau gewesen und wisse um die macht grauer schläfen. graue schläfen, noch eine geschäftsidee. der tierarztfreund sagt, wir alle machen mit der kohle irgendwas falsch, chiropraktik für hunde. das würde selbst seine schöne anwältin sagen. sie habe einen vergewaltiger mit migrationshintergrund rausgehauen, fast. dann wollte die verwandtschaft nicht bezahlen, weil ja nur ‚fast‘. seither hat sie angst, obwohl sie nichts verlangt hat, nicht mal fast. wir sollten uns alle treffen jedenfalls, um nachzudenken. werde natürlich hingehen, allein schon wegen der schönen anwältin. es ist dunkel und schon im fläming sieht man den orangenen schein über den rehen. ich sag der tochter: he tochter, siehst du diesen schein über den rehen? der ist ACHTZIG kilometer entfernt, aber das ist die stadt, unsere stadt! die tochter sagt: he, kann grad nicht, ich lese hanni und nanni! der vorteil des neuen wagens ist, daß er neben klimaanlage, elektrischen fensterhebern, klappfenstern hinten, ablage hinten und zwei seitlichen schiebetüren auch eine leselampe hat, für vorne. prima geschäftsidee. die tochter will noch einen halben erwachsenenkaugummi, auf der avus bereits, noch drei geschichten hanni und nanni, aber bitte die größere hälfte. ich denke, ich sollte mit mariza und der schönen anwältin schleunigst über die alpen fahren. auch so eine geschäftsidee. allein schon wahrscheinlich wegen der wiedervereinigung.
indianerbagatelle
mit nennonkel jespersen noch eine nächtliche stadtrundfahrt. er kommt mit seinem DS vorbei, pumpt sich hoch und wir ziehen los. rauchend, gleitend. ich mochte ihn. auffallend immer schon seine besonders schlechten zähne, in einer zeit, in der viele zähne ohnehin schon schlecht waren. es ist november und er zeigt mir die stadt bei nacht. viele lichter, dann rote lichter und auf sankt pauli mal einen kontakthof ansehen. mich interessierts, bin ich doch in ländlicher initiation. später bei ihm, er jenseits bier, ich diesseits bier, am couchtisch. er packt plötzlich seine hose aus und grinst mich am fleisch in seiner hand vorbei an. vor fünf minuten hab ich noch im wald gespielt. „nein, nicht was du meinst…“. aber ob ich mir denn nicht manchmal mit freunden gemeinsam und so weiter. verneine und wappne mich gegen ermordung. er kommt um den tisch herum und will fummeln, greift mich am arm, er FASST mich an. er, der segelonkel, uralter freund meines lieblingsonkels. ich stoß ihn weg, plötzlich offensichtlich erwachsen, sehe schlitze oder das, was folgen mag, keine ahnung. habe vor zehn minuten noch indianer gespielt. er geht aufs klo. nach abermals zehn minuten die tür, er lächelt entspannt erleichtert. „ich möchte jetzt gehen…“ sag ich und sehe messer in der luft. „ich bring dich jetzt mal besser nach hause…“ sagt er. fährt mich zurück zur omi, zu meiner grossmutter. gedroht hat er mir nicht mehr. beim aussteigen und abpumpen sagt er nur noch, dass ich das niemals niemandem erzählen soll. natürlich würde ich das tun, das war der einzige gedanke damals. bin froh, dass ich alt genug war. letztlich lapalie. anders, als bei der kleinen schwester, jahre später im feuchtwarmen singapur. die war jünger und sie hat pech gehabt. und warum mir das jetzt gerade einfällt? weil bald eine messe ist, in köln, die ich besuchen werde. und das paar aus fernost damals, die wohnen schon länger wieder nächst köln. und schließlich kommen mir dabei die indianer wieder in den sinn.
