agde août

citroen2025

die sonne scheint. gestern wieder 38 grad. ich mag die hitze. alles fliesst irgendwo. man kann nicht schreiben, zu heiss. wozu auch. wenn schon schreiben, dann einen bestseller, der ordentlich kohle bringt für die letzten jahre. irgendwas mit jugend, alter, gender, empörung oder sex oder eben komisch. oder über eine alte kleine hündin, die jeden tag einmal – immer an der selben stelle – in den HERAULT steigt, um kurz zu baden. sie kennt den einstieg, der ihr dort möglich ist. seit jahren, sagt herrchen. sie sei 14 jahre alt, das nette herrchen über 80.

oder, wenn bei GEWITTERWARNUNG – wie heute – der französiche DLRG mit einem bootchen mit aussenborder den strand abfährt, um die verbotenerweise badenden mit einer trillerpfeife zurück an den strand zu scheuchen. wenn das bootchen dann woanders, dann rennen alle wieder ins wasser. vor allem die kinder und pubertierenden, aber auch gestandene erwachsene mit und ohne busen und bauch. wenn das bootchen dann abermals wieder kommt, dann rennen alle wieder raus. das finde ich nicht nur lustig, sondern auch schön. ein riesenspaß!

überhaupt bäuche. es scheint ein STATUS zu sein, als sowohl junger, mittelalter oder alter mann den oftmals sogar blanken und entkleideten kugelrunden bauch zu zeigen. voller stolz. oft das t-shirt sogar eigens hochgeschlagen und oft blankrasiert, die bäuche. oder gegenteilig. verstehe das, wer wolle. aber auch das macht mir nichts aus. ich habe hier einen zustand völliger gelassenheit gegenüber meinen ansonsten ja oft viel zu zimperlichen detailmeinungen erreicht, schon allein aufgrund der hitze. denke ich mir. mir ist das alles egal, auch völlig übergewichtige oder abgemagerte junge frauen und kinder. tätowiert sind ohnehin alle. auch die, bei denen man es nie erwartet hätte. ich finde hier jedes jahr meine menschenliebe wieder. so sind wir eben. hauptsache, irgendwelche bügelfalten sind erkennbar. und das sommerparfum riechbar. da ist es dann auch egal, ob 3-jährige am strand halbstundenlang am smartphone hängen mit kopfhörern.

es ist aber nicht allein die hitze. bilde ich mir ein. wobei die hitze – besser WÄRME – mich grundberuhigt. das ist wohl bei germanen so, die ja sonst stets einen pullover dabeihaben müssen und feste schuhe, falls es regnet oder schneit. und schon sommers zusehen müssen, woher das feuerholz für den zu erwartenden winter kommt. nicht so hier. ich beginne zu gleiten. ich MUSS nichts mehr machen, gar nichts. weder zeichnen, noch holz besorgen für den nächsten winter, noch schreiben. geschweige irgendwem berichten. ich kann hier einfach nur auf dem balkon sitzen und den möwen und den tauben und den elstern zuhören, die fledermäuse beobachten oder die menschen am strand. oder alte autos fotografieren, die mir vorführen und zeigen, wie alt ich jetzt bin.

später dann zum kleinen marktplatz gehen und mit frau mullah eine PRESSION oder einen hausweisswein mit eiswürfeln trinken oder zwei, und den staren zuhören wie in DIE VÖGEL, die auf den beiden mächtigen platanen dort immer übernachten und sich vor dem schlafengehen noch lauthals kreischend gutenachtgeschichten erzählen.

