Gasometer2

Gasometer1
gasometer2
gasometer3
Renault Kangoo

atelier + foto / Gasometer Schöneberg, November 2006 und 16.11.2024, zudem „vacances“, (Serie „express“), 17.10.2024, 21x13cm, Aquarell/Collage auf Buchkarton, zudem 200.000km
#
…und mannigfach immer, wenn wir heimkehrten mit dem Kfz und uns nach schon langer Fahrt von allen abenteuerlich besuchten Weltgegenden her – endlich! – zurück auf der Berliner Stadtautobahn befanden, dann galt es, in ersehnter Erwartung unserer baldigen Ankunft zu Hause, der kleinen Kirschkern im Schalensitz auf der Rückbank zuzusingen:

Ma-nno-me-ter,
Schwar-zer-Peter…,
Ga-so-me-ter?:
Ja, DA STEHT er!

Eine helle Freude war es jedesmal, für allesamt im Automobil!

#

kursiv: …am vergangenen Samstag habe ich die ehemalige Nachbarschaft einmal wieder erlaufen. Da ja auch die architektonischen Zeiten selten stillstehen, wie alles andere an Zeit ja meist auch, habe ich geknipst, auch den geliebten Gasometer. Mittlerweile sind offenbar Büros eingebaut worden. Wie ich das denkmalpflegerisch empfinden soll, das weiss ich nicht. D.h., ich weiss es. // Im ehem. Wohnhause gleich um die Ecke des Gasometers ist vor zwei Wochen ein Jugendlicher zu Tode gekommen, am nahen Fernbahnhof zwischen ICE und Bahnsteigkante. Es ist so tragisch und ich mag mir das alles gar nicht vorstellen. Die Meldung war auch in der Presse zu lesen. Im Hausflur, neben den Briefkästen, ist ein Foto von ihm zu sehen, viele frische Blumen stehen davor. Er wurde nur 16 Jahre alt. Es ist schrecklich. // Geliebte ehemalige Nachbarn erzählen Neuigkeiten: Ein stets verlässlicher Designer aus dem Quergebäude, den ich liebgewonnen habe über die damaligen Jahre, so hörte ich, lebte offenbar wohl jahrelang gleichzeitig in zwei Parallelfamilien, womöglich sämtlich Beteiligten überkreuz verschwiegen und unbekannt. Ich war beeindruckt ob dieser Geschichte. Vielleicht werde ich ihn irgendwann einmal dazu befragen, gewiss nicht von moralischer Leiter herab, sondern wenn schon, dann von interessierter Seite her. // In meinem ehemaligen Atelier wird vielleicht demnächst ein Afrika-Laden eröffnen. Ich stelle mir vor: Haar-Ergänzungen, bunt und eingeflochten und solche Dinge. Vorher wurden dort vom kanadischen Besitzer Perlen zum Selbermachen von Ketten angeboten. Der Besitzer selbst ist seiner weggelaufenenen Frau, die witzigerweise den selben Vornahmen hat, wie die ehemalige Frau von mir, hinterhergezogen nach Bayern, um den Kindern näher zu sein. Auch das kommt mir irgendwie bekannt vor. Alle zwei Wochen ungefähr käme er mal heim nach Berlin. Man munkelt, sie sei zusammen mit den Kindern jetzt wohnhaft im Zusammenhang mit einer Sekte oder Freikirche. Es sind alles wilde Geschichten. // Und gegenüber das „J“ der Jansenbar, wie immer, das gefällt mir. Auch das Weihnachtssingen zu Heiligabend, im Hof vom Nachbarhaus mit H. und Jean-J., das gibt es wohl noch. Auch das freut mich. Ich glaube, sollte ich jemals zurück nach Berlin ziehen müssen oder wollen, dann wollte ich keine andere Gegend als ebendiese mir abermals vorstellen und wünschen. (…)

#

Mit Frau Gaga, ihrer charmanten Begleitung L.G. und vielen Anderen, auch meinem alten lieben Freund JAK, einen wunderschönen Abend während und nach der Eröffnung der ANONYMEN ZEICHNER*INNEN im Kunstraum Kreuzberg Bethanien erleben dürfen mit vielen Altbekannten, das habe ich. Endlich auch einmal Holm Friebe persönlich kennengelernt, nachdem er im Frühjahr ein Emaille-Schild von mir angekauft hatte (merci nochmals!), via SMS und in Dollars, dankenswert vermittelt von der wunderbaren Alexandra Erlhoff. Zuletzt dann im Goldenen Hahn am Heinrichplatz, wo im Minutentakt meist weibliche Gäste von den Barhockern fielen, ohne sich ernsthaft zu verletzen (was wundersam war), ebendort einige Absacker im fließend zunehmenden Rausche und danach mit C.R. über den Kottbusser Damm nach Hause gelaufen, sehr nächtlich. Dabei weitere unglaubliche Geschichten des geschehenen Lebens vernommen während des Fahradschiebens und Erzählens entlang der üblichen Routen propalästinensischer Demonstrationen. Alles konnte ich fließen und rauschen lassen, auch weil ich wusste, dass ich gegen 4.30 Uhr morgens kurz vor dem Hermannplatze nach links abbiegen werden würde können, um bei meiner Lieblingsschwägerin La N. mir eines so herzlich und geduldig wohlwollenden Quartiers sicher sein zu können. Es waren für mich 3 sehr wichtige Tage von der Herzgegend her. Außerdem riss ich auf der Rückfahrt südlich von Würzburg die 200.000er Marke, Danke für die Kilometer, lieber Kangoo-Diesel!

#

das gras am waldrand ist jetzt 10cm hoch, sämtliches laub ist liegengelassen, so viel ist es eigentlich gar nicht, alles bestens also fürs überwintern von bla-bla divers, salamandern und insekten und gekreuchs. ich wünsche mir eine kleine STIHL-elektro-kettensäge zum geburtstag oder zu weihnachten, das habe ich jetzt so beschlossen, falls mich jemand fragt. bis märz muss einiges endlich einmal eingeschnitten und massakriert werden. // seit heute gibt es eine video-gegensprechanlage am waldrand. habe der alten dame im himmel berichtet und auch gleich ihr grab mit reisig winterlich abgedeckt, bald ist ja totensonntag, neudeutsch ewigkeitssonntag. ich finde „totensonntag“ schöner, und klarer. auch die „panikbeleuchtung“, so nannte es der elektriker, ist nun funktionsfähig. wenn in der nacht die diebe kommen, dann knipst man den schalter und rings ums haus gehen strahler an und schlagen die diebe in die flucht. so einfach ist das.

#

UND: Johnny hat sich gestern endlich, nach 1 Woche banger Funkstille, fernmündlich bei Frau Mullah gemeldet. Er ist gottlob wohlbehalten in Hamburg angekommen. Seinen Mobilfunk hätten die Elbgrenzer ihm abgenommen. Nach einem Flug ohne Personalien und mit Backschisch von Monaco aus. Das funktioniert, weil es viele täglich pendelnde prekäre Tagelöhner von Monaco aus nach Hamburg gibt. Er berichtet ferner, die Armut in Hamburg habe erschreckend zugenommen, seitdem die Evangelikalen dort die Macht übernommen haben. Möge ihm alles gut von der Hand gehen.