comic
WEST 1
da war der hombachers max, damals um die fünfzig. lokführer in einem zellstoffwerk in oberschwaben. irgendwer hatte eine weiche falsch gestellt, beim rumrangieren, da ist die lok in eine andere gerauscht und umgekippt. er hat glück gehabt und überlebt, aber ein halswirbel war gebrochen. alle auf der station hatten irgendwie glück gehabt, denn sie alle waren am leben. auch der sechzehnjährige, der mit seinem moped bei schwäbisch-hall unter die leitplanke gerutscht war. alles war gut, bis die sanitäter kamen, und ihm aufhalfen. da hat es knack gemacht, und die lähmung war komplett. noch nie mit einer frau im bett gewesen, dachte ich. und schon vorbei, wie man sich das eben so vorstellt. der hombachers max, ich weiss nicht, was er noch gespürt hat, bewegen konnte er jedenfalls gerade noch die unterarme. er hatte ein gebiss, das mussten wir immer herausnehmen und putzen, und er hat dabei oft grinsend gesagt „jetzt kannste essen gehen…“. im mai mit dem ersten richtig warmen tag kamen dann die motorradfahrer. oder die, die mit einem kopfsprung ins wasser den sommer begrüßen wollten. alle mit dem helikopter. oder der coole paul, zweiundzwanzig damals, knallharter bursche vom rande der schwäbischen alb. er war mit einem geliehenen porsche in den acker gefahren. er habe, nachdem er wieder aufwachte und die beine nicht mehr bewegen konnte, erstmal eine REVAL geraucht. praktisch bei paul war, dass beide unterschenkel amputiert werden mussten. „die hab ich eh nicht mehr gebraucht“ und im rollstuhl kam er damit viel leichter zurecht, ohne die toten anhängsel. geraucht hat er auch im sechserzimmer, zusammen mit einem jungen steinmetzen, der kurz vor der gesellenprüfung noch einen lkw überholen wollte, mit seinem opel. „ich hab den mini, der vor dem lkw fuhr, nicht sehen können…“. glück im unglück, er war zwar ein halswirbelpatient, aber er wusste, wann er pinkeln musste und auch die frauensache war nicht spurlos verschwunden. oder dann der dachdecker, mitte vierzig, der die firma mit aufgebaut hatte. er war der erste in der firma gewesen, und der erste, der vom dach gefallen war. ein riese, alles voller muskeln, die sich plötzlich nicht mehr bedienen ließen. nach vier wochen hauptsächlich schwammiges schweres fleisch. er hat oft erzählt, wie er damals, in einer nacht, vier frauen hintereinander gehabt hatte, die letzte hatte er geheiratet. „kennst du die geschichte schon? komm, laß mich dir sie noch mal erzählen, bitte“. ganz typisch für den psychischen verlauf eines solchen ereignisses, das lehrte uns der stationspsychologe, selbst ein beinamputierter vogel im alltagsrollstuhl. und auch ganz typisch der surflehrer aus neu-ulm, der sich mit seinem bmw in einem kieslaster verzahnte, welcher ihm die vorfahrt genommen hatte. das fehlen von schuld machte ihm zu schaffen, er erzählte alle möglichen dinge, für die er nun möglicherweise bestraft worden war oder würde. sein leben hatte aus surfen und beischlaf bestanden, woraus sollte er nun so plötzlich einen neuen sinn erschaffen? „komm, spritz´ mich ab, bitte, ich kann´s ja nicht mal mehr selber tun…“. und dann natürlich auch die weibliche klientel, junge selbstmörderinnen, die vom balkon gesprungen und älteren frauen, die beim kirschenpflücken von der leiter gehagelt waren. bei einer möglichen selbstmörderin, einer jungen griechin, da war allerdings nicht restlos geklärt, ob sie vielleicht nicht doch vom balkon GESTOSSEN worden war. und eine fünfzigjährige bäuerin war es, tetraplegikerin aufgrund ihres ebenfalls mysteriösen sturzes vom heuboden, die mich beim füttern fragte, ob ich noch „jungmann“ sei. sie könne mir stellungen zeigen, davon könne ich nur träumen. ich war achtzehn. und dann wieder der neunzehnjährige jürgen in zimmer drei mit einer völlig kompletten lähmung. sie waren in einer disco gewesen und im vw-bus nach hause gefahren mit einem kasten bier dabei, dann könne er sich an nichts mehr erinnern. die zwei mädchen seien seines wissens tot, sein kumpel habe jetzt einen erheblichen dachschaden, weil er mit dem kopf hängengeblieben sei am baum, irgendwie.