das schöne hier, es ist ein völlig normaler ort mit völlig normalen einwohnern und völlig normalen feriengästen. keine superjachten, keine übertriebenen intellektualitäten oder verkünstlichungen verkünstlichter künstler. keine überbordenden und zur schau gestellten besonderheiten. keine wie auch immer gearteten sexuellen eskapaden, wie am naturistenstrand ein paar dünne kilometer weiter. stattdessen schwimmringe, im sand spielende kinder, hunde, menschen aller couleur und bescheidener aussendarstellung, die sich einfach abkühlen wollen im meer. das alljährliche harley-davidson-treffen, sehr pittoresk und immer wieder mal eine SARDINADE, bei der der ganze kleine marktplatz vollgestellt ist mit langen plastenen tischreihen und frisch gefangene und am platz gegrillte sardinen zum verzehr angeboten werden. danach ist meistens tanz, begleitet von einem DJ-animateur, da läuft dann jaques brel und daft-punk und charles trenet und alle, jung und alt, ob maghreb oder alter französischer adel tanzen querbeet und singen mit, dazwischen wackeln quiekende kleinkinder fröhlich mit ihren ersten schritten und werfen ihre ärmchen in die höhe, genauso, wie ihre jungen großväter und großmütter. und mütter und väter in ihrer kinderphase.

das ist wirklich schön. so möchte ich leben. eigentlich immer. danke, liebe V., dass das so geht hier und möglich ist, dank deiner. und vielleicht könnte es mir genau HIER irgendwann einmal gelingen, ein schriftliches manuskript mit viel ruhe und zeit ggf. in form zu bringen. wenigstens ein mal im alten leben. um mir dann das holzbeschaffen für vielleicht 2 winter sparen zu können. und um wenigstens EIN mal im leben jenen naturistenstrand besucht zu haben, wo man die butter und das baguette nackt einkauft beim nahversorger und danach anderen beim kopulieren zusehen kann am strand. wenn man das will. während man eine kleine quiche verzehrt oder döst oder raucht oder in den himmel starrt. aber vielleicht brauche ich das auch gar nicht mehr als große und wilde erfahrung. vielleicht hatte ich diese sicht ja auch schon, in einem früheren leben. wer weiss. ich habe alles vergessen.

es sind immer ja immer die dichtung, die wahrheit und die legenden. die größte HAUPTSACHE mir, es ist grundwarm. dann und danach kommt alles andere schon ganz von alleine. heute nacht nur 26 grad. wind, balkon, in der ferne lautlose angeberblitze. und PASTIS ebenda, nicht alleine. reden, flüstern, zupfen und sich freuen über dies und das.

Spendenaufruf: Hilfe für Nasim

Nasim in Heidelberg

(Abb.: Nasim in Heidelberg, Foto wahrscheinlich by Kirschkern.)

Die Geschichten der Welt stehen ja nie still. Einerseits manchmal erfreulich, aber eben auch, insbesondere derzeit: andererseits. Ich habe hier ja länger nichts mehr geschrieben oder berichtet über unsere (schon lange EHEMALIG) minderjährigen PFLEGEKINDER aus Afghanistan, *Bahram und Salman, die von 2016 bis 2018 bei uns im Pfarrhaus lebten. Nun aber gibt es schlechte Neuigkeiten.

*Bahram absolviert mittlerweile erfolgreich eine Ausbildung zum Kaufmann für Digitalisierungsmanagment bei einem namhaften und lokal vertretenen Orthopädieunternehmen. Auch Dank eines Spendenaufrufes in 2021 war es möglich, dass seine Familie nach dem ungeahnten und plötzlichen Corona-Tod seines Vaters und während der Machtübernahme der Taliban nach Teheran in IRAN übersiedeln konnte. Seit Anfang des Jahres aber wollen die iranischen Behörden vermehrt alle Afghanen in ihr Heimatland baldmöglichst zurückschicken.

Betroffen ist davon auch die Famile von *Bahram, für die er, als ältester Sohn fernab der Heimat und seit dem Tod des Vaters eine große Verantwortung übernommen hat. Für seine Mutter, seine beiden durch tragische Unfälle im Kindesalter eingeschränkten und behinderten Schwestern und seinen jüngerer Bruder.

Wichtig: *Bahram ist: Nasim.

Aus Gründen des Jugend- und Datenschutzes hatte ich in allen Berichten und Erzählungen des Zusammenlebens seither immer ihre – damals nachgefragt selbstgewählten – Pseudonyme gewählt.

