Unser Badeplatz

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Abb.: Unser Badeplatz, unweit der Stelle, an der Fr. Nietzsche im August 1881 nahe Surlei beim Betrachten eines mächtigen pyramidal aufgethürmten Blocks der Gedanke der ewigen Wiederkunft kam.

Endlich regnet es, damit der Rasen wieder wächst, damit man ihn wieder mähen kann. Im Garten reagieren die notdürftig aufgethürmten Holzabfuhren der Neuorganisierung des vergreisenden Hausinnern, sie verzogen sich in der Hitze und nun von der Nässe, werden blass und manchmal kracht es nachts laut, wenn die Balken, Bälkchen und manch vernagelte Hölzchen alter wertloser Kommoden und Blumentischchen brechen.

Die Köchin hat Vordergrund in der nächsten Woche, ein Piepser wird sie nun ständig begleiten für acht Tage, kein Glas Wein am Abend muss dann genug geschuldet sein dem Privatleben. Das nennt sich Notfallseelsorge, jederzeit kann man gerufen werden zum aufgethürmten Unglück. Alles freiwillig. Möge der Herrgott also ganz generell und sowieso beschützen die örtlichen und international alle Motorradfahrer und Verkehrsteilnehmer, angedachte Selbstmörder, irgendwie Verunfallte, Baggerseespringer mit dem Kopf vorraus, sämtliche Ertrinkenden und alle Anderen auch. Am Besten nicht nur in der kommenden Woche, und nicht nur hier im ländlichen Kreis. Sie erzählte mir mal irgendwann von einer Autobahnunfallkarambolage, eine Art Großschadensereignis war das gewesen, bei dem ein überlebender Ehemann und Vater über Organspenden seitens einer nicht volljährigen und soeben verstorbenen Tochter entscheiden musste. Bei spargesteuerten Kirchenaustritten denke ich dann stets an diese Geschichte. Es gibt ja auch immer Menschen, die dann irgendwie da sind, da sein sollen gefälligst, wenn Schlimmes passiert, daran haben wir uns gewöhnt, da haben sich unsere Erwartungen aufgethürmt als Staatsbürger, wir erwarten ja sowieso immer alles.

Ist im Grunde ja auch richtig.

Äpfel gibt es keine dieses Jahr, die fallen bereits jetzt wegen Wassermängeln vom Baum. Auch recht. Dafür Tonnen von Brombeeren, die schon zu schmocker Marmelade eingekocht sind. Ein frischer heisser Toast, dick eiskalte Butter drauf und dann Marmelade vom Gartenbrombeer darüber aufgethürmt – es gibt verdammt wenig Leckereres.

juhe 13.8.15

juhe 13.8.15

Kinderstubenlose Musiker kaum über zwanzig, die ihren Open-Air-Festival-Rausch ausschlafen und die Bude zurücklassen, wie nach einem Bosnienkrieg, inklusive der Bäder, das ganze Gebäude ward durchströmt vom Geruch von Generationen ungeduschter Jugendlicher, eine Art Turnbeutelduftwolke im Fallout, die sich in Wände, Möblierung und den Linoleumboden eingefressen hat, unlöschbar. Dazu die Tatsache, dass wir uns im Spitalviertel des Städtchens befanden, in dem seit Jahrhunderten, wenn nicht sogar seit 1000 Jahren, die Kranken, Siechenden, Alten und geistig Verwirrten untergebracht waren. Man hatte also die ganze Zeit das dringende Gefühl, umgehend die Hände waschen zu müssen, sogar unmittelbar nach dem Händewaschen. Dazu gesellt sich die Tatsache, dass sich keine nennenswerten Befunde aufspüren liessen. Wer schmückt schon Gebäude für diese Gruppe von Klienten. Und doch war es eine merkwürdig gute Atmosphäre im allgemeinen Feng Shui des alten Großgebäudes, vielleicht die freundliche Geduld spürbar gegenüber den Nachwachsenden, ein große Menschenliebe im Angesicht der kleinen Mallheurs, die sich schon irgendwann auswachsen werden.

Am warmen Abend unter den Linden im Tal. Erinnerungen an vergangene Arbeitsjahre ebendort. Das Flüsslein gluckst, die Mücken kommen, wenn die Wespen heimgehn. Im Sommerdunkel sieht man nicht, was im Bier schwimmt. Ich mag dieses Städtchen, trotz aller Kulissen.

Zu Hause ein Kampf der Energien der Generationen. Es ist nicht leicht. Eine Komplettverantwortung, auch wenn Teile nun ausgelagert sind. Auch die Auslagerungen jedoch müssen supervisiert werden. Vorerst ist vieles wieder in Bahnen. Das waren meine letzten fünf Monate, überwiegend. Bisschen erschöpft darf ich sein und so seh ich wohl auch aus. Einfach mal gar nichts mehr tun, das wäre schön, und trotzdem im Nichtstun ein Feierabendgefühl entwickeln können. Die Scheunen für den Winter müssen jedoch gefüllt werden, auf dass wir uns dann an langen Abenden die ganzen besonderen und schönen Geschichten erzählen können, ohne zu hungern. Zum Beispiel die Geschichten von einer Hochzeit und die einer Reise, die noch kommt. Sowieso kommt noch vieles. Auf das ich mich schon freue.

Wahrscheinlich liegt das alles an meiner Kinderstube. Anders als Andere fand ich es auf Klassenfahrten nie witzig, in einen Mülleimer zu pinkeln, den dann die südosteuropäischen Reinigungskräfte leeren hätten müssen. Ich bin dankbar für den Erhalt meiner Vorfreuden. Wahrscheinlich bin ich ein großes supernaives Kind, bis ich irgendwann umfalle.

Abb. oben: Mein erstes Handybild.

8.8.15

Diese warmen Sommernächte im Atelier am Waldrand mit Farbe an den Fingern und sonstwo sind die Schönsten, sie sind das Schönste. Könnte das immer so haben. Mit ein bisschen Winter dazwischen mit dick Schnee. Ich danke dafür.

Hier so…/ Ich so…

Überall woanders werden jetzt ja wieder kraft Sommerhitze diese alljährlich superfrechen Strandfotos gepostet mit den lackierten Zehen vor Brandung und untertitelt derer mit originellem „Hier so…“. Ebenso die superprosaisch erfundenen Haudegendialoge, wie beispielsweise: „Ich so: Schönes Wetter heute, haha…“, der Mann (wahlweise die Frau) so: „Stimmt, *schlürf*…“ (Vulva/Fanta u.dergl.). Und dazu dann ein wirklich ganz METAunverschämtes Befindlichkeitssandfoto aus Lesbos oder Biarritz mit Cocktail und der sozialisierten Netzwerk-Semibotschaft „Hier ist alles gutt, Du kleiner ARBEITSstressscheißer, ich bin hier trotz Hartz4 o.ä., hänge meinen Arsch oder meine Titten ins südeuropäische Salzwasser oder meine Bauchschwänzchenlappen, auch wenn ich im Flieger stehen muss und neben mir gerade 200 Flüchtlinge ertrunken sind, worunter wir HIER SO… grad echt ehrlich SUPERleiden, selbstverständlich. Wahlweise Mann zahlt, Frau zahlt, Amt zahlt, Mutti zahlt, Oma zahlt, Papa zahlt. /Ich so, hier so: Einen TUSCH auch mal auf diese ewig ungenannten Selbstsichverdiener, diese sicherlich langweiligen Unhedonisten im stillen Wasser, niemals sinnlich selbstverständlich, speziell diejenigen aus dem kreativen Strandabschnitt, nicht wahr. Wo leben wir denn.