nein, es war nicht so, dass das eine stetig heulende station war, sechzehn monate lang. im gegenteil, es wurde viel gelacht. montag, mittwoch und freitag war kack-tag. morgens schon orale mittel, nachmittags und abends dann mit viel zellstoff alles abdecken. einläufe, spezialeinläufe mit im laufe der zeit entwickelten wundermittelchen, schaukeleinläufe zu zweit, einer auf dem stuhl, und alles nur, damit die verdauung irgendwie funktioniert. immer im dialog mit denjenigen, die es selbst nicht mehr schaffen konnten. das lachende auge verzweifelnd zwingend und zwinkernd. selbstverständlich, es wurde geraucht in den zimmern. bei so viel schicksalsmasse, wer will dies einem denn noch verbieten? das kathetern, dreisündlich bei den männern, das war routine. man konnte sich trösten: die sensiblen nervenbahnen waren gekappt. am wichtigsten die hygiene dabei, lebenswichtig. oder das überstülpen von kondomen, die durch einen gummischlauch mit einem beutel am bein verbunden wurden. natürlich musste das kondom mit einem zahnstocher an der spitze gelocht werden, damit der urin auch abfließen konnte in den gelben behälter. anlaß für unzählige gleichklingende witze. wer das loch vergaß, der musste, wenn alles geplatzt und naß war, eine runde bezahlen. und wieviele ungewollte erektionen gab es zu überspielen, damit die hilflos entblößte peinlichkeit nicht zur pein wurde: besser „was für ein rohr!“, als ratloses schweigen. bei verstopfung, meistens dann in der nachtwache, zuletzt das „ausräumen“: irgendwer musste es ja tun. alle drei tage wehte der geruch von scheisse durch die gesamte station, aber alle haben dagegen gekämpft, sich gestemmt, sich gebäumt, zuvorderst die betroffenen. und wiederrum alle haben sich gefreut, wenn das braune häufchen dann auf der unterlage lag.
einer fällt mir noch ein: ein weiterer schwerer dachdecker, der sich bei seinem sturz den atlas und den dreher (ich glaube, so hießen diese knöchelchen) gebrochen hatte, weshalb er eigentlich sofort am sogenannten genickbruch gestorben hätte sein sollen. nicht so er, mit seinen einhundert kilogramm. er lag im drehbett, einem waagerechten gestell, welches alle vier stunden zur vermeidung von druckstellen um die eigene achse zu hundertachzig grad gedreht wurde. also von der rückenlage in die bauchlage und das alles mitsamt einem patienten, der die achse bildete. zur entstauchung der wirbelsäule wurden in die schädeldecke an den schläfen beidseitig kleine löcher gebohrt, an denen bis zu vierzehn kilogramm gewicht mit einer zange befestigt wurden. jener dachdecker also träumte viel und bewegt, weshalb er nächtens, kaum drei wochen nach seinem unfall und ohnehin wie durch ein medizinisches wunder von keinerlei nervlichen ausfällen beeinträchtigt, aus jenem drehbett zum boden abrutschte, was eigentlich spätestens dann seinen sicheren tod hätte bedeuten sollen. aber nichts geschah, er rief, dort am schädel verbohrt hilflos hängend, die nachtwache, die ihn mit eilig herbeigerufener unterstützung alsdann wieder auf die unterlage hiefte, sicherlich wartend auf und befürchtend: den letzten knack. er war ein sonniger kerl und wurde, nicht ohne ihn nochmals auf sein immenses maß an glück hingewiesen zu haben, nach drei monaten als komplett geheilt entlassen.
ich habe in dieser zeit in unzähligen nachwachen das rollstuhlfahren erlernt. kippeln auf zwei rädern. wir sind auf den fluren rennen gefahren. haben nachts dort wannengebadet und uns vielleicht vorgestellt, schwester barbara oder schwester anita oder schwester mariza würden sich vielleicht und hoffentlich zu uns in die wanne legen, wenigstens nachts, mit pinimentholbrüsten, geil und gott etwas entgegensetzend in diesem erahnten elend. aber nein, sie hatten sich schon lange ihre ärzte ausgesucht oder auch nicht. es war das ankommen im leben, die grundlinie. nach dem ganzen altphilologischem kram in einer zwar universitären, aber unwahren kleinen schönen stadt jenseits sämtlicher wolken.
