blaue mauer

P1120237

(…)

haut, ist alles sehr transparent und durchscheinend und wie pergament, fragile. kann leicht reissen. verbinde fremde hand täglich seit vorvorgestern. Hinter der blauen Mauer, don’t google me, sodann I will not google you. tutto bene qui und wir freuen uns auf weihnachten. morgen die kirschkern. irgendwo gelesen über kunst, herrlich: „Den neuesten Diskurs auf dem Schirm zu haben, ist so wichtig geworden, wie früher die richtigen Platten zu hören.“ mir gehts gut, schon gar nicht meine bilder würden sowas wollen, eher noch meine Schallplatten. für jedes „früher“ 5 euro in die früherkasse, mit dem erlös diskursiv dann in irgendeine sauna mit dufteis und danach Pommes an tanke, wie früher, auf dem weg nach einem zuhause, welches zunehmend durchscheint und sich auflöst, genauso wie die hand. sich gleichzeitig komisch erneuert, ohne ahnung. und ich kaum auch. gegenseitigkeiten – und Beruhen. und gute laune, seltsam im klaren, trotz angesichtern.

/Habe heute schon den ganzen Tag das unbestimmte Gefühl, dass die Erde ganz vorsichtig bebt. Die Köchin lacht mich an. Aber das ist nicht gänzlich von der Hand zu weisen, denn der Hohenzollerngraben liegt nur fünfundzwanzig Kilometer entfernt. Wenn’s mal heute nicht noch ein ordentliches Erdbeben gibt. Ich hab’s dann jedenfalls vorrausgesagt. Sollte schnell wetten.

Schönbornsche Ausfallpforte

hoppla hoppla
bild wird doppla-
bild ahoi,
da sind es zwei.

zwei schüsseln stehen,
auf der anricht‘ – nachts
und wollen nicht gehen.

einfach
zwiefach.

zwei löffel daneben
mit sieben leben
der eine neu,
die andre alt mit rillen.

schüsseln bellen, aber löffel ziehen weiter.

bild wird behütet
schüssel samt gewischt.
ach löffel, ich möcht‘
mich verbiegen, Dich: löffeln.

…und ich schreibe und schreibe, aber es will nichts hinaus. /über das jahr in kilometern und zahlen, über die darbietung pornographischer inhalte im internet mitsamt dem seit nunmehr jahrzehnten weiblichen kontrollwunsch über die männlichen sexualitäten, so kommt es mir vor, sowie die eigenartigerweise männlichen abmahnenden gewinnorientierten moraljuristen aus, ja natürlich, münchen, wie sollte es anders sein. und aber – sehr viel gewichtiger – über eine mir überaus selbstgewählte eigene generationenverpflichtung gegenüber einer alten dame, die ihrerseits sich nun stückweise in eine umfassende Schwäche verabschiedet und mir das herz gerade sehr schwer macht, da sie plötzlich schwankt und schwindelt und das bisher noch machbare sehr dringlich abgeben will. Weil sie es muss. /und weiter,…

Zitat: 19.11., mein sehr demokratisches selbstverständtnis würde zuletzt dann aufhören, wenn ein stets ausschließlich beinahe antidemokratisch hetzender und vor allem in seinen plumpen und hässlichen Argumentationen unverschämt kinderstubenloser Scharfmacher Dobrindt einen ausgerechnet Ministerposten erhalten sollte – und damit künftig auch aus außerbayerischen steuergeldern, und seien es nur bruchcent meinerseits, seinen fürderhin lebensunterhalt beziehen würde mitsamt einem prompten üppigen rentenanspruch, für den sogar noch meine tochter einst aufzukommen verpflichtet sein wird! /was denn noch alles wird zugemutet werden personalseits?!

… dann noch dies. eine keck gegrätschte CSU-chuzpe, geschmacksfern. /Gottlob war ich in Franken, nicht Bayern, am vergangenen Wochenende, und zwar ohne wirklichen Grund. Einfach so, weil’s irgendwie auf dem Weg nach Berlin liegt und Spaß mit Freude macht. Man sollte viel öfters begründungslose Reisen unternehmen. Mit Lokomotive und ohne jegliche Kulturvorbereitung. Diese vermögen einen dann zu erinnern an die wesentlichen Aufträge und Schätze des Lebens, Daseins, des Anstandes, der Liebe und Zuneigung, der schönen Künste und des Glühweins auf über Jahrhunderte gealterten Brücken.

Ich weiss jetzt um eine Rezeptur zur umfassenden Gelassenheit, es ist die Schönbornsche Ausfallpforte.