Roadmovie

baqi1
baqi2
baqi3

Johnny ist auf dem Weg zurück nach Hamburg. Die eigene Faust in der Tasche. Er wollte, dass sie ihn endlich abschieben, aber Abschiebungen nach Hamburg sind gerade nicht erlaubt, politikseits. Eine Mehrfachironie, prosaisch schon fast, wollte man ein Epos der weltumfassenden Jetztzeit mitsamt Entwicklungsroman schreiben. Also ist er nun alleine los, wie immer im schwarzen Anzug und hellblauem Hemd, sein Markenzeichen, manchmal Krawatte und in der rechten Hand eine schwarze ausgebeulte Aktentasche. Es war im Juni, da hatte er es über Barcelona versucht, aber aus dem Flixbus nach Tanger oder Casablanca holten sie ihn heraus und schickten ihn zurück. Ein paar Wochen später waren es ungarische südliche Grenzer, die ihn heimbefahlen. Dazu muss man wissen, Johnny hat keine Papiere außer einer Duldung im Schwäbischen und einem Abschiebebescheid. Den gekauften Personalausweis hätte ihm seine hanseatische Familie eigentlich schon längst zukommen lassen sollen. Immerhin versprechen die schwäbischen Behörden ja auch ein Rückkehrergeld, zum Neustart in Hamburg.

Nun und gerade ist er in Serbien, also in Nicht-EU. Wie ihm das gelungen ist, das weiß ich nicht. Von dort will er weiter nach Dänemark, also hinein in ein abermals EU-Land reisen, um dann ggf. einen nächtlichen und wenig legalen Grenzübertritt über die Elbe nach Hamburg zu wagen. Frau Mullah und ich wälzen alte Diercke-Schulatlanten über Grenzverläufe. In Erdkunde war ich immer ganz gut: Schon in Zeiten, als es niemanden interessierte, kannte ich den Namen der Hauptstadt Albaniens, nämlich Tirana. Man könnte da heutzutage eigentlich unbedingt mal hinfahren.

Frau Zeeb-Häberle aus dem Nachbardorf hatte noch angeboten, ihn halbkonspirativ im Auto über Luxembourg und Andorra (alles EU) bis an die Hamburger Grenze zu fahren. Getarnt als „Nordsee-Urlaub, Amrum“. Ich hatte dringend abgeraten aufgrund den neuerlichen auch innereuropäischen Kontrollen. Nicht, dass eine solche Tat noch als Schlüpfer-Aktivität geahndet würde. Es kennt sich auch eigentlich keiner mehr so richtig aus mit dem gesetzlichen Migrantentum, hin oder her, vor oder zurück, von oben nach unten oder unten nach oben oder von arm nach reich und zurück. Frau Zeeb-Häberle schlug dann zusammen mit ihrem Mann (Herrn Häberle) vor, sie beide könnten doch im Fond sitzen und bei Grenzübertritten müsse Johnny dann eben im Kofferraum liegen. Aber man stelle sich nur kontrollseits vor: Guten Tag, öffnen Sie doch bitte mal den Kofferraum… an der Deutsch-Luxembourgischen Grenze. Und da läge dann grinsend – und Johnny würde gewiss grinsen in einer solchen Situation! – ein Anzugmann mit einer Dose Cola-Jack-Daniels in rechter Hand und seiner Geschichte im Kunstlederbeutel um die Hüfte.

Gestern Abend konnte ich mal wieder weinen um ihn, Johnny. Zusammen mit Frau Mullah, die sich sehr für ihn eingesetzt hat in den vergangenen 2 Jahren, anders als ich. Ich konnte irgendwann nicht mehr kommunizieren mit ihm, da alles an und von ihm eine minütlich sich ändernde ERZÄHLUNG seinerselbst war. Erfunden und oft Lüge, man konnte nie wissen. Oder wahr? Dagegen Frau Mullah, sie war auf Ämtern, bei Gerichtsterminen, Anhörungen, Krankenkassen, Jobcentern, Vermietern und vieles mehr. Schützendes Sichvorihnstellen. Bitterlich, ich wunderte mich selbst, wieviel Wasser sich da gestaut hatte in meinem Unvermögen und Groll.

/Er ist ein DESPERADO im wahren Sinn des Wortes. Hilflos, väterlich? Pflegeväterlich? Viel eigene Lebenzeit und sehr schönes Erleben sind da in und mit Johnnys Geschichte im Pfarrhaus, zusammen mit Bahram und Frau Mullah und der Kirschkern. Ich habe ihn einfach blöderweise liebgewonnen, auch wenn ich seit vielen Monaten schon nichts mehr reden konnte mit ihm. Er wuchs mir ans Herz, auch wenn ich das verschieben wollte. Einmal Herz, immer Herz.

Weil er so viel gänzlich unlogische Scheisse gebaut hat, dazu am vielfach laufenden Band. Und weil er ein notorischer Lügner ist. Traue nie einem Hamburger! Ich wünsche ihm aber sowieso, trotz allem Mist, alles Glück auf seinem Weg zurück nach – vielleicht endlich – HH. Ein stolpernd banales hypermeta-psychologisches Aquarell mit Collage habe ich dann noch angefertigt gestern, Wind & wuthering to BAQI. Wer soll das vestehen, eine super private Banal-Mythologie, dazu emotional. Ich hoffe einfach, dass er es diesmal schafft, diese endgültige Hamburgreise. Und sollte das gelingen, dann wünsche ich ihm ebensoviel Glück für die Zeit danach, an der Elbe und Außenalster. Man kann ja nichtniemals vor sich selber flüchten und wie gerne würde ich ihn, Johnny, nach vielleicht aller meiner verbliebenen Lebenszeit gerne als Greis, auf der Reeperbahn mit Rollator zufällig einst treffen und einfach in den Arm nehmen. Oder er dann vielleicht mich? Man ist irgendwann verbunden, ob man es will oder nicht. Auch als vormals Pflegevater. Und das ist schon gut so. Weil es eben einfach so ist.

Herr Merz, Herr Lindner, Frau Faeser.

Good Luck NOW, Johnny! Und Belgien liegt links von Belarus und oberhalb von Lybien, ganz weit rechts dann irgendwo Dubai, Kabul oder Istanbul. Unterhalb Afrika, nördlich weiter links davon: Hamburg am Meer.

Und erzähl endlich keinen Mist mehr, Johnny.

/(tbc.)

