lebe wild und gefährlich

Tageb. 11.5.2025: „bin ich rechnerisch, bin ich im plus. „mann mit pfeife“ – und lebe WILD UND GEFÄHRLICH, sagten sie mir zeitlebens, v.a. prägephase. wenn haare kurz und glattrasiert die fresse, dann geht es mir am besten, was soll ich auch anderes machen, fühlen und betrauern oder mich vor allem befreuen. linke schulter seit zweierlei wochen ein wenig, zuviel gewicht geschleppt und wahrscheinlich sehnen, möglicherweise kalk oder eben herz. heute vollsperrung, ausleiten durch die strassenmeistereien, U5 über ansbach und wieder drauf bei herrieden. ein lkw-unfall. herz geht immer. kurz vor herrieden raufwärts zerbarst seinerzeit auch die pleuelstange vom alten opel-combi des kollegen, den er zwei jahre zuvor vom verstorbenen vater geerbt hatte. der weitere kollege im fond seinerzeit, ein motorradbastler aus dem schwäbischen wald, legte sich auf der standspur unter den orangegelben havaristen und lachte lauthals über den schmetterschaden. alles triefte vor öl und metallstückchen und ich hatte keine ahnung von motoren, noch nie. damals waren wir gewesen auf dem weg zu einem alten gasthof aus dem 17.jh, um dort in bemalten gefachen putzergänzungen mit selbstgemachtem kalkmörtel anzubringen. einige jahre später stürzte er auf seiner ducati mit 180 sachen, verlor ein halbes bein und wurde mit dem hubschrauber zunächst offenbar in die falsche klinik, welche nicht zuständig war, geflogen. sein halbes bein hat er nicht nicht wiederbekommen. / was ich sagen will: / lese ich oder erfahre von biografien von altvorderen, so beeindrucken mich stets die zeiträume und anhäufungen von jahrzehnten mitsamt dem beschrieben oder geschlussfolgert erlebten. bei mir selber will sich das jedoch nicht einstellen – alles rauscht noch im JETZT vorbei und jegliches, als wäre es grad gestern gewesen. die jahre sind quasi nichts, da sie so schnell vergangen, allerdings auch so angefüllt und vielerlei, ich will mich überhaupt nicht beschweren. daher fallen mir bei stichworten wie „herrieden“ so unsäglich viele dinge ein. ebenso bei obermarchtal, rechtenstein, maloja oder bad saulgau. / auf einem sommernächtlichen kinderspielplatz nahe bad saulgau traf ich noch – und letztmals natalie aus südfrankreich, die mir ein jahr zuvor während des dt.-franz.-schüleraustausches ein liebendes weltversprechen gegeben hatte und ich ihr ein ebensolches, in unerfülltheit eines großen kinos. abermals geschah nichts weiterführendes auf diesem spielplatz, da meine freunde zu nah und ihre mitreisenden französischen freundinnen auch. scham spielte ja noch eine große rolle. und auch, weil wir – meine clique und ich – in den folgenden frühmorgenstunden in einem alten VW-bulli der eltern eines guten uralten kinderfreundes zu sechst nach griechenland aufbrachen, aufzubrechen geplant hatten, das war seit wochen FEST abgemacht gewesen. von bad saulgau aus. wenn ich mir also heute überlege, welche weichen damals in diesen minuten, sekunden, halbstunden oder halbnächten unter mond (und ich erinnere, es war eine streichelnd warme sommernacht) getroffen wurden durch zufälle – ich mag es mir kaum vorstellen. wenn diese spielplatznacht anders verlaufen wäre, ich wäre vilelleicht umgehend ausbildungslos mit dreitagebart nach F übersiedelt und würde heute als „der deutsche schneck“ („l’escargot allemand“) nahe st. tropez leben mit 5 kindern und dreizehn enkeln, deren mama und großmama nun natalie B. hieße. wahrscheinlich würde ich ein cafe dort betreiben mit kariertem hüftschurzhandtuch und tischfeudel, und ich wäre schon lange halbakzeptiert als der deutsche, der die AfD und le pen hasst und der nichts gegen raucher hat. / LEBE WILD UND GEFÄHRLICH! / ich erinnere in folge den autoput durch jugoslawien, man fuhr abwechselnd, der führerschein noch jung, die ganze nacht hindurch und dann irgendwann waren wir auf chalkidiki, schliefen am strand und badeten nackt in menschenleeren sandstrandbuchten mit blick auf den verbotenen berg athos. bevor wir weiter nach athen fuhren. ein tramper in nordgriechenland auf dem weg nach süden war ZUFÄLLIG der ältere bruder einer mir bis heute sehr geschätzten kollegin. den nahmen wir natürlich doppelt gerne mit, lange bevor ich wusste, dass seine jüngere schwester mir einst – viele jahre später – eine geliebte kollegin werden würde. was für ein unglaublicher zufall. / was überhaupt. ergebenheit und demut. / vor dem großen geschehen. / „die amsel habe keine angst vor dem tod“ las ich, biologisch und verhaltenforscherisch allezeit höchstinteressiert, erst letztjährig irgendwo. meine genauen naturbeobachtungen kommen zu exakt dem selben schluss: auch spatzen, meisen oder feuersalamander haben keinerlei angst vor dem tod. und alle paar dekaden mal wieder, oft dann ggf. im juli oder august, frage ich mich, was wohl aus natalie B. geworden ist. und ob sie überhaupt noch lebt. es gibt keinerlei quellen, denen ich das jemals entnehmen könnte. warum auch.“