Ankerplatz der Freude

Ankerplatz der Freude

ROY aus ursprünglich losangeles kommt später dazu in’s cafe, er ist gerade mit dem zug aus winterthur angekommen. erzählt, sein frühstück war tartar, morgens 200gr, abends 400gr. am thursday sei immer schlachtetag, unten die metzlerin in seinem haus, die weiß schon und legt üppig zurück für ihn. er ist amerikaner und grinst, wie es manche amerikaner ja ein ganzes leben lang tun. das ist auch irgendwie schön und vertraut. ich muss mir wohl altersC.I.’s zulegen, vielleicht „motzen“, vielleicht TARTAR oder 2 rohe geschlürfte eier zum frühstück oder andere schräge sachen, rechts überholen vielleicht. sonst kannst du nicht bestehen als älterer mann, weiß dazu, keine besonderen kennzeichen. bin immer zu viel 1:1.

vielleicht einen bunt gefärbten oberlippenbart?

er1 hat ein white-trash t-shirt an, rollkoffer und erzählt vom whiskytrinken an seinem geburtstag und total blau im irgendwo aargau. nur zufällig bekomme ich das alles mit, es ist ein sich überschneidend terminiertes zusammentreffen, klinke in der hand, mit einem freund von IHM2, den ich wiederum getroffen habe im café, um mich über alte orden und abzeichen informativ auszutauschen. bezüglich veräußerungsmöglichkeiten. er2 ist spezialist für alte münzen, wie es wohl nur wenige gibt. ich bewundere sein wissen. sein ladengeschäft wurde im vergangenen jahr ausgeraubt, trickreich und gemein, während er, von einer dame nach außen gelockt vor`s schaufenser, freundliche ratschläge über historische münzen gab. er ist ein netter, das war sein ruin. nun ist sein laden geschlossen. vielleicht hat er sogar noch glück gehabt, ansonsten wäre ein messer o.ä. (kugeln) im spiel gewesen, erzählt er. es ging um sechsstelliges.

verabschiedete mich aus diesem frühlingssonnigen draußensitzen, vorbei am hölderlinturm mein weg. abzeichen, die letztlich auch die familiären dramen spiegeln, sie sind nun wenigstens verordnet. es gäbe wohl „sammler“, die immerhin keine nazis sind, gleichwohl wertekonservativ. und dokumentierend interessiert. /was soll ich glauben. es ist mir nun auch egal, bin erschöpft diesbezüglich.

wie viel habe ich dokumentiert und bewahrt. dramatische leben und geschichten, eben erst sinkende schlachtschiffe, gefangennahmen mit scheinerschießungen sowie berichten darüber, russ. kriegsgefangenschaften mit wertvollen skizzen aus ebendieser und dokumenten über RUHR, denazifizierungsunterlagen mit stempeln der französischen zone. mit offiziellen bittstellungen um entlassung, dazu persönliche berichte, briefe. sowie dokumnete über LEVY-stammbäume, die vom eigenen sohn, meinem großvater, tunlichst getilgt werden sollten und letztlich berufliches emporkommen im pakt mit den teufeln brachen, ausgerechnet 1942. er stolperte über seine eigene ideologie, das hat was. wie ein drehbuch.

alles nun bitte weg. in immerhin bewahrende aluminiumkisten. endlich WEG. ich habe genug für´s überliefern getan, so spannend es sei. sollen einst andere da weitermachen, oder auch nicht. ICH habe keine lust mehr darauf und getan, was möglich. meine URGROSSMUTTER Katharina Levy, die hätte ich einfach gerne mal noch kennegelernt. ebenso ihren mann, Johann Rogler, der wohl einst um 1937 in pommern ein grabmahl baute für sie, seine verstorbene frau, welches die dann SS zerstörte, weil „geb. LEVY“ darauf stand. so hiess es jedenfalls von einer ostberliner großtante, die ich 1999 in treptow noch lebend traf, im persönlichen gespräch.

GISELA hieß sie, jetzt fällt es mir wieder ein. die großtante.

es wäre mir lieb eine stunde NUL.

in der ich niederschreiben könnte profanes an meinem. z.B. wie mich der liebste boxerrüde andor über die streuobstwiesen an seiner lederleine hinterherschleifte durch pfützen beim morgentlchen gassi-gehen, wenn ein hase aus dem bunten saftigen hochstehenden gras in richtung wald davon sprang und er unbedingt sofort hinterher wollte, hasen jagen. wie habe ich gelacht im frühmatsch. oder wie ich auf dem vintage-schaukelstuhl im OG klimbim schauen durfte mit dem unverschämt nackten busen ingrid steegers. das hat mit viel bedeutet, ich durfte dinge ahnen, obwohl mich indianerspiele im wald zu dieser zeit noch weit mehr interessierten. meine Mutter war wohl recht freizügig, obgleich preußisch, diesbezüglich. in ihre täglichen aufzeichnungen schrieb sie in dieser zeit über mich „es tut sich was.“ ihr mann, mein vater, „habe schon gewusst, was er an ihr habe“, so erzählte sie mir beiläufig um vieles später einmal, verliebt seuftzend und nicht ohne versteckten stolz und mit dem heimlichen lächeln einer erfahrenen witwe.

den RASEN nicht „mähen“ bis anfangmittejuno. insekten sollen dürfen. alles treibt jetzt in die höhe und vermehrt sich. ich brauche eine richtige sense, am besten aus heimischer regionalproduktion. die erstaunlich günstigen aus chinesischer produktion brechen und knicken beim ersten mähschlag. man darf sich nicht beeindrucken lassen vom baumarktpreis. was habe ich mich geärgert. / das neue alte haus steht derweil prachtvoll voller umzugskisten des einzuges. das dauert, bis diese (…). / eine volksfest-szene im mittelformat, gemalt von meinem vater kein jahr vor seinem tod, hat eine neue geneigte besitzerin gefunden. das freut mich sehr. und eine vintage-postkarte aus HH traf ein, mit kollegialen grüßen: „St. Pauli – Ankerplatz der Freude“. da muss man erst mal drauf kommen.

umkehrschlüsse, aus spaß. bei allem frage ich mich, wer der da künftig sein werde. „ankerplatz der freude“, das würde mir schon zupassen.

"Volksfest"
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