kornelk.

Die Hornissen fliegen nun spätabends ins beleuchtete Atelier, die merken wohl, dass es bald soweit ist. Das sind wahrscheinlich irgendwelche übermotivierten Spätheimkehrer, Hornissenstreber, die sich bei der Königin einschmeicheln wollen und dann den Weg nicht mehr finden. Ganz typisch. Oder sie klopfen mit ihren Beißwerkzeugen von außen an die Fenster und übernachten dann irgendwann dort, wenn sie die Elstern oder die superverspielten Nachbarskatzen im Morgengrauen nicht wegfischen. Überhaupt diese Insekten gerade. Auch die ebenerdigen. Es gibt Schaben, den Kakerlaken sehr ähnlich, die im Garten leben, sich aber auch für meinen Drucker von innen interessieren oder meine Steuerunterlagen oder die Klebebandsammlung beim Passwortbüchlein. Oder Grillen, die sich hinter der Musik versteckt haben (passend). Auch Schnecken kriechen hier manchmal hinein und danken mir immer, wenn ich sie wieder pleinair setze. Man ist umgeben von schnellem Leben. Von den Spinnen und ihrem „Stress“, den Verhaltensforscher neuerdings entdecken, mag ich gar nicht reden. Ich denke da eher an den Stress der Spinnenopfer und mache mir gerne einen Spaß mit Spinnenerschrecken. Bei den Stechmücken kann ich die Weibchen von den Männchen auf zehn Meter unterscheiden. Die Flugbewegungen und der Sound der Männchen, die ja nicht stechen, sind mir vertrauter. Die Weibchen würden jetzt argumentieren, dass sie ja die Kinder kriegen und daher saugen (müssen). Und mich um Verzeihung bitten für Schicksal. Ich aber kenne da kein Pardon! Die Nachtfalter/innen werden jetzt auch weniger, überhaupt gab es in diesem Jahr nicht so viele (warum?), ebensowenig wie Kirschen. Dafür Brombeeren (ich schrieb) und nun wieder die Kornelkirschen, bei deren Auflesung ich immer unserer Urzeitmenschen gedenke, die sammelten und jagten und sich sicherlich beim Lesen fragten, was wohl ein Gewitter zu bedeuten habe. Überhaupt: Jeder Pilz, den wir heute essen, jedes Kraut, was wir verspeisen, es verbindet uns doch mit diesen Lucys und Lukes, denn irgendein Altvorderer gab vor langer Zeit sein Leben für das Wissen der Nachgeborenen. Also für uns. Das sollten wir nie vergessen, wenn wir Fliegenpilze essen.

12 Gedanken zu „kornelk.“

  1. Die Lucys und Lukes. Dankbar bin ich ihnen, fast jeden Tag auf´s Neue. Besonders natürlich wenn es Pilze gibt.

    Libelle. Allein das Wort. Schön!
    Und überhaupt ein Text, der mich heiter stimmt.

  2. „Immer weiter, heiter, heiter…“, so sagte mein Nennonkel Jespersen immer, wenn er seine Déesse hochhydraulisierte, um noch eine späte Runde um die Aussenalster zu drehen… /Und Danke ;)

  3. Aha. Das waren die bedrohlichsten, wenn ich mich an die Insektenjugendliteratur erinnere. Ein paar mal habe ich welche gesehen, allerdings nie einen fertigen Gelbrandkäfer. Dafür Salamanderlarven unter Steinen in der Wolfschlucht am Bach. Uvm.

  4. Eine Déesse! Da hatten Sie aber einen Nennonkel!
    Meine Göttin, ein schwarzes, pensioniertes Polizeiauto aus Marseille, musste ich bei einer Trennung zurücklassen. Wir waren mit ihr sogar in den Alpen.
    Die Scheinwerfer waren an das Lenkrad gekoppelt, und wenn wir nachts am Waldrand standen, konnten wir, bei angelassener Zündung, mit ein bisschen Gekurbel bequem den Rehen hinterherleuchten, die zunächst im Lichtkegel erstarrten, dann aber davon trabten.

    Noch heute trauere ich ihr nach.

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