Hanta,

Hanta

der sommer jetzt tanzt mich, mir bislang unbekannte silbrige wunderschöne nachtfalter sitzen auf meinem heimischen terrassenbier. viele der mich fern oder nah umgebenden menschen jeglicher herkunft oder überlieferten standes sind gerade in der normandie oder der bretagne oder nahe montpellier zum tennisseminar, oder für ein paar tage in südtirol oder auf mallorca oder im wallis oder in holland wahlweise georgien wahlweise litauen oder im allgäu oder den vogesen.

wahlweise schottland. geld irgendwo hernehmen ist gnade, wollen, planung oder erbe. oder beton, wahlweise backstein. und provinzielle provinienz, oder altstädtisch.

stattliche hirschkäfer, die mich spätabendlich draußen hektisch anfliegen auf ihrem offenbar pheromonischen plan, ein weibchen in unmittelbarer nähe dringend zu finden, welches vorhaben sich mir nicht verständlicherweise ebenso sofort pheromonisch erschließt, dies ich gleichsam jedoch natürlich wohlwollend unterstütze. ringelnattern (dreiviertelwüchsig?), die weghuschen, wenn ich die letzten im feuchten gelände/garten gelagerten, einst gewiss als nochmals wiederzuverwendenden holz- und balkenstapel, entnommen vor 3 jahren dem hektischen rückbau angesichts bevorstehender handwerklicher arbeiten am hause, nun entferne und dichte plastene planen nach monaten von sommer und winter aufwerfe: licht, dort, das erste mal seit drei jahren. eingriff und auch preisgeben von mikro/makrobiotopen. oft dadurch natürlich saisonale teilzerstörung von lebensräumen meinerseits oder mindestens umformulierung, meist begleitet von schlechtem gewissen aller art. ein STÖREN meinerseits. ich will doch und wollte niemals im leben andere stören. die, die ja auch nur machen und ackern und sich kümmern und wollen.

so viele moos-häufen, nester und heimstätten von wem/welcher/was auch immer, unter alledem, auch meinen darübergeworfenen LKWplanen als schutz gegen das feuchte von oben übers jahr. beim hochheben und entfernen von holzpaletten, auf denen gelagert meine gedachten wertstoffe, liebevolle konstruktionen einst auch proaktiv geschützter habitate und angedachter werterhaltungen von baustoffen. alles im fluss und temporär, so wie eben sowieso alles. wahrscheinlich mäuschen oder igel für den winter waren hier. aber welche mäuschen genau? frau mullah sagt oft ZIEH EINE MASKE AUF!, der staub wegen der HANTA-viren. recht hat sie. man kann daran sterben, ein entfernt bekannter war auf INTENSIV deshalb drei wochen oder zwei oder eine. nur, weil er einen alten schuppen bei sonne ausgefegt hat. multiples organversagen.

vor mir aber nur geknackte haselnüsse und gequirrltes grün, oft das nahe verfügbare moos. ich lass es halt, das mit den masken, ich kann doch nicht bei jedem ZUPFEN am möglich-kontaminierten eine maske aus dem hause holen? und an irgendwas muss man ja letztlich vergehen im ewigen fluss, ebenso wie mäuschen, blindschleichen oder alte freunde. mich erfreut, sozusagen eher panreligiös als katholisch oder sonstwas, vielmehr die fast sofortige belebtheit aller arten von neu geschaffenen begebenheiten und architektonischen zuständen durch jegliche arten von lebensformen. seis eine schlange, ein grünlicher pilzbollen oder eine riesenhornisse.

ich und frau mullah nennen diesen einstigen garten jetzt daher auch nicht mehr GARTEN, sondern GELÄNDE.

es ist faszinierend, wie sehr alles lebt und sich v.a. auch von jahr zu jahr verändert. heuer beispielsweise wenig schnecken im allgemeinen. vor allem aber jetzt wieder eher die nacktschnecken. über jahre waren es vor allem weinbergschnecken mit haus, von letzteren in diesem jahr eher: sehr wenige. WARUM? ich habe keine ahnung. dafür die amseln stabil. bei denen würde ja eine pandemie wüten, hörte ich. offenbar nicht hier. heuer jedoch keine brütenden rotschwänzchen, in den vergangenen jahren waren es mehrere, mitsamt zweimaligem nachwuchs.

was weiss denn ich, was die anderen bewohner der GESAMTERDE so machen, während ich mich aufrege über rein humanoide weltvorstellungen, hie und da und weltweit.

