stockholm

„Lieber Schneck, Mensch, es gäbe so viel zu erzählen… ich habe keine Krise, aber ich sehe immer klarer, dass es jetzt mit der Kunst gut ist, das war eine schöne Zeit, aber ich habe keinen Bock mehr auf das Geeiere. Ich geh in die Landwirtschaft. Ne ehrlich, ich glaube, dass der Behälter leer ist und ich aus diesem Behälter ne Menge schöner Dinge geschöpft habe. Aber seit einem Jahr ist es eine Qual, aus dem Eimer noch was rauszukratzen. Die Ideen sind festgeklebt und eingetrocknet. Der Draht schaut mich an und ich verstehe gar nicht, wer er ist und warum wir miteinander so bekannt sein sollen. Auslöser ist wohl, dass ich mein Atelier räumen muss und bei dem Gedanken hat sich gezeigt, dass ich weitaus mehr aufräumen muss. Der ganze Betrieb Kunst ist mir eine unsägliche Last geworden. Oben hab ich so schöne frische Luft und unten hängt die Eisenkugel am Bein. Ende September geht’s los. Ich werde all das Ungeliebte in den Eimer treten. Alles was ich so schwer durch die Gegend getragen habe, ohne wirklich glücklich damit zu werden. Was ich behalte, das ist mein kleines Panoptikum und überraschenderweise habe ich eine Drehbank lieber als eine Pappskulptur. Trotzdem habe ich noch ein ganz großes Problem zu lösen, wohin mit dem Rest, und so dass M. auch gegebenenfalls noch an was rankommt. Seit Wochen schlafe ich nicht mehr richtig, das beschäftigt mich alles zu arg. Es sind auch die vielen Bewerbungen für Jobs, die ich unnötig versandt habe und die lange Zeit, die ich warten und erinnern muss, um einen Teil meiner Kohle zu sehn. Du kennst das alles, nur ich zieh jetzt einen Strich. War schön, muss aber echt nicht sein das mit der Kunst. Ich bin glücklich, wenn ich mit J. rumtolle und vormittags einen schönen Ring mache. Des kleinen Mannes Sonnenschein, eben, Sex und ne Flasche Wein. Jetzt is eben gut. Es drängt mich so überhaupt nichts, die nächste Skulptur zu machen. Das bringt den ganzen drückenden Berg mit sich, lagern, Maschinen, Wartung, Kosten, Heizung, Miete, Webseite und, und, und. Da jeder Gedanke an Skulptur also die anderen Parameter mit aufruft, bleibt noch Zeichnen, Goldschmieden und allen Balast verkaufen. Puh dann geht’s mir besser. Sei dick gegrüßt!“

4 Gedanken zu „stockholm“

  1. Oh – da hängt viel Ballast an Ihnen, lieber Schneck … Gut, wenn Sie wissen, was Sie wollen und tun können (!) –
    (Beseelter) Sex und ne Flasche Wein … das ist auch mein Sonnenschein, auch … Liebe Grüße und Zuversicht für Sie.
    Ich bin wohl eindeutig zu spät aufgetaucht, um Sie noch in Ihrer Galerie kennen zu lernen … is dann halt so, doch ich habe Fotos davon gesehen …

  2. REPLY:
    oh weh, das war wohl missverständlich. das da oben habe ich als post bekommen, von einem überaus geschätzten kollegen und langjährigem mitstreiter. und obgleich ich seine überlegungen ganz gut nachvollziehen kann, geht es mir nicht in diese richtung. ihre grüße und die zuversicht nehme ich jedoch dennoch trotzdem gerne entgegen ;)

  3. Ach, bester Herr Schneck, machen Sie ruhig noch ein bisschen weiter. Aber was Ihr Kollege da macht, hat auch was. Loslassen ist auch Kunst.

    Herzlich
    Ihre FrauvonWelt

  4. REPLY:
    na, wenn sie’s sagen, liebe frau frauvonwelt, dann mach‘ ich eben noch ein bisschen weiter. und beim loslassen als kunst, da kommt’s ja immer darauf an, WAS loszulassen sei. wenn sie wüßten, was ich alles so performativ losgelassen habe in der letzten zeit, na dann aber: könnt‘ ich gleich die preise hochsetzen!

    viele grüße, ihr schneck (*geht jetzt preise hochsetzen…*)

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