/Frau Mullah et Consorten

gasometer

Gasometer Schöneberg
Josefshof Göttelfingen
Hagelloch 1964

+ atelier, skizze: GASOMETER, ggf. noch sehr unfertig, (serie +express+), 9.10.24, 14x21cm, Aquarell auf Buchkarton / Diese leichtfiebrig hingeworfen subjektivistische Skizze entstand vor ein paar tagen während noch nicht vollumfassend abgeschlossener Genesung von einer aktuellen Viertelsgrippe. Infolgedessen: reflektierend halbfiebrig Grundgedanken zum Leben und zur Zeit an sich (vergangen, jetztzeitig, zukünftig, kritisch, fiebrig, euphorisch et al.), dazu Ewigkeit, deren Wiederkehr, Gesundheit, Sinn, Verlust, Liebe und Glück. Meine Zeit in der Nähe des Gasometers in der Gotenstrasse war eine sehr sehr schöne. Die jetzige am Waldrand ist es auch. / Es fehlen auf dem Blatt noch die Cheruskerstrasse und die Leuthener Strasse, die Eisdiele EISFLOCKE und der Dönerladen BLACK-SEA. Wohnhaft Schöneberger Insel gab es zwar die Jansen-Bar direkt gegenüber, dafür aber weder Käuzchen, Igel, noch Salamander. Diese hingegen gibt es am Waldrand mannigfach. Wobei eine Bar gegenüber schon manchmal fehlt.

+ brotarbeit in einem ABANDONED dorf. seit heute alles sehr neblig dort, ideal für den kalkmörtel zum langsam-abbinden, dazu die höchste luftfeuchtigkeit und moderate temperatur über 10°. normal muss man händisch feuchthalten gegen das allzu schnelle trocknen und mögliche reissen des materials, das erledigt jetzt der nebel mit seinen 95% luftfeuchte. und unter 6 grad sollte man unbedingt sowieso niemals kalkprodukte verarbeiten.

+ die größen oder tiefen von vergangenheiten in vermutete meintlich zukünftige vergangenheiten zu leiten und lenken – das scheint weltbewegend und immer handlungsweisend. ein oft grausliches und grausames verflecht. ich mag das aber, ganz weit hinten dann jedenfalls. was soll ich auch sonst tun, als das mögen. dann kann es einem in versuchsanordnungen mit dem Selbst (von oben) auch WOHL ergehen, jedenfalls im versucht geordneten jetzt. ich habe mir brotberuflich mein leben lang so viel kopf über GESCHEHENES gemacht, dass ich mittlerweile ziemliche ruhe finden kann im fluss der sachen, dinge, gedanken über dinge und tätigkeiten (ich meine nicht: tätlichkeiten). das ist mir oft gelassene hilfe: weil ich weiß, der VERFALL eines ganzen beginnt bereits wenige stunden nach dessen vollendeter fertigstellung. dagegen muss man nicht anrennen, man kann es auch gar nicht. angesichts von vielem hätte ich daher nichts gegen einen superverschneiten winter mit ordentlich HOLZ vor der hütte, zuvor nass und kalt einen herbst, wie früher.

Mitgifttischware

Mitgift1
Mitgift2
Mitgift3
Mitgift4
Mitgift5
Mitgift6
Mitgift7
Mitgift8
Mitgift9
Mitgift10
Mitgift11
Mitgift12
Mitgift13
Mitgift14
Mitgift15

kann man machen, oder auch nicht, immer und immer öfter DIES bei allerlei gedanken ans machen (und geschehen) – das jedenfalls dachte ich mir so, beim denken, dass man dies und das machen kann oder auch nicht. auch das geschehen kann ja stattfinden, oder auch nicht, ganz ohne denken, das entlastet letzteres, sowieso im ÜBERALL:

ob im süden frankreichs beim abendlich entspannten weißwein in einer gastronomie mit namen la plancha an einem völlig unspektakulären kleinem marktplätzchen, wo der piché guten weissens gerade mal retrosozialistische 6,50 kostet incl. einem glas voller eis und bedienungsfreundlichkeit. oder beim rekonstruierenden schablonieren von 1936er landwirtschaftlichen sprüchen in gotischer schrift auf alte stall- und scheunenwände, bei der rekonstruktion der abgewitterten beine von FÜLLEN ebendaneben sowie über die jahre vergangenen extremitäten einer zugewandt aufgemalten lächelnden kuh mit sattem euter rechts nebst pferdchen, deren beider originale kartons mit pauslöchlein noch allesamt wunderbarerweise scheunenbodenmäßig erhalten gewesen waren.

nun also baumwollsäckchen aus alten sackschneutztüchern des vaters, löchrigen socken sämtlicher dekaden sowie noch ostpreussischer MITGIFTTISCHWARE herzustellen und ebendiese mit schwarzpigment zu füllen, das galt es, das habe ich ewig lange nicht mehr getan und sodann mit der kollegin vor ort alle schablonen in historischer zuordnung und ergänzung auftetupft und gestupft auf die wandfläche, wie dort ursprünglich schon vor bald 90 jahren, als das original entstand. diese gotische schrift ist schon auch etwas besonderes, so kunstvoll und auch verspielt, man kanns kaum glauben. die verfüllung mit schwärzlicher farbe dann eine durchaus erfüllende fummelarbeit mit spitzem pinsel.

/ kann man machen oder auch nicht, DIES auch beim betrachten aktueller künstlerischer äußerungen, oft vieldiskutiert in zeniten der jeweiligen wahrnehmungsRÄUME, wohingegen sich bei mir gesellig dazustellt, mit spiel- und standbein an unwesentlichen eckorten im öffentlichen raum (corners), auch das spiegelnde >überlegen: den hinweis des überlegens, ob man was macht – oder auch LIEBER dann doch nicht. so etwas kann ja durchaus auch weh tun, ohne frage sehr schmerzlich, v.a. einem selbst, ich kenne das gut, es ist aber ein ganz wesentliches lebensmomentum, und sowieso auch im hinblick aufs künstlerische fortkommen. oder eben dann doch lieber verwerfen vielleicht. ÜBERLEGEN – ein schönes doppelwort (so hätte einst die kirschkern es gesagt). man sollte ja immer daran denken, auch sich selber/selbst überlegen sein zu können. als kunst-prof. würde ich soetwas in wöchentlichen (!) klassenbesprechungen ganz streng und hoch hängen. die überlegte ehrlichkeit seinem oder IHRER eigenwerk und damit sich selbst gegenüber.

(wobei mir DA einfällt mein bewerbungsgespräch, zu dem ich immerhin geladen worden war aus berlin um eine malerei-professur, vor nun auch schon bald zwanzig jahren an einer westlich von hier gelegenen landeshauptstadtkunstakademie. die ortsansässige (weibliche) alpha-Koryphäe – frühes video, performance, feminismus – verlies lässig wortlos den raum, sobald in meiner digitalbildnerisch vorgetragenen eigenwerkdarstellung eine aus printmedien abgemalte weiblich dargebotene BRUST auftauchte. die tatsache, es könne sich ggf. um ein postpopuläres zitat oder zeitgenössische klischees gehandelt haben, bekam sie dann gar nicht mehr mit. alle verbliebenen professoren, von denen ich vorher noch nie gehört oder werkbeispiele gesehen hatte, waren männlich. mir schien, sie waren irgendwie froh, dass die Koryphäe weg war, sie nickten mir freundlich zu und ich durfte meinen vortrag immerhin zu ende bringen. ICH WÜRDE VON IHNEN HÖREN, so der jargon. mir war aber gleich klar, dass da was mitnichten verstanden war und zwar keinesfalls aus bildnerischen gründen. das war 2005. und ich hatte mir doch EXTRA im hinblick auf diese bewerbung, zusammen damals mit meiner engagierten ex-schwägerin aus schleswig-holstein, einen nagelneuen anzug bei peek&cloppenburg in der karl-marx-strasse in neukölln zugelegt. / immerhin: die reisekosten, so erinnere ich, wurden sämtlich erstattet. die stelle bekam dann eine mir seinerzeit wage bekannte sympathische malereikollegin, die vorher über mehrere jahre auf einem binnenschiff den rhein rauf und runter gefahren war. das fand ich per se sowieso schonmal klasse. ohne zweifel war sie – und ist es bis heute – eine gute besetzung!)