Ich möchte hiermit also einen von ihm, Nasim, selbstverfassten persönlichen Spendenaufruf sehr dringend teilen und weiterleiten. Und auch meinerseits in dieser Sache um Hilfe bitten:

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Liebe Unterstützerinnen und Unterstützer,

viele von Ihnen und Euch haben mich, Nasim Sarwari, bereits vor vier Jahren begleitet und unterstützt, als meine Familie nach dem plötzlichen Corona-Tod meines Vaters und der Machtübernahme der Taliban 2021 aus Afghanistan in den Iran fliehen musste. Dank Eurer Hilfe konnte ich in Teheran eine kleine Wohnung anmieten, die meiner kranken Mutter, meinen beiden behinderten Schwestern und meinem Bruder eine sichere Zuflucht war.

Dafür danke ich euch von Herzen. Diese vier Jahre der Stabilität und Sicherheit wären ohne eure Solidarität nicht möglich gewesen.

Doch nun hat sich die politische Lage erneut dramatisch verschärft: Wie zuvor Pakistan schiebt jetzt auch der Iran massenhaft afghanische Geflüchtete ab – darunter auch meine Familie. Sie haben bereits einen Abschiebebescheid erhalten und sitzen auf gepackten Koffern. Ihre Angst vor der Rückkehr nach Afghanistan ist groß. Vielleicht habt ihr bereits in den Medien davon erfahren.

Die Situation in Afghanistan ist nach wie vor katastrophal. Seit der Machtübernahme der Taliban hat sich die Lage im Land wirtschaftlich und gesellschaftlich stark verschlechtert. Das durchschnittliche Jahreseinkommen pro Kopf ist laut Statistischem Bundesamt von 550 Dollar (vor der Taliban-Herrschaft) auf nur noch 380 Dollar im Jahr 2023 gesunken. Es fehlt an Arbeit, Nahrung, medizinischer Versorgung – und besonders an Hilfe für Menschen mit Behinderung. Für meine beiden behinderten Schwestern gibt es dort keinerlei staatliche Unterstützung.

Ich selbst beginne bald mein drittes Ausbildungsjahr zum Kaufmann für Digitalisierungsmanagement. Die Zwischenprüfung habe ich bereits bestanden. Von meinem kleinen Azubi-Gehalt unterstütze ich meine Familie so gut ich kann – aber es reicht nicht, um ihnen ein einigermaßen würdevolles Leben zu ermöglichen, geschweige denn die Rückreise und das Nötigste in Afghanistan abzusichern.

Wir hatten versucht, meine Familie nach Deutschland zu holen – doch der Antrag wurde leider abgelehnt. Nun bleibt keine andere Wahl, als in das Land zurückzukehren, aus dem sie einst geflüchtet sind – in ein unsicheres und perspektivloses Leben.

Ich bitte euch daher erneut, meiner Familie in dieser schweren Zeit zu helfen. Jeder einzelne Euro hilft. Jeder Beitrag bedeutet Hoffnung, Nahrung, Medizin oder ein Dach über dem Kopf. Ich verspreche, mein Bestes zu geben, um meine Familie weiter zu unterstützen – aber ich schaffe es nicht allein.

Meine ehem. Pflegemutter, Pfarrerin Gudrun Bertsch, hat ein Spendenkonto eingerichtet:

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G u d r u n B e r t s c h
Verwendungszweck: NASIM
Kreissparkasse Tübingen
IBAN: DE88 6415 0020 0004 7471 94
BIC: SOLADES1TUB

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Dies ist ein privater Spendenaufruf, daher kann leider keine Spendenbescheinigung ausgestellt werden. Vielen Dank für eure Menschlichkeit, eure Solidarität – und dass ihr nicht wegschaut.

Euer
Nasim Sarwari

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siehe auch:
https://schneckinternational.me/frau-mullah-et-consorten
https://schneckinternational.me/bahrams-vater-✝