erstmals seit langem vorgestern einmal wieder einen untoten – normalerweise sieht man sie ja überfahren im strassengraben liegen – und sich bewegenden dachs gesehen, am noch hellichten spätnachmittag. er eilte über das kleine sackgassensträsschen, als wir auf dem rückweg vom bewirtschafteten schlösschen waren durch den wald mit jeder menge kurven und es um dies oder jenes unserer leben nachbereitend ging. zuletzt sah ich rennende dachse tatsächlich vor beinahe einem halben jahrhundert, damals unten im himbachtal mit dem dichtem schachtelhalmwald einer quelle gegenüber – UNSERER QUELLE, einem unserer geliebten spielorte. das war bei uns kindern immer bewundernd der steile DACHS-HANG gewesen, durchlöchert von einer vielzahl von wohnhöhlen, einer regelrechten kolonie seinerzeit.

ein dachs ist ja nun weder wirklich klein noch wirklich groß aus menschlicher sicht. es gibt wenig solcher tiere bei uns in dieser seltenen und undefinierbaren zwischengröße und immerhin werden sie, die dachse, ja sogar offiziell als raubtiere bezeichnet. ich denke daher, wird ein dachs einem menschen begegnen, so könnte jener sich durchaus fragen: ENTWEDER BEUTE ODER FEIND! ähnlich verhält es sich möglicherweise im umkehrschluß – es könnte sein, ein mensch denkt und reagiert ähnlich anläßlich einer dachsbegegnung: ENTWEDER FEIND ODER BEUTE! auch wir sind ja raubtiere, ohne jedoch als solche bezeichnet zu werden.

dieserlei betrachtungen gefallen mir, sind sie doch sehr ursprünglich, ursächlich für vieles und zeitlos übertragbar. zudem klingen sie oft gut und vor allem auch weise.

dachse aber essen keine menschen und ähnlich verhält es sich wohl auch andersherum. wobei ich auch schon über sinngemäße ausnahmen in notlagen und kriegszeiten las: so wurden bis nach dem letzten kriege in hungernden zeiten – so heißt es – in einer abgelegenen gemeinde im mittelfränkischen sogar IGEL von menschen verspeißt: man erschlug sie, ümhüllte sie mit ton zu einer kugel und buk und garte dann über offenem feuer. sodann wurde der ton mitsamt der stacheln, die darin festgebacken waren, entfernt und die igel verspeißt. sicherlich gibt es ähnliche schicksale bei dachsen, wenn menschen darbten.

dachse hingegen essen (neben schnecken, insekten, wurzeln und gemüse, gelegentlich kaninchen oder sich im wald verirrten hühnern) sehr gerne IGEL. es heißt sogar, dachse seien deren wenige natürliche fressfeinde. und: sie ernähren sich mannigfach von mäusen, also auch von rötelmäusen.

hier nun schließen sich mir, als aufmerksamem beobachter spiralförmig dramatischer wiedergänge der schöpfung, die von beginn an vermuteten kreise der ewigen wiederkehr und damit auch des ewigen verderbens. denn es seien ausgerechnet die RÖTELMÄUSE, die dem menschen jenes schillernde HANTA-virus gelegentlich weiterreichen. wenn beispielsweise der trockene staub alter garagen – angefüllt mit gerätschaften oder jahrelangen lagerungen alter dinge, die man meinte, irgendwann weiterreichen zu können oder zu wollen oder zu verkaufen und die grundsätzlich erhaltenswert schienen – ausgekehrt wird und dabei unbedacht nebensächliche stäube temporärer bewohner zum – ggf. letztlich – tragischen inhalieren sich eignen und anbieten.

ja die DINGE, die haben es schon verdammt gut. die dinge müssen nur abwarten und daliegen, bis sie alt werden. menschen, dachse oder rötelmäuse hingegen müssen permanent und immer irgendetwas tun oder unterlassen, damit sie alt werden. wie gerne wär ich oft nur irgendein ding. oder eine sache. oder ein gedanke. ich würde mich endlos und 1000 jahre lang weiterreichen lassen für nichts. und dann schauen, was kommt und sowieso alles nur noch genießen.