seltsam und mein glück: gestorben ist niemand während meiner dienste. gestorben wurde, wenn ich nicht dort war. ich bin mir heute jedoch fast sicher, dass keiner der damaligen patienten noch lebt.
ein paar jahre später hörte ich, dass paul, mittlerweile lange entlassen, als rollstuhlfahrer in seinem rollstuhlkraftfahrzeug einen weiteren schweren unfall verursacht habe: er sei, mit vier anderen personen in seinem wagen (allesamt aus seinem heimatdorf), beim überholvorgang frontal auf ein entgegenkommendes fahrzeug geprallt. der unfall ereignete sich unweit der stelle, an der der fahrer vor jahren bereits schwer verunglückt war. vier insassen seines fahrzeugs seien noch an der unfallstelle verstorben, ebenso wie das ehepaar im entgegenkommenden fahrzeug sowie dessen vier monate altes kleinkind auf dem rücksitz. der bereits wegen des früheren unfalls behinderte fahrer habe jedoch als einziger, schwerverletzt, überlebt.
(PS: angeregt, auch, durch die erwähnung eines kopfsprungs von herrn 500beine)
villa v.
„lieber henning, das engadin ist eine ganz tolle gegend. wir sind in einer alten villa mit steindachziegeln untergebracht. das dorf heisst maloja und ein maler segantini malte hier seine bilder mit strichen. im nachbarort wohnte ein mann einige sommer lang und fand auf spaziergängen den gedanken an die ewige wiederkunft. darüber kann man ins fextal wandern, wir sind aber nicht bis an das ende gewandert. wir malen immer aquarell beim wandern. herr e. zeigt uns, wie das geht. und jeden tag lassen wir unsere modellflugzeuge in einer kleinen senke im ort fliegen. der ort liegt an einem abgrund, die strasse in den abgrund führt ins bergell, das sind berge, die nach italien in richtung comer see verlaufen. gestern sind wir fünf stunden ins bergell nach soglio, einem schönen kleinen ort mit rosenbüschen auf dem friedhof, gewandert. von dort aus kann man nach maloja mit dem bus zurückfahren. man kann auch gletscherski fahren, auf dem piz corvatsch. es gibt eine andere abfahrt an der diavolezza, die geht über den morteratschgletscher. am ende kann man dann mit dem zug wieder hochfahren zur seilbahn am berninapass. wir haben einen schatz auf dem dachboden der villa gesucht und extra dafür eine taschenlampe gekauft und die im laden eingelegten batterien beim bezahlen nicht dazugesagt. eigentlich haben wir die geklaut. fräulein grützer, die achzigjährige haushälterin aus dem bergell, erzählte, dass der onkel von frau e., der der erbauer des hauses war, die villa erst einmal in schnee und eis hat bauen lassen, um die schönsten ausblicke nach den gegenüberliegenden bergen zu bestimmen. so ein raum ist die bibliothek. herr e. sitzt abends immer in einem riesigen sessel mit riesigen ohren und liesst. ich fotografiere viel, ich habe jetzt eine kodak-instamatik-camera, mit der kann man auch nachts fotografieren, wenn man lange draufdrückt. ralf hat eine spiegelreflexkamera. ich habe ralfs teleobjektiv heimlich zerkratzt, weil er mich so geärgert hat. jetzt ist es kaputt. mit h. bin ich den inn-wasserfall hochgeklettert, ganz steil. das war sehr gefährlich und wir waren froh, als wir oben waren. aber die e.´s dürfen das nicht wissen, es ist jetzt unser geheimnis. am caveloggio see lassen wir jeden abend steine flitzen, die e.´s finden die abendstimmung immer so schön dort. in sankt moritz wohnen ganz viele ganz reiche leute. das palas-hotel hat einen turm und man darf in das hotel nicht hineingehen. übermorgen fahren wir zurück. grüße aus dem engadin, dein s.“
aufgeschnappt, in birma/
diejenigen, die speisen möchten, mögen sich bitte vor die türe begeben.
balearen
mariza zu ibiza: „fahr´ zur hölle, liebling!“. darauf ibiza zu mariza: „da bin ich doch schon. bitte hol´ mich hier ´raus!“