das waldrandhaus ist nun fertiggestellt. seit vier wochen. die letzten arbeiten durch einen schlosser, der das gestänge der schönen terrasse den neuen, durchs energetische entstandenen, hausmaßen angepasst hat. was nun noch bleibt, sind sowieso eigenleistungen, hie untersichten streichen, dort irgendwas hinmörteln oder fummeln, kleinkram allerseits.

das DORF wird derzeit gesamtgeglasfasert, also haben auch wir nicht NEIN gesagt. ärger mit den ehemaligen anbietern, auskunftsschwächen und -verweigerungen sowie passwortterror. den rumänischen glasfaser-SUB-arbeitern, die von sieben uhr morgens bis wenn es dunkel wird ackern, auch samstags, haben wir die uns einst zugetragene BRANDSCHALE bis zum abschluß der arbeiten im flecken übereignet. sie wohnen alle 30min entfernt, ihr sommer24 besteht also aus ARBEIT in der fremde. ihr capo hatte freundlich nach dieser schale gefragt, beim vorangegangenen check der technischen glasfasermöglichkeiten, da sie jeden abend nach der arbeit grillen wollen würden. ich kann mir kaum vorstellen, dass es bioeinheimische junge leute gibt, die sich so krumlegen würden. will sagen, ich bewundere die leistungen dieser glasfasertruppe vom subbalkan sehr!

es passiert ja immer so viel. RACHE, INHALT, NEUGIER, so steht es auf meinem zettel der künstlerischen bearbeitungen für diesen herbst. alles mögliche fällt mir auch ansonsten ein, worüber ich so dankbar bin, je älter ich altere. es gibt ja krumme mützen und gerade mützen. es beginnt jetzt wieder die mützenzeit mit wind und kalt. vergangene woche habe ich vier (!) egon-schieles behutsam von der wand genommen und vorsichtig ein paar schräge treppen heruntergetragen zum packtisch, um diese sodann gemeinsam mit einem kollegen in wunderschön gebaute klimakisten zu schieben. und natürlich versucht, währenddessen nicht an deren versicherungswertigkeiten zu denken, infolge möglichen stolperns, was mir natürlich professionell gelang.

ich wertschätze solcherlei auratische und zudem magische momente, die einem niemand nehmen kann, egal ob o2, egon schiele, ein pichee in grau d’agde oder irgendein brutaler mützenfordernder herbstanfang.

#

Der Mann muß selber sein der Knecht
Dann geht im Hause alles recht. –
Die Frau muß selber sein die Magd,
Muß auf, so bald der Morgen tagt!

Job mit Ammoniak

jobmitammoniak2024

30.7. / Job mit Ammoniak, das erste Mal seit ganz langer Zeit. Hier Abnahme von Verschmutzungen. Malerei/Fassung in Bauernhaus (1870), dat. 1951. Da war der WK2 gerade mal 6 Jahre vorbei. So, wie wenn man von heute nach 2018 rückrechnet, also quasi gestern. Erfreulicher Reinigungseffekt und den Geruch von Kuhstall in der Nase und ebenjenige Altvorderen aus Oberschwaben fallen mir ein, die immer – ganz hinten in der Nase – ein bisschen danach rochen, nach Kuh- und Schweinestall eben, wenn sie mich als Kind herzlich und voller Wiedersehensfreude umarmten. (links gereinigt, rechts noch ungereinigt. Oben Malerei in ländlicher Szene um 1951 (1935?) sowie noch nicht getrocknete Nässeränder der Konsolidierung des Putzträgers durch Hinterspritzen kalkbasierter Materialen.)

Wasser Viecher

Wasser1
Wasser2
Wasser3
Wasser4
Wasser5
Wasser6
Wasser7
Wasser8
Wasser9
Wasser10
Wasser11

ein paar junikäfer, die heuer auch im juli fliegen, weniger jedoch als im vergangenen jahr. dafür jede menge halblange blindschleichen, die die verstecke im grasdickicht des wuchernden makro- und mikrodschungels in hausnähe erdnah lieben, offenbar. dann wieder diese pechschwarzen riesengroßen hubschrauber-solobienen, die im vergangen jahr (so glaube ich) INSEKT DES JAHRES waren und die klingen wie hornissen und dabei so friedlich sind bei ihrer suche nach irgendwelchen löchern in irgendeinem holz. die immergleiche hornisse übrigens zieht zur immergleichen abendlichen zeit noch ihre immergleichen runden ums haus in höherer höhe. ich schau ihr immer gerne zu.

ebenso, wie ein immergleicher IGEL oder eine IGELIN, stets schmatzend und mümmelnd am hellichten tag im mannigfachen unterholz. sodann dieses jahr eine amselfamilie, die sich abendlich mit einer grünspechtfamilie zankt, warum auch immer. pfründe am boden, so scheint es.

und natürlich junge willige stechmückenweibchen am abend, die aus den unzähligen vollgeregneten wasserbehältnissen im garten minütlich schlüpfen – da tut man also großherzig was fürs biotop, indem man wasserstellen ermöglicht durch nicht-umgedrehte eimer und baukuften, und dann stechen sie einen abends beim fußballgucken auf der terrasse im sommerdampf, das ist dann also der dank.

auch blutsaugende BREMSEN in diesem jahr mal wieder, so viele, wie ichs nur erinnere aus meiner früheren jugend. sie schleichen sich ja gerne von hinten anfliegend an an durchgeschwitzte gartenarbeitshemden, gerne im halbschatten von hecken, und sie können ja bekanntlich durchs gewebe durchzuzeln. sehr fies, größere quaddeln bleiben auf der haut, fenestil ist heuer immer griffbereit. und beim sensen oder beim heckenschnitt braucht man immer größte aufmerksamkeit und eine halbfreie hand, um sie wegzuwedeln oder totzuschlagen.

eine ausgewachsene ringelnatter hat der nachbarstierarztjugendkumpel im südwestlichen grundstückseck gesehen, nahe der mulchecke für den grasschnitt, berichtet er freudestrahlend. der mulch erhöht ja seine temperatur beim sich selbst verrotten. die schlangen legen ihre eier ab und das wars dann, die jungen müssen sich dann selber großziehen, ideal also für die schlangenbrut. er berichtet ferner freudestrahlend und mit leuchtenden augen, dass er neulich eine TAPEZIERSPINNE in seinem angrenzenden garten beobachtete – eine heimische vogelspinnenart (!), die weibchen bis 15mm, harmlos und auf roter liste.

die rotschwänzchen haben an der nordseite am balken unter der traufe wieder eine nest gebaut – und das, nachdem wohl das ERSTERE in diesem jahr geplündert und verwüstet worden war, vielleicht nächstens von einem marder? jedenfalls deuteten von einigen wochen herabgefallene nestbauzutaten (moos, stengel etc.) darauf hin, dass es ein räuberDRAMA gegeben haben musste 2,50m oberhalb. aber vor ein paar tagen hörte ich erneut die warnrufe der mama (ggf. auch papa?) an die jungen (ein kurzes TACK TACK TACK! und wippen mit dem schwanzgefieder) beim verlassen des hauses und freute mich sehr. ich hatte im frühen jahr ein paar unterstützende brettchen angebracht im hinblick auf bauliche möglichkeiten, die schwänzchen halten offenbar die tradition hoch und erstellen an diesem platz seit mindestens 1966 immer wieder ihre aufzuchtsheimstätten.