Ecki

Ecki

transfers beim fußball interressieren mich neuerdings. das hätte ich mir noch vor 2 jahren niemals träumen lassen. die grundsteuer wollen sie erneut vervielfachen, weil sie pleite sind, auch wegen beheizbarer blaugeschnörkelter fahrradbrücken, sowas hätte ich mir niemals träumen lassen. das weltweite großkapital will, dass wir alle noch mehr arbeiten und vor allem bis fünfundsiebzig oder bis zum umfallen und nicht immer jammern, was ich eh nie tat, weil ich ja gerne arbeite. hätte ich mir niemals träumen lassen. wie viele andere.

ich hätte interesse, die resthölzer und die im garten gelagerten häufen mit wertvoll zukünftig baulich-bastelnd verwertbaren dingen und materialien räumen zu lassen, anstatt es selber zu tun. träum weiter. dass ich jemals zweifle an der gutheit und weitsicht der israelischen weisheit, die ich stets bewunderte.

niemals träumen lassen hätte ich mir dies und niemals hätte ich mir träumen lassen und gedacht, dass sich ausgerechnet E., quasi gleichalt als ich, vor drei wochen im keller selbsterhängen würde. dass ich ihm dies beinahe übel nehmen würde – zunächst, letztlich aber doch nicht, warum auch, der E. war sehr aufrecht und selbstbestimmt. auch dies hätte ich niemals mir träumen lassen, es tut nur so allumfänglich weh. dass er nicht mehr, ausgerechnet er, da ist.

weiterhin ferner: alles mögliche hätte ich niemals gedacht, dass ich es je noch gedacht haben würde hätte können, im leben zu lebzeiten meinerseits, noch nicht einmal im traum und dem träumen lassen. träumen und träumen lassen, das klingt wie: leben und leben lassen, kein schlechtes ding in zeiten, in denen einem alles um die ohren fliegt. was sollen denn die leute aus dem CH-dorf im wallis gerade denken? da kommt so ein berg daher, bewegt sich und macht landschaftsarchitektur. völlig ohne planung, monumentalste, auch soziale, plastik. das könnte ja alles von anselm kiefer sein, von der größe her. natürlich nicht von leid und hubschrauberdichte.

der E. war fast immer da bei den seit einigen jahren stattfindenden lockeren kleinen jährlichen klassentreffen. tontechniker bei den öffentlich-rechtlichen lange nicht mehr, da hörsturz, berufsunfähig und dann sein umzug vor ungefähr 5 jahren zurück ins beheizbareblaubrückenstädtchen (BBBS). ein begnadeter mensch, guitarrist, musiker und komponist. mit drei töchtern. arbeitete zuletzt als personenbeförderungsberechtigter und entwarf und baute nebenbei anhänger für lastenfahrräder aus bambusrohren. betrieb zeitweise einen selbst entworfenen mobilen pizza-ofen. fürs geld fuhr er zuletzt als freundlichster busfahrer vorort (BBBS) den bus im weissen hemd beim örtlichen nahverkehr. manchmal, wenn er die sonntäglichen linien an den waldrand im dienstplan hatte, rief er spontan an und fragte, ob wir uns für eine viertelstunde an der endhaltestelle treffen könnten, ein paar wenige gehminuten vom waldrandatelier entfernt. ich kochte spätnachts flink eine thermoskanne mit instantkaffee und wir plauschten dann dort übers aktuelle leben, das weltanschauliche mitsamt politischem. und natürlich die alten schulkamerad/innen. er wusste eigentlich immer alles, wer mit wem, welche mit welchem ein oder zwei posteheliche polyamore schäferstündchen hatte von weit her angereist, und so weiter. es ist einfach schlimm, dass er nicht mehr da ist. morgen ist/war die beerdigung um zehn.

heute/vor fünf tagen war die beerdigung um zehn. bei schönstem sonnenschein. sehr berührende reden eines schwagers, einer schwester, der exfrau und mutter der töchter, eines bruders, eines besonderen langjährigen freundes, den ich sehr schätze, und vor allem auch einer tochter, ich glaube, es war die mittlere? es war so hundsbewegend, weil so verdammt sehr ehrlich. ausgerechnet der E.! schopenhauer und heimito von doderer. schon immer, schon seit langen jahren, habe er gesagt, dass nicht der liebe gott bestimmen würde, wann er einst gehe.

natürlich, die angst der alten weißen männer, wenn sie nicht mehr ganz, wie einst, funktionieren und eigentlich ja nicht mehr gebraucht werden. die hüften, die schultern, die funktionen, die sichtschärfen. das alte, das ggf. unansehnliche, auch für einen selber. manchmal offene oder jene hintertürhäme. von vielerlei mannigfacher seite, stets gebrochen differenziert, natürlich. und die umfängliche großangst, ZU langsam zu vergehen in der auflösung all dessen, was einmal die eigene doch stets scharfsinnige persönlichkeit ausmachte.

sodann zuletzt nicht mehr selber über den zeitpunkt entscheiden zu können, wann man nicht mehr sein will. zu spät. diese angst hatte er wohl. ich kann das gut nachvollziehen. ich kenne diese angst auch. KENNE klingt dabei besser, als HABE.

früher sagte man noch HÄTTE.

