(der Vollständigkeit halber)
panama jack
noch gestern bin ich beim wasserholen in den fluss gefallen. überall gelbe rolltreppen, nach oben und nach unten (dachte ich). und dann diese 400.000 motels, wände aus vollkornbrot, kleine klappleiterchen mit hellgrünen stufen und frierende hände und rote schöne finger an allerdings völlig normalen handgelenken. habe abends angeschürt und beobachtete auf den drei üppigen neubauten gegenüber große buchstaben, der wind pfeift über land und von oben in die öfen durch die schiefen schlöte, auf den wiesen in augenwinkeln große orange lackierte medizinische herzen (aus metall, dachte ich), überlebensgroß, darum herum sich lagernde gesetzlose männer in warmen grauen jacken, lauernd, lungernd (jedoch durchaus nachdenklich), lauter „schwere jungs“ aus dem abendflieger von stockholm her. sie alle wollen verschwinden, aber sie wissen nicht wohin, vorher noch woher. sie sind im heute. sie beratschlagen sich und murmeln manchmal leise. sie essen frisches obst, sie dürfen sport betreiben, sie bilden und informieren sich gelegentlich. was aber beschäftigt sie wirklich? denn nur eine möglichkeit haben sie nicht: sie können nicht dann gehen, wann und wenn sie wollen. /anders ich: also heute ins wasser gerutscht. es wird ja jetzt wieder erst einmal alles kalt. der gedanke nach mailand oder südlich, der ewig wiederkehrende. nein, es ist schon alles richtig so. der kirschkern macht salat an im schwarzwald (via telefon), und er ist nicht froh beim salat anmachen. ich muss ihr von knallgelben rolltreppen berichten und vom anschüren, das könnte sie erheitern. salat ist wichtig, autobahnen sind es auch. was das vermissen angeht, es ist vor allem die vision (und natürlich das viele geld und ein dicker schöner neuer katalog). wenn alles zu bruch geht, dann hält man die vision. wenn aber die vision im salat ist, dann hilft wenig alles. jenseits von kirschkerndingen und verlustiger visionen, da bedeutet das erst einmal nur „alten frauen klaut man keine handtasche!“ oder „eltern haften für ihre kinder“ (fasse dich kurz!). natürlich bin ich nicht in den fluss gerutscht. aber das wasser am fluss zu holen, das ist eine schöne erfahrung, es gibt wahrhaftig immer wieder neues, man muss es eben nur bemerken. /heute daher nun also neue winterschuhe (caterpillar?) sowie allenfalls frische ordentliche berufsbekleidung.
Hittnobnd
„He Koal, heit mochma an Hittnobnd, wos?“
„Jooo fraile, Wostl!“
(zsamma):
„Muchahahaha…“
(Film folgt)
vinylkistenkramen usf.
(danke, herr kid)
B27
immer wieder schoen, nachts auf neben- und hauptstrecken völlig nüchtern im licht der eigenen scheinwerfer durch die gegend zu gurken und die windschutzscheibe mit einem unsagbaren gefühl der stärke von innen her anzubrüllen „kommt doch endlich, kontrolliert mich! JETZT!“, und kein schwanz will einen in solchen nächten kontrollieren.
Spalt
7. Oktober, 21.00 Uhr: 21°C. „Spalter Bier, das mögen wir!“. Ich mag ja solche Werbung. Und so manches Hotelzimmer, da möchte ich es mir noch nicht einmal mehr selber besorgen. Im Sand beim Gottesacker lag heute bei der Brotzeit noch ein halber Unterkiefer mit zwei Zähnen, kaum vorzustellen, dass dieser sich vor ein- oder zweihundertfünfzig Jahren auch einmal mit anderen Dingen (Geld, Geschlecht, Putzen, Literatur oder KfZ) befasst haben könnte. Es ist eine schöne Baustelle.
2tage
die schiebetür noch auf, sie schaut mich offen und groß an, einen kuss am sitzgurt vorbei und irgendein mühsames strahlen, mama am steuer sagt zu ihr „schau mal, in drei wochen…“, tür zu, mama gibt gas und ich dreh mich einfach nicht mehr um.
katty
wellness,
also eine beerdigung hinter der schwäbischen alb, die alte dame ins auto gepackt und den alten weg da rauf gefahren. als kind so oft, klar. hinten im käfer. die gönninger steige oder honauer steige oder holzelfinger steige, welche nehmen wir heute? später dann zwiefalten. kurzer halt in rottenacker an der donau, da liegen der opa und die drei anderen brüder. der hans, der bauer. sein bruder albert, bescheidene rente aus dem zellstoffwerk, dann der hermann, der ist schon geschleift. der hermann war laut erbrecht der knecht beim hans, der jüngste bekam den hof, die anderen sollten knecht sein beim jüngsten oder sich vom acker machen. der hermann hat immer gegrinst, an zähne kann ich mich sein lebtag nicht erinnern. und die elisabeth hat immer gesagt: „ich hab drei männer geheiratet!“. und das alles ist noch gar nicht so lange her, das muss man sich mal vorstellen. die elisabeth und der hans haben zwei von vier kindern verloren, einmal ertrunken (donau), einmal dummes geschwür. zur beerdigung also nach ehingen, auch donau. vater der jugendfamilie, kinderarzt und fünf kinder. dort wäre ich aufgewachsen, hätte es die alte dame hingeschmissen, das hatte sie so arrangiert. alle sind da, und es ist gut. das darf man ja gar nicht sagen bei einer beerdigung. aber das trägt was weiter. sehr heilig ist mir das, auch wenn das schon wieder drei tage her ist. der jüngste, der war mein oberschwäbischer jugendkumpel. wir sind kajak und tandem gefahren nach munderkingen, haben schlagzeug gespielt, haben unsere balsaholzflieger fliegen lassen und wir sind im engadin den wasserfall des inn hinaufgeklettert, eigentlich müssten wir dabei gestorben sein. so was verbindet bis heute. und einen super8film gedreht. Titel: Der verlorene Sohn, 1972. Genre: Western. Drehort: vor der Gerage. Dauer: 9min, Status: verschollen. aber das alles ist ja schon wieder ewig drei tage her. wenn mich jemand fragen würde nach heimat, dann dort. kennen sie rechtenstein? obermarchtal? zwischen ober- und untermarchtal saß ich mal auf deiner ducati 860 mit irgendwie kurz zweihundertzwanzig sachen. aber schon wieder drei tage. die baustelle also eröffnet. beleuchtung, strom, dixi, wasser, gerüst aufbauen. gotisch und restfreilegen. der kleine tiefbau draußen vor baggert drainage, natürlich kirchhof. da liegen sie dann herum, diese knöchelchen im sand. und keiner weiß, was man damit machen soll. ein schlüsselbeinchen, ein oberschenkelhals, eine halbe zahnreihe, ein rippchen. der kollege sehr weise und fränkisch: „a schäufala!“. ich krieg hunger. auf nachfrage heißt es von bauernseits, das sei bekannt schon von der letzten baggerei. bin beruhigt, der azubi (schaufel) vom tiefbau vermittelt pietät und gewissen. da also noch acht wochen. nächste woche hotel, dann ferienwohnung, so wie frueher. und nachher für 52 stunden der kirschkern. ich brauch kein kino. ich brauch wellness und zukunft. mit der vergangenheit würde ich gerne geld verdienen. und dann mit der neuen liebe die fetten wege abfahren, gerne acht wochen lang, und zwar ganz in ruhe.