#

/vor dem atelier kamen vor ein paar tagen 5 kleine mäusekinder aus der trockenmauer hervor, am helllichten tag. als wäre es der erste ausflug ins leben. sie waren sehr süß und emsig knabberten sie an allem, was anzuknabbern war. allerdings sah ich keinerlei erziehungsberechtigte anbei. ich filmte und fotografierte. mir schwante alsbald allerdings ein unheil – vielleicht waren mama und papa verstorben, ggf. auch durch eine der unzähligen hauskatzen, die täglich ihre streifzüge artgemäß durch diese halbwilden gärten hier tun (und die ich stets verjage!), um abends dann hochpreisiges katzenfutter aus aluminiumverschweißten schmucken döschen neben ebenso hochpreisigen spülmaschinen hochpreisiger kücheneinbauten zu verdrücken. ein paar wenige stunden später aber fand ich unweit zwei der süßen mäuschenkinder verendend nahe ihres wohnortes. seltsam noch sich krümmend und halbminütlich zuckend, es war grausam, als wären sie vergiftet, verhungert oder verdurstet?

der tierarztjugendkumpel bewegt hilflos die sicherlich in solchen dingen allzu erfahrenen schultern gen himmel, JA – SO IST DAS MANCHMAL… und seuftzt und zeigt mir sogleich das foto eines süßen jungen waschbärbabys, welches seine nichte im flecken gerade hochpäppelt, nachdem es ihr als findelkind zum PÄPPELN in treue hände gegeben worden war. zwar invasiv, aber auch sehr süß, natürlich.

alles ist süß, alles ist dabei immer auch sehr grausam. und chaotische zufälle, die über leben und nichtleben entscheiden, die sind es dann eben auch. eine sogenannt MENSCHLICHE empfindsamkeit, sofern zugewiesen positiv, ist in der naturbetrachtung und -beobachtung grundlegend fehl am platze. und genauso stellt sich ja auch der weltenlauf gerade dar. insofern ist der jahrtausendalte gottesanruf des menschen allzu verständlich. oder eben nicht vollständig, gerade heutzutage, in bezug auf ein allumfassendes schöpfungsverständnis.

wieviele menschen habe ich getroffen und gekannt vor jahren. und heute weiß ich nicht einmal mehr, ob die überhaupt noch leben. DENJENIGEN dürfte es ggf. ähnlich gehen, sollte ich ihnen in ihrem mal-getroffen-gedächtnis überhaupt jemals nochmals in den sinn kommen.

wie wohl stechmückenMÄNNCHEN über sowas denken?

(beispls.w.: mit welchem schmucken weibchen hab ich nach dem schlüpfen verliebt gespielt, wir beide wollten doch unbedingt kinder kriegen zusammen und nun ist sie schon von diesem streaming-fußballgucker erschlagen worden, nur, weil sie ein wenig eiweiß suchte für UNS – und nur, weil ein jesusköpfiger spanier mit seiner linken hand im sechzehner absichtlich ein garantiertes tor verhindert hat, ohne daß es WENIGSTENS elfmeter gegeben hat?)

#

heute spielt man ja GEGEN den ball. ich dachte immer zeitlebens, man spielt MIT dem ball, aber bin ja altmodisch. schon seinerzeit, als ich in der C-jugend RECHTSAUSSEN war und mindestens ein/zwei torvorlagen flankte, die dann derjenige, der im vergangenen jahr am waldrand das bad flieste, als verlässlicher torjäger verwandelte. er war auch übrigens der erste, der mit vierzehn schon eine freundin hatte. als ich noch cowboy und indianer spiele im wald – mit meinem tierarztjugendkumpel.

#

am haus ist jetzt alles fast fertig. ich habe die terrasse kurzerhand selber instangesetzt, geld ist jetzt finito. mit 4 neuen balken, stichsäge und würth-schrauben und jedweder wiederverwendung. es waren die ameisen gewesen, die in vier staaten (oder in einem staat?) alles belebt und damit zerfressen hatten, so dass sich die balken und planken bogen. mannigfach stufen aus sandstein neu gesetzt, drainagen neu geschaufelt gegen das zunehmende starkregenwasser, schöne kanten geschnitten und nun ist alles wieder terrassig – und kein großes loch mehr. es fehlt noch die anpassung des bauzeitlichen gestänges der terrasse durch den schlosser. und eine stabile schwelle am ateliereingang durch ebendiesen. sodann noch leistungen des elektrikers, wobei die außenbeleuchtung nun seit gestern endlich wieder funktioniert. allein die NOTbeleuchtung bräuchte noch ein RELAIS. meinte der chef. an diesem WE könne er die ersehnte schlussrechnung nicht schreiben, weil da feuerwehr-fest wäre. der chef der elektrofirma (eine gute elektrofirma!) ist auch chef von feuerwehr in einem ortsteil. er blieb schon fern wegen einsatz – wer will da meckern.

/1:25h, jetzt kommen die stattlichen motten – anflüge ins atelier, da die nächtliche türe weitoffen. wären sie doch nicht immer so unkoordiniert in ihren flugbahnen kreisend. die GROSSEN motten müssten in ihrer außendarstellung nachbessern, dringend und spiegelnd. sie würden ihre ohnehin lediglich vermeintliche bedrohung noch weiter vermindern gegenüber hominiden, wie ich ja einer eben bin. außer, sie fliegen ohne jegliche kontrolle auf frische ölgemälde meinerseits und verschmieren dadurch zuvor künstlerisch minutiös gesetzte farbe im wert von aberhunderten. da hört dann der spaß dann auch irgendwann mal auf.

