med.
Da gibt’s so einen strengen Normwert, der sich zwischen 10 und 21 bewegt. Bin heute die sieben Kilometer in die Stadt hinuntergelaufen, nur um zu erfahren, meiner läge derzeit bei 22.
die drei rasenmäher
heute ist hier sperrmüll. gestern am nachmittag kam die zukünftige nachbarin/sued (ich bin damals trauzeuge bei denen gewesen und frag jedesmal, wenn ich sie gemeinsam mit ihrem mann antreffe „Und? Wie läuft die Ehe?“, mit strengem blick!) den gartenweg hinauf mit dem hund und fragte, ob ich ihr mit den rasenmähern helfen könne, sie habe da ein paar polen angehalten, auf deren auto steht „KAUFE AN!“, die würden rumfahren und gleich kommen und sie wolle nicht allein mit denen sein und ob ich ihr schnell helfen könne, die alten rasenmäher runter auf die strasse zu tragen. haben wir also gemacht und dann kamen finstere ungarn und finstere weißrussen und schließlich auch jene polen, die sich dann sogleich über die rasenmäher hermachten. die zukünftige nachbarin wollte auch gar kein geld, sie sei ja froh, wenn sie’s mitnehmen würden, aber ich bin dann doch noch mal hin zu den polen und fragte, was sie denn dafür zahlen wollten, immerhin würde auf ihrem wagen „KAUFE AN!“ stehen, sie gaben die frage fragend zurück und ich dachte, na dann probieren wir’s doch mal und sagte „hm, einen zehner?“, wobei ich an einen fünfer als zielerlös dachte und dann ging der eine pole zu seinem VWtransporter, holte die börse und gab mir, ohne weiter zu verhandeln, einfach so einen zehner, den ich dann – völlig überrascht und voll händlerglück – der zukünftigen nachbarin/sued unauffällig zusteckte, mit einem schelmischen basaraugenzwinkern. auch sie war bass erstaunt, sie wollte noch halbe/halbe machen, aber es soll doch eine gute nachbarschaft werden (ich freue mich sehr darauf!) und sowieso ist sie die frau von meinem tierarztjugendkumpel und die rasenmäher gehörten einst zum hausstand von Therese, deren mann H. ihr kurz vor den vergangenen weihnachten nachgefolgt ist. die trauerfeier fand übrigens in beiden fällen in der sportgaststätte „zum abseits“ nächst dem östlichen tor vom sportplatz statt, die italiener, die jetzt dort drauf sind, kochen ausgesprochen gut (besser: die mama kocht) und sind wirklich herzlich, die ganze familie schafft (schwäbisch für: ‚arbeitet‘) mit, kinder, cousinen, onkels und verlorene söhne. und der allerjüngste, silvio (3), wirft immer mit allem nach den anderen kindern, vor allem den mädchen, aber er ist so süß dabei mit seinem hörgerät, dass man ihm das grad noch so verzeiht, wie man es jedoch dem berlusconi jetzt endlich hoffentlich nicht meht tut.
/“ich sollte vielleicht doch mal wieder flohmarkt machen…“ dachte ich zufrieden und fuhr gut gelaunt hinab ins frühlingshafte neckartal, wo ich gleich darauf wegen überschreitung der vorgeschriebenen höchstgeschwindigkeit geblitzt wurde.
ich bins nicht.
14.2.
die letzte Tube Neapelgelb rötlich von 1964
(text)
geregt
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angeregt ein bisschen auch durch dies hier. Auch mal was sexuelles. na endlich. Etwas übers geschlecht. Wir sind ja alle fleisch und blut, da können wir uns auf den kopf stellen. Nein, ich kann das nicht, etwas erotisches schreiben. Jedenfalls nicht öffentlich. Allerhöchstens kann ich erotisches tun, darüber reden und vielleicht noch am ehesten zeichnen oder bildnern. Aber wie immer ist dann natürlich alles frei erfunden.
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hatte sie also vom flughafen abgeholt. und wir waren essen gegangen ein paar häuser weiter, wo sie sich kurz zuvor noch „der blaue engel“ genannt hatten. danach in die bar gegenüber. nach einigen gläsern mit whisky dort und weiteren mit wein in meiner neuen alten kleinen bleibe zog sie sich irgendwann einfach aus und legte sich in mein bett, wandte mir ihren unverschämten hintern zu, nicht ohne es zu versäumen, ihre schwarzen strümpfe ausgezogen zu haben. Da ich Primärreize (irgendwie) mag, lösten diese strümpfe unmittelbar die mir für das geschlechtliche wichtigen blutbewegungen aus und wir trieben es über die ganze lange nacht, auch im schlaf und halbschlaf und viertelschlaf und generell sehr verschränkt, auch im saft. Es folgten noch weitere anderthalb tage ausschließlich dieser lebensbejahenden beschäftigung, bevor ich sie mit zitternden knien wieder zum flughafen brachte. Natürlich war ich verliebt, weil ohne verliebt geht bei mir gar nichts. Auf meiner rückfahrt von tegel nach hause war es spiegelglatt, aber gott hatte ein auge auf mich geworfen. Sie hatte mich, ja, errettet!
Übrigens zuvor, ein halbes jahr zuvor – das kind befand sich gerade unter meiner obhut – war ich aus ebendieser bar gegenüber einmal nachts alleine nach hause gekommen mit dem babyphon in der hand von einem bier zur nacht am tresen, da vernahm ich schon im hausflur die lustschreie meiner frau und ihres neuen liebhabers aus der wohnung vis-a-vis, die auch noch die meine war zu dieser zeit, obgleich ich ja bereits nach über den flur ausgezogen war. im nachhinein bin ich mir fast sicher, dass sie die türe vom schlafzimmer absichtlich hatten offen stehen lassen, denn neue lieben schaffen sich ja gerne gehör, und das ist ja auch gut so.
Ich hatte also einen wohnungsschlüssel zum liebesnest am bunde und überlegte, ob ich mich nicht, nach den ganzen demütigungen der vergangenen zwei monate, nun endlich einmal ganz anders verhalten sollte! ich könnte doch ohne weiteres schnaubend inflagranti hineinstürmen in ihr neues verliebtes leben und das ganze miets- und hinterhaus mitsamt seitenflügel und nachbarhof wachbrüllen im rasenden zorn eines gehörnten ehemannes, ich könnte tobend regale umwerfen, die geschirrschränke ausräumen und mich zuletzt sogar mit dem buhler blutig anlegen, dies alles in der gewissheit, gewiss mildernde umstände angedient zu bekommen, sämtlich.
Und da plötzlich musste ich lachen. Besser: ich hatte mühe, nicht laut loszulachen. Wie ich da vor der wohnungstür stand und dem sexuellen stöhnen lauschte, welches ich hälftig noch wage erinnerte aus den anfangszeiten der bekanntschaft, den ring am finger, den schlüssel in der hand, wenige zentimeter vor dem schloss, minutenlang. in diesem moment spürte ich plötzlich eine überwältigende macht. die macht, diesem stöhnen lauschen zu können, das keuchen einzufangen in eine erlebniskonserve, ohne, dass sie dies wussten, auch wenn es ihnen egal gewesen wäre. die macht über eine geschichte, nicht nur ihre, sondern auch m e i n e geschichte. die macht, so reagieren zu können, wie ich es könnte und wollte und es mir beliebte. Meine macht, die endlich wieder mir gehörte! und auch die Macht, anders zu sein. Und wie klein das doch im grunde alles war und verliebt konstruiert, was sich seit nunmehr zwölf wochen abspielte. Und wie groß es aber andererseits auch offensichtlich sein musste, nicht aus meiner sicht, aber aus deren. aus sicht des drehbuches. Des regisseurs. Der produzentin.
Man ist ja niemals nur engel.
Nach diesen endlosen minuten eines beleibten filmes also und demzufolge wichtiger erkenntnisse über mein archaisches selbst nahm ich staunend den anderen schlüssel zur hand, ging die fünf meter nach über den flur zur meiner ’neuen‘ tür (der ateliertüre), schloss diese auf, schaltete das Babyphon aus und legte mich mit der gewissheit, dass ich eine große hürde genommen hatte in diesem ganzen theater, in jenes selbstgebaute schöne bett, in dem ich monate später errettet werden sollte, als draußen glatteis herrschte.
der kirschkern in seiner ecke nebendran schlief derweil ruhig und wohlig vor sich hinschnorchelnd. Ich knipste das licht aus und Alles war gut.
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(Sehen Sie,) nun bin ich doch wieder beim thema gelandet. Aber das macht nichts. in diesem fall ist das nicht weiter dramatisch. ausrufungszeichen mag ich nicht so sehr, und das wort ‚also‘ verwende ich zu oft. Und bitte stören Sie sich auch nicht an der groß und kleinschreibung. Für mich ist diese ‚Auto-korrektur‘, liiert mit der meinigen, wie ein schönes stück vorgefundenes papier. Wie beim zeichnen also, es sind die Hände. Es ist wie zeichnen, es ist erotisch.
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*’blog‘, 2006, 25x20cm, Öl/Aquarell auf MDF
(noch availablePrivatbesitz)
1. mal
abfahrt FRiBrsg. 14.17 uhr, ankunft S21 16.23 uhr, wagen 4, platz 17. (tel. auskunft DB: „Im Grunde darf ihr Kind auch schon mit 5 Jahren alleine zugfahren, wenn es das will. Das einzig wichtige ist, dass es einen g ü l t i g e n Fahrausweis bei sich hat, hihi!“) /na dann woll’n wer mal sehen. schon sobisschen aufregend.
in der Todeszone!
(heute)
Abendglocke
Habe eben eine transcontinental weitergeleitete familiäre Besorgnismail ausgedruckt und der alten Dame weitergereicht. Ich lese also vor, übersetze holpernd, ich bin kein Spezialist in Englisch, dann das Wort „curfew“, keine Ahnung. Da auf einmal leuchten sie auf, ihre Augen: „He, Moment mal, das kenn ich doch noch von den Engländern damals in Cuxhaven, wo wir bei den Fröhlichs einquartiert waren, als wir die weissen Fahnen ins Fenster gehängt hatten und man alle Gardinen zuziehen musste und der kleine Hans hat natürlich trotzdem rausgespickelt und dann kamen die Panzer reingerollt in die Strasse und die Engländer ins Haus und ich musste denen die Wohnung zeigen und die doofe Frau Fröhlich hatte vergessen, das Führerportrait im Salon abzuhängen und da war einen Moment lang Totenstille und ich dachte, jetzt werden sie mich wohl erschießen!“.
Aha, also ‚Ausgangssperre‘, wieder was gelernt! /Hintergrund: Die Tochter der US-amerikanischen Ostküstennichte der alten Dame studiert Orientalistik in Chicago und absolviert derzeit irgendein Training in… ja, ausgerechnet in Cairo. „curfew“ heisst übrigens auch „Abendglocke“, wie gegenüber mir so ein Internetübersetzer behauptet. „Abendglocke“, klingt doch eigentlich viel schöner! /Good Luck also, Phoebe, auf dass Du das, was Du da gerade erlebst, dereinst auch wohlbehalten Deinen Kindern und Enkeln erzählen kannst!