Schönbornsche Ausfallpforte 1
Schönbornsche Ausfallpforte 2

Quellenlagen

Die ewige Restmelancholie der westlichen Welt geht mir auf den Wecker. Manchmal. Auch ich gehe mir manchmal auf den Wecker. Andererseits hat ja der Winter das Denken hervorgebracht. Die Vorratshaltung. Andere wieder sagen, es sei die andauernde Wärme des Südens gewesen, welche die geistigen Kapazitäten jenseits eines Überlebenskampfes freisetzte. Die ältesten bekannten organisierten Stadtsiedlungen befinden sich meines Wissens im Libanon und in Syrien. Sie sind rund zwölftausend Jahre alt. Bärtige Männer gehen mir durch den Kopf. Hinterrücks. Die zwei zivile Lastkraftwagen anhalten und die Fahrer, nur weil sie Alewiten sind, am Straßenrand hinrichten, einfach so. Und das ganze dann auch noch filmen. Stolz, hinterhältig. Aber man sollte lieber nicht irgendwelche Filme ansehen im Internet, zumal spätabends, zumal das Gesehene ja auch ganz anders sich verhalten hätte können. Es fehlen ja immer auch die Verifizierungen von Quellenlagen. Vielleicht waren das Schauspieler. Bestimmt waren das nur Schauspieler. Raffiniert, perfide. Wenn ich manchmal alt werde, dann sehne ich mich nach dem völligen Zusammenbruch des Internets. Nach dem Komplettversiegen des schon lange über die Ufer getretenen Informationsflusses. Nach einem Zustand, in dem nicht jeder zu jeder Zeit alles – ob Wahrheit oder Unwahrheit – mitteilen kann aus Eigennutz. Auch ich nicht. Man würde dann bei Kerzenschein abends zusammensitzen, ein Glas Wein trinken und sich Geschichten erzählen von fremden Ländern und zwölftausend Jahre alten Siedlungen, in denen schon Hochkultur und Restmelancholie gepflegt wurde, als bei uns noch bärtige Männer in langen Gewändern andere einfach so ermordeten von hinten.

sierend

eine schraube steckte im rechten vorderreifen und als wir sie schließlich herausrauszogen, machte es pfffffft. vorher hatte es klack-klack-klack gemacht, ich dachte zunächst, es wäre ein splittsteinchen. man kann diese löcher auch stopfen und vulkanisierend verkleben, anstatt zwei neue reifen zu kaufen. das stopfen kostet zehn euro, zwei neue reifen mit aufziehen und wuchten kosten mindestens hundertsiebzig. ich habe vulkanisieren gewählt und mich erinnert, wie oft mich als kind beim fahrrad-flicken das wort mit den vulkanen beeindruckt hatte. das musste etwas aus der unbekannten vulkanwelt sein, die sicherlich viel größer und mächtiger wäre als die menschenwelt. natürlich wollen die werkstätten neue reifen verkaufen, insbesondere diejenigen unter vertrag. aber bisher ist alles dicht vorne rechts und das rad läuft ruhig und rund.

Kunsthistoriker aufgepasst #2:

Ich befinde mich zur baugeschichtlichen Untersuchung eines großen Gebäudes, zu der mich der nette Kollege W. kurzfristig dazugebeten hat zur Mithilfe, gerade hier:

P1120050

Man könnte ein ganzes Buch füllen mit Aufnahmen der Innereien des Bauwerkes und des Gesamtgeländes. Alles ist noch am Platze in den Zimmern, Großräumen und Hallen, auch die vielen kleinen Details und Spuren von einhundert Jahren Betriebsleben und den Geschäftigkeiten einer ehemaligen „Hauptwerkstatt“. Und schläft Dornröschen. Endgültig verlassen wurde alles vor zehn Jahren. Um 1944 hingegen sah es dort so aus.

Allerdings will ich eigentlich nur wissen, seit wann es Ihrer Meinung nach sog. „Dreifeldertüren“ mit drei gleichformatigen übereinander angeordneten Türblattfeldern gibt. Zum Beispiel eine solche:

P1120066

Vergessen Sie jetzt mal das Glas im oberen Feld. Könnte auch ohne Glas sein. Höhe 2,13m, Breite 94cm. Diese Türform gilt (wie Sie ja natürlich sofort erkannt haben, Baustilkunde/Grundstudium) als übliche Türform der 1930er (!) Jahre. Logisch. Aber könnte es nicht vielleicht auch sein, dass sich jene Türgestaltung bereits im ausgehenden Jugendstil anbahnte? Also zum Beispiel ab 1910? Und was war mit den 1920er Jahren, dem Art Deco oder dem Bauhaus-Stil zum Ende der 1920er Jahre hin?

Wenn diese Tür nun aber (oder eine ihrer Zwillinge) beispielsweise dann auch noch einen solchen…:

P1120069

… Türdrücker, also die Klinke, mit zugehörigem, sich nach unten verjüngendem Beschlag aufweist, dazu alles aus Messing, was ließe sich dann sagen in Bezug auf eine genauere Datierung?

Natürlich muss das Jugendstil sein. Eigentlich. Die Rillen?! Ganz typisch. Aber Vorsicht: Sah ich nicht neulich auf der Göringburg von 1939 mehrere Türklinken, dazu aus Messing, die der abgebildeten so sehr ähnlich sahen? Mit Rillen? Und könnte es vielleicht auch sein, dass Dinge und Beschläge ggf. wiederverwendet wurden, zwanzig Jahre später? (Wieso eigentlich schon zwanzig Jahre später?) Oder vielleicht nachempfunden? Oder vorempfunden?

Es geht um den Zeitraum von 1912 bis ungefähr 1935. Also vergleichbar dem von 1991 bis heute. Es ist eine knifflige Sache. Meine zentrale Frage wäre ohne Schnörkel:

Gibt es jene „Dreifeldertüren“ ab ca. 1930 oder schon vorher? Ja oder Nein.

Es ist mal wieder sehr detailspannend an einem besonderen Ort und über Ihre Einschätzungen oder ggf. Sichterfahrungen würde ich mich sehr freuen.