Baltikum mit Sprengel

baltic1
baltic2
baltic3
baltic4
baltic5
baltic6
baltic7
baltic8
baltic9
baltic10
baltic11
baltic12
baltic13
baltic14

REISE: im baltikum waren wir gewesen. das liegt alles nördlich von kaliningrad/königsberg, jener speziellen region, die ja keiner mehr kennt, die ich aber, dank der perestroika und michail gorbatschow, mit der alten dame vor dreißig jahren besuchen konnte. ihre vorfahren stammten von dort (…)

der weite himmel im baltischen mit den flüchtigen sehnsuchtswolken (oft wölkchen) ist der gleiche wie in ostpreussen. sehr eindrucksvoll war nun alles, kaum zu beschreiben, ein dichtes programm, welches die prälatur reutlingen (der SPRENGEL) vorbereitet hatte. er selbst, der prälat, also der regionalbischof, hatte einige jahre selbst dort gelebt und gearbeitet und verfügt auch jetzt noch über gute kontakte und freunde ebenda. es gab vielerlei treffen mit ev. luth. kirchenoberen von estland und gemeinden in lettland, eine audienz beim deutschen botschafter in riga, oft bewegend die verflochtene geschichte der baltischen staaten mit europa, auch den deutschsprachigen landen, weit in eine lange europäische geschichte hineinreichend. tallin und riga sind hansestädte mit einer langen tradition des wirtschaftlichen und damit kulturellen austausches zu anderen orten der hanse. man befindet sich nicht etwa am rande, sondern in der mitte europas, trotz der weit östlichen geografischen lage – das war eine erstaunliche (und schöne) erkenntnis. alle zeichen dort zeigen aufbruch, freude über die zugehörigkeit zu diesem kontinent und bemerkenswert viele junge leute, auch international, die diese offene zukunft feiern, so hatte ich den eindruck.

es gibt ein okkupationsmuseum in riga. die okkupation von lettland dauerte fast länger an, als seine unabhängigkeiten, wenn ich richtig rechne. und geschichtswisseneinnerung ist oft und dicht gefordert, ja, dieser verbrecherische hitler-stalin-pakt war da ja mal gewesen und die baltischen staaten wurden sogar noch vor dem offiziellen beginn des zweiten weltkrieges von russland besetzt, das war der deal. als der pakt dann gebrochen wurde deutschenseits rückten ebenjene ein. und als der krieg verloren wurde, sodann wieder die sovjetrussen. irgendwie so war es gewesen. so viele verbrecher, damals wie heute, und die länder und menschenschicksale spielball von geschichte, vertreibung, deportation und mord. anscheinend gab es bis 1956 in den weiten wäldern lettlands noch partisanengruppen, die gegen die russischen besatzer aufbegehrten. das war mir kaum zu glauben.

umso erstaunlicher – oder eher unerstaunlicher – nun ganz aktuell die aktivitäten im umkreis der botschaft der russischen föderation in riga: vis-a-vis, an der fassade des medizinhistorischen museums, wurde ein PTN_halbtotenkopf als großplakat angebracht und die strasse, in der sich die botschaft befindet, also die postadresse, in sinngemäß STRASSE DER UKRAINISCHEN UNABHÄNGIGKEIT umbenannt, so dass jeder diplomatische brief das personal der russischen vertretung an die ist-situation erinnern mag. so etwas gefällt mir. die realitäten benennen. sollte sich hierorts, mittlerweile tief im westen, müdigkeit ob des ukrainischen kriegsthemas einstellen, so empfehle ich eine reise ins baltikum, bei der man feststellen könnte, wogegen derzeit eigentlich gekämpft wird im osten europas. und geopfert. gestern erst las ich, dass offenbar verschleppte ukrainische kinder in russland unter veränderten namen und geburtsdaten zur adoption freigegeben werden. grüße an sarah wagenknecht und die AfD. -sic…

frau mullah hielt eine diesbezüglich bewegende morgenandacht in der petrikirche in riga, über schlußplädoyers von alexei navalny, die er, als zuvor verurteilter (und letztlich ermordeter), vor gerichten zum schluß der verfahren vortragen durfte. dort geht es auch um den GLAUBEN. in herleitung, möglichkeit und gewissheiten.

das wetter war gemischt. die sonne ging in tallin (früher rauchten wir bisweilen REVAL ohne filter und schnippten in den gulli, lässig) gegen 23.30 unter. tallin befindet sich breitengradig auf der höhe von stockholm. eine sehr nette ältere stadtführerin in riga bemerkte, in lettland sagt man: SOMMER IST, WENN DER REGEN WARM WIRD. ihre ausführungen wunderschön begleitet mit rollendem R und dem oft verwendeten ostischen kürzel zwischen zwei sätzen oder inhalten mit: …NU JA – … / dazu die geschriebene sprache. zum beispiel KINOZÄLE, termoss-pudele und dergleichen – da muss man erst mal draufkommen. ich war vielerlei begeistert und gleich verliebt. eigentlich sowieso in die ganze gegend und das personal dort.

die dort vorbildlich vorreitende digitalisierung einen alten mitteleuropäer überfordernd, vieles ist genial gedacht und eigentlich so einfach und erleichternd. jung eben, zukunftig. das macht mut. / der rückflug reichlich verspätet, ich saß links im flieger am fenster und wollte doch schauen, ob man die kurische nehrung vielleicht sehen und ich der alten dame einen ostpreusengruß in den himmel schicken kann. leider nein, ich hatte die erdkrümmung nicht bedacht. dafür dann berlin von oben. so klein alles. da hinten das tempelhofer feld, ein paar strassen weiter mein atelier-nordost, links davon der tiergarten, vorne spandau und havel. das war sehr schön, dieses berlin von ganz oben.

NOCH schöner als berlin von oben diese reise, für deren möglichkeit der verbandelten begleitung von FRAU MULLAH mit mich ich mir herzlichst bedanke. ich denke mal, wir kommen garantiert wieder. /und eines bleibt mir auch dorthin nun ewiglich verknüpft in erinnerung (sehr vom subjekt her), nämlich, dass ich erstmals von einer unbedeutend jüngeren mitreisenden gefragt wurde, ob ich schon IM RUHESTAND sei. oder noch arbeitete?

Klassentr.

paris2

lieber A.,
danke für deine nachricht, vorhin. – AH. hat mich eben mit seinem 300ter benz, schwarz, bj.1989 nach hause gefahren. ursprünglich wollte ich mich dem frühsommerabend fügen, zu laufen nach hause ins bergdorf, wie alle dörflichen taglöhner in generationen zuvor auch. laufen wird ja auch zunehmend gesünder. es wären 45min gewesen, nachts überland, den berg zuletzt hinauf, steil. es war wohlig schön und sehr zugewandt, sein angebot des heimbringens. wann schon hat mich mal jemand aus freien stücken heimgebracht, heimgefahren, einfach so? das werd ich ihm nicht vergessen! und seine schwarze limousine – zeitlos schön. als die produziert wurde, war ich 27 jahre alt. mir würde ein solcher wagen auch stehen. gefallen hat mir besonders auch, dass er sich kein youngtimer H-kennzeichen geholt hat. das würde ich auch so machen.

heut abend das treffen war schön, weniger waren da, als im letzten jahr, gleichwohl dichte gespräche. hauptsächlich ging es – auch in gebrochener rezeptionsform – um gesundheitsthemen. omega3 oder aluminium (oder war es magnesium?), cholesterine im verhältnis zu vitamin D und B (3 oder 12), referent hauptsächlich der MN., der ein tatsächlich biochemischer CRACK ist, er lehrt irgendwo in der schweiz. es ist spannend, ihm zuzuhören, auch wenn man einiges nicht verstehen kann ohne vorwissen. zumal nicht mit 3 hauswein getrunkenerweise gegen schluss. einige haben hüfte, halb-hüfte oder überlegen notgedrungen, stents oder herzinsuffizienten zu akzeptieren, teils angesichts eines nahenden ärztlich vorrausgesagten todes deshalberweise oder angina pectoris. die S. war da, annette R., matthias H., MM. und andere. natürlich auch der ecki. ecki ist gelernter guitarrenbauer, dann tontechniker beim ZDF gewesen, frühverrentet berufsunfähig wegen hörschaden. er verdient jetzt sein geld mit busfahren. ich glaube, ich kenne keinen besseren busfahrer als ihn. ein paar mal vor 2 jahren funkte er mir im vorraus, dass er sonntags permanent ins bergdorf fahren würde und ob wir uns nicht an der endhaltestelle treffen könnten, es sei so langweilig ohne fahrgäste. ich bin dann hingelaufen und habe ein thermoskännchen kaffee mitgebracht. da saßen wir dann im bushäuschen und haben herrlich geschwatzt während seiner unbezahlen pause.

gestern hat er ein paar mal die knopfbatterien seines hörgerätes gewechselt, lustig, eine angenehme frauenstimme würde ihm permanent ins ohr flüstern, ihre batterie ist demnächst leer… oder vergleichbares. ich mag den ecki sehr, obwohl wir uns in etwas unterschiedenen cliquen bewegten, vor 45 jahren.

MN. hat sich dann mit NB. auf den heimweg gemacht, wie schon öfters. wohin auch immer und so weiter. ecki zwinkert und wir bestellten noch einen roten. NB. ist psychotherapeutin in einer größeren südostdeutschen stadt, die gerade einen neuen fussballtrainer sucht. vor jahren hat sie mir mal ein bild abgekauft, ein sehr sinnliches aquarell, während einer ausstellung in dieser stadt. das war im hungerjuni 2007 gewesen, als bei mir alle türen offen waren nach überall hin. ich danke ihr das bis heute, nicht allein wegen des geldes..

viele schon jetzt in rente und entspannt. das bleibt mir noch nicht so in aussicht. ich arbeite ja gerne. soweit seis berichtet. maria P. hat einen guten humor. wie immer und ja schon damals im deutsch-LK. sei herzlich gegrüßt, mein lieber A.! schön, dass du da bist. wie vor 40 jahren.

#

ein kleines klassentreffen. ich glaube manchmal, ich bin einer der sehr wenigen, die sich noch körperlich überhaupt bewegen während beruflicher ausübung. alle anderen hocken irgendwo auf stühlen verwaltend ihrer fähigkeiten. will mich aber mitnichten darüber erheben. auch mir werden die eimer voller mörtel und speiß nicht leichter. die pinsel hingegen schwingen sich immer noch wie fast von selbst.

und vielleicht ist es eben einfach auch so, dass menschliche herzen an gewicht zunehmen zwangsläufig mit den jahren, das würde mir auch einleuchten. dass herzen das alles nicht mehr mitmachen wollen. ich kann ein lied davon pfeifen. viele herzensbesitzer hingegen wollen das oft vielleicht nicht wahrnehmen, dabei fiele es wohl nicht ehrlicherweise schwer. wie man herzen entlasten könnte, ich weiss es nicht. früher sind ja alle auch mit sechzig-plus verstorben, als man noch gar nichts über omegas und olivenöl wusste, oder stents. der verzicht auf kohlehydrate scheint hingegen enorm wichtig zu sein. oder weissmehl, das gibt es erst seit 100 jahren. man sollte nur noch butter und gemüse essen. und salz: der salzverzicht sei ein narrativ der krankheitslobby. so, wie ich es verstanden habe, sei salzverzicht purer nahrungsergänzungsterror. oder lobby des erhaltens einer abhängigen halbgesundheit, mithin halbkrankheit – damit man die medikamente der gesundheitsmafia an halbtote bzw. halblebende weiterhin verkaufen kann. wir kommen aus dem meer, dem salzwasser… sagte MN., und die menschen lebten anfangs immer entlang der küsten. fischöle scheinen da logisch. oder kokos.

von demenz ganz zu schweigen. ich glaube, auch hier das zauberwort: omega3.

das verbindende an diesen treffen seit ein paar jahren: keiner und keine muss mehr auftischen auf tableau – mein haus, meine segelbootin, mein porsche, mein beruf, meine 10 kinder, meine brüste, meine million. alles ist aus dem haus. gelassenheiten und lebenswirklichkeiten, plötzliche interessiertheiten, nachfragen, offene blicke und ungeahnte nuancen legen sich friedlich und verbindend über die runde. von einigen fühle ich mich erstmals wahrgenommen, genauso, wie auch ich einige erstmals wahrnehme. das ist sehr schön. auch der vorsitzende der regionalen handwerkskammer war da. mit ihm hätte ich gerne mich noch mehr ausgetauscht.

einer des jahrgangs allerdings und bestürzend ist im februar verstorben. ein fotograf.

#

ich schrieb so dahin neulich:

FOTO: Das bin ich, im letzten Sommer 2023 in Germany Rothenburg odT., gut gelaunt bei der schützenden Arbeit in einem sehr alten jüdischen Haus. Arbeit verbirgt und schützt einen vor der Welt. Meine Welt ist groß und klein, ich habe eine Tochter großgezogen und eine Mutter in ihren Tod lange begleitet. Ich bin rund mit allem, was ich nun tue oder plane, zu tun. Ich mag Kaffee und Wein, ich produziere Bilder und ich bin oft an interessanten Orten, die Andere „Lost Places“ nennen. Dort bin ich Detektiv und es gibt keinen schöneren Job als diesen. Ich liebe meine Frau und oft bin ich abends alleine im Atelier und überlege, welche neuen kleinen Bilder ich herstellen will. Gerne würde ich 4 Bilder monatlich verlässlich verkaufen, denn dann könnte ich immer zu Hause bleiben. Aber wahrscheinlich würde mir das nicht gut tun, denn ich mag ja das Abenteuer fremder komischer Orte und Menschen. Mein Lieblingsschlaf ist der Mittags-Schlaf. Oft gelingt es mir daher, aus einem Tag zwei Tage zu machen. Dieses Prinzip ist mein Geheimtipp. Bis es soweit ist, muss ich oft weiterhin lange Wege auf mich nehmen an fremden Orten, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Ich habe einen Lieferwagen (Diesel, französich), in den ich alles hineinladen kann, was ich benötige. Sehr gerne fahre ich mit diesem Wagen zusammen mit meiner Frau im Sommer in die Wärme, zum Beispiel nach Südfrankreich. Dort laufen wir dann nackt am Strand herum und fühlen uns beide sehr wohl. Man muss ja sein Leben in Würde zum Ende bringen. Hoffentlich ist es noch lange bis dahin.

FOTo: This is me, last summer 2023 in Germany Rothenburg odT., in a good mood doing protective work in an very old Jewish house. Work hides and protects you from the world. My world is big and small, I raised a daughter and accompanied a mother for a long time until her death. I am well-rounded with everything I do or plan to do now. I like coffee and wine, I produce images and I am often in interesting places that others call lost places. I’m a detective there and there’s no better job than this. I love my wife and I’m often alone in the studio in the evenings and think about what new little pictures I want to create. I would like to reliably sell 4 pictures a month, because then I could always stay at home. But that probably wouldn’t do me any good, because I like the adventure of strange, strange places and people. My favorite sleep is the afternoon nap. That’s why I often manage to turn one day into two days. This principle is my insider tip. Until then, I often have to continue to travel long distances to strange places to earn my living. I have a van (diesel, French) into which I can load everything I need. I really enjoy driving this car with my wife to warm places in the summer, for example to the south of France. We then walk around naked on the beach and both feel very comfortable. You have to end your life with dignity. Hopefully it’s still a long time away.

das foto von mir mochte ich, aber das muss nicht sein. fotos von sich selber sind anderen PLATEFORMES vorbehalten. stattdessen hier allem vorangestellt eine vintage-assoziation oder etwas zeitgemäß in dramatisch-warm gewandeltes lichtbild aus fast eigener feder. der sommer kommt. und mit ihm neue schlangen, neue zecken, neue mücken, neue spinnen und allerlei lebendes gezeugs.

#

das haus ist innerhalb der vergangenen acht wochen in kaum endender eigenleistung ringsherum 40cm tief und mindestens 30cm breit ausgegraben worden entlang der grundmauern. die schönen 1964er-flusskiesel machten den spaten und die schaufel zunächst unmöglich. stattdessen war es auf den knien ein freihacken der steine stück für stück, entfernen von wurzelwerk händisch und fluchend. zwischenzeitlich wollte ich tatsächlich aufgeben. irgendwie dann aber konnte das doch geschafft werden, auch mit afghanischer herzenshilfe. sodann die stuccateursfirma, die alles dämmte, versiegelte, verputzte und einen anstrich auftrug, nicht ohne eine vierzehntägige zwangspause wegen der eisigen temperaturen. und heute konnte ich mit der schubkarre den letzten rest von 2,5to schotter, abgeladen unten an der strasse, die ausgehobenen bereiche wieder zuschütten. das bedeutet, nun können die zuschüsse zu unserer umfangreichen energetischen ertüchtigung schlusserrechnet und beantragt werden.

nun ist nur noch eines: die reparatur der schönen hölzernen terrasse. diese klafft als großes loch immer noch derzeit unmittelbar vor dem austritt in einst ebenjene. übernächste woche will ich mich dem widmen. das geld ist aus, es wird nur noch repariert. und nichts mehr erneuert. beim dörflichen zimmermann habe ich schon angefragt nach 4 balken. danach müsste nur noch ein metallbauer die einstige metallstangenkonstruktion kürzen. kürzen, da das haus ja größer geworden ist, ausladender. durch die aufgebrachten dämmungen. dieses sind so die kleinigkeiten an folgearbeiten, die man anfangs noch nicht im blick hat. auch wenn überleben mitnichten damit zu schaffen hat.

#

und wenn dann alles wieder wächst, gottlob zum beispiel auch die rote rose, die ich seit drei jahren 8 mal wieder abgeschnitten habe, stets mich bei ihr entschuldigend, weil ihre stabilen dornen eben einfach am gerüst fehl am platze sowie ggf. die zimmermänner verletztend gewesen waren und störten, sodann freut es mich jetzt, dass so langsam alles wieder DARF. /nun zu bett, die mäuschen kommen und wollen. Endlich Ruhe.


Foto: wahrscheinlich von AH. (der, der mich nach Hause fuhr im schwarzen Benz), Paris ca. 1979

Wunder oder nicht.

greindonnerstag. grübeleien allerseits und -orts vom alsbaldigen reich gottes, welches sich stets immerwährend alsbaldig einfinden wird. frau mullah lacht dazu, wissend und milde, natürlich. alles muss ja immer offen bleiben, sonst wär ja alles offene langweilig. wie osterglocken, die schon aufgehen werden, werden sie? die tulpen stülpen sich auch schon. und das gras wächst über alles, der giersch dazu. übersäet ist alles von haufen von zeugs, erde, bauabfällen und flusskieseln. alte hölzer, trunken von chemie gegen altern und verfall, metallenes mit uraltem blühendem rost, vergrabene blitzableiter, die von ihren einschlägen erzählen, dazu die rosafarbenen schnitzelchen vom kunststoff und die kleinen gesägten pusteeierchen vom dämmstyro, handgesägt im biogarten. in den pfützen der planenfalten über restholzlatten, rückgebaut vor 2 jahren, tummeln sich bereits künftige stechmücken. obwohl noch unter null nachts. ein wunder, oder nicht.

karsamstag spätabends: höre dumpfes rumpeln oben im haus, fast kurz vor auferstehung. schnapp mir, adrenalin, eine leere flasche catarratto vom barone montalto italia und eile durch die stockwerke hinan und hinab, die weinkeule drohend und bereit. „komm raus!“ rufe ich, wie so ganz ganz früher, wenn die alte dame in florida oder zur kur in bad soden-allendorf gewesen war. kommt aber keiner raus. da keiner da. meine unterarmhaare stellen sich präsent, nach osten. frau mullah ist in new york über ostern eine woche. bin nicht mit, wegen endlich klarschiffmachen. also alleine im anwesen. das atelier muss wieder ohne reibungen funktionieren, nach 3 jahren des vollstellens der handwerker. jene lieben mein atelier, den kaffee dort, meine kabeltrommeln, meine leereimer, das waschbecken zum pinsel und kellen saubermachen und den grind in meinen abfluß lassen. alles im UG ist zunehmend verstopft. versifft. dazu die atelierlatrine im stehendpinkeln mit toilettensitzsitz nach oben, da geht schon öfter mal ein mittelstrahl daneben, bei gleichwohl guter arbeit. ein wunder. oder nicht.

diese große angeblich so wichtige plattform für quadratische bilder hat meinen teils quer- oder eben andersformatigen künstlerischen werksablauf ohne gründe übernacht in ebensolche quadrate umgewandelt und dafür maschinengenerierte ausschnitte gewählt, welche leider keinerlei sinn ergeben. es ist zum heulen. man kann da nichts nachträglich bildlich bearbeiten. alles umsonst also, seit zwölf wochen. ich habe allen nunmehr schwachsinn gelöscht. da geht es einem nicht gut dabei. schulterzucken bleibt, wie es bestimmt schon unsere altvorderen am höhleneingang taten, wenn handerstellte laubunterstände unter der last von regen oder graupel zusammenbrachen und alles dann nass und am arsch war. kaum ein wunder.

UND morgen/heute ist ostern. der herr ist auferstanden, er ist TATSÄCHLICH auferstanden! ich mag, seitdem ich pfarrmann wurde, dieses „tatsächlich!“ sehr, ob wunder oder keins.

Frohe Ostern, herzlich!