ich war parallelklasse beginnend gymnasium, um 1972. humanistisch weiterführend, latein ab der fünften, ab der siebten englisch, ab der neunten französisch oder griechisch. damals, boomerzeit, gab es die klassen a, die b und die c. die a war undefiniert, die b (zu der ich gehörte) langweilig, da nur sieben mädchen und diese alle sowieso eher mehr superschlau, als verführend. damals jedenfalls, die mädchen hatten immer alle einsen.

die c hingegen war immer aufregend und für die a und die b, insgeheim. weil da ging immer irgendwas ab.

so gerne wäre ich in der c gewesen, fast von anfang an. das hat man ja auch als junger mensch gleich geahnt, wo sich künftige welten für die kommenden sechs jahre am bäldesten vielleicht eröffnen. der E. war in der c. er habe auch griechisch in der elften gewählt, das sagte heute vor ein paar tagen ein redner beim beerdigen der asche vom E.. ich kann mich nicht erinnern daran. auch gibt es keine inneren bilder vom austausch der griechischklasse mit dem entsprechenden jahrgang der deutschen schule in athen, von 1979. da war griechenland noch nicht verschuldet, später entschuldet, noch überhaupt gab es solche europäischen dinge, wie es sie heute gibt. es war ja auch erst 1979.

ich kann mich nicht an den E. erinnern im griechisch, seltsam. auch die fotos, die ich habe und kenne, können es nicht. vielleicht ist er ja in belgrad nachts ausgestiegen damals aus dem zug. oder in zagreb. das würde zu ihm passen, hätte zu ihm gepasst haben können.

ich kenne und kannte ihn doch eigentlich gar nicht, den E.. und ich dachte seit fünf jahren, es ist mir unergründlich schön, dass er wieder hier ist, ganz egal ob a, b oder c. er wohnte anfangs im waldrandhaus immer mal wieder, als er seinen umzug nach dem zurück organisierte. ich dachte, da wäre schöne neue zeit. auch, wenn ich vom baumarkt her kommend sehr nah an seiner neuen bleibe, hier im BBBS, vorbeifuhr. wollte oft stoppen auf einen kaffee und links kurz abbiegen, aber man hat ja immer etwas zu tun in eile und verschiebt dann. also das nächste mal. denkt man sich. da ist ja ZEIT.

von wegen.

man sollte nicht verschieben. /er war früh ein basketballer. über ihn habe ich erst erfahren, dass es sowas wie basketball überhaupt gibt. das war im jahr 1974, die ersten weissen turnschuhe kamen auf den markt. für waldrandhalbwaisen ohnehin unbezahlbar. währenddessen trug ich die gebrauchten unterhosen von thomas daiber auf, gebügelt und geflickt zuvor von meiner mutter, da das haus am waldrand halbfrisch verwitwet noch an allen enden abbezahlt werden musste. musste gespart werden. dazu der papa tot und ohne reputation daher im BBBS. der E. war aber immer feste größe, auch wenn größen ja variabel, wie man über die vielen jahre lernt. der E. war eine das leben mit allem dit und dat ausquetschend zunehmend superfeste angenehm-größe. eine säule und hoffnung in meinem weltbild, für mich jedenfalls. aufbrechend und scharf, erlebend, ggf. zurückkehrend und dann weise. und gemäß meinem humor und reflektion.

da ist dann schon die große frage: wieso erhängt man sich im eigenen keller? und wie funktioniert überhaupt erhängen?

ach Ecki!

jetzt sind es doch ECKI-gedanken geworden. ich wollte das doch vermeiden, da ich doch nie dein superkumpel war in historie, das waren andere. was hätte noch werden und sein können. wie froh war ich über ahnung von verbundenheiten nach jahren, als du wieder hier irgenwo in der nähe warst. und heute/vor 6 tagen an deiner urne: deine drei töchter. und alle aus weitem kreis, die da und anwesend waren. unerfahren in beerdigungen und solcherlei ritualen. jetzt bist du einfach nicht mehr da, weil du es so wolltest. du habest einfach die KRAFT nicht mehr gehabt, wohl OHNE verzweiflung, wie einem abschiedsbrief an den R. offenbar zu entnehmen. aber was ist schon keine verzweiflung ohne keine kraft mehr?

ausgerechnet du, ECKI. ich glaube es immer noch nicht. nach wie vor könnt ich nur weinen um dich. und tu es auch nach 6 tagen noch, himmel ausgerechnet du. lebe wohl. habe auch nicht quergelesen redigiert, viel zu emotional, es ist mir egal, ich lass es jetzt einfach so stehen, mit sehr großer zuneigung ewiglich.

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