bumbum-zisch

warum fällt mir gerade heute ein die waldfete mit großgrill in handgestrickten pullis der dreizehnten Klasse, bei der wir einen schweinekopf mit zigarette im maul uns vors gesicht gehalten hatten, um witzige schwarzweiss fotos zu machen und bei der einer dabei war, der jetzt pressesprecher geworden ist. ich kann auf einem bein stehen, minutenlang, andere in meinem alter können das schon lange nicht mehr. es ist alles so anders heute.

„bumm-bumm-zisch“ heisst gewitter, jalla-jalla heisst dawai-dawai und „rhabarberrhabarber“ ist, wenn jemand endlos quatscht. das ist jetzt in den afghanischen wortschatz übergegangen, denn rhabarber wächst dort und wird, mindestens in der provinz takhar, geschätzt, geerntet und verzehrt. „daftar“ heisst büro und bedeutet, ich muss arbeiten und will meine ruhe. „Gáwellement“ bedeutet „Regierung“ oder Amt, halal heißt halal und haram sagt haram. Wobei das keine Riesenrolle spielt. der B macht halbe-halbe ramasan, einen tag ramasan und einen tag keinen ramasan. das ist eine schöne lösung, finde ich, für einen sechzehnjährigen, wo alles doch so neu und spagat ist.

an den nicht-ramasan-tagen geht er ins sportstudio, das ist sein ding. ich sprach von der möglichkeit des facebook-fastens oder vom fleischlos, aber das haben sie nicht wirklich verstanden oder nachvollziehen können oder wollen. der N jedenfalls kann nicht fasten dieses jahr, er sagt, er muss zu viel nachdenken. auch das kann ich gut verstehen, denn ich glaube ja seit jeher an einen nicht strafenden gott. ganz wichtig ist WLAN.

gestern liefen wir zu dritt nach dem STARKregen in die stadt, haben dort eine heisse schokolade getrunken und sind danach wieder zurückgelaufen im abermaligen STARKregen. das waren zwölf schöne kilometer, die idee von der kirschkern. später noch russland vs. england, während die schuhe sich mühe gaben, zu trocknen, was ihnen nicht gelang. vormittags hatte ich für ein angedachtes photographisches metaprojekt Lingerie in recherche (shape wear und catsuit), später berieten mich N und die kirschkern in kirchlicher hochzeitskleidung, nachdem N im garten eine vielzahl von weinbergschnecken auf den kraft nunmehr wochenlangen regens bislang unbenutzten gartentisch drapiert hatte, um ihnen bei ihrer Reaktion darauf zuzusehen.

adaptieren und – in erweiterter form – aktives gestalten von realität in vergleichender ggf. interkultureller wahrnehmung (blabla, der N ist insgeheim ein künstler, kommt es mir manchmal vor). vielleicht wollte er auch lediglich das fluchtverhalten von schnecken studieren und damit die relativität von geschwindigkeiten. immerhin, das bewerben auf professuren kann ich mir jetzt langsam schenken, bin zu alt nun für bildung anderer in beamtung, „endlich!“ (denke ich), das sollte dann wohl nicht sein und es geht mir gut dabei, es war sowieso immer anstrengend und die atelierzeit raubend, diese bewerbungen. wäre vielleicht ein guter lehrer studierender gewesen, aber muss ja auch nicht. andere sind jetzt pressesprecher, ich hingegen recherchiere viel lieber Lingerie für Photoprojekte oder beobachte den N dabei, wie er schnecken beobachtet.

und: ich kann mir sogar die schnürsenkel binden, wenn ich minutenlang auf einem bein stehe.

gestatten

zuerst ist man „geduldet“, dann ist man „gestattet“. schöne worte. „gestatten“ ist das schönere wort.

B erzählt von den mafia-wegen in den bergen. nachts laufen, tags schlafen. irgendwann allein gelassen in den bergen bulgariens, nichts zu essen, kein schlepper dabei, wölfe und drei tage bis zur nächsten straße. die flucht hat ihn sein erbe gekostet (zehntausend dollar), normalerweise würde er jetzt ans heiraten denken zuhause. eine tochter würde verheiratet für circa 6000 dollar an den tochtervater, das klingt ein wenig nach viehzucht, aber das war bei uns früher ja auch so. ich muss das der kirschkern erzählen (das mit den sechstausend dollar) und dass ich mir für sie einen traktor kaufen könnte und ein gebrauchtes auto dazu.

endlich wird geimpft. bisher gab es wohl noch nicht mal einen tetanusschutz, gottseidank ist das jetzt begonnen. begonnen auch ein vollrausch – und ein guter freund, ebenso flüchtling, der den vollrausch fürsorglich nach hause brachte. der busfahrer hat das sich-übergeben nicht bemerkt. junge menschen eben. auf diese art werde ich auf meine alten tage nochmal jungsvater, jedenfalls so ein bisschen. im iran hat man sie in ein haus gesperrt ungefähr zwölf tage lang, jeden tag kam einmal einer (mafia) vorbei und hat brot gebracht. bevor es dann irgendwann durch die berge nach dem osmanischen reich ging.

eine liebe alte gute bekannte hat werke nach salzburg gekauft, aus heiterem himmel. nicht nur das geld freut mich, auch vor allem die tatsache. des ferneren bin ich auch in diesem jahr zweitberuflich kirchenmaler, erst gestern habe ich eine alte schöne türe aus der barockzeit angleichend maseriert und es hat sehr gut funktioniert. die tage davor einen marmor gemalt in öl auf neue fussleisten, auf dass diese älter aussehen. wenn also jemand sein badezimmer oder sein lotterbett einmal marmoriert oder maseriert haben wollte, ich könnte das gerne übernehmen. sie könnten auch bilder und collagen kaufen, auf meiner webseite kann man stöbern unter menuepunkt „oeuvre“. oder sie kommen vorbei im atelier zum kaffee. ich mache auch guten preis, selbstverständlich. mein künstlerischer CV ist eins-A, übrigens.

das linke auge der alten dame sieht jetzt endgültig aus wie bei edgar wallace oder wie in „Wenn die Gondeln Trauer tragen“. sehr archaischer anblick, zeit- und epochenlos, entgrenzt. sie isst den ganzen tag ungesalzene erdnüsse. wie kette rauchen. es ist jedoch alles stabil zur zeit, aber es ist einfach sehr traurig, ganz hinten an der gedankenpinnwand. heute vor einem jahr ist sie nachts auf dem weg zur toilette gestürzt, und alles jetzige begann seinen dauerlauf.

die amtspersonen mit vormundschaften (die jungs sagen „Groß-Betreuer“, im gegensatz zum normalen „Betreuer“, das klingt immer ein bisschen wie „Großmufti“) waren bei der kontoeröffnung dabei. ein weiterer schritt ins normale leben. und sie, die großbetreuer, werfen erstmals das wörtchen „traumatisiert“ ein, mit fragezeichen, als es um die ausübung von kampfsportarten geht. ich frage mich, was der N wohl erlebt hat unterwegs, dass er das jetzt lernen will. der N ist sehr zierlich und erzählt eigentlich kaum etwas von seiner flucht. wer weiss schon, was geschah oder nicht.

die amtspersonen von landratsämtern und jugendämtern machen eine sehr engagierte arbeit hier im landkreis. das ist wirklich sehr anerkennenswert. / und ich plane, heute das regal eines supermarktes mit vier grossbuchstaben für ungesalzene erdnüsse leerzukaufen und den immensen betrag der angehobenen einkommsteuervorauszahlung fristgerecht zu überweisen. früher blieb ein wenig geld hängen, heute tut es das nicht mehr. schon länger ja, warum eigentlich. es ist wie verhext, so würde man naiv sagen. und dann das daumendrücken für die heutige auktion bei grisebach in der fasanenstraße ab elf uhr MESZ. also in einer stunde.