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die sonne scheint. gestern wieder 38 grad. ich mag die hitze. alles fliesst irgendwo. man kann nicht schreiben, zu heiss. wozu auch. wenn schon schreiben, dann einen bestseller, der ordentlich kohle bringt für die letzten jahre. irgendwas mit jugend, alter, gender, empörung oder sex oder eben komisch. oder über eine alte kleine hündin, die jeden tag einmal – immer an der selben stelle – in den HERAULT steigt, um kurz zu baden. sie kennt den einstieg, der ihr dort möglich ist. seit jahren, sagt herrchen. sie sei 14 jahre alt, das nette herrchen über 80.
oder, wenn bei GEWITTERWARNUNG – wie heute – der französiche DLRG mit einem bootchen mit aussenborder den strand abfährt, um die verbotenerweise badenden mit einer trillerpfeife zurück an den strand zu scheuchen. wenn das bootchen dann woanders, dann rennen alle wieder ins wasser. vor allem die kinder und pubertierenden, aber auch gestandene erwachsene mit und ohne busen und bauch. wenn das bootchen dann abermals wieder kommt, dann rennen alle wieder raus. das finde ich nicht nur lustig, sondern auch schön. ein riesenspaß!
überhaupt bäuche. es scheint ein STATUS zu sein, als sowohl junger, mittelalter oder alter mann den oftmals sogar blanken und entkleideten kugelrunden bauch zu zeigen. voller stolz. oft das t-shirt sogar eigens hochgeschlagen und oft blankrasiert, die bäuche. oder gegenteilig. verstehe das, wer wolle. aber auch das macht mir nichts aus. ich habe hier einen zustand völliger gelassenheit gegenüber meinen ansonsten ja oft viel zu zimperlichen detailmeinungen erreicht, schon allein aufgrund der hitze. denke ich mir. mir ist das alles egal, auch völlig übergewichtige oder abgemagerte junge frauen und kinder. tätowiert sind ohnehin alle. auch die, bei denen man es nie erwartet hätte. ich finde hier jedes jahr meine menschenliebe wieder. so sind wir eben. hauptsache, irgendwelche bügelfalten sind erkennbar. und das sommerparfum riechbar. da ist es dann auch egal, ob 3-jährige am strand halbstundenlang am smartphone hängen mit kopfhörern.
es ist aber nicht allein die hitze. bilde ich mir ein. wobei die hitze – besser WÄRME – mich grundberuhigt. das ist wohl bei germanen so, die ja sonst stets einen pullover dabeihaben müssen und feste schuhe, falls es regnet oder schneit. und schon sommers zusehen müssen, woher das feuerholz für den zu erwartenden winter kommt. nicht so hier. ich beginne zu gleiten. ich MUSS nichts mehr machen, gar nichts. weder zeichnen, noch holz besorgen für den nächsten winter, noch schreiben. geschweige irgendwem berichten. ich kann hier einfach nur auf dem balkon sitzen und den möwen und den tauben und den elstern zuhören, die fledermäuse beobachten oder die menschen am strand. oder alte autos fotografieren, die mir vorführen und zeigen, wie alt ich jetzt bin.
später dann zum kleinen marktplatz gehen und mit frau mullah eine PRESSION oder einen hausweisswein mit eiswürfeln trinken oder zwei, und den staren zuhören wie in DIE VÖGEL, die auf den beiden mächtigen platanen dort immer übernachten und sich vor dem schlafengehen noch lauthals kreischend gutenachtgeschichten erzählen.
das schöne hier, es ist ein völlig normaler ort mit völlig normalen einwohnern und völlig normalen feriengästen. keine superjachten, keine übertriebenen intellektualitäten oder verkünstlichungen verkünstlichter künstler. keine überbordenden und zur schau gestellten besonderheiten. keine wie auch immer gearteten sexuellen eskapaden, wie am naturistenstrand ein paar dünne kilometer weiter. stattdessen schwimmringe, im sand spielende kinder, hunde, menschen aller couleur und bescheidener aussendarstellung, die sich einfach abkühlen wollen im meer. das alljährliche harley-davidson-treffen, sehr pittoresk und immer wieder mal eine SARDINADE, bei der der ganze kleine marktplatz vollgestellt ist mit langen plastenen tischreihen und frisch gefangene und am platz gegrillte sardinen zum verzehr angeboten werden. danach ist meistens tanz, begleitet von einem DJ-animateur, da läuft dann jaques brel und daft-punk und charles trenet und alle, jung und alt, ob maghreb oder alter französischer adel tanzen querbeet und singen mit, dazwischen wackeln quiekende kleinkinder fröhlich mit ihren ersten schritten und werfen ihre ärmchen in die höhe, genauso, wie ihre jungen großväter und großmütter. und mütter und väter in ihrer kinderphase.
das ist wirklich schön. so möchte ich leben. eigentlich immer. danke, liebe V., dass das so geht hier und möglich ist, dank deiner. und vielleicht könnte es mir genau HIER irgendwann einmal gelingen, ein schriftliches manuskript mit viel ruhe und zeit ggf. in form zu bringen. wenigstens ein mal im alten leben. um mir dann das holzbeschaffen für vielleicht 2 winter sparen zu können. und um wenigstens EIN mal im leben jenen naturistenstrand besucht zu haben, wo man die butter und das baguette nackt einkauft beim nahversorger und danach anderen beim kopulieren zusehen kann am strand. wenn man das will. während man eine kleine quiche verzehrt oder döst oder raucht oder in den himmel starrt. aber vielleicht brauche ich das auch gar nicht mehr als große und wilde erfahrung. vielleicht hatte ich diese sicht ja auch schon, in einem früheren leben. wer weiss. ich habe alles vergessen.
es sind immer ja immer die dichtung, die wahrheit und die legenden. die größte HAUPTSACHE mir, es ist grundwarm. dann und danach kommt alles andere schon ganz von alleine. heute nacht nur 26 grad. wind, balkon, in der ferne lautlose angeberblitze. und PASTIS ebenda, nicht alleine. reden, flüstern, zupfen und sich freuen über dies und das.