schpfg.

In den Pausen beim Rauchen denke ich oft an die Schöpfung. Die Falken sind wieder da und lassen den Rest ihrer Mahlzeiten von ihrem Fressplatz aus – hoch oben am Südturm – wie immer vor das südliche Westportal herunterfallen, allerlei Flügel ohne den Rest, Fragmente von Fusskrallen, mal beringt mit einer gravierten Mobilnummer des verlustig gegangenen Züchters, mal unberingt, oder ausgehöhlte Torsi von Amseln, Tauben und ähnlichen Beutetieren. Die hübsche Bettlerin vor dem Haupteingang, auch sie ist wieder da und die Eichelhäher sind auch wieder da, was erstaunlich ist, denn im letzten Jahr waren durch einen Kapitalfehler der Eltern bezüglich der Wahl ihres Brutplatzes hinter dem steinernen Laurentius an der Südseite durch die Sommerhitze die drei gerade flügge gewordenen Jungen wahrscheinlich vor Durst ums Leben gekommen, ich hatte besorgt noch ein Töpfchen mit Wasser an den Boden platziert, erfolglos, und der Mesner brachte dann den letzten Jungvogel, der noch lebte, zur nahen Polizeistation, wo sie ihn sicherlich weiterreichten zur Vogelstation, aber ob er das wirklich geschafft hat, ich weiss es nicht, ich glaube es nicht, ganz ehrlich gesagt. Und auch ich bin ja wieder da (hier: als Teil der Schöpfung), ebenso der Kollege, die forschen Bauforscher, die Architektin, die Holzleute, die Bratwürste, die Glasfrau, die Steinleute mit dem Jäger R. und seinen beiden Haralds. Die alte Frau allerdings mit den langen grauen Haaren im kunstvoll geflochtenen Zopf, die in den letzten Jahren jeden Morgen ehrenamtlich im Innern staubsaugte, stets freundlich in Allem und ebenso grüßend, ist nun nicht mehr da, ich fragte den Mesner heute besorgt nach ihr, ja, sie lebt gottseidank, aber sie würde jetzt am Rollator gehen, wegen einer alten wiederkehrenden schlimmen Borreliose, weshalb sie leider nicht mehr staubsaugen könne und freundlich sein. Er müsse sie dringend mal wieder anrufen, sagt er. Und auch das ganze Material, was wir benötigen und verarbeiten: Es ist wieder da. Anders in diesem Jahr ist, dass ich mir für die zu erledigenden Putzergänzungen aus Heißkalkmaterial nun sehr diszipliniert Einmalhandschuhe aus der Apotheke überanziehe, damit die Haut meiner Hände sich auch weiterhin einigermaßen zur Schöpfung dazugesellen kann. Man mag kaum glauben, wie sehr und vor allem schnell das Kalkwasser eines sich gerade erst selbst gelöscht habenden Kalkes angreift und Greisenhände mit offenen Stellen verursacht, deren kleine und größere Krater und Furchen dann suppend Wochen benötigen, um auszuwachsen und abzuheilen. Nicht ganz und gar schlimm, aber auch alles andere als ganz und gar gut. So ähnlich verhält es sich bislang in diesen Halbwochen, Tagen und Stunden mit den sonstigen Vorkommnissen. Es ist eben Zwillingszeit. Da gehen die Daumen nach oben und nach unten, so schnell kann man